Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Ausschlußfrist bei geplanter Betriebsstillegung
Leitsatz (redaktionell)
Geplante Betriebsstillegung als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung;
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei vertraglicher Verpflichtung eines Dritten gegenüber dem Arbeitgeber zur Übernahme von Arbeitnehmern;
soziale Auslauffrist bei einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines „unkündbaren” Arbeitnehmers aus betriebsbedingten Gründen
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1-2; BetrVG § 77 Abs. 3, §§ 88, 102 Abs. 1; KSchG §§ 4, 13 Abs. 1 S. 2; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 18.03.1992; Aktenzeichen 5 Sa 427/91) |
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 21.03.1991; Aktenzeichen 2 Ca 982/90) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. März 1992 – 5 Sa 427/91 – aufgehoben.
2. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche oder die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten vom 22. Juni 1990 beendet worden ist.
Die am 26. Februar 1939 geborene Klägerin war seit 1. April 1961 bei verschiedenen Gesellschaften beschäftigt, bei denen sie jeweils die bisherige Tätigkeit fortsetzen konnte und die Betriebszugehörigkeit seit 1. April 1961 angerechnet erhielt. Vom 1. Januar 1973 bis 31. März 1976 war die Deutsche Bauernsiedlung – Deutsche Gesellschaft für Landentwicklung GmbH (DGL), die ebenso verfuhr, und seit 1. April 1976 die Beklagte ihr Arbeitgeber. Der zwischen den Parteien geschlossene Arbeitsvertrag vom 25. März 1976 enthält u.a. folgende Vereinbarungen:
„l. Die Landsiedlung übernimmt auf der Grundlage des am 16./17.3.1976 zwischen der Landsiedlung und der DGL abgeschlossenen Vertrages neben dem gesamten Verfahrensbestand der DGL in Rheinland-Pfalz zum 1.4.1976 auch einen Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für diese Beschäftigten ist im § 2 des genannten Vertrages folgende ausdrückliche Regelung getroffen:
…
Die Landsiedlung verpflichtet sich, den übernommenen Beschäftigten denselben Gesamtbesitzstand zu gewährleisten, den diese zum Zeitpunkt der Übernahme bei der DGL hatten. Der Besitzstand umfaßt sowohl die Leistungen im Vergütungs- und im Sozialbereich als auch die Anrechnung der Dienstzeiten bei der DGL.
…
Die dargestellten Bestimmungen des Vertrages zwischen der Landsiedlung und der DGL sind eine verbindliche Grundlage dieses Dienstvertrages.
…
6. Für die sonstigen Grundlagen des Dienstverhältnisses gelten die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung der Landsiedlung vom 18.12.1973, die Ergänzungen hierzu sowie die sonstigen Einzelregelungen.
…”
Die Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 1
Tarifliche und arbeitsvertragliche Regelungen
Für die dienst- und arbeitsvertraglichen Regelungen zwischen der Landsiedlung Rheinland-Pfalz GmbH und ihren Angestellten war und bleibt der Bundes-Angestelltentarifvertrag (Bund, Länder, Gemeinden) – BAT – in entsprechender Anwendung die Grundlage. Mit Rücksicht auf die Gesellschaftsstruktur der Landsiedlung (juristische Person des privaten Rechts) finden jedoch einzelne Bestimmungen des BAT keine Anwendung.
Um mögliche Zweifelsfragen für die Zukunft auszuschließen, werden nachfolgend die Bestimmungen des BAT und vergleichbarer Regelungen in der Formulierung aufgeführt, wie sie bei der Landsiedlung gelten. Einvernehmen besteht darüber, daß zukünftige Änderungen oder Ergänzungen des BAT eine dieser Betriebsvereinbarung entsprechende Anwendung erfahren.
…
§ 53 BAT
Ordentliche Kündigung
(1) Die Bestimmungen der Abs. (1), (2) und (4) werden angewandt. Abs. (3) findet keine Anwendung.
(2) Der Angestellte ist nach einer Beschäftigungszeit von 20 Jahren bei der Landsiedlung, frühestens jedoch nach Vollendung des 45. Lebensjahres, unkündbar mit folgenden Maßgaben:
- Die Landsiedlung kann das Dienstverhältnis aus in der Person des Angestellten oder in seinem Verhalten liegenden wichtigen Gründen kündigen,
- der Angestellte ist bei Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse verpflichtet, Änderungen der Beschäftigungs- oder Vergütungsgrundlagen im sachlich notwendigen Umfang anzuerkennen,
- im Falle der Auflösung der Gesellschaft kann der Angestellte aus der Unkündbarkeit keine besonderen Ansprüche gegen die Landsiedlung herleiten.
§ 54
Außerordentliche Kündigung
wird angewandt
§ 55
Unkündbare Angestellte
wird nicht angewandt
…”
Gegenstand des Unternehmens der Beklagten ist nach ihrer Satzung die Mitwirkung bei der Planung, Finanzierung und Durchführung von Maßnahmen zur Entwicklung und Förderung der Landwirtschaft und des ländlichen Raums. Die Klägerin wurde von der Beklagten in einer Arbeitsgruppe für beschleunigte Zusammenlegung (BZ) in K. eingesetzt. Diese Arbeitsgruppe hatte Gemeinde Zusammenlegungen zu planen und unterstützend zu bearbeiten.
