Entscheidungsstichwort (Thema)
Herabsetzung der Vergütung einer Lehrkraft durch Rechtsvorschriften der Republik Griechenland. Unzuständigkeit der deutschen Gerichtsbarkeit. Grundsätze der Staatenimmunität
Leitsatz (amtlich)
Eine Streitigkeit über die Herabsetzung der Vergütung eines Arbeitnehmers, der bei der Republik Griechenland an einer griechischen Schule in Deutschland als Lehrkraft beschäftigt und griechischer Staatsangehöriger ist, unterliegt nach den Grundsätzen der Staatenimmunität nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, wenn auf das Arbeitsverhältnis griechisches Recht Anwendung findet und der Arbeitsvertrag hinsichtlich der Vergütung, deren wirksamer Kürzung durch die Änderung griechischen Rechts sich der griechische Staat berühmt, unmittelbar auf griechische Rechtsvorschriften verweist.
Orientierungssatz
1. Ausländische Staaten können Staatenimmunität beanspruchen und sind der deutschen Gerichtsbarkeit nach § 20 Abs. 2 GVG nicht unterworfen, soweit der Rechtsstreit ihre hoheitliche Tätigkeit betrifft (Rn. 17 f.).
2. Danach ist eine Klage vor deutschen Gerichten unzulässig, mit der sich ein Arbeitnehmer, der griechischer Staatsangehöriger und als Lehrkraft bei der Republik Griechenland an einer griechischen Schule in Deutschland beschäftigt ist, gegen die Herabsetzung seiner Vergütung durch griechische (Spar-)Gesetze in einem Fall wendet, in dem das Arbeitsverhältnis griechischem Recht unterliegt und der Arbeitsvertrag hinsichtlich der Vergütung unmittelbar auf griechische Rechtsvorschriften verweist. Die Beurteilung, ob dem Arbeitnehmer Ansprüche auf Differenzvergütung zustehen, liefe bei dieser Sachlage unweigerlich auf eine Überprüfung staatlichen Handelns durch ein ausländisches Gericht hinaus. Einer solchen Kontrolle stehen die Grundsätze der Staatenimmunität entgegen (Rn. 35 ff.).
3. Der Sinn der sog. Ausweichklausel in Art. 30 Abs. 2 Halbs. 2 EGBGB liegt in der Gewährleistung international-privatrechtlicher Gerechtigkeit, indem sie dem Gericht gestattet, von der einschlägigen Regelanknüpfung abzuweichen, wenn diese im Einzelfall die Interessenlage der Parteien nicht zutreffend erfasst. Um nach der Ausweichklausel zur Anwendung des Rechts eines anderen Staates zu gelangen, muss deshalb die Verbindung zu diesem Staat stärker sein als die durch die Regelanknüpfung zum Recht des Arbeitsorts oder der einstellenden Niederlassung hergestellte Beziehung (Rn. 29 f.).
Normenkette
GG Art. 25; GVG § 20 Abs. 2; EGBGB Art. 27, 30 Abs. 1-2; EGV Nr. 593/2008 (Rom I-VO) Art. 28; Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 2. Dezember 2004 Art. 11 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1; Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16. Mai 1972 Art. 5 Abs. 1-3, Art. 7
Verfahrensgang
Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen) (Urteil vom 01.02.2019; Aktenzeichen 16 Sa 694/18) |
ArbG Bielefeld (Urteil vom 13.06.2018; Aktenzeichen 7 Ca 2279/12) |
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 1. Februar 2019 - 16 Sa 694/18 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten über Differenzvergütung und dabei insbesondere darüber, ob die Vergütung der Klägerin durch griechische Gesetze gekürzt worden ist.
Rz. 2
Die in Deutschland geborene Klägerin ist griechische Staatsangehörige. Sie ist seit dem Jahr 2002 bei der Beklagten an der griechischen Grundschule in B, einer durch das Land Nordrhein-Westfalen anerkannten Ergänzungsschule, als Deutschlehrerin beschäftigt. Ihrer Tätigkeit lagen zunächst zwei befristete Arbeitsverträge zugrunde. Nachdem die Klägerin in Griechenland eine „Entfristung“ erwirkt hatte, schlossen die Parteien unter dem Datum des 20. Dezember 2005 bzw. 6. Februar 2006 einen unbefristeten Arbeitsvertrag in griechischer Sprache. Nach der vorgelegten Übersetzung des Vertragstextes heißt es dort:
|
„Unter Berücksichtigung: |
|
1. |
Der Bestimmungen des Gesetzes 2413/1996 ‚Die griechische Bildung im Ausland, die interkulturelle Erziehung und andere Bestimmungen‘. |
|
… |
|
|
4. |
Der Bestimmungen des Präsidialerlasses 164/2004 (REGBLATT Band A‚134 19-7-2004), der sich auf Regelungen für die Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen im öffentlichen Sektor bezieht. |
|
5. |
Des Beschlusses mit Nr. 1533/20.12.2005 der Abteilung B‚ des Obersten Rates für Personalauswahl (A.S.E.P.), der einen unbefristeten Arbeitsvertrag des privaten Rechts für [die Klägerin] darstellt, gemäß den Bestimmungen des Artikels 11 des Präsidialerlasses 164/2004 (REGBLATT 134/Band A‚/19.07.2004). |
|
|
|
|
|
|
|
… |
|
|
Der erste Vertragspartner stellt die zweite ein, um an der Griechischen Grundschule B, im unbefristeten Arbeitsverhältnis des privaten Rechts und bei voller wöchentlicher Arbeitszeit (27 Stunden) die Fächer ihres Fachgebiets zu unterrichten. |
