Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Lohnerhöhung aus Gleichbehandlung
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 19.02.1986, 5 AZR 14/85 (nicht zur Veröffentlichung vorgesehen).
Normenkette
BAT Anlage 1a; BAT § 22 Fassung: 1975-03-17
Verfahrensgang
LAG Bremen (Entscheidung vom 21.06.1984; Aktenzeichen 4 Sa 152/83 (3)) |
ArbG Bremen (Entscheidung vom 12.03.1979; Aktenzeichen 8 Ca 8571/78) |
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf eine Gehaltserhöhung hat.
Die Beklagte, eine staatliche türkische Fluggesellschaft, unterhält in Frankfurt am Main eine Niederlassung, in der sie 18 Arbeitnehmer beschäftigt. Hiervon sind acht Mitarbeiter aus der Türkei für einen in der Regel vierjährigen Arbeitseinsatz in die Bundesrepublik Deutschland entsandt, zehn Mitarbeiter sind für einen dauernden Einsatz in der Niederlassung lokal eingestellt worden. Der Kläger, der seit dem 17. November 1975 in der Niederlassung tätig ist, gehört zu der Gruppe der lokal eingestellten Mitarbeiter und ist im Bereich "Verkauf/Verkehr" tätig. Auf das Arbeitsverhältnis ist nach übereinstimmender Auffassung der Parteien deutsches Recht anzuwenden.
Die Beklagte entlohnt die Mitarbeiter nach einem Gehaltssystem, das in vier Vergütungsgruppen von D 1 nach D 4 gegliedert ist und Unter- und Obergrenzen für die einzelnen Vergütungsgruppen festsetzt. Die Vergütungsgruppen sind wie folgt bezeichnet:
D 1 Planstelle für den Direktor
D 2 Planstelle für den Verkaufsdirektor,
Leiter und Aquisiteur
D 3 Planstelle für Leiter, Buchhaltung
und Vizebuchhaltung
D 4 Planstelle für weiteres Büropersonal.
Die Beklagte bezahlte bis zum 30. Juni 1982 von den aus der Türkei entsandten Arbeitnehmern fünf nach den Obergrenzen der Vergütungsgruppe D 1 bis D 3 und die drei im Bereich Verkauf/-Verkehr tätigen Mitarbeiter C, K und Ki nach der Obergrenze der Vergütungsgruppe D 4. Bei der Entlohnung des örtlich eingestellten Personals, die - mit Ausnahme eines Arbeitnehmers - in der Vergütungsgruppe D 4 eingruppiert sind, wurden Abschläge in unterschiedlicher Höhe vorgenommen. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug 2.100,-- DM.
Am 1. Juli 1982 wurden gemäß einem zentralen Finanzplan die Obergrenzen der Vergütungsgruppen angehoben und die Gehälter der entsandten Arbeitnehmer entsprechend erhöht. Die Anhebung der Gehaltsobergrenzen gestaltete sich wie folgt:
bis 30. Juni 1982 ab 1. Juli 1982
----------------------------------------------------------------
D 1 4.950,-- DM 5.540,-- DM
D 2 4.190,-- DM 4.730,-- DM
D 3 3.430,-- DM 4.065,-- DM
D 4 2.860,-- DM 3.575,-- DM.
Ab dem 1. Juli 1982 wurden die drei bisher nach der Gehaltsgruppe D 4 entlohnten Mitarbeiter des entsandten Personals in die Gehaltsgruppe D 3 eingruppiert und nach der Obergrenze dieser Gehaltsgruppe vergütet; ihr Gehaltsanspruch erhöhte sich damit von 2.860,-- auf 4.065,-- DM. An ihrer Tätigkeit in der Niederlassung änderte sich nichts. Zwischenzeitlich sind die Mitarbeiter C und K in die Türkei zurückversetzt worden.
Ab dem 1. Februar 1983 erhielten die lokal eingestellten Arbeitnehmer - mit Ausnahme eines Mitarbeiters - eine 10 %ige Gehaltserhöhung; das Bruttomonatsgehalt des Klägers erhöhte sich von 2.100,-- auf 2.310,-- DM.