In der Gesellschafterversammlung vom 3. Dezember 1987 in Ko. wurde einstimmig beschlossen:
- „Der Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 9.7.1987, die Landsiedlung gemäß §§ 60 Abs. 1 Ziff. 2, 65 Abs. 2 S. 1 GmbHG zu liquidieren, ist nicht wirksam geworden.
- Die Gesellschaft ist still abzuwickeln. Die Gesellschaft nimmt keine neuen satzungsgemäßen Aufträge mehr an. Die noch laufenden Geschäfte und Aufträge werden zu Ende geführt. …”
Ab 1. Januar 1988 begann die Beklagte kein neues Vorhaben mehr. Mit Schreiben vom 22. Juni 1989 kündigte sie ihren Mietververtrag über die Büroräume in K., in denen die Klägerin und ihre Arbeitsgruppe untergebracht waren. Die Beklagte schloß mit der Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH den Geschäftsbesorgungsvertrag vom 21. Mai 1990, der auszugsweise wie folgt lautet:
„Aufgrund des in der Gesellschafterversammlung der Landsiedlung Rheinland-Pfalz GmbH am 3.12.1987 gefaßten Beschlusses und der Beschlüsse des Landes Rheinland-Pfalz ist die Landsiedlung Rheinland-Pfalz GmbH verpflichtet, die von ihr eingegangenen Geschäftsverbindungen abzuwickeln, den Personalbestand vollständig abzubauen und nach Regulierung aller Forderungen und Verbindlichkeiten ihre Geschäftstätigkeiten beenden. Die Abwicklungstätigkeit ist inzwischen so weit fortgeschritten, daß die Landsiedlung Rheinland-Pfalz GmbH die noch verbliebenen Aufgaben auf die Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH als ihrem Geschäftsbesorger übertragen kann.
Die Geschäftsführer der Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH sollen auch zu Geschäftsführern der Landsiedlung Rheinland-Pfalz GmbH bestellt werden.
Die Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH übernimmt den zur Abwicklung der Geschäfte erforderlichen Personalbestand der Landsiedlung Rheinland-Pfalz GmbH. Sie ist als Geschäftsbesorger nicht dafür verantwortlich und haftbar, daß mit der Abwicklung aller Geschäftsbeziehungen und der Umsetzung des Vermögens in Geld ein bestimmtes wirtschaftliches Ergebnis erzielt wird, jedoch soll die Abwicklung möglichst Vermögens schonend durchgeführt werden.
Dies vorausgeschickt schließen die
…
folgenden Geschäftsbesorgungsvertrag:
1. Die Heimstätte übernimmt alle Abwicklungsaufgaben der Landsiedlung.
…
Die notwendigen Geschäftsräume und das notwendige Inventar verbleiben bis zum Abschluß der Abwicklung der Landsiedlung.
Die von der Landsiedlung eingerichteten Konten bleiben bis zum Abschluß der Abwicklung bestehen. Das Rechnungswesen wird jedoch von der Heimstätte geführt.
…
7. Das von der Heimstätte gemäß Personalübernahmevereinbarung übernommene Personal der Landsiedlung wird bis auf weiteres im Rahmen der Geschäftsbesorgung für die Abwicklungstätigkeit eingesetzt. Die der Heimstätte aus der Personalübernahme entstehenden Personalkosten und die in den Geschäftsräumen der Landsiedlung durch die übernommenen Mitarbeiter entstehenden Sachkosten sind der Heimstätte zu erstatten.
…
8. Die Tätigkeit der Heimstätte aus diesem Geschäftsbesorgungsvertrag endet am 31.12.1993. Bis zum 30.6.1992 wird die Heimstätte eine Übersicht über noch erforderliche Abwicklungstätigkeiten aufstellen. Anhand dieser Übersicht soll mit den Organen der Gesellschaften geklärt werden, ob die Abwicklungstätigkeit der Heimstätte über den 31.12.1993 hinaus fortgesetzt werden soll.
Es bleibt den Gesellschaftern der Vertragsparteien vorbehalten, in der Zwischenzeit eine andere gesellschaftsrechtliche oder vertragliche Lösung mit dem Ziel einer früheren Auflösung der Landsiedlung zu vereinbaren.