|
Dieser Vertrag unterliegt der geltenden griechischen Gesetzgebung und im Fall eines Rechtsstreites sind die griechischen Gerichte zuständig. |
|
An die Eingestellte werden monatliche Bezüge gezahlt, die der Sondergehaltszulage entsprechen, wie in den Bestimmungen des Artikels 28 des Gesetzes N.2413/96 für entsandte Lehrkräfte im gleichen Land (Deutschland) festgelegt, um 30% erhöht, sowie Feiertagszulagen (Weihnachten und Ostern) und Urlaubszulage, gemäß den jeweils geltenden Bestimmungen des (griechischen) Arbeitsrechts. |
|
…“ |
Rz. 3
Art. 28 des griechischen Gesetzes Nr. 2413/1996 (Amtsblatt FEK 124 A‚ der Republik Griechenland vom 17. Juni 1996) lautet nach der beim Arbeitsgericht eingereichten Übersetzung auszugsweise:
|
„Artikel 28 |
|
Sonderzulagen und Abfindungen |
|
1. |
An die Lehrkräfte und Verwaltungsangestellte, die ins Ausland abgeordnet werden, kann zusätzlich zu ihrer ordentlichen Vergütung, nach den Bestimmungen dieses Gesetzes, vom griechischen Staat die Sonderzulage in der Landeswährung des Abordnungslandes oder in US Dollar gezahlt werden, sofern dies durch die Währungsordnung des Abordnungslandes zugelassen wird. … |
|
2. |
Mit Beschluss des Ministers für Nationale Bildung und Religionen, für Inneres, für Öffentliche Verwaltung und Dezentralisierung und Finanzen, der nach Vorschlag der zuständigen diplomatischen oder konsularischen Behörden erlassen wird, werden festgelegt: a) Die Voraussetzungen für die Zahlung der Sonderzulage, b) deren Höhe für jeden Fall, c) die Art und Dauer ihrer Zahlung, d) die Gründe ihrer Unterbrechung oder Kürzung und e) jedes andere Detail, das die Zahlung der Sonderzulage betrifft. |
|
…“ |
|
Rz. 4
Mit Gemeinsamem Ministerialbeschluss Nr. 2/11827/0022 vom 28. März 2000 (Amtsblatt FEK 461 Heft B‚ der Republik Griechenland) wurde die Sonderzulage ab dem 1. Januar 2000 für nach Deutschland entsandte Erzieher, Lehrer, Studienräte und Verwaltungsangestellte auf 2.060,00 Euro festgesetzt.
Rz. 5
Im griechischen Gesetz Nr. 3205/2003 (Amtsblatt FEK A‚ 297 der Republik Griechenland vom 23. Dezember 2003) wurden im Teil A „Personal im öffentlichen Dienst, Juristische Personen des öffentlichen Rechts und der Kommunalbehörden (OTA)“ unter Art. 28 die Feiertagszulage für Weihnachten auf ein ganzes sowie die Feiertagszulage für Ostern und das Urlaubsgeld je auf ein halbes monatliches Grundgehalt der Gehaltsklasse festgelegt, die der Angestellte zu den jeweils bestimmten Fälligkeitsterminen hat.
Rz. 6
Danach leistete die Beklagte an die Klägerin seit ihrer unbefristeten Beschäftigung - einschließlich des Weihnachts-, Oster- und Urlaubsgeldes - je Kalenderjahr 14 Gehälter à 2.678,00 Euro (2.060,00 Euro zzgl. 30 %) brutto. Das Entgelt der Klägerin wird in Griechenland besteuert. Das Arbeitsverhältnis unterliegt der deutschen Sozialversicherung.
Rz. 7
Am 11. März 2010 erließ die Beklagte aufgrund mit der Europäischen Union (EU), der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) getroffener Vereinbarungen ua. das Gesetz Nr. 3833/2010 (Schutz der nationalen Wirtschaft - Dringende Maßnahmen zur Überwindung der Finanzkrise, Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 40 vom 15. März 2010). Nach der beim Arbeitsgericht vorgelegten Übersetzung des Normtextes heißt es dort zu Kapitel A‚:
|
„Artikel 1 |
|
Minderung der Bezüge der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. |
|
… |
|
4. Bedienstete mit privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gem. Paragraph 2, für die die Bestimmungen von Gesetz 3205/2003 nicht gelten, werden von der Absenkung des Paragraphen 2 jene Zulagen ausgenommen, die mit dem Familienstand oder der dienstlichen Entwicklung zusammenhängen, ebenso die mit gesundheitsschädigenden oder gefährlichen Berufen oder einem Zusatzstudium verbundenen Zulagen. Wenn den o.g. Bediensteten keine Zulagen, Vergütungen oder Honorare im Sinne des ersten Absatzes von Paragraph 2 dieses Artikels gezahlt werden, dann werden die Bezüge aller Art um sieben Prozent (7%) herabgesetzt. |
|
… |
|
Artikel 3 |
|
Einkommenspolitik des Jahres 2010 |
|
… |
|
5. Bestimmungen des Gesetzes oder Bestimmungen, Bedingungen oder Klauseln von Tarifverträgen, Schiedssprüchen, Ministerialbeschlüssen oder Verwaltungsakten jeder Art und Bedingungen individueller Arbeitsverträge oder Vereinbarungen, die im Widerspruch zu den Bestimmungen dieser Bestimmungen und der vorherigen Artikel stehen, werden aufgehoben. |
|
…“ |
Rz. 8
Art. 1 Kapitel A‚ des Gesetzes Nr. 3833/2010 trat mit Wirkung zum 1. Januar 2010 und Art. 3 am Tag seiner Veröffentlichung im Regierungsblatt in Kraft.
