Das Bundesarbeitsgericht hat über eine Fallgestaltung wie die vorliegende noch nicht entscheiden. Es geht im Streitfall weder um einen Sympathie- oder Solidaritätsstreik, noch um einen Streik zur Durchsetzung lediglich unternehmensbezogener Forderungen. Vielmehr beteiligten sich die Kläger an dem von ihrer Gewerkschaft um einen Verbandstarifvertrag geführten Streik. Allerdings wurde mit der Beklagten ein nicht dem Arbeitgeberverband angehörender sog. Außenseiter-Arbeitgeber in den Arbeitskampf einbezogen. Die Beklagte ist aber kein an der Verbandsauseinandersetzung unbeteiligter Dritter. Auf Grund der Verweisung in dem Firmentarifvertrag gelten für die bei ihr beschäftigten gewerkschaftsangehörigen Arbeitnehmer die Arbeitsbedingungen der in Bezug genommenen Verbandstarifverträge. Diese von der Beklagten selbst durch den Abschluß des Firmentarifvertrags begründete rechtliche Bindung an die Verbandstarifverträge rechtfertigt ihre Einbeziehung in den Verbandsarbeitskampf.
I. Den bisherigen höchstrichterlichen Entscheidungen lagen andere Fallgestaltungen zugrunde. Die Urteile des Senats vom 5. März 1985 (– 1 AZR 468/83 – BAGE 48, 160) und vom 12. Januar 1988 (– 1 AZR 219/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 90 = EzA GG Art. 9 Arbeitskampfrecht Nr. 73) betrafen Sympathiestreiks, in denen eine Gewerkschaft durch Arbeitskampfmaßnahmen eine andere Gewerkschaft bei deren Tarifkonflikt unterstützen wollte. Darum geht es im Streitfall nicht. Dieser unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt auch von der Fallgestaltung, die der Entscheidung des Senats vom 9. April 1991 (– 1 AZR 332/90 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 116 = EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 98) zugrunde lag. Zwar ging es dort ebenfalls um die Einbeziehung eines Außenseiter-Arbeitgebers in einen von der Gewerkschaft um einen Verbandstarifvertrag geführten Streik. Anders als vorliegend galten in jenem Fall für die bei dem Außenseiter beschäftigten Arbeitnehmer aber nicht auf Grund einer firmentarifvertraglichen Bezugnahme die verbandstarifvertraglichen Regelungen. Auch in dem vom Bundesgerichtshof mit Urteil vom 19. Januar 1978 (– II ZR 192/76 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 56 = EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 21) entschiedenen Fall fand auf die Arbeitsverhältnisse der streikenden Arbeitnehmer eines Außenseiter-Arbeitgebers der angestrebte Tarifvertrag weder unmittelbar noch infolge Bezugnahme Anwendung. Anders war dies in dem der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 1991 (– 1 BvR 779/85 – BVerfGE 84, 212) zugrunde liegenden Fall. Dort hatte der Außenseiter-Arbeitgeber, der im Rahmen eines Verbandsarbeitskampfs Arbeitnehmer aussperrte, die Geltung der Verbandstarifverträge generell in den Arbeitsverträgen vereinbart (BVerfG aaO, zu C I 1b der Gründe). Allerdings war dort der Außenseiter nicht Adressat, sondern Akteur der Arbeitskampfmaßnahme.