Mit der Klage macht der Kläger geltend, die Beklagte verletze den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie den aus der Türkei entsandten Arbeitnehmern eine Gehaltserhöhung gewähre, die örtlich angestellten Arbeitnehmer von dieser Erhöhung ausnehme und sodann das Gehalt in wesentlich geringerem Maße erhöhe, als dies bei den von der Tätigkeit her vergleichbaren Mitarbeitern der Fall sei. Durch die ab dem 1. Juli 1982 allgemein vorgenommene Gehaltserhöhung habe der zwischenzeitlich eingetretene Preisverfall ausgeglichen werden sollen, einzelne Arbeitnehmer dürften daher von dieser Erhöhung nicht ausgenommen werden. Den sachlichen Unterschieden zwischen beiden Arbeitnehmergruppen sei dadurch Rechnung getragen, daß die entsandten Mitarbeiter ohnehin immer eine wesentlich höhere Vergütung erhalten hätten. Dieser Abstand bleibe auch bei einer prozentualen Erhöhung der Gehälter erhalten. Da seine Tätigkeit mit der der Mitarbeiter C, K und Ki vergleichbar sei, sei sein Gehalt auch entsprechend der diesen Mitarbeitern gewährten Gehaltserhöhung in Höhe von 41,96 % anzuheben.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab dem
1. Juli 1982 über das gezahlte Gehalt von
2.100,-- DM brutto hinaus weitere 881,16 DM
brutto, ab dem 1. Februar 1983 über das ge-
zahlte Gehalt von 2.310,-- DM brutto hinaus
weitere 671,16 DM brutto nebst 4 % Zinsen
aus den Nettobeträgen seit den jeweiligen
Fälligkeitszeitpunkten am Monatsende zu
zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt. Sie hat hierzu vorgetragen, die unterschiedliche Behandlung der entsandten und der vor Ort eingestellten Mitarbeiter habe ihren Grund darin, daß die erstere Gruppe einem höheren Mobilitätsrisiko unterworfen sei. Die Versetzung der Mitarbeiter in die Bundesrepublik Deutschland sei stets mit erheblichen Schwierigkeiten und Kosten, z.B. bei der Anmietung von Wohnungen, der Beschaffung von Haushaltsgegenständen, der Bereitstellung von Kautionen etc. verbunden. Die Gruppe der entsandten Mitarbeiter sei zudem regelmäßig wegen der doppelten Haushaltsführung den höheren Teuerungsraten in der Türkei ausgesetzt, die im Jahre 1981 34,1 % und im Jahre 1982 27,4 % betragen habe; die Inflationsrate in der Bundesrepublik Deutschland habe sich dagegen im gleichen Zeitraum nur auf 5 bis 5,5 % pro Jahr belaufen. Auch wenn - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - keiner der Mitarbeiter in der Niederlassung einer doppelten Haushaltsführung in der Türkei und in der Bundesrepublik unterworfen sei, sei es doch zulässig, dies als Regelfall zu unterstellen, da diese Mitarbeiter jederzeit mit einer Rückversetzung in die Türkei rechnen müßten.
Im übrigen handele es sich bei dem entsandten Personal um Arbeitnehmer mit wertvollen und mehrseitigen Erfahrungen; dies wirke sich auf die Qualität der Arbeit aus. Die leitenden und mittleren Positionen in den im Ausland befindlichen Betriebsstätten würden durch entsandte Mitarbeiter besetzt, während das örtliche Personal grundsätzlich normale Büroarbeiten verrichte. Der Eindruck, daß das Gehalt der entsandten Mitarbeiter um fast 42 % erhöht worden sei, ergebe sich lediglich daraus, daß bei drei dieser Mitarbeiter die allgemeine Erhöhung der Gehaltsobergrenzen mit einer neuen Eingruppierung zusammengefallen sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht der Klage stattgegeben hat, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Der Kläger kann seinen Anspruch auf Lohnerhöhung nicht mit Erfolg darauf stützen, er sei mit den drei Kollegen K, C und Ki gleichzubehandeln, ihm stehe daher ebenfalls eine Gehaltserhöhung von ca. 42 % zu.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte sei nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet, dem Kläger eine Gehaltserhöhung zum gleichen Prozentsatz wie den Mitarbeitern C, K und Ki zu gewähren, die von ihrer Tätigkeit her mit dem Kläger vergleichbar seien. Bei der Lohnanhebung am 1. Juni 1982 habe es sich um eine allgemeine Regelung gehandelt. Dabei habe die Beklagte jedoch eine doppelte Differenzierung vorgenommen, indem sie den örtlichen Mitarbeitern zum einen erst zeitlich später und zum anderen eine geringere Gehaltserhöhung gewährt habe als den vergleichbaren Kollegen des entsandten Personals. Für beide Differenzierungen fehle es jedoch an einem sachlichen Grund.