…”
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 10. April 1990 mit, daß die BZ-Stelle in K. zum 31. März 1990 endgültig geschlossen sei und eine Weiterbeschäftigung in K. daher nicht mehr möglich sei. Die Klägerin solle ab 1. April 1990 zunächst Urlaub nehmen und bei dieser Gelegenheit noch alten Urlaub abtragen. Mit Schreiben vom 27. April 1990 forderte die Beklagte die Klägerin auf, „entweder ab sofort den Dienst bei der Hauptgeschäftsstelle in Ko. aufzunehmen oder aber ihren Jahresurlaub bis dahin einzureichen und anzutreten”. Als dies unterblieb, sprach die Beklagte mit Schreiben vom 7. Mai 1990 eine Abmahnung aus und wies außerdem die Klägerin darauf hin, daß der Arbeitsplatz in K. mit der endgültigen Schließung der dortigen Niederlassung weggefallen sei und die Klägerin deshalb mit einer Kündigung aus betriebsbedingten Gründen rechnen müsse, wenn sie den ihr angebotenen Arbeitsplatz bei der Forstlichen Versuchsanstalt in T. ablehne. Daraufhin bat die Klägerin mit Schreiben vom 12. Mai 1990, ihr „bis zur Findung und Festschreibung einer akzeptablen Regelung … am Dienstort K. Arbeit zu übertragen”. Mit Schreiben vom 25. Mai 1990 nahm die Beklagte auf das Angebot eines Arbeitsvertrages bei der Forstlichen Versuchsanstalt in Tr. und auf das Angebot zum Abschluß eines Auflösungsvertrages Bezug, setzte der Klägerin zur Annahme eines der Angebote eine Frist bis zum 31. Mai 1990 und kündigte an, daß danach das Anhörungsverfahren für die dann notwendige Kündigung eingeleitet werden müsse. Gleichzeitig teilte die Beklagte dem Betriebsrat mit, daß sie sich aufgrund des derzeitigen Sachstandes gezwungen sehe, das Kündigungsverfahren vorzubereiten, nachdem die Klägerin mehrfach Angebote des Landes auf Übernahme in den öffentlichen Dienst ausgeschlagen habe. Hinzu komme, daß die Klägerin eindeutige Anweisungen nicht befolgt und ihre Pflichten als Arbeitnehmer in gröblich verletzt habe. Mit Schreiben vom 11. Juni 1990 unterrichtete die Beklagte den Betriebsrat über ihre Absicht, das Arbeitsverhältnis der Klägerin nunmehr zu kündigen, und begründete dies wie folgt:
„wie Ihnen im einzelnen bekannt ist, befindet sich die Landsiedlung durch den Gesellschafterbeschluß vom 03.12.1987 in der Liquidation. Die damit einhergehende Verminderung der Aufgaben der Landsiedlung war begleitet von einem fortschreitenden Personalabbau.
Im Zusammenhang hiermit sind zunächst die früheren Außenstellen der Landsiedlung organisatorisch betroffen gewesen. Sie wissen aber, daß auch die Hauptstetle der Landsiedlung zum 30.06.1990 endgültig aufgelöst werden wird.
Sie wissen darüber hinaus, daß die früher bestehende Niederlassung der Landsiedlung bei dem Kulturamt in K. – Arbeitsgruppe für beschleunigte Zusammenlegung – aufgrund des Wegfalls der Aufgaben ihre Tätigkeit bereits mit dem Ablauf des vergangenen Jahres weitgehend eingestellt und zum 31. März 1990 endgültig aufgelöst ist.
Da die Entwicklung vorauszusehen war, haben bereits frühzeitig Bemühungen der Landsiedlung eingesetzt, die dort noch verbliebenen Mitarbeiter, so auch Frau E., in andere Dienstverhältnisse bei verschiedenen Dienststellen des Landes zu vermitteln.
…
Im Interesse der ordnungsgemäßen wirtschaftlichen Führung der Landsiedlung ist es daher unerläßlich geworden, nunmehr das Arbeitsverhältnis zu Frau E. zu beendigen.
Wir beabsichtigen, aufgrund der vorgenannten Umstände sowie aufgrund der Tatsache, daß Arbeitsleistungen für die Landsiedlung im gesamten Raum K. mit dem Ablauf des 31.03.1990 vollständig weggefallen sind und auch Arbeitsleistungen in K. nach dem 30.06.1990 nicht mehr erbracht werden können, eine fristlose Beendigungskündigung, hilfsweise, d.h. wenn das Gericht die fristlose Kündigung nicht anerkennen würde, eine ordentliche Beendigungskündigung zum 31.12.1990 zu erklären. …”
Der Betriebsrat verweigerte mit Schreiben vom 15. Juni 1990 die Zustimmung zu einer fristlosen Kündigung, weil vorher eine Änderungskündigung hätte erfolgen müssen. Einer ordentlichen Kündigung stimmte er jedoch zu.