II. Die Zulässigkeit der Einbeziehung eines Außenseiter-Arbeitgebers in einen Verbandsarbeitskampf ist umstritten. Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 19. Januar 1978 (– II ZR 192/76 – aaO) angenommen, es sei für die Rechtmäßigkeit eines Streiks unschädlich, wenn der nicht verbandszugehörige Arbeitgeber nur bestreikt werde, um auch hierdurch wirtschaftlichen Druck auf die Branche und ihren Arbeitgeberverband auszuüben, möglicherweise in der Erwartung, daß die Außenseiter einem dann mit dem Verband abgeschlossenen Tarifvertrag folgen würden (BGH 19. Januar 1978 aaO, zu II 1d der Gründe). Dagegen hält ein Teil des Schrifttums den Streik gegen einen Außenseiter-Arbeitgeber im Rahmen eines Verbandsarbeitskampfs grundsätzlich für unzulässig (vgl. etwa Kissel Arbeitskampfrecht § 38 Rn. 19 ff.; Thüsing Der Außenseiter im Arbeitskampf Dissertation 1996 S 133 ff.). Nach Gamillscheg soll der Streik um einen Verbandstarifvertrag auch gegen den Außenseiter-Arbeitgeber zulässig sein, wenn die Gewerkschaft diesen zuvor ergebnislos zu Verhandlungen aufgefordert hat (Gamillscheg Kollektives Arbeitsrecht Bd. I S 1005). Diese Auffassung vertritt auch Otto in den Fällen, in denen zu erwarten ist, daß der umkämpfte Verbandstarifvertrag faktisch beim Außenseiter zur Anwendung kommt oder für allgemein verbindlich erklärt wird (MünchArbR/Otto § 285 Rn. 68; vgl. auch LAG Frankfurt 22. Februar 1990 – 12 Sa 294/89 – LAGE Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 40, zu 1c bb – ee der Gründe). Konzen hält die Einbeziehung des Außenseiter-Arbeitgebers in den Verbandsarbeitskampf dann für zulässig, wenn beiderseits die Anlehnung an den Verbandstarifvertrag akzeptiert wird; in derartigen Fällen solle der Konflikt nicht vermieden, sondern auf die Verbandsebene verlagert werden (Konzen Anm. SAE 1991, 335, 343 f.). Nach Lieb wiederum soll die Einbeziehung von Außenseitern in den Arbeitskampf gerade dann unzulässig sein, wenn die Gewerkschaft nur das Ziel einer vorzeitigen bindenden Anschlußerklärung verfolgt (Lieb FS Kissel S 653, 669 ff.). Lembke hält zum einen den Streik um einen Verbandstarifvertrag gegen einen Außenseiter dann für zulässig, wenn der Verbandstarifvertrag kraft Allgemeinverbindlicherklärung auch beim Außenseiter zur Anwendung kommt (Lembke Die Arbeitskampfbeteiligung von Außenseitern Dissertation 1999 S 144 ff.); zum andern können sich nach seiner Auffassung Außenseiter den Kampfmaßnahmen der den Verbandstarifvertrag schließenden Koalitionen dann anschließen, wenn und soweit der Arbeitskampf um Tarifnormen geht, die kraft – arbeitsvertraglicher – dynamischer Bezugnahme in den mit den Außenseitern geschlossenen Arbeitsverhältnissen gelten (Lembke aaO S 164, 170, 177). Dagegen meint Rieble, daß die auf Grund arbeitsvertraglicher Bezugnahme am umkämpften Tarifvertrag Partizipierenden das Ergebnis des Arbeitskampfs hinnehmen müssen, ohne es durch Teilnahme an dem Arbeitskampf beeinflussen zu können; er sieht es allerdings als problematisch an, wenn ein Tarifvertrag Fernwirkungen auf einen anderen Tarifvertrag hat, und zieht in diesen Fällen ausnahmsweise eine Ausweitung des Arbeitskampfs in Betracht (Rieble Anm. EzA Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 98 S 9, 16, 17).
III. Die vorliegende Fallgestaltung verlangt keine generelle Klärung der Frage, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Maßgaben der Streik gegen einen Außenseiter-Arbeitgeber im Rahmen eines Verbandsarbeitskampfs zulässig ist. Er ist dies grundsätzlich jedenfalls dann, wenn ein mit dem Außenseiter geschlossener Firmentarifvertrag hinsichtlich bestimmter Arbeitsbedingungen keine eigenständigen inhaltlichen Regelungen enthält, sondern lediglich dynamisch auf die jeweiligen Bestimmungen der im Tarifgebiet und in der Branche geltenden Verbandstarifverträge verweist.