2. Nach dem arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung ist es dem Arbeitgeber verwehrt, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen und schlechter zu stellen. Das gilt auch im Bereich der Entlohnung, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche einheitliche Regelung nach allgemeinen Grundsätzen angehoben werden. Wenn der Arbeitgeber jedoch aufgrund einzelvertraglicher Abreden einzelne Arbeitnehmer besserstellt, kann er nicht unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz verpflichtet werden, die gleichen Leistungen an alle Arbeitnehmer zu erbringen (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. zuletzt BAG 45, 76, 81 = AP Nr. 67 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, II zu 3 b der Gründe). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn ein Arbeitgeber z.B. mit einzelnen Arbeitnehmern arbeitsvertraglich höhere Gehaltserhöhungen vereinbart, als sie üblicherweise im Betrieb gewährt werden. Zulässig ist es auch, wenn ein Arbeitgeber durch Arbeitsvertrag einzelne Arbeitnehmer - etwa wenn diese besonderen Aufwendungen ausgesetzt sind - aus der betriebsüblichen Gehaltsbemessung ausnimmt und sie besser als vergleichbare Arbeitnehmer vergütet werden.
3. Im Streitfall ist davon auszugehen, daß die Beklagte den von dem Kläger angeführten drei entsandten Arbeitnehmern durch einzelvertragliche Abmachungen eine weitere Gehaltserhöhung gewährte, ohne daß hierbei eine abgrenzbare Gruppe von Arbeitnehmern entstanden ist.
Dafür spricht bereits, daß allein diesen Mitarbeitern die außergewöhnlich hohe Gehaltserhöhung von annähernd 42 % gezahlt wurde und sie damit in der Gehaltshöhe mit - ebenfalls entsandten - Arbeitnehmern gleichzogen, die bisher besser als sie vergütet worden sind. Die Beklagte hat damit diese Mitarbeiter auch gegenüber den übrigen entsandten Arbeitnehmern bevorzugt behandelt. Sie hat hierzu vorgetragen, sie habe diese Mitarbeiter im Unterschied zu allen anderen in eine höhere Gehaltsstufe befördert und hat auch insoweit auf individuelle Vereinbarungen hingewiesen. Der Kläger, dem die Darlegungs- und Beweislast für eine nach abstrakten Merkmalen vorgenommene Gruppenbildung obliegt, hat dagegen seinerseits nichts dafür vorgetragen, was eine jeweils individuelle Behandlung der Mitarbeiter C, K und Ki in Zweifel ziehen könnte. Insoweit kann der Kläger die begehrte Lohnerhöhung nicht darauf stützen, in bezug auf die Gruppe dieser drei entsandten Mitarbeiter habe die Beklagte den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt.
II. Das Urteil des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO); es ist deshalb aufzuheben.
III. Eine abschließende Entscheidung zu Gunsten der Beklagten ist nicht möglich. Es steht noch nicht fest, ob der Kläger seinen Anspruch auf Lohnerhöhung nicht aufgrund anderer Erwägungen aus einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes herleiten kann.
1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist, wie schon zuvor dargelegt, im Bereich der Entlohnung dann anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden. Wenn der Arbeitgeber die Löhne und Gehälter der Arbeitnehmer im Rahmen einer allgemeinen Lohnbewegung erhöht, dürfen einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern nicht ohne sachlichen Grund von der Lohnerhöhung ausgenommen werden (Urteil vom 17. Mai 1978 - 5 AZR 132/77 - AP Nr. 42 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
2. Nach diesen Grundsätzen könnte der Kläger eine Erhöhung seiner Vergütung dann beanspruchen, wenn die Beklagte die Gehaltsobergrenzen des Vergütungssystems allgemein angehoben und damit eine Erhöhung der Gehälter bewirkt hätte.