Mit Schreiben vom 22. Juni 1990 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich zum 30. Juni 1990 und hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 1990. Das Kündigungsschreiben ging der Klägerin am 23. Juni 1990 zu; ihre Kündigungsschutzklage ist am 13. Juli 1990 beim Arbeitsgericht eingegangen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sowohl die außerordentliche als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten seien unwirksam. Eine Betriebsstillegung liege nicht vor. Die Beklagte habe ihre Betriebstätigkeit nicht eingestellt. Die Betriebsorganisation der Beklagten und die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin bestünden nach wie vor. Die Hauptgeschäftsstelle in K. existiere noch. Die Beklagte sei nicht liquidiert worden. Sie verfüge noch über Geschäftsführer und einen Aufsichtsrat. Die Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH habe die Beklagte nicht übernommen, sondern besorge für sie lediglich einzelne Abwicklungsgeschäfte. Zur Erledigung der übernommenen Aufgaben beschäftige die Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH Personal der Beklagten. Abgesehen davon, daß ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung fehle, habe die Beklagte auch die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt. Eine ordentliche Kündigung sei durch die Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973, auf die der Arbeitsvertrag Bezug nehme, ausgeschlossen. Im übrigen habe die Beklagte den Betriebsrat nicht ausreichend unterrichtet. Sie habe ihn unter Druck gesetzt, der Kündigung zuzustimmen.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß ihr Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22. Juni 1990 weder außerordentlich zum 30. Juni 1990 noch ordentlich zum 31. Dezember 1990 aufgelöst worden ist und fortbesteht,
- die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtswirksamen Abschluß des Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung tatsächlich zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält die außerordentliche Kündigung zum 30. Juni 1990 für wirksam. Der wichtige Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses ergebe sich daraus, daß die Beklagte mit Ablauf des 30. Juni 1990 ihre Geschäftstätigkeit endgültig beendet habe. An der Betriebsstillegung ändere es nichts, daß die Beklagte als juristische Person noch fortbestehe. Die Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Sie habe an dem Tag begonnen, an dem der Betrieb tatsächlich stillgelegt worden sei, also am 1. Juli 1990. Entsprechend dem Schutzzweck des § 626 BGB habe die Beklagte nicht möglichst frühzeitig gekündigt, sondern sich bis zur tatsächlichen Betriebsstillegung um eine Übernahme der Klägerin durch andere Arbeitgeber bemüht. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß angehört und nicht unter Druck gesetzt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Es hat die außerordentliche Kündigung zwar für wirksam erachtet, aber nur mit einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden sozialen Auslauffrist bis zum 31. Dezember 1990. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche noch durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 22. Juni 1990 aufgelöst worden sei, sondern bis zur letzten mündlichen Verhandlung (29. Januar 1992) fortbestanden habe. Die Weiterbeschäftigungsklage ist in beiden Vorinstanzen abgewiesen worden. Die Beklagte verfolgt mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision ihren Antrag weiter, die Klage in vollem Umfang abzuweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
Die Klägerin habe mit der Klage nach §§ 4 und 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG eine allgemeine Feststellungsklage nach § 256 ZPO verbunden, deren Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt seien. Sowohl die außerordentliche als auch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten seien unwirksam. Eine ordentliche Kündigung sei durch die Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 (BAT-BV) ausgeschlossen. Die Regelungskompetenz der Betriebspartner ergebe sich aus § 88 BetrVG analog. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG greife nicht ein, weil der Betrieb der Beklagten nicht unter den Geltungsbereich eines Tarifvertrages falle. Der in § 53 Abs. 2 Buchst. c BAT-BV normierte Fall der „Auflösung der Gesellschaft” liege nicht vor, denn darunter sei nur eine Auflösung im Sinne der §§ 60 ff. GmbHG zu verstehen. Sei danach das Recht zur ordentlichen Kündigung wirksam ausgeschlossen, so könne der mit der stillen Abwicklung der Gesellschaft verbundene Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten zwar einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Bedenken gegen die Bejahung einer Unzumutbarkeit im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ergäben sich aber unter dem Gesichtspunkt der anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten und im Rahmen der Interessenabwägung daraus, daß die zur Abwicklung der Geschäfte der Beklagten erforderlichen Tätigkeiten noch weit über den 30. Juni 1990 und den 31. Dezember 1990 hinaus anfielen. Dies zeige der auf die Dauer von drei Jahren befristete Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Beklagten und der Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit habe die Beklagte der Klägerin eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der in Ko. noch anfallenden Abwicklungsarbeiten ermöglichen müssen. Die im Schreiben der Beklagten vom 27. April 1990 enthaltene Aufforderung an die Klägerin, den Dienst bei der Hauptstelle in Ko. aufzunehmen, deute darauf hin, daß ein entsprechender Arbeitsplatz frei und die Klägerin für die dort zu erledigenden Arbeiten geeignet sei. Wenn der Klägerin eine Weiterbeschäftigung, sei es auch nach einer Änderungskündigung, zumutbar gewesen sei, fehle ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Dies könne aber offenbleiben, weil die Beklagte jedenfalls die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB versäumt habe. Die Kündigung sei zum einen darauf gestützt worden, daß eine Arbeitsleistung der Klägerin in der zum 31. März 1990 aufgelösten BZ-Stelle in K. nicht mehr möglich sei, und zum anderen darauf, daß ab 1. Juli 1990 auch eine Arbeitsleistung in Ko. ausscheide. Die Schließung der BZ-Stelle in K. zum 31. März 1990 sei der Beklagten spätestens im April 1990 bekannt gewesen. Soweit die Beklagte fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten in Ko. geltend mache, stütze sie sich auf eine geplante Betriebsstillegung. Die Beklagte habe nicht dargelegt und bewiesen, daß sie ihre Prognose erst innerhalb von zwei Wochen vor Kündigungszugang getroffen habe. Aus dem Schriftwechsel der Parteien ergebe sich das Gegenteil. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Lauf der Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB bei Dauertatbeständen lasse sich auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. Ein Dauertatbestand komme allenfalls nach tatsächlich erfolgter Betriebsstillegung, nicht aber bei erst beabsichtigter Betriebsstillegung in Betracht, weil sich je nach dem Stand der Abwicklungsarbeiten auch das betriebliche Bedürfnis für die Beschäftigung von Arbeitnehmern verändere.
B. Den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung nicht gefolgt werden. Die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts reichen nicht aus, die Klage für begründet anzusehen.