1. Rechtliche Grundlage eines Streiks ist die durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Koalitionsfreiheit. Zu dieser gehört die Betätigung der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen. Darunter fällt insbesondere der Abschluß von Tarifverträgen. Die Wahl der Mittel, die sie zur Erreichung dieses Zwecks für geeignet halten, überläßt Art. 9 Abs. 3 GG grundsätzlich den Koalitionen. Zu den geschützten Mitteln zählen Arbeitskampfmaßnahmen, die auf den Abschluß von Tarifverträgen gerichtet sind. Sie werden jedenfalls insoweit von der Koalitionsfreiheit erfaßt, als sie allgemein erforderlich sind, um eine funktionierende Tarifautonomie sicherzustellen (BVerfG 26. Juni 1991 – 1 BvR 779/85 – BVerfGE 84, 212, 224, zu C I 1a der Gründe).
2. Die auf die Verwirklichung der Tarifautonomie bezogene Hilfsfunktion des Arbeitskampfs hat zur Folge, daß die Arbeitskampfmaßnahmen zwischen Tarifvertragsparteien und deren Mitgliedern stattfinden und die Beeinträchtigung Dritter grundsätzlich nur hingenommen wird, soweit dies im Interesse der Tarifautonomie notwendig ist (vgl. BAG 12. Januar 1988 – 1 AZR 219/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 90 = EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 73, zu IV 2b cc der Gründe). Gleichwohl ist es nicht generell ausgeschlossen, auch solche Personen, die nicht Mitglied der Gewerkschaft oder des Arbeitgeberverbands sind, in den Arbeitskampf um Verbandstarifverträge einzubeziehen.
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Arbeitskampfmaßnahmen von nicht organisierten Arbeitnehmern und gegen solche zulässig, wenn deren Einbeziehung in den Arbeitskampf der sozialen Wirklichkeit und der kollektiven Interessenlage entspricht. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn das Ergebnis eines Arbeitskampfs zumindest faktisch auch den Außenseitern zugute kommt und diese im Rahmen des von der Gewerkschaft getragenen Arbeitskampfs letztlich um ihre eigenen Arbeitsbedingungen kämpfen (BAG 22. März 1994 – 1 AZR 622/93 – BAGE 76, 196, 201 f., zu II 3a der Gründe). So können sich bei Vorliegen eines entsprechenden gewerkschaftlichen Streikbeschlusses an einem Streik nach ganz allgemeiner Auffassung nicht nur die in der streikführenden Gewerkschaft organisierten, sondern auch die nicht und die anders organisierten Arbeitnehmer beteiligen (vgl. BAG 22. März 1994 – 1 AZR 622/93 – BAGE 76, 196, 201, zu II 3a der Gründe mwN). Ebenso wie organisierte Arbeitnehmer dürfen auch nicht oder anders organisierte Arbeitnehmer ausgesperrt werden (BAG GS 21. April 1971 – GS 1/68 – BAGE 23, 292, 310, zu III B 3 der Gründe; 29. November 1967 – GS 1/67 – BAGE 20, 175, 195, Teil III zu IV 5 der Gründe; BAG 10. Juni 1980 – 1 AZR 331/79 – BAGE 33, 195, 202, zu A I der Gründe). Der Arbeitgeber darf die Aussperrung noch nicht einmal gezielt auf die Mitglieder einer streikenden Gewerkschaft beschränken und die nicht organisierten Arbeitnehmer verschonen. Vielmehr würde durch eine derartige Differenzierung die positive Koalitionsfreiheit der Gewerkschaftsmitglieder verletzt (BAG 10. Juni 1980 – 1 AZR 331/79 – BAGE 33, 195, 203 ff., zu A II der Gründe). Schließlich kann der Arbeitgeber unabhängig davon, ob ihm die teilweise Aufrechterhaltung seines Betriebs technisch möglich und wirtschaftlich zumutbar ist, den teilweise bestreikten Betrieb vollständig stillegen und die Arbeitsverhältnisse arbeitswilliger Außenseiter damit suspendieren (BAG 22. März 1994 – 1 AZR 622/93 – BAGE 76, 196, 202 f., zu II 3b und c der Gründe).