Die Beklagte hat zwar die Gehälter mit Wirkung vom 1. Juli 1982 allgemein angehoben, dabei aber nur die entsandten Mitarbeiter berücksichtigt; die am Ort eingestellten Mitarbeiter hat sie hiervon ausgenommen. Die Beklagte müßte darlegen, daß für die unterschiedliche Behandlung des entsandten und des ortsansässigen Personals sachliche Gründe vorgelegen haben. Die Beklagte hat sich hierzu darauf berufen, bei den entsandten Mitarbeitern bestünden Bindungen zur Türkei und die Teuerungsrate in der Türkei sei wesentlich höher als in der Bundesrepublik Deutschland. Der Kläger hat demgegenüber darauf hingewiesen, daß eine eventuelle höhere Teuerungsrate in der Türkei durch den Wechselkurs der türkischen Währung gegenüber der Deutschen Mark ausgeglichen werde.
Ob und inwieweit dies alles zutrifft, ist in dem angefochtenen Urteil nicht aufgeklärt. Deshalb läßt sich nicht beurteilen, ob sachliche Gründe dafür vorlagen, nur die Bezüge der entsandten Mitarbeiter ab 1. Juli 1982 um etwa 10 - 25 % anzuheben und die ortsansässigen Angestellten als andere Gruppe hiervon auszunehmen. Bei der weiteren Sachaufklärung ist auf die Währungsentwicklung in dem hier in Frage stehenden Zeitraum abzustellen. Es kommt darauf an, inwieweit die türkische Lira gegenüber der Deutschen Mark an Wert verloren hat und ob die in der Türkei festzustellenden Inflationsraten durch den Kursverfall der türkischen Lira gegenüber der Deutschen Mark ausgeglichen worden sind. Sollten die entsandten Mitarbeiter durch die höheren Inflationsraten in der Türkei finanziell mehr belastet worden sein, könnte mit der Lohnanhebung für diese Mitarbeiter ein Teuerungsausgleich bezweckt worden sein. Dies wäre dann ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung des entsandten und des ortsansässigen Personals.
Um diese rechtliche Würdigung vornehmen zu können, wird das Berufungsgericht die notwendigen tatsächlichen Feststellungen noch treffen müssen.
stens 4 Angestellte mit Tätigkeiten
mindestens der VergGr. VI b durch aus-
drückliche Anordnung ständig unterstellt
sind
oder
denen mindestens 4 Angestellte mindestens
der VergGr. VI b durch ausdrückliche An-
ordnung ständig unterstellt sind (zu den
Unterstellten rechnen nicht Angestellte
in Heimen der offenen Tür).
(Hierzu Protokollnotizen Nrn. 1, 2, 3, 4, 5
und 7)
Protokollnotizen:
-----------------
Nr. 1 Jugendleiterinnen mit staatlicher Prü-
fung werden nach diesem Tätigkeitsmerk-
mal eingruppiert, wenn sie die in dem
Tätigkeitsmerkmal geforderte Tätigkeit
eines Sozialarbeiters ausüben.
Nr. 2 Die Rechtsstellung der Angestellten,
die am 1. Januar 1960 die Tätigkeit
von Sozialarbeitern oder Jugendleite-
rinnen ausgeübt haben, ohne die staat-
liche Anerkennung zu besitzen oder die
staatliche Prüfung abgelegt zu haben,
ist durch das Inkrafttreten der Tarif-
verträge vom 15. Januar 1960 und vom
19. Juni 1970 nicht vermindert worden.
Sind solche Angestellte am 1. Januar
1960 mindestens zehn Jahre mit diesen
Aufgaben beschäftigt gewesen, werden
sie den Sozialarbeitern mit staatli-
cher Anerkennung bzw. den Jugendleite-
rinnen mit staatlicher Prüfung gleich-
gestellt. Sind solche Angestellte am
1. Januar 1960 noch nicht zehn Jahre
mit Aufgaben von Sozialarbeitern oder
Jugendleiterinnen beschäftigt gewesen,
werden sie den Sozialarbeitern mit
staatlicher Anerkennung bzw. den Ju-
gendleiterinnen mit staatlicher Prü-
fung gleichgestellt, sobald sie unun-
terbrochen zehn Jahre hindurch die
bisherigen Aufgaben erfüllt haben. Nach
dem 31. Dezember 1959 eingestellte An-
gestellte ohne staatliche Anerkennung
als Sozialarbeiter oder staatliche Prü-
fung als Jugendleiterin fallen nicht
unter den Begriff des Sozialarbeiters
oder der Jugendleiterin im Sinne die-
ses Tätigkeitsmerkmals.