Rz. 9
Am 6. Mai 2010 erließ die Republik Griechenland das Gesetz Nr. 3845/2010 über Maßnahmen zur Aktivierung des Stützmechanismus für die griechische Wirtschaft von den EU-Staaten der Eurozone und dem Internationalen Währungsfonds (Regierungsblatt der Republik Griechenland Teil I Blatt Nr. 65 vom 6. Mai 2010). In Art. 3 des Gesetzes, in Kraft getreten zum 1. Juni 2010, ist nach der beim Arbeitsgericht eingereichten Übersetzung geregelt:
|
„Artikel 3 |
|
Maßnahmen zur Minderung der öffentlichen Ausgaben |
|
… |
|
3. Bei Bediensteten mit Arbeitsverträgen des Privatrechts gem. Par. 2 Art. 1 Ges. 3833/2010, die den Bestimmungen von Gesetz 3205/2010 nicht unterliegen, sind von der Kürzung des Paragraphen 1a die Zulagen ausgenommen, die vom Familienstand oder der dienstlichen Entwicklung zusammenhängen, ebenso die mit gesundheitsschädigenden oder gefährlichen Berufen oder einem Zusatzstudium verbundenen Zulagen. Wenn den o.g. Bediensteten keine Zulagen, Vergütungen oder Honorare im Sinne von Paragraph 1 gezahlt werden, dann werden die Bezüge aller Art um drei Prozent (3%) herabgesetzt. |
|
… |
|
6. Die Weihnachts-, Oster- und Urlaubszulagen, welche von jeglichen Allgemein- oder Sonderbestimmung und Tarifklauseln, Arbeitsverträgen, Schiedssprüchen, und Einzelverträgen oder Schiedssprüchen für die Bediensteten im Anwendungsbereich der Paragraphen 1 bis 4 einschließlich, ebenso für die Bediensteten im Anwendungsbereich des Paragraphen 5 werden wie folgt festgelegt: |
|
a) Die Weihnachtszulage auf fünfhundert (500) Euro. |
|
b) Die Osterzulage auf zweihundertfünfzig (250) Euro. |
|
c) Die Urlaubszulage auf zweihundertfünfzig (250) Euro. |
|
Die oben erwähnten Zulagen werden entrichtet, wenn alle ordentlichen Bezüge, Zulagen und Vergütungen, einschließlich der Zulagen des vorangegangenen Absatzes, innerhalb eines Kalenderjahres den Betrag von insgesamt dreitausend (3.000) Euro pro Monat nicht übersteigt. |
|
… |
|
8. Die Bestimmungen der vorangegangenen Paragraphen überwiegen aller Allgemein- oder Sonderbestimmung und Tarifklauseln, Arbeitsverträgen, Schiedssprüchen, und Einzelverträgen. |
|
…“ |
Rz. 10
Mit Gemeinsamem Ministerialbeschluss Nr. 2/20801/0022 vom 14. März 2012 (Amtsblatt FEK 807 Heft B‚ der Republik Griechenland) wurden die nach Art. 28 des Gesetzes Nr. 2413/1996 zu zahlenden Sonderzulagen neu festgelegt und die Sonderzulage für nach Deutschland entsandte Lehrer ua. rückwirkend ab dem 1. Januar 2012 auf 1.334,00 Euro festgesetzt.
Rz. 11
Hiervon ausgehend kürzte die Beklagte das Monatsentgelt der Klägerin ab Oktober 2010 „rückwirkend“ zum 1. Januar 2010 auf 2.416,00 Euro brutto (1.858,33 Euro plus 30 %) und im Juli 2012 „rückwirkend“ zum 1. Januar 2012 auf 1.734,20 Euro brutto (1.334,00 Euro plus 30 %). In den Jahren 2010, 2011 und 2012 leistete die Beklagte an die Klägerin als Weihnachts-, Oster- und Urlaubszulagen jeweils insgesamt 1.000,00 Euro brutto. Ab dem Jahr 2013 erbrachte sie keine solchen Leistungen mehr.
Rz. 12
Die Klägerin hat mit ihrer mehrfach erweiterten Klage die Zahlung weiterer Vergütung und von Sonderzulagen verlangt. Die deutschen Gerichte seien international zuständig. Die unter Berufung auf griechische Gesetze vorgenommenen Gehaltskürzungen seien unwirksam. Nach dem insoweit günstigeren und damit kollisionsrechtlich auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren deutschen Recht habe die Herabsetzung der Vergütung einer Änderungskündigung bedurft, welche die Beklagte - unstreitig - nicht erklärt habe.
Rz. 13
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
|
die Beklagte zu verurteilen, an sie 112.152,67 Euro brutto nebst fünf Prozent Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB nach näherer betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen. |
Rz. 14
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, die Klage sei unzulässig, weil sie wegen ihrer Staatenimmunität nicht vor deutschen Gerichten verklagt werden könne. Die Klägerin müsse sich auch an der getroffenen Gerichtsstandvereinbarung und Rechtswahl festhalten lassen. Das Arbeitsverhältnis weise eine engere Bindung zu Griechenland als zu Deutschland auf. Unabhängig davon sei das Schutzniveau nach griechischem Recht nicht geringer als nach deutschem Recht.
Rz. 15
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter, während die Beklagte die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe
Rz. 16
Die Revision ist unbegründet. Die Klage ist unzulässig. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die deutsche Gerichtsbarkeit sei für den Rechtsstreit nicht eröffnet. Die Beklagte kann für die vorliegende Streitigkeit Staatenimmunität beanspruchen und hat auf diese nicht verzichtet.
Rz. 17
I. Nach § 20 Abs. 2 GVG iVm. dem als Bundesrecht geltenden Allgemeinen Völkergewohnheitsrecht (Art. 25 GG) sind Staaten der Gerichtsbarkeit anderer Staaten insoweit nicht unterworfen, als ihre hoheitliche Tätigkeit von einem Rechtsstreit betroffen ist. Es ist mit dem Prinzip der souveränen Gleichheit von Staaten (sovereign equality of states) und dem daraus abgeleiteten Rechtsprinzip, dass Staaten nicht übereinander zu Gericht sitzen (vgl. EuGH 19. Juli 2012 - C-154/11 - [Mahamdia] Rn. 54), nicht zu vereinbaren, dass ein deutsches Gericht hoheitliches Handeln eines anderen Staates rechtlich überprüft (st. Rspr., zB BAG 26. April 2017 - 5 AZR 962/13 - Rn. 16, BAGE 159, 69; BGH 19. Dezember 2017 - XI ZR 796/16 - Rn. 16, BGHZ 217, 153). Allerdings hat das Recht der allgemeinen Staatenimmunität, nicht zuletzt wegen des zunehmend kommerziellen grenzüberschreitenden Tätigwerdens staatlicher Stellen, einen Wandel von einem absoluten zu einem nur mehr relativen Recht durchlaufen. Es ist keine allgemeine Regel des Völkerrechts mehr, dass ein Staat Immunität auch für nicht-hoheitliches Handeln („acta iure gestionis“) genießt. Demgegenüber unterfallen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Akte, die hoheitliches Handeln eines ausländischen Staates darstellen („acta iure imperii“) stets der Staatenimmunität, soweit der ausländische Staat auf sie nicht verzichtet hat (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 19 f. mwN).