b) Ein Arbeitgeber, der sich als Außenseiter einer Verbandsaussperrung anschließt, betätigt sich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 26. Juni 1991 (– 1 BvR 779/85 – BVerfGE 84, 212) ebenfalls koalitionsmäßig. Sein Kampfbündnis mit einem tariffähigen Verband kann nach dieser Entscheidung eine Vereinigung iSv. Art. 9 Abs. 3 GG sein, wenn es den Abschluß eines Tarifvertrags im Interesse des Außenseiters beeinflussen soll. Das Bundesverfassungsgericht sah in dem ihm vorliegenden Fall diesen Zweck bereits deshalb als erfüllt an, weil dort der Außenseiter-Arbeitgeber die Geltung der Verbandstarifverträge generell in den Arbeitsverträgen vereinbart hatte (BVerfG 26. Juni 1991 – 1 BvR 779/85 – BVerfGE 84, 212, 224, zu C I 1b der Gründe; vgl. aber auch BAG 11. August 1992 – 1 AZR 103/92 – BAGE 71, 92, 98, zu A I 3a der Gründe).
3. Gemeinsam ist diesen Fallgestaltungen, in denen die Rechtsprechung die Einbeziehung von Außenseitern in einen Arbeitskampf für zulässig erachtet hat, die Partizipation der Außenseiter an dem Ergebnis der kollektiven Auseinandersetzung. Auch der Gesetzgeber hat in § 146 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB III (bis 31. Dezember 1997: § 116 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AFG) die Partizipation am Ergebnis einer Tarifbewegung zum Anknüpfungspunkt für die Zuweisung des Arbeitskampfrisikos an Arbeitnehmer gemacht, die am Arbeitskampf nicht beteiligt sind. Nach dieser Bestimmung wird das Lohnausfallrisiko eines Arbeitskampfs von der Arbeitslosenversicherung auch auf die Arbeitnehmer verlagert, die an dem Arbeitskampf nicht teilnehmen, sofern ihnen dessen Früchte voraussichtlich zugute kommen. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Partizipation als “einleuchtendes Kriterium” dafür erachtet, das Ruhen der Leistungen der Arbeitslosenversicherung – insbesondere auch des Kurzarbeitergeldes (vgl. § 174 Abs. 1 SGB III) – bei Arbeitnehmern anzuordnen, deren Interessen mit denen ihrer unmittelbar im Arbeitskampf stehenden Kollegen weitgehend übereinstimmen (BVerfG 4. Juli 1995 – 1 BvF 1/87 ua. – BVerfGE 92, 365, 397, zu C I 2a der Gründe).
4. Die Partizipation an dem Ergebnis des Verbandsarbeitskampfs ist grundsätzlich geeignet, die Einbeziehung eines nicht dem Arbeitgeberverband angehörenden Arbeitgebers in den Verbandsarbeitskampf zu rechtfertigen. Er ist zwar formal Außenseiter, aber in diesem Fall kein unbeteiligter Dritter. Dabei verlangt der Streitfall keine abschließende Beurteilung, welcher Art die Partizipation und wie zuverlässig sie prognostizierbar sein muß. Jedenfalls dann, wenn nicht lediglich eine faktische Teilhabe am Ergebnis mehr oder weniger wahrscheinlich, sondern die Übernahme des umkämpften Verbandstarifvertrags bereits rechtlich gesichert ist, ist die Einbeziehung des Außenseiters in den Verbandsarbeitskampf gerechtfertigt. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn arbeitsvertraglich oder in einem Verweisungs- oder Anerkennungstarifvertrag dynamisch auf die Normen des jeweiligen Verbandstarifvertrags verwiesen wird. Durch derartige Bezugnahmen wird bewirkt, daß sich die Arbeitsbedingungen der bei dem Außenseiter-Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer nach den jeweils einschlägigen Verbandstarifverträgen richten. Die Arbeitnehmer partizipieren im Falle einer dynamischen Verweisung ohne weiteres an dem zwischen den organisierten Arbeitnehmern und Arbeitgebern erzielten Tarifergebnis. Auch der Arbeitgeber macht sich, indem er die Arbeitsverhältnisse der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer den Verbandstarifverträgen unterstellt, die Betätigung der Verbände zunutze und profitiert von der Stärke des am Kampf um den Verbandstarifvertrag beteiligten Arbeitgeberverbands. Er kann daher berechtigterweise gegen die Einbeziehung in den Verbandsarbeitskampf nicht einwenden, dieser gehe ihn nichts an. Vielmehr geht es in dem Verbandsarbeitskampf auch um die Arbeitsbedingungen im Betrieb des Außenseiters. Die dort beschäftigten Arbeitnehmer kämpfen bei der Teilnahme an dem Verbandsstreik in ihrem eigenen Interesse.