Nr. 3 Die in Berlin aufgrund der Verordnung
über die Auswahl und Ausbildung von
Jugendpflegern vom 22. Oktober 1956
(GVBl. S. 1088) staatlich anerkannten
Jugendpfleger sowie die in Bayern auf-
grund der Bekanntmachung des Bayeri-
schen Staatsministeriums für Unter-
richt und Kultus vom 4. Juni 1958 (Baye-
rischer Staatsanzeiger Nr. 30) staat-
lich geprüften Jugendpfleger sind So-
zialarbeiter im Sinne dieses Tätig-
keitsmerkmals. Dasselbe gilt für die
aufgrund des Erlasses des Direktors
des Hessischen Landespersonalamtes vom
24. Dezember 1953 bis zum 1. Januar
1960 zu Kreisjugendpflegern bestellten
Personen.
...
Nr. 5 Soweit die Eingruppierung von der Zahl
der unterstellten oder der in dem be-
treffenden Bereich beschäftigten Ange-
stellten abhängt, zählen Teilbeschäf-
tigte entsprechend dem Verhältnis der
mit ihnen im Arbeitsvertrag vereinbar-
ten Arbeitszeit zur regelmäßigen Ar-
beitszeit eines Vollbeschäftigten. Ho-
norarkräfte werden entsprechend berück-
sichtigt.
...
Nr. 7 Aufgabe des Jugendpflegers ist es, die
für die Wohlfahrt der Jugend erforder-
lichen Einrichtungen und Veranstaltun-
gen anzuregen, zu fördern und ggf. zu
schaffen, insbesondere auf den Gebie-
ten: Freizeithilfen, politische Bil-
dung, internationale Begegnungen. Hier-
zu gehört auch, Einrichtungen und Ver-
anstaltungen sowie die eigenverantwort-
liche Tätigkeit der Jugendverbände und
sonstigen Jugendgemeinschaften unter
Wahrung ihres satzungsgemäßen Eigenle-
bens zu fördern, insbesondere hinsicht-
lich ihrer Tätigkeit auf den vorgenann-
ten Gebieten.
Für die Auslegung von Tarifnormen kommt es nach der gefestigten Senatsrechtsprechung in erster Linie auf den Tarifwortlaut und den tariflichen Gesamtzusammenhang an (BAG 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Danach können im vorliegenden Fall ausdrücklich bestellte Jugendpfleger - wie der Kläger - nicht in die VergGr. III BAT Fallgruppe 1 aufrücken. Die VergGr. IV a und die VergGr. III BAT betreffen zwar in den hier in Betracht kommenden Fallgruppen Sozialarbeiter und Sozialpädagogen, zu denen auch nach dem Berufsbild als Jugendpfleger tätige Sozialarbeiter gerechnet werden können. In diesem Sinne ist auch die Erklärung der Beklagten in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht zu verstehen, sie vertrete nicht den Standpunkt, daß die Tätigkeit des Jugendpflegers keine Sozialarbeitertätigkeit sei. Darauf kommt es aber nicht an.
Vielmehr unterscheiden die Tarifvertragsparteien im Unterabschnitt I des Abschnitts G des Teils II der Anlage 1 a zum BAT deutlich zwischen ausdrücklich bestellten Jugendpflegern und sonstigen Sozialarbeitern. Dies folgt aus dem Wortlaut der VergGrn. IV a und IV b BAT. Dort sind in den Fallgruppen 5 die ausdrücklich bestellten Jugendpfleger genannt. Hierbei sind in VergGr. IV a BAT Fallgruppe 5 ausdrücklich bestellte Jugendpfleger eingruppiert, denen mindestens sechs Angestellte, darunter mindestens vier Angestellte mit Tätigkeiten mindestens der VergGr. VI b BAT durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind. In Fallgruppe 1 der VergGr. IV a BAT sind sonstige Sozialarbeiter genannt, denen mindestens sechs Angestellte mindestens der VergGr. VI b BAT durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind. Damit wird die Tätigkeit als ausdrücklich bestellter Jugendpfleger von den Tarifvertragsparteien besonders und anders bewertet als die Tätigkeit sonstiger Sozialarbeiter und Sozialpädagogen. Die Tätigkeit als Jugendpfleger ist daher keine "entsprechende Tätigkeit" eines Sozialarbeiters im tariflichen Sinne. Dies schließt es aus, die ausdrücklich zu Jugendpflegern bestellten Personen als sonstige Sozialarbeiter oder Sozialpädagogen im Sinne der Tätigkeitsmerkmale des Abschnitts G Unterabschnitt I des Teils II der Anlage 1 a zum BAT einzugruppieren. Die VergGr. III BAT (Fallgruppen 1 - 3) enthält nur für drei Fallgruppen der VergGr. IV a BAT (Fallgruppen 1 - 3) Qualifikationsmerkmale. Die Fallgruppe 5 der VergGr. IV a BAT fällt nicht hierunter.