Rz. 18
II. Die dementsprechend gebotene Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nicht nach deren Motiv oder Zweck. Sie kann auch nicht danach vorgenommen werden, ob die Betätigung in erkennbarem Zusammenhang mit hoheitlichen Aufgaben des Staates steht. Dies folgt daraus, dass die Tätigkeit eines Staates, wenn auch nicht insgesamt, aber doch zum weitaus größten Teil hoheitlichen Zwecken und Aufgaben dient und mit ihnen in einem erkennbaren Zusammenhang steht. Maßgebend für die Unterscheidung ist vielmehr die Natur der staatlichen Handlung oder des entstandenen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt und damit öffentlich-rechtlich oder wie eine Privatperson, also privatrechtlich, tätig geworden ist (BVerfG 30. April 1963 - 2 BvM 1/62 - zu C II 2 der Gründe, BVerfGE 16, 27; BAG 14. Dezember 2017 - 2 AZR 216/17 - Rn. 13, BAGE 161, 212; BGH 19. Dezember 2017 - XI ZR 796/16 - Rn. 17, BGHZ 217, 153).
Rz. 19
III. Mangels völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist die Abgrenzung grundsätzlich nach dem Recht des entscheidenden Gerichts zu beurteilen, hier also nach deutschem Recht. Die Heranziehung nationaler Regelungen zur Unterscheidung zwischen hoheitlichem und nicht-hoheitlichem staatlichen Handeln findet erst dort ihre Grenze, wo der unter den Staaten allgemein anerkannte Bereich hoheitlicher Tätigkeit berührt ist. Das betrifft etwa die Betätigung der auswärtigen und militärischen Gewalt, die Gesetzgebung, die Ausübung der Polizeigewalt und die Rechtspflege. Insoweit kann es ausnahmsweise geboten sein, eine nach nationalem Recht als privatrechtlich einzuordnende Tätigkeit eines ausländischen Staates gleichwohl als einen der Staatenimmunität unterfallenden actus iure imperii zu qualifizieren, wenn dieser zum Kernbereich völkerrechtlich anerkannter Staatsgewalt zu rechnen ist (BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 21; 30. April 1963 - 2 BvM 1/62 - zu C II 3, 4 der Gründe, BVerfGE 16, 27).
Rz. 20
IV. Ausgehend von diesen Grundsätzen steht der Klage, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, der Grundsatz der Staatenimmunität entgegen.
Rz. 21
1. Allerdings handelt es sich bei dem Rechtsverhältnis der Parteien - wie vom Landesarbeitsgericht unangegriffen festgestellt und im (Änderungs-)Vertrag vom 20. Dezember 2005/6. Februar 2006 auch ausdrücklich so festgehalten - um ein privatrechtlich begründetes Arbeitsverhältnis. Auch ist die Tätigkeit der Klägerin als solche nicht als hoheitlich zu qualifizieren. Dafür ist, wie gezeigt, regelmäßig nicht entscheidend, wie das griechische Recht die Tätigkeit eines Lehrers an einer Schule in Griechenland einstuft. Nach dem für die Beurteilung grundsätzlich maßgeblichen deutschen Recht nehmen Lehrer nicht schwerpunktmäßig hoheitlich geprägte Aufgaben wahr, deren Ausübung nach Art. 33 Abs. 4 GG regelmäßig Beamten vorbehalten ist. Die Tätigkeit von privatrechtlich angestellten Lehrern wird auch nicht deshalb zu einer hoheitlichen Aufgabe, weil die beklagte Republik Schulträgerin ist. Das gilt umso mehr als es sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts bei der griechischen Schule in B um eine vom Land Nordrhein-Westfalen anerkannte Ergänzungsschule und damit um eine Bildungseinrichtung handelt, die der in Art. 7 Abs. 1 GG angelegten detaillierten Aufsicht durch den deutschen Staat unterliegt (vgl. BAG 10. April 2013 - 5 AZR 78/12 - Rn. 18 f.).
Rz. 22
2. Bei den Kürzungen, welche die Beklagte nach Maßgabe der Gesetze Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 sowie dem nach Art. 28 des griechischen Gesetzes Nr. 2413/1996 erlassenen Gemeinsamen Ministerialbeschluss vom 14. März 2012 vorgenommen hat, handelt es sich ferner nicht um eine Steuererhebung und damit um einen Sachverhalt, der schon deshalb dem Kernbereich der hoheitlichen Tätigkeit der Beklagten zuzurechnen wäre (vgl. BAG 26. April 2017 - 5 AZR 962/13 - Rn. 20, BAGE 159, 69).
Rz. 23
3. Der Rechtsstreit betrifft den Kernbereich hoheitlicher Tätigkeit der Beklagten aber deshalb, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien griechischem Vertragsstatut unterliegt und der Arbeitsvertrag hinsichtlich der Vergütung - sowohl betreffend ihrer Bestandteile als auch deren Höhe - griechische Rechtsvorschriften in Bezug nimmt, deren wirksamer Änderung sich die Beklagte berühmt. In Rede steht damit eine Störung des Arbeitsverhältnisses unmittelbar durch die Änderung griechischen Rechts und damit hoheitliches Handeln der Beklagten, dessen Kontrolle der Grundsatz der Staatenimmunität verhindern will.
Rz. 24
a) Das Landesarbeitsgericht ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien grundsätzlich griechisches und nicht auch deutsches Recht Anwendung findet.
Rz. 25
aa) Das auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbare materielle Recht bestimmt sich nach Art. 27 ff. EGBGB. Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (fortan Rom I-VO) findet gemäß ihrem Art. 28 keine Anwendung. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde vor dem 17. Dezember 2009 geschlossen. Altverträge unterstehen weiter dem bisherigen Recht (BAG 2. März 2017 - 2 AZR 698/15 - Rn. 20; 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 18, BAGE 147, 342; jeweils mwN).