5. Der von der Beklagten mit der IG Druck und Papier im Jahr 1982 geschlossene Firmentarifvertrag verweist auf die darin genannten Verbandstarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung. Hiervon gehen ersichtlich auch beide Parteien aus.
a) Dies entspricht trotz des nicht ganz eindeutigen Wortlauts des Firmentarifvertrags erkennbar dem Willen der Tarifvertragsparteien, wie er in der tariflichen Regelung seinen Niederschlag gefunden hat. Die Formulierung, der Inhalt der neu abgeschlossenen Verbandstarifverträge werde “unverzüglich übernommen”, macht deutlich, daß nicht jeweils erst ein neuer Anerkennungstarifvertrag geschlossen werden soll, um die Regelungen der Verbandstarifverträge umzusetzen, sondern daß diese ohne weiteren Umsetzungsakt auf die Arbeitnehmer der Beklagten Anwendung finden sollen. Diese Auslegung erscheint sachgerecht und entspricht den Bedürfnissen der Praktikabilität. Sie wird bestätigt durch die Tarifübung. Die Beklagte hat die Verbandstarifverträge seit 1982 angewandt, ohne je neue Anerkennungstarifverträge mit der Gewerkschaft geschlossen zu haben.
b) Die dynamische Verweisung des Firmentarifvertrags auf die jeweils geltenden Verbandstarifverträge ist wirksam. Zwar können die Tarifvertragsparteien die ihnen zugewiesene Rechtssetzungsbefugnis nicht auf Dritte übertragen. Die ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG übertragene Befugnis, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder sinnvoll zu ordnen, gestattet es ihnen aber, auf jeweils geltende andere tarifliche Vorschriften zu verweisen, sofern deren Geltungsbereich mit dem der verweisenden Tarifnorm in einem engen sachlichen Zusammenhang steht (BAG 9. Juli 1980 – 4 AZR 564/78 – BAGE 34, 42; 8. März 1995 – 10 AZR 27/95 – AP TVG § 1 Verweisungstarifvertrag Nr. 5 = EzA TVG § 1 Nr. 40, zu II 3a der Gründe). Ein solcher Zusammenhang ist hier gegeben. Die Beklagte unterfällt dem räumlichen und fachlichen Geltungsbereich der in Bezug genommenen Verbandstarifverträge. Für deren unmittelbare Geltung fehlt es allein an der Verbandsmitgliedschaft der Beklagten.
6. Der Zulässigkeit der Teilnahme der Kläger am Verbandsstreik steht nicht entgegen, daß dieser auch mit dem Ziel eines Tarifvertrags über Altersteilzeit geführt wurde und ein solcher Tarifvertrag nicht – jedenfalls nicht ausdrücklich – zu den im Firmentarifvertrag in Bezug genommenen Verbandstarifverträgen gehört. Es ist ausreichend, daß mit dem Streik auch Hauptforderungen verfolgt wurden, deren Erfüllung den Klägern auf Grund der firmentarifvertraglichen Verweisung unmittelbar zugute kam. Dies war hinsichtlich des Lohnabkommens der Fall.
Die Teilnahme der Kläger an dem Streik verstieß nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das ultima-ratio-Prinzip (vgl. dazu grundlegend BAG GS 21. April 1971 – GS 1/68 – BAGE 23, 292).