I. Die Feststellungsklage ist zulässig. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Klägerin den Antrag nach §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG mit einem allgemeinen Feststellungsantrag nach § 256 Abs. 1 ZPO verbunden hat. Streitgegenstand der allgemeinen Feststellungsklage ist die Frage, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz fortbestanden hat. Von dieser Klage werden weitere Kündigungen erfaßt, die der Arbeitgeber im streitbefangenen Zeitraum ausspricht, und zwar unabhängig davon, wann sie in den Prozeß eingeführt werden (BAGE 57, 231, 239 = AP Nr. 19 zu § 4 KSchG 1969, zu B II 2 a der Gründe). Ein Feststellungsinteresse für diese erweiterte Klage besteht jedenfalls dann, wenn nicht nur die abstrakte, nie völlig auszuschließende Möglichkeit besteht, daß der Arbeitgeber weitere Beendigungsgründe geltend machen könnte, sondern für ein derartiges Verhalten des Arbeitgebers konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Die Beklagtenvertreter haben im Schriftsatz vom 28. Januar 1992 darauf hingewiesen, daß sie der Beklagten empfohlen hätten, aus den wahrheitswidrigen Behauptungen der Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit die erforderlichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Jedenfalls ab Zugang dieses Schriftsatzes mußte die Klägerin mit einer erneuten Kündigung rechnen.
II. Zur Entscheidung darüber, ob die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 22. Juni 1990 wirksam ist, bedarf es noch weiterer tatsächlicher Feststellungen.
1. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist die Ausschlußfrist der §§ 626 Abs. 2 BGB. 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 BAT in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 gewahrt.
a) Die zweiwöchige Ausschlußfrist beginnt bei einer geplanten Betriebsstillegung nicht schon mit dem Tag, an dem der Arbeitgeber die Prognose gestellt hat, die Arbeitskraft des Arbeitnehmers werde künftig nicht mehr benötigt. Bei einer geplanten Betriebsstillegung besteht der wichtige Grund für die außerordentliche Kündigung darin, daß es dem Arbeitgeber unzumutbar ist, trotz der Unmöglichkeit, auch in Zukunft Arbeit anzubieten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Wann der Betrieb tatsächlich stillgelegt wird, weiß der Arbeitgeber mit Sicherheit erst mit der Ausführung des Plans. Dementsprechend beginnt die Ausschlußfrist erst mit dem Tag, an dem der Arbeitnehmer nicht mehr weiterbeschäftigt werden kann (BAGE 48, 220, 224 f. = AP Nr. 86 zu § 626 BGB, zu B II 2 der Gründe). Die BZ-Stelle K. ist zwar bereits zum 31. März 1990 aufgelöst worden. Dies allein führt aber noch nicht ohne weiteres dazu, daß die Beklagte keine Einsatzmöglichkeiten für die Klägerin mehr hatte. In der Hauptgeschäftsstelle in Ko. wurden Arbeitnehmer für die noch durchzuführenden Abwicklungsarbeiten benötigt. Die Beklagte hatte die Klägerin mit Schreiben vom 27. April 1990 aufgefordert, entweder ihren Jahresurlaub oder den Dienst bei der Hauptgeschäftsstelle in Ko. anzutreten. Dies zeigt, daß die Beklagte jedenfalls damals noch gewisse Verwendungsmöglichkeiten für die Klägerin sah. Auch die Klägerin geht davon aus, daß sie in der Hauptgeschäftsstelle Abwicklungsarbeiten hätte erledigen können. Diese Beschäftigungsmöglichkeit entfiel erst mit der von der Beklagten behaupteten Schließung der Hauptgeschäftsstelle in Ko., Ob wirklich eine Betriebsstillegung zum 30. Juni 1990 vorliegt, spielt für die Ausschlußfrist der §§ 626 Abs. 2 BGB, 54 Abs. 2 Satz 1 und 2 BAT in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 keine Rolle. Sind die Voraussetzungen einer Betriebsstillegung nicht erfüllt, so kann ein wichtiger Grund im Sinne der §§ 626 Abs. 1 BGB, 54 BAT in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 fehlen.
b) Soweit die außerordentliche Kündigung darauf gestützt werden soll, in der Hauptgeschäftsstelle in Ko. habe es unabhängig davon, ob ein Betriebsübergang oder eine Betriebsstillegung vorliege, keine sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin gegeben, ist die zweiwöchige Ausschlußfrist selbst dann nicht versäumt, wenn diese Situation schon vor dem 9. Juni 1990 eingetreten und der Beklagten auch bekannt war.
Im vorliegenden Fall bemühte sich die Beklagte um eine Übernahme der Klägerin in den öffentlichen Dienst und sah während der Versuche, der Klägerin einen Arbeitsplatzwechsel aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnis heraus zu ermöglichen, von einer Kündigung ab. Der Arbeitgeber verwirkt nach § 626 Abs. 2 BGB, § 54 Abs. 2 BAT in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 das Recht zur außerordentlichen Kündigung nicht schon dadurch, daß er für eine Übergangszeit zur Entgeltzahlung ohne Gegenleistung bereit ist. Daraus entsteht auch gegenüber Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis nicht mehr ordentlich kündbar ist, keine Verpflichtung, auf unabsehbare Zeit weiter so zu verfahren, zumal die Weiterzahlung der Arbeitsvergütung ohne Arbeitsleistung eine sich fortwährend verstärkende Belastung des Arbeitgebers bewirkt, die um so schwerer wiegt, je länger dieser Zustand fortbesteht. Die wachsende Belastung führt beim Arbeitgeber immer mehr zur Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.