Rz. 26
bb) Die Parteien haben iSv. Art. 27 EGBGB für ihr Rechtsverhältnis griechisches Recht gewählt, indem sie den Arbeitsvertrag vom 20. Dezember 2005/6. Februar 2006 ebenso wie die vorhergehenden befristeten Arbeitsverträge der „geltenden griechischen Gesetzgebung“ unterstellt haben. Entsprechend hat die Klägerin in Griechenland nach griechischem Recht die „Entfristung“ ihres zunächst befristeten Arbeitsverhältnisses erfolgreich geltend gemacht, woraufhin der zuletzt maßgebliche Arbeitsvertrag namentlich unter Berücksichtigung des „Beschlusses mit Nr. 1533/20.12.2005 der Abteilung B‚ des Obersten Rates für Personalauswahl (A.S.E.P.) …“ geschlossen wurde, der sich - sinngemäß - auf das Bestehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien bezieht.
Rz. 27
cc) Die Rechtswahl darf nach Art. 30 Abs. 1 EGBGB bei Arbeitsverträgen zwar nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch die zwingenden Bestimmungen des Rechts gewährt wird, das nach Art. 30 Abs. 2 EGBGB mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre. Das wäre vorliegend aber nicht der Fall. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis der Parteien unterliege auch nach objektiver Anknüpfung in Anwendung von Art. 30 Abs. 2 Halbs. 2 EGBGB griechischem Vertragsstatut, ist nicht zu beanstanden.
Rz. 28
(1) Die Voraussetzungen der in Art. 30 Abs. 2 Halbs. 1 Nr. 1 EGBGB aufgeführten Regelanknüpfung sind allerdings gegeben. Die Klägerin hat in Erfüllung ihres Arbeitsvertrags ihre berufliche Tätigkeit gewöhnlich in B an der dortigen griechischen Grundschule ausgeübt. Eine etwaige Verpflichtung der Klägerin, an Fortbildungsveranstaltungen in Griechenland teilzunehmen, steht dem nicht entgegen, weil dies nichts daran ändert, dass die Klägerin - worauf es bei der Auslegung und Anwendung von Art. 30 Abs. 2 Halbs. 1 Nr. 1 EGBGB in Einklang mit den neuen Kollisionsnormen in Art. 8 Rom I-VO entscheidend ankommt (vgl. dazu BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 25, BAGE 147, 342; EuGH 15. März 2011 - C-29/10 - [Koelzsch] Rn. 43 ff.; 15. Dezember 2011 - C-384/10 - [Voogsgeerd] Rn. 26 ff.) - ihre Verpflichtungen gegenüber der Beklagten im Wesentlichen in Deutschland erfüllt hat. Dahinstehen kann auch, ob die Klägerin, wie von der Beklagten behauptet, verpflichtet wäre, einer dauerhaften Versetzung nach Griechenland Folge zu leisten. Eine entsprechende Versetzung ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Rz. 29
(2) Gemäß Art. 30 Abs. 2 Halbs. 2 EGBGB gilt die nach Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 bzw. Nr. 2 EGBGB zu treffende Zuordnung ausnahmsweise nicht, wenn sich aus der Gesamtheit der Umstände ergibt, dass der Arbeitsvertrag oder das Arbeitsverhältnis engere Verbindungen zu einem anderen Staat aufweist. In diesem Fall ist das Recht dieses anderen Staates anzuwenden. Der Sinn dieser Regelung liegt in der Gewährleistung international-privatrechtlicher Gerechtigkeit, indem sie dem Gericht gestattet, von der Regelanknüpfung abzuweichen, wenn diese im Einzelfall die Interessenlage der Parteien nicht zutreffend erfasst (vgl. Deinert Internationales Arbeitsrecht § 9 Rn. 126).
Rz. 30
(a) Um zu klären, ob im Sinne dieser sog. Ausweichklausel „engere Verbindungen“ zu einem anderen Staat vorliegen, ist nach dem Gesetzeswortlaut auf die „Gesamtheit der Umstände“ abzustellen. Entscheidend ist nicht, ob die Regelanknüpfungen die engste Verbindung zwischen Arbeitsvertrag und Rechtsordnung bilden, sondern ob der Arbeitsvertrag eine engere Verbindung zu einem anderen Land aufweist. Das ist auch dann möglich, wenn ein Arbeitnehmer die Arbeit in Erfüllung des Arbeitsvertrags gewöhnlich, dauerhaft und ununterbrochen in ein- und demselben Staat verrichtet (MüKoBGB/Martiny 7. Aufl. Rom I-VO Art. 8 Rn. 76). Sollen die Einzelumstände auf die engere Verbindung zu einem anderen Staat verweisen, müssen sie insgesamt das Gewicht der Regelanknüpfung deutlich übersteigen (BAG 21. März 2017 - 7 AZR 207/15 - Rn. 87, BAGE 158, 266; MHdB ArbR/Oetker 4. Aufl. § 13 Rn. 46). Dabei ist nicht allein die Anzahl der für eine Verbindung zu dem einen oder dem anderen Staat sprechenden Kriterien maßgebend. Vielmehr müssen die Anknüpfungsmomente unter Berücksichtigung der sich aus den Regelanknüpfungen ergebenden Vermutungen gewichtet werden (vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 32, BAGE 147, 342; ausführlich Deinert Internationales Arbeitsrecht § 9 Rn. 135 ff.). Wesentlich in diesem Zusammenhang ist der Ort, an dem der Arbeitnehmer seine Steuern und Abgaben entrichtet und der Sozialversicherung angeschlossen ist. Des Weiteren sind eine übereinstimmende Staatsangehörigkeit der Vertragsparteien, der Sitz des Arbeitgebers und der Wohnort des Arbeitnehmers von Bedeutung (vgl. BAG 21. März 2017 - 7 AZR 207/15 - aaO; EuGH 12. September 2013 - C-64/12 - [Schlecker] Rn. 41 zu Art. 6 Abs. 2 Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980; zur Relevanz der gemeinsamen Staatsangehörigkeit vgl. BAG 19. März 2014 - 5 AZR 252/12 (B) - Rn. 33, aaO). Nachrangig sind ferner die Vertragssprache und die Währung, in der die Vergütung gezahlt wird, zu berücksichtigen (vgl. BAG 21. März 2017 - 7 AZR 207/15 - aaO; 22. Oktober 2015 - 2 AZR 720/14 - Rn. 30 mwN, BAGE 153, 138).