I. Allerdings verbietet das für alle Arbeitskampfmaßnahmen geltende ultima-ratio-Prinzip einen ausschließlich “um des Arbeitskampfs und der Demonstration der Stärke willen” geführten Streik (vgl. etwa BAG 9. April 1991 – 1 AZR 332/90 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 116 = EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 98, zu II 3 der Gründe). Eine Arbeitskampfmaßnahme, die zur Durchsetzung der kollektiven Forderungen völlig ungeeignet ist, unterfällt nicht dem Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG. Dies folgt auch aus der Hilfsfunktion des Arbeitskampfs. Die Koalitionen haben jedoch einen Beurteilungsspielraum bei der Frage, ob eine Arbeitskampfmaßnahme geeignet ist, Druck auf den sozialen Gegenspieler auszuüben. Diese Einschätzungsprärogative ist Teil der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Freiheit in der Wahl der Arbeitskampfmittel. Sie betrifft grundsätzlich nicht nur die Frage, welches Kampfmittel eingesetzt wird, sondern auch wem gegenüber dies geschieht.
Aus dem ultima-ratio-Prinzip folgt ferner, daß Arbeitskampfmaßnahmen erst dann ergriffen werden dürfen, wenn ohne sie ein Tarifabschluß im Wege von Verhandlungen nicht zu erreichen ist. Dies bedeutet, daß grundsätzlich vor einem Streik Forderungen über den Inhalt des abzuschließenden Tarifvertrags erhoben und in der Regel auch erfolglos Verhandlungen darüber geführt sein müssen (BAG 21. Juni 1988 – 1 AZR 651/86 – BAGE 58, 364, 383, zu A I 3d der Gründe; 9. April 1991 – 1 AZR 332/90 – aaO). Das ultima-ratio-Prinzip erfordert aber keine offizielle Erklärung des Scheiterns der Tarifvertragsverhandlungen. Vielmehr liegt in der Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen die freie, nicht nachprüfbare und daher allein maßgebende Erklärung der Tarifvertragspartei, daß sie die Verständigungsmöglichkeiten ohne Ausübung von Druck als ausgeschöpft ansieht (BAG 21. Juni 1988 – 1 AZR 651/86 – BAGE 58, 364, 381, zu A I 3c der Gründe).
II. Hiernach wurde im Streitfall das ultima-ratio-Prinzip nicht verletzt. Die Arbeitsniederlegung der Kläger war zur Durchsetzung der verbandstarifvertraglichen Forderungen nicht ungeeignet. Die Gewerkschaft war auch nicht verpflichtet, der Beklagten gegenüber gesonderte Forderungen zu erheben.
1. Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. etwa Thüsing Der Außenseiter im Arbeitskampf Dissertation 1996 S 140) kann nicht angenommen werden, der Streik gegen einen Außenseiter-Arbeitgeber sei generell ungeeignet, Druck auf den Arbeitgeberverband auszuüben. Jedenfalls hält sich die den Streik führende Gewerkschaft, sofern nicht im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative, wenn sie annimmt, sie könne durch die Einbeziehung des Außenseiter-Arbeitgebers in den Streik den Druck auf den sozialen Gegenspieler verstärken. Zwar hat der Außenseiter keinen mitgliedschaftsrechtlich begründeten Einfluß auf die Entscheidungen des Arbeitgeberverbands. In der Realität des Arbeits- und Wirtschaftslebens gibt es jedoch zahlreiche und unterschiedliche Einfluß- und Reaktionsmöglichkeiten (vgl. ErfK/Dieterich 3. Aufl. Art. 9 GG Rn. 116). Daher hat der Senat selbst bei einem branchenübergreifenden Sympathiestreik die Förderung des im Hauptarbeitskampf geforderten Tarifabschlusses für möglich erachtet, da die gezeigte Solidarität die Kampfbereitschaft der den Hauptarbeitskampf führenden Gewerkschaftsmitglieder stärken kann und die vom Sympathiestreik betroffenen Arbeitgeber – gleich in welcher Weise – darauf hinwirken können, daß die vom Hauptarbeitskampf betroffenen Arbeitgeber nachgeben (BAG 12. Januar 1988 – 1 AZR 219/86 