2. Das Landesarbeitsgericht hat offen gelassen, ob ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung im Sinne der §§ 626 Abs. 1 BGB, 54 Abs. 1 BAT in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 vorlag. Dies ist aber entscheidungserheblich.
a) Das Bundesarbeitsgericht hat in ständiger Rechtsprechung angenommen, daß ausnahmsweise auch eine Betriebsstillegung geeignet sein kann, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, insbesondere wenn die ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist und eine Versetzung in einen anderen Betrieb des Unternehmens nicht möglich ist (BAGE 48, 220, 225 f. = AP Nr. 86 zu § 626 BGB, zu B III 2 b der Gründe, m.w.N.).
aa) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, daß die Klägerin die in der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 geregelten Voraussetzungen für die sogenannte Unkündbarkeit erfüllte, weil sie bei Kündigungszugang das 45. Lebensjahr vollendet hatte und nach Nr. 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrages die von der DGL anerkannten Dienstzeiten auch bei der Beklagten zur Besitzstandswahrung anzurechnen waren, so daß die Klägerin die maßgebliche Beschäftigungszeit von 20 Jahren erreicht hatte.
bb) Gegen die Unkündbarkeitsregelung in der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 bestehen keine betriebsverfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelungsbefugnis folgt aus allgemeinen Grundsätzen des Betriebsverfassungsrechts, die in § 77 Abs. 3 BetrVG (Tarifvorrang) und § 88 BetrVG (freiwillige Betriebsvereinbarung) zum Ausdruck kommen (vgl. BAG GS Beschluß vom 7. November 1989 – GS 3/85 – BAGE 63, 211, 215 ff. = AP Nr. 46 zu § 77 BetrVG 1972, zu C I der Gründe). Die Sperrwirkung einer tariflichen oder tarifüblichen Regelung nach § 77 Abs. 3 BetrVG greift, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, nicht ein, weil für den räumlichen, betrieblichen und fachlichen Geltungsbereich des Betriebs der Beklagten weder tarifliche Kündigungsvorschriften bestehen noch üblicherweise getroffen werden. Insbesondere fällt die Beklagte nicht unter den Geltungsbereich des BAT.
cc) Nach § 53 Abs. 2 Buchst. c BAT in der Fassung der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 ist der Angestellte nur „mit der Maßgabe” kündbar, daß er „im Falle der Auflösung der Gesellschaft … aus der Unkündbarkeit keine besonderen Ansprüche gegen die Landsiedlung herleiten” kann. Danach soll die an sich bestehende Unkündbarkeit bei der Auflösung der Gesellschaft zu keiner Verbesserung der Rechtsstellung des Angestellten führen. Die „Maßgabe” des Buchst. c schränkt die Unkündbarkeit ein. In diesem Fall soll ausnahmsweise eine ordentliche Kündigung des Arbeitgebers nicht ausgeschlossen sein.
dd) Diese Ausnahmevorschrift gilt, um den Schutz der unkündbaren Angestellten möglichst wenig zu schmälern, nur für einen eng gefaßten Tatbestand. Die Regelung stellt nicht auf eine Betriebsstillegung oder eine Aufgabe der Geschäftstätigkeiten ab, sondern verlangt eine Auflösung der Gesellschaft. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht darauf hingewiesen, daß in §§ 60 ff. GmbHG geregelt ist, was unter der Auflösung einer GmbH zu verstehen ist und wie die Auflösung geschieht. Entgegen der Auffassung der Beklagten führt die richtige Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht dazu, daß § 53 Abs. 2 Buchst. c BAT in der Fassung der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 sinnlos ist. Bei einer GmbH ist zwischen der Auflösung und der Beendigung der Gesellschaft zu unterscheiden. Die aufgelöste GmbH besteht fort. Sie wird liquidiert. Zur Abwicklung gehört die Erfüllung bestehender Ansprüche. Sieht die Beklagte von einer den gesellschaftsrechtlichen Anforderungen entsprechenden Auflösung der GmbH ab, so genießen die Angestellten den Schutz der Unkündbarkeit.
b) Obwohl § 53 Abs. 2 Buchst. c BAT in der Fassung der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 nicht eingreift, läßt sich aus dieser Bestimmung doch ableiten, daß die Betriebspartner einer vollständigen Beendigung der geschäftlichen Aktivitäten nicht entgegenwirken wollten. Geschieht dies ohne Auflösung der Gesellschaft nach §§ 60 ff. GmbHG, so kommt eine außerordentliche Kündigung nach § 54 BAT in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 in Betracht.
c) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts läßt sich nicht abschließend beantworten, ob die Beklagte auch die Hauptgeschäftsstelle zum 30. Juni 1990 stillgelegt hat oder ob insoweit ein Betriebsübergang vorliegt. Der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Beklagten und der Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH deutet darauf hin, daß die Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH durch Rechtsgeschäft den gesamten noch vorhandenen, mit den Abwicklungsarbeiten befaßten Betrieb der Beklagten übernahm.