Rz. 31
(b) Die Würdigung des Berufungsgerichts ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar, soweit sie auf tatsächlichem Gebiet liegt (vgl. BGH 9. März 1977 - IV ZR 112/76 -; 26. Juli 2004 - VIII ZR 273/03 - zu II 3 c bb (1) der Gründe). Innerhalb der aufgezeigten Grenzen kommt dem Berufungsgericht zudem ein Spielraum bei der Gewichtung der von ihm festgestellten Anknüpfungsmomente zu. Es muss alle Gesichtspunkte berücksichtigen, die das Arbeitsverhältnis kennzeichnen, und den- oder diejenigen würdigen, der bzw. die seiner Ansicht nach „am maßgeblichsten“ ist bzw. sind (BAG 22. Oktober 2015 - 2 AZR 720/14 - Rn. 30, BAGE 153, 138; offen gelassen zuletzt durch 21. März 2017 - 7 AZR 207/15 - Rn. 86, BAGE 158, 266; vgl. auch EuGH 12. September 2013 - C-64/12 - [Schlecker] Rn. 40 zu Art. 6 Abs. 2 Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980).
Rz. 32
(c) Hiervon ausgehend begegnet die Annahme des Landesarbeitsgerichts, das Arbeitsverhältnis der Parteien weise nach der Gesamtheit der Umstände engere Bindungen zu Griechenland als zu Deutschland auf, keinen Bedenken. Das Berufungsgericht hat die das Arbeitsverhältnis der Parteien prägenden Gesichtspunkte umfassend gewürdigt und fehlerfrei gewogen.
Rz. 33
Das Landesarbeitsgericht hat berücksichtigt, dass die Regelanknüpfung des Art. 30 Abs. 2 Halbs. 1 Nr. 1 EGBGB nach Deutschland weist. Es hat ferner unterstellt, dass der zuletzt maßgebliche Arbeitsvertrag der Parteien im Generalkonsulat der Beklagten in Düsseldorf und insoweit, da das Gelände der Mission selbst nicht exterritorial ist (vgl. BAG 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - zu B I 2 der Gründe, BAGE 113, 327), auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet worden ist. Ob damit zugleich die Voraussetzungen für eine - grundsätzlich nachrangige - Anknüpfung an deutsches Recht nach dem Ort der einstellenden Niederlassung gemäß Art. 30 Abs. 2 Halbs. 1 Nr. 2 EGBGB gegeben sind, kann dahinstehen. Auch unter dieser Prämisse und in Anbetracht des Umstands, dass die Klägerin ihren Wohnsitz in Deutschland hat, durfte das Landesarbeitsgericht maßgeblich zugunsten einer engeren Bindung an Griechenland berücksichtigen, dass die Klägerin griechische Staatsangehörige ist und Gegenstand ihrer Tätigkeit eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst der griechischen Republik ist, die naturgemäß ihren Sitz in Griechenland hat. Diese Gesichtspunkte haben im Streitfall jedenfalls deshalb im Verhältnis zu den Regelanknüpfungen in Art. 30 Abs. 2 Halbs. 1 EGBGB und dem Kriterium des in Deutschland gelegenen Wohnorts ein herausragendes Gewicht, weil der zuletzt maßgebliche Arbeitsvertrag der Parteien auf der Grundlage einer von der Klägerin in Griechenland erwirkten „Entfristung“ des Arbeitsverhältnisses sowie „unter Berücksichtigung“ zahlreicher griechischer Rechtsvorschriften abgeschlossen worden ist. Es kommt hinzu, dass der Vertrag hinsichtlich der Vergütung der Klägerin unmittelbar auf griechische Rechtsvorschriften verweist, die für in Griechenland tätige bzw. von dort aus nur vorübergehend nach Deutschland entsandte Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, insbesondere Lehrkräfte, gelten. Dabei handelt es sich auch nicht etwa, wie die Klägerin meint, um rein vertragsimmanente Gesichtspunkte, die bei der Würdigung nicht entscheidend ins Gewicht fielen. Vielmehr ist angesichts der griechischen Staatsangehörigkeit der Klägerin in deren Arbeitsverhältnis mit der Beklagten davon auszugehen, dass die Anknüpfung an griechische Rechtsvorschriften Ausdruck eines übereinstimmenden „Rechtshorizonts“ der Parteien ist.
Rz. 34
Demgegenüber wird die durch Art. 30 Abs. 2 Halbs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EGBGB hergestellte Beziehung zum deutschen Recht nicht entscheidend dadurch verstärkt, dass die Klägerin der deutschen Sozialversicherung unterliegt. Denn dieser Umstand wird gleichsam „neutralisiert“ dadurch, dass die Versteuerung ihrer Vergütung nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in Griechenland erfolgte. Zulässige Verfahrensrügen hat die Klägerin insoweit nicht erhoben. Soweit sie die betreffende Behauptung der Beklagten erstmals in der Revision bestritten hat, ist dies als neues Vorbringen unbeachtlich (§ 559 ZPO). Zumindest unter ergänzender, wenngleich nachrangiger Berücksichtigung dessen, dass die Vertragssprache Griechisch ist und der Schriftverkehr der Parteien in Griechisch geführt wurde, durfte das Landesarbeitsgericht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände ausgehen, die in ihrer Gesamtheit die durch die Regelanknüpfungen zum deutschen Recht hergestellte Beziehung deutlich überwiegen.
Rz. 35
b) Unterfällt das Arbeitsverhältnis danach griechischem Vertragsstatut, bleibt dies für die Beurteilung, ob zugunsten der Beklagten der Grundsatz der Staatenimmunität eingreift, nicht ohne Auswirkung.