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 90 = EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 73, zu IV 2b aa der Gründe). Dies gilt erst recht bei einem von derselben Gewerkschaft in derselben Branche und im selben Tarifgebiet geführten Arbeitskampf. Zum einen geht es in diesem Fall um die Solidarität der Mitglieder innerhalb einer Gewerkschaft. Zum anderen gibt es zwischen den Arbeitgebern derselben Branche und Region unabhängig von der Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband regelmäßig zahlreiche wirtschaftliche und sonstige, etwa im Rahmen anderer Verbände bestehende Verbindungen und Kontakte, die eine zumindest informelle, darum aber keineswegs weniger wirksame Einflußnahme des Außenseiter-Arbeitgebers auf die Mitglieder des Arbeitgeberverbands ermöglichen. Im übrigen ist zu berücksichtigen, daß der Streik gegen den Außenseiter-Arbeitgeber für die Gewerkschaft mit erheblichen Kosten und für die streikenden Arbeitnehmer mit Opfern verbunden ist. Die Gewerkschaft wird daher zu einem solchen Streik regelmäßig nur dann aufrufen, wenn sie sich hiervon tatsächlich Druck auf den Arbeitgeberverband und damit auch eine Beeinflussung des Ergebnisses des Arbeitskampfs zugunsten der streikenden Mitglieder verspricht. Auch im Streitfall gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Streikaufruf und die Teilnahme der Kläger an dem Verbandsarbeitskampf habe anderen Zielen als der Durchsetzung der verbandstariflichen Forderungen gedient. Daß die Gewerkschaft den Streik gegen die Beklagte als erfolgversprechendes Kampfmittel im Verbandsarbeitskampf erachtet, zeigt auch der Umstand, daß sie dieses Mittel bereits bei den Verbandsauseinandersetzungen in den Jahren 1992, 1994 und 1998 eingesetzt hat.
2. Die IG Medien war auf Grund des ultima-ratio-Prinzips nicht verpflichtet, vor dem Streikaufruf die auf Verbandsebene gestellten Forderungen gesondert gegenüber der Beklagten zu erheben. Die von der IG Medien gestellten Forderungen waren von der Beklagten allein nicht erfüllbar. Die Gewerkschaft führte gegen die Beklagte keinen selbständigen Streik zur Durchsetzung eigenständiger firmenbezogener Ziele. Vielmehr war die Streikteilnahme der Kläger Teil des Verbandsarbeitskampfs. Die Kläger streikten nicht um einen Firmentarifvertrag, sondern um den – auf Grund der dynamischen Verweisung in dem Firmentarifvertrag auch ihnen zugute kommenden – Verbandstarifvertrag. Adressat der Arbeitskampfforderungen war nicht die Beklagte, sondern der Verband der Druckindustrie. Diesem gegenüber waren die Tarifforderungen zu erheben, denn nur er konnte den von der IG Medien geforderten Verbandstarifvertrag schließen. Daher wäre auch eine – vom Senat im Urteil vom 9. April 1991 (– 1 AZR 332/90 – AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 116 = EzA GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 98, zu II 2 der Gründe) angesprochene – Erklärung der Beklagten, sie werde sich dem bei der Tarifauseinandersetzung erzielten Ergebnis anschließen, nicht geeignet gewesen, die mit dem Streik verfolgten Forderungen zu erfüllen. Die Beklagte war diese Verpflichtung durch die dynamische Verweisung in dem Firmentarifvertrag bereits eingegangen.
Die IG Medien hat mit der Einbeziehung der Beklagten in den Verbandsarbeitskampf nicht die aus dem Firmentarifvertrag folgende Friedenspflicht verletzt. Diese beschränkte sich hinsichtlich des Gegenstands der abgelaufenen Verbandstarifverträge darauf, daß die Gewerkschaft gegenüber der Beklagten für keine anderen Forderungen kämpfen durfte als für die auf Verbandsebene erhobenen. Die Teilnahme an dem Verbandsarbeitskampf war damit jedoch gerade nicht untersagt.