aa) Die Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH übernahm den zur Abwicklung der Geschäfte erforderlichen Personalbestand der Beklagten (Abs. 3 der Präambel des Geschäftsbesorgungsvertrages) und führte mit diesen Arbeitnehmern die Tätigkeit in den Geschäftsräumen der Beklagten weiter (vgl. Nr. 7 Satz 2 des Geschäftsbesorgungsvertrages). Zwar sollten nach Nr. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages bis zum Abschluß der Abwicklung die Geschäftsräume und das notwendige Inventar der Beklagten verbleiben (gemeint ist wohl in ihrem Eigentum). Die Beklagte scheint aber alle sachlichen und immateriellen Betriebsmittel, die zur Durchführung der Abwicklungsarbeiten des Betriebs erforderlich waren, der Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH zur Verfügung gestellt zu haben. Ob dies wirklich der Fall war, ist vom Landesarbeitsgericht noch zu prüfen.
bb) Betriebsstillegung und Betriebsübergang schließen einander aus (vgl. u.a. BAGE 33, 94, 101 = AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969, zu A III 1 der Gründe; BAG Urteil vom 12. Februar 1987 – 2 AZR 247/86 – AP Nr. 67 zu § 613 a BGB, zu II 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 28. April 1988 – 2 AZR 623/87 – AP Nr. 74 zu § 613 a BGB, zu II der Gründe, m.w.N.). Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob die Beklagte ihre in der Hauptgeschäftsstelle bestehende Betriebsorganisation vor dem 30. Juni 1990 auflöste oder ob die für die Verfolgung der arbeitstechnischen Zwecke wesentlichen Betriebsmittel auf die Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH übergingen, wobei es genügt, daß ihr eine Nutzungsmöglichkeit auf Zeit eingeräumt wurde (vgl. BAG Urteil vom 29. September 1988 – 2 AZR 107/88 – AP Nr. 76 zu § 613 a BGB, zu A II 1 a der Gründe; BAG Urteil vom 10. Juni 1988 – 2 AZR 801/87 – AP Nr. 82 zu § 613 a BGB, zu II 1 a und 2 der Gründe, jeweils m.w.N.).
cc) Der Zweck, der mit einer Betriebsübernahme verfolgt wird, spielt keine Rolle. Auch ein Erwerb zum Zwecke der späteren Stillegung ändert an einem Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB nichts (vgl. BAGE 47, 13, 23 = AP Nr. 39 zu § 613 a BGB, zu B III 2 der Gründe; BAG Urteil vom 26. Februar 1987 – 2 AZR 321/86 – AP Nr. 63 zu § 613 a BGB, zu B II 4 der Gründe). Ebenso ist es unerheblich, daß die Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH lediglich zeitlich befristet die Abwicklungsarbeiten und die zu ihrer Durchführung erforderlichen Betriebsmittel übernahm (BAGE 47, 206, 210 f. = AP Nr. 38 zu § 613 a BGB, zu 1 der Gründe, zu einer treuhänderischen, befristeten Betriebsübernahme durch eine Auffanggesellschaft).
dd) Nach dem bisherigen Parteivorbringen gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß die Beklagte in der Hauptgeschäftsstelle in Ko. bestimmte, abgrenzbare Bereiche, denen die Klägerin zuzuordnen war, im Wege der Teilstillegung auflöste.
d) Selbst wenn kein Betriebsübergang, sondern eine Betriebsstillegung vorliegen sollte, hatte die Beklagte den das gesamte Kündigungsschutzrecht beherrschenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Eine Beendigungskündigung, insbesondere eine außerordentliche, kommt nur dann in Betracht, wenn mildere Mittel nicht zur Verfügung stehen. Dazu gehört die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz. Da das Kündigungsschutzgesetz unternehmensbezogen ist, erstreckt sich die Versetzungspflicht auf das gesamte Unternehmen, beschränkt sich andererseits aber auch grundsätzlich darauf (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. BAGE 46, 191, 200 f. = AP Nr. 21 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, zu C II der Gründe; BAG Urteil vom 22. Mai 1986 – 2 AZR 612/85 – AP Nr. 4 zu § 1 KSchG 1969 Konzern, zu B I 4 a der Gründe, jeweils m.w.N., und BAG Urteil vom 27. November 1991 – 2 AZR 255/91 – AP Nr. 6 zu § 1 KSchG 1969 Konzern, zu B II 2 und III 1 der Gründe). In Ausnahmefällen kann allerdings eine weitergehende Pflicht des Arbeitgebers bestehen, für eine andere Beschäftigung des Arbeitnehmers zu sorgen. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine konzernbezogene Betrachtung der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten insbesondere dann in Betracht, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat (vgl. BAG Urteil vom 27. November 1991, a.a.O., zu B III der Gründe, m.w.N.). Um einen ähnlichen, besonderen Sachverhalt handelt es sich auch im vorliegenden Falle. Im Geschäftsbesorgungsvertrag vom 21. Mai 1990 hatte sich die Heimstätte Rheinland-Pfalz GmbH verpflichtet, das zur Abwicklung der Geschäfte erforderliche Personal der Beklagten zu übernehmen. Die Beklagte hatte aufgrund ihrer Fürsorgepflicht und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes eine derartige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit zu nutzen und eine Kündigung möglichst zu vermeiden. Den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts läßt sich jedoch nicht entnehmen, ob die Klägerin zum „erforderlichen Personal” gehörte und über die Qualifikation verfügte, die zur Durchführung der noch ausstehenden Abwicklungsarbeiten nötig war.