Rz. 36
aa) Auch wenn sich die Klägerin darauf beruft, vertragliche Ansprüche geltend zu machen, ist - wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat - zu berücksichtigen, dass Gegenstand des Rechtsstreits nicht einfach die im Zeitpunkt der Fälligkeit verweigerte Erfüllung eines im Rahmen eines privatrechtlichen Vertrags von der Beklagten als Vertragspartnerin geschuldeten Zahlungsanspruchs ist (zu Rückzahlungsansprüchen aus griechischen Staatsanleihen vgl. BGH 19. Dezember 2017 - XI ZR 796/16 - Rn. 24, BGHZ 217, 153). Vielmehr macht die Klägerin Vergütungsansprüche geltend, die sich unmittelbar nach griechischem Recht richten, und für die dieses Recht in Art. 3 Nr. 5 Kapitel A‚ des Gesetzes Nr. 3833/2010 vorsieht, dass ua. Bedingungen individueller Arbeitsverträge, die im Widerspruch zu den Bestimmungen dieser Bestimmungen und der vorherigen Artikel, also der in Art. 3 Nr. 4 des Gesetzes enthaltenen Kürzungsbestimmungen stehen, „aufgehoben“ werden, bzw. für die in Art. 3 Nr. 8 des Gesetzes Nr. 3845/2010 festgelegt ist, dass die Bestimmungen der vorangegangenen Paragraphen, dh. der Kürzungsregelungen in Art. 3 Nr. 3 des betreffenden Gesetzes, die in Arbeitsverträgen enthaltenen Bestimmungen „überwiegen“.
Rz. 37
bb) Angesichts dieser Regelungen läuft die Prüfung, ob der Klägerin die streitgegenständlichen Ansprüche zustehen, unweigerlich auf die Beurteilung hinaus, ob die genannten Regelungen, soweit sie eine Herabsetzung der Vergütung um bestimmte Prozentsätze bzw. eine Kürzung bzw. den Wegfall von Feiertags- und Urlaubszulagen bestimmen, auch mit Blick auf Arbeitsverhältnisse, die außerhalb des Territoriums der Beklagten durchgeführt werden, wirksam sind. Insoweit ist aber gerade eine Beurteilung des hoheitlichen Handelns der Beklagten erforderlich, die den Grundsatz der Staatenimmunität unmittelbar berührt.
Rz. 38
cc) Entgegen der Ansicht der Revision kann die Beklagte auch nicht mit einem sonstigen Schuldner einer privaten Forderung gleichgesetzt werden, der sich darauf beruft, seine Verbindlichkeit sei durch ein Gesetz oder eine andere hoheitliche Maßnahme erloschen, und dessen Einwendung nach dem anwendbaren materiellen Recht zu prüfen ist. Denn die Beklagte hat die Vergütung und Ansprüche auf Zulagen von Beschäftigten, die in ihrem (öffentlichen) Dienst beschäftigt sind und griechischem Vertragsstatut unterliegen, in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger unmittelbar durch Parlamentsgesetze und Ministerialbeschlüsse gekürzt bzw. neu ausgestaltet, während einem privaten Schuldner ein solcher Eingriff in vertragliche Verpflichtungen unmöglich ist (vgl. BGH 19. Dezember 2017 - XI ZR 796/16 - Rn. 28, BGHZ 217, 153). Soweit gegen diese Sichtweise angeführt wird, einem fremden Staat, der in ein als actum iure gestionis qualifiziertes Privatrechtsverhältnis, an dem er selbst beteiligt ist, mit (wirtschaftsdirigistischen) Gesetzen oder Verwaltungsakt eingreife, könne daraus nicht nachträglich ein Anspruch auf Immunität erwachsen (zB Mankowski WuB 2018, 185, 188; Geimer IZPR 7. Aufl. Rn. 584; jeweils mwN), trifft diese Kritik jedenfalls dann nicht zu, wenn ein Arbeitsvertrag wie der vorliegende hinsichtlich der betroffenen Leistungspflichten direkt auf ein vom fremden Staat erlassenes Regelungswerk verweist. Zumindest in einem solchen Fall muss sich der ausländische Staat, wenn er durch Akte, die dem Kernbereich seiner Staatsgewalt zuzurechnen sind, die Arbeitsbedingungen unmittelbar ausgestaltet, hierfür vor deutschen Gerichten nicht verantworten.
Rz. 39
c) Der Verneinung der deutschen Gerichtsbarkeit im vorliegenden Fall steht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26. April 2017 (- 5 AZR 962/13 -) nicht entgegen, soweit der Senat dort - wie auch in mehreren Parallelsachen - angenommen hat, die Berufung der griechischen Republik auf eine unmittelbare Geltung der betreffenden „Kürzungsgesetze“ und bestimmter Ministerialbeschlüsse in einem privatrechtlich begründeten Arbeitsverhältnis sei nicht per se geeignet, den Einwand der Staatenimmunität zu begründen. Der Senat hat dies im Wesentlichen damit begründet, dass andernfalls ein ausländischer Staat im Bereich seiner nicht-hoheitlichen Tätigkeit allein durch seine legislativen Akte und ungeachtet des inländischen Rechts den Inhalt der von ihm in der Bundesrepublik Deutschland eingegangenen Verpflichtungen ausgestalten könnte (BAG 26. April 2017 - 5 AZR 962/13 - Rn. 21, BAGE 159, 69). Darum geht es angesichts der vorliegend wirksam vereinbarten Geltung griechischen Rechts nicht. Auch hatten die Parteien des vorbezeichneten Verfahrens im Arbeitsvertrag einschließlich der Vergütungsregelungen dynamisch Tarifverträge für den deutschen öffentlichen Dienst in Bezug genommen, wohingegen im Streitfall der Arbeitsvertrag der Parteien hinsichtlich der Vergütung Verweisungen auf Bestimmungen im griechischen Recht enthält. Mit der Frage, ob die Beklagte sich in einer Konstellation wie der vorliegenden auf Staatenimmunität berufen kann, befasst sich das Urteil vom 26. April 2017 (- 5 AZR 962/13 -) in dem vorausgegangenen Rechtsstreit nicht. Entsprechendes gilt, soweit der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts in mehreren Verfahren betreffend die Wirksamkeit von außerordentlichen Änderungskündigungen, welche die Beklagte unter Berufung auf die Kürzungsbestimmungen in den Gesetzen Nr. 3833/2010 und Nr. 3845/2010 erklärt hatte (zB BAG 20. Oktober 2017 - 2 AZR 783/16 (F) - BAGE 160, 364), das Eingreifen des Grundsatzes der Staatenimmunität abgelehnt hat. Auch die dort behandelten Fallkonstellationen sind hinsichtlich des Vertragsinhalts und des einschlägigen materiellen Rechts mit der hier in Rede stehenden nicht vergleichbar.