I. Die mit einem Tarifvertrag verbundene Friedenspflicht schützt einen Arbeitgeber davor, im Wege eines Streiks auf den Abschluß eines Tarifvertrags über dieselbe Regelungsmaterie in Anspruch genommen zu werden. Sie muß nicht besonders vereinbart werden, sondern ist dem Tarifvertrag als einer Friedensordnung immanent. Sofern die Tarifvertragsparteien nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart haben, wirkt sie nicht absolut, sondern relativ und bezieht sich nur auf die tarifvertraglich geregelten Gegenstände (vgl. BAG 10. Dezember 2002 – 1 AZR 96/02 – zVv., zu B I 2a der Gründe mwN; 21. Dezember 1982 – 1 AZR 411/80 – BAGE 41, 209, 219 ff., zu A II 1a der Gründe). Ihre sachliche Reichweite ist durch Auslegung der tariflichen Regelungen zu ermitteln (BAG 10. Dezember 2002 – 1 AZR 96/02 – aaO mwN; MünchArbR/Löwisch/Rieble § 277 Rn. 5; Wiedemann in Wiedemann TVG 6. Aufl. § 1 Rn. 682). Haben die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Sachmaterie erkennbar umfassend geregelt, ist davon auszugehen, daß sie diesen Bereich der Friedenspflicht unterwerfen und für die Laufzeit des Tarifvertrags die kampfweise Durchsetzung weiterer Regelungen unterbinden wollten, die in einem sachlichen inneren Zusammenhang mit dem befriedeten Bereich stehen (BAG 10. Dezember 2002 – 1 AZR 96/02 – aaO mwN; 27. Juni 1989 – 1 AZR 404/88 – BAGE 62, 171, 178 f., zu II 2a der Gründe).
II. Hiernach verstießen die Kläger mit der Teilnahme an dem Verbandsarbeitskampf nicht gegen die firmentarifvertragliche Friedenspflicht. In dem Firmentarifvertrag sind die verschiedenen Sachmaterien nicht inhaltlich eigenständig geregelt, sondern es wird lediglich im Wege einer dynamischen Blankettverweisung auf die inhaltlichen Regelungen der Verbandstarifverträge Bezug genommen. Die sachliche Reichweite der mit dem Firmentarifvertrag verbundenen Friedenspflicht läßt sich deshalb nicht losgelöst vom Inhalt und Zustand der Verbandstarifverträge bestimmen. Wird in einem Tarifvertrag dynamisch auf die Bestimmungen eines anderen Tarifvertrags verwiesen, so spricht dies dafür, daß der in Bezug genommene Tarifvertrag nicht nur hinsichtlich seines Inhalts, sondern auch hinsichtlich seiner Geltungsweise immer so anwendbar sein soll, wie er dies für die ihm unmittelbar unterstellten Personen ist. Läuft daher der in Bezug genommene Tarifvertrag aus, so gelten seine Normen auch für die Arbeitnehmer, die dem ungekündigten Verweisungstarifvertrag unterfallen, nur noch nachwirkend iSv. § 4 Abs. 5 TVG weiter (vgl. dazu BAG vom 13. August 1986 – 4 ABR 2/86 – AP MTV Ang-DFVLR Nr. 1 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 15). Mit dem Ablauf des in Bezug genommenen Verbandstarifvertrags endet somit grundsätzlich auch die firmentarifvertragliche Friedenspflicht hinsichtlich der in dem Verbandstarifvertrag geregelten Gegenstände.
Die damit eröffnete Kampffreiheit ist allerdings nicht uneingeschränkt. Die Gewerkschaft darf, solange der Firmentarifvertrag ungekündigt ist, gegenüber dem Arbeitgeber keine Forderungen erheben, die von den in der Verbandsauseinandersetzung erhobenen Forderungen abweichen. Dies folgt aus der weiterhin geltenden Bezugnahme auch auf die erst abzuschließenden Verbandstarifverträge. Der Firmentarifvertrag schützt damit den Arbeitgeber davor, mit weiterreichenden Forderungen als den auf Verbandsebene erhobenen überzogen zu werden. Auch dieser Schutz gehört zu der Partizipation, die es rechtfertigt, dem Arbeitgeber nicht nur die Früchte des Verbandsarbeitskampfs zugute kommen zu lassen, sondern ihn in diesen einzubeziehen. Im Streitfall streikten die Kläger nicht für andere, sondern ausschließlich für die auf Verbandsebene erhobenen Forderungen.