e) Wenn ein Betriebsübergang vorliegt, ist § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB zu beachten. Nach dieser Vorschrift ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses, die der bisherige Arbeitgeber wegen des Übergangs eines Betriebs ausspricht, unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt jedoch unberührt. Ein anderweitiger Kündigungsgrund im Sinne des § 613 a Abs. 4 Satz 2 BGB kann vorliegen, wenn es in der Hauptgeschäftsstelle, unabhängig vom Betriebsübergang, ohnehin keine ausreichenden Einsatzmöglichkeiten mehr für die Klägerin gegeben hätte. Auch dazu fehlen die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.
3. Liegt ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Gründen vor, so mußte die Beklagte der Klägerin eine soziale Auslauffrist einräumen, die der Kündigungsfrist entspricht, die ohne Ausschluß der ordentlichen Kündigung gelten würde (vgl. BAGE 48, 220, 227 = AP Nr. 86 zu § 626 BGB, zu B IV 1 der Gründe). Die Unkündbarkeit, die § 53 Abs. 2 BAT in der Fassung der Betriebsvereinbarung vom 18. Dezember 1973 vorsieht, soll die Rechtsstellung der Arbeitnehmer verbessern, die älter sind, schon lange dem Betrieb angehören und deshalb den Betriebspartnern als besonders schutzwürdig erscheinen. Durch die Unkündbarkeit sollen diesen Personen aber keine Nachteile bei der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses entstehen. Die Unkündbarkeit eröffnet dem Arbeitgeber nicht die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis aus betrieblichen Gründen früher zu beenden, als er dies ohne den Ausschluß der ordentlichen Kündigung könnte. Wäre die außerordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen, so hätte die Beklagte das Arbeitsverhältnis wegen Geschäftsaufgabe nur ordentlich kündigen können und die Kündigungsfrist einhalten müssen, zumal der maßgebliche Kündigungsgrund im Einfluß- und Verantwortungsbereich des Arbeitgebers liegt. Daran ändert sich auch dadurch nichts, daß die Beklagte zunächst von einer Kündigung absah, sich um eine Beschäftigung der Klägerin bei anderen Arbeitgebern bemühte und die Klägerin die ihr unterbreiteten Angebote ablehnte.
4. Die Beklagte kann die ihr bei Ausspruch der Kündigung bereits bekannten Kündigungsgründe nur insoweit geltend machen, als sie dazu den Betriebsrat nach § 102 Abs. 1 BetrVG ordnungsgemäß angehört hat.
a) Falls auch kein Teilbetriebsübergang vorliegt, sondern die gesamte Hauptgeschäftsstelle in Ko. stillgelegt worden ist, hat die Beklagte den Betriebsrat mit den Schreiben vom 25. Mai 1990 und vom 11. Juni 1990 ausreichend unterrichtet. Fehler im Anhörungsverfahren, die nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG zur Unwirksamkeit der Kündigung führen könnten, sind dann nicht ersichtlich. Der Betriebsrat hat, obwohl er nach der Behauptung der Klägerin unter Druck gesetzt worden sei, die Zustimmung zu erteilen, eine differenzierte Stellungnahme abgegeben. Der außerordentlichen Kündigung, die allein zum Zuge kommen kann, hat er gerade nicht zugestimmt.
b) Soweit die Beklagte die Kündigung nicht nur auf die behauptete Betriebsstillegung, sondern auch darauf stützen will, daß in der Hauptgeschäftsstelle ohnehin keine sinnvollen Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin mehr bestanden hätten und der Klägerin mit Schreiben vom 27. April 1990 Abwicklungsarbeiten in der Hauptgeschäftsstelle nur deshalb angeboten worden seien, um ihre Arbeitskraft nicht völlig ungenützt brachliegen zu lassen, ist es zweifelhaft, ob der Betriebsrat zu diesem Kündigungsgrund ordnungsgemäß gehört worden ist. In den an den Betriebsrat gerichteten Schreiben vom 25. Mai 1990 und 11. Juni 1990 findet dieser Kündigungsgrund keinen hinreichenden Niederschlag. Die für eine ordnungsgemäße Anhörung darlegungs- und beweispflichtige Beklagte hat bislang nicht vorgetragen, daß dem Betriebsrat dieser Sachverhalt schon bekannt gewesen sei und er außerdem gewußt habe, daß die Kündigung auch hierauf gestützt werden solle. Nach den vom Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht vertretenen Rechtsauffassungen bestand zu einem ergänzenden Sachvortrag bislang keine Veranlassung, so daß den Parteien Gelegenheit zu geben ist, hierzu noch Stellung zu nehmen.
Unterschriften
Hillebrecht – zugleich für den durch Urlaub an der Unterschrift verhinderten Richter Bitter, Kremhelmer, Dr. Fischer, Engel
Fundstellen