Rz. 40
d) Der Einordnung der für die Beurteilung der Immunität maßgeblichen Maßnahmen als hoheitlich steht ebenso wenig das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 11. Juni 2015 (- C-226/13 ua. - [Fahnenbrock]) entgegen. Diese Entscheidung ist zur Auslegung von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 (fortan EuZustVO) ergangen und befasst sich nur mit der Zustellung von Klagen, also mit der Möglichkeit, einen Sachverhalt überhaupt zur gerichtlichen Überprüfung zu bringen und damit die Gelegenheit zur Klärung komplexer juristischer Fragen zu schaffen. Demgemäß hat der EuGH in der Entscheidung auf die Besonderheiten des unionsrechtlichen Zustellungsrechts abgestellt, insbesondere auf das mit der EuZustVO verfolgte Ziel der Schnelligkeit bei der Zustellung gerichtlicher Schriftstücke und die damit verbundene Beschränkung auf eine erste Prüfung der vorliegenden Informationen. Immunitätsfragen stellen sich auf dieser Ebene noch nicht, sondern erst auf der Stufe der Gerichtsbarkeit, die der Zustellung nachgelagert ist (BGH 19. Dezember 2017 - XI ZR 796/16 - Rn. 29 mwN, BGHZ 217, 153).
Rz. 41
e) Das Bestehen der deutschen Gerichtsbarkeit ergibt sich nicht aus Art. 11 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit vom 2. Dezember 2004 (Resolution 59/38). Das Abkommen ist bisher nicht in Kraft gesetzt. Die nach Art. 30 Abs. 1 des Abkommens dafür erforderlichen 30 Ratifikationen sind noch nicht erfolgt (laut Internetauskunft der Vereinten Nationen lagen zum Zeitpunkt der Verkündung der vorliegenden Entscheidung 22 Ratifikationen vor). Deutschland und Griechenland haben das Abkommen bislang weder unterzeichnet noch ratifiziert. Unabhängig von der Frage, ob einzelne, dort enthaltene Regeln gleichwohl universelles Völkergewohnheitsrecht darstellen (bejahend für Art. 11 des Abkommens EGMR 29. Juni 2011 - 34869/05 - [Sabeh El Leil/Frankreich] Rn. 54), folgt daraus nicht, dass das Abkommen die Immunität von Staaten, die es nicht ratifiziert haben, in dem Bereich einschränken würde, der - wie die vorliegend betroffene Tätigkeit des griechischen Staates im Rahmen seiner Gesetzgebung - zum Kernbereich völkerrechtlich anerkannter Staatsgewalt zu rechnen ist.
Rz. 42
f) Art. 5 des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität vom 16. Mai 1972 steht der Annahme, die deutsche Gerichtsbarkeit sei nicht gegeben, ebenso wenig entgegen. Das Übereinkommen wurde zwar von der Bundesrepublik Deutschland (mit Wirkung zum 16. August 1990, BGBl. II S. 34), nicht jedoch von der Republik Griechenland (vgl. Geimer IZPR 7. Aufl. Rn. 667; Internetabruf unter www.coe.int/de/web/conventions/full-list) ratifiziert. Im Übrigen kann nach Art. 5 Abs. 1 dieses Übereinkommens ein Vertragsstaat vor einem Gericht eines anderen Vertragsstaats Immunität von der Gerichtsbarkeit dann nicht beanspruchen, wenn das Verfahren einen zwischen dem Staat und einer natürlichen Person geschlossenen Arbeitsvertrag betrifft, die Arbeit im Gerichtsstaat zu leisten ist, und keine Ausnahme iSv. Art. 5 Abs. 2 des Übereinkommens vorliegt. Dazu zählt nach Art. 5 Abs. 2 Buchst. a des Übereinkommens zwar der Fall, dass die natürliche Person - wie im Streitfall die Klägerin - im Zeitpunkt der Einleitung des Rechtsstreits die Staatsangehörigkeit des Staates hat, der ihr Arbeitgeber ist. Soweit nach Art. 5 Abs. 3 des Übereinkommens der Ausnahmetatbestand des Art. 5 Abs. 2 Buchst. a in Fällen, in denen die Arbeit für ein Büro, eine Agentur oder eine andere Niederlassung iSd. Art. 7 geleistet wird, nur eingreift, wenn die natürliche Person im Zeitpunkt des Vertragsschlusses ihren Aufenthalt in dem Staat hatte, der ihr Arbeitgeber ist, liegen die Voraussetzungen dieser Rückausnahme jedoch nicht vor. Das Generalkonsulat der Beklagten in Düsseldorf stellt keine Niederlassung iSv. Art. 7 des Übereinkommens dar. Jedenfalls übt die Beklagte im Hinblick auf den Betrieb ihrer Auslandsschulen nicht im Sinne der letztgenannten Bestimmung eine gewerbliche, kaufmännische oder finanzielle Tätigkeit aus.
Rz. 43
V. Die Beklagte hat auf ihre Staatenimmunität nicht verzichtet (zu dieser Möglichkeit vgl. BVerfG 17. März 2014 - 2 BvR 736/13 - Rn. 24; BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 1004/13 - Rn. 41), sondern diese ausdrücklich geltend gemacht.
Rz. 44
VI. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
|
Linck |
|
Volk |
|
Berger |
|
|
|
Mattausch |
|
Uwe Ilgenfritz-Donné |
|
|
Fundstellen
Haufe-Index 13615305 |
BAGE 2020, 38 |
BB 2020, 371 |