Der Senat verkennt nicht, daß nach den Protokollnotizen Nr. 1 bis 3 die als Jugendleiterinnen und - unter bestimmten Voraussetzungen - als Jugendpfleger ausgebildeten Arbeitnehmer von der Ausbildung her den Sozialarbeitern mit staatlicher Anerkennung gleichgestellt sind. Die Tätigkeit als ausdrücklich bestellter Jugendpfleger läßt aber gleichwohl aufgrund der von den Tarifvertragsparteien vorgenommenen Differenzierungen eine Eingruppierung nach den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen für Sozialarbeiter nicht zu.
Diese Auslegung entspricht dem im Tarifrecht geltenden allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß spezielle Normen allgemeinen Normen vorgehen (lex specialis derogat legi generali), wie der Senat bereits wiederholt entschieden hat (BAG Urteile vom 4. April 1984 - 4 AZR 81/82 -, AP Nr. 88 zu §§ 22, 23 BAT 1975 und vom 27. Juni 1984 - 4 AZR 284/82 -, AP Nr. 92 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz findet auch im Geltungsbereich der Vergütungsordnung des BAT Anwendung, wenn es dort in der Vorbemerkung Nr. 1 zu allen Vergütungsgruppen heißt, daß für Angestellte, die außerhalb der Tätigkeitsmerkmale der Fallgruppen 1 und 1 a bis 1 e des allgemeinen Teils mit besonderen Tätigkeitsmerkmalen aufgeführt sind, die Tätigkeitsmerkmale dieser Fallgruppen weder in der Vergütungsgruppe, in der sie aufgeführt sind, noch in einer höheren Vergütungsgruppe gelten. Der hier ausdrücklich normierte Vorrang der Spezialregelungen vor allgemeinen Regelungen muß nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen auch innerhalb von Spezialregelungen (hier: Abschnitt G Unterabschnitt I des Teils II der Anlage 1 a zum BAT) gelten, wenn dort zwischen allgemeinen Gruppen (hier: Sozialarbeiter) und speziellen Gruppen (hier: Jugendpfleger) unterschieden wird.
Wollen die Tarifvertragsparteien die VergGr. III BAT auch für ausdrücklich bestellte Jugendpfleger eröffnen, ist es ihre Sache, entsprechende Tätigkeitsmerkmale zu normieren oder durch eine Protokollnotiz eine entsprechende Klarstellung herbeizuführen. Den Gerichten ist es jedoch verwehrt, eine solche Erweiterung von Tarifnormen vorzunehmen. Dies wäre ein unzulässiger Eingriff in die durch Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich garantierte Tarifautonomie.
Die Auffassung des Klägers, sein Aufgabenbereich sei über die Aufgaben eines Jugendpflegers im Sinne der Protokollnotiz Nr. 7 zu den Vergütungsgruppen des Abschnitts G Unterabschnitt I des Teils II der Anlage 1 a zum BAT hinausgegangen, so daß er insoweit überhaupt nicht als Jugendpfleger habe angesehen werden können, trifft nicht zu. Nach der Protokollnotiz Nr. 7 ist es Aufgabe des Jugendpflegers, die für die Wohlfahrt der Jugend erforderlichen Einrichtungen und Veranstaltungen anzuregen, zu fördern und gegebenenfalls zu schaffen. Hierzu gehören alle Aufgaben des Klägers, die nach der oben angeführten Tätigkeitsdarstellung den weitaus überwiegenden Teil seiner Arbeitszeit (136 Stunden = 77,3 v.H.) in Anspruch nahmen. Dazu gehört entgegen der Auffassung des Klägers insbesondere auch die Aufsicht über ihm unterstellte Mitarbeiter in der Jugendpflege. Gerade dadurch sollen auch die für die Wohlfahrt der Jugend erforderlichen Einrichtungen und Veranstaltungen gefördert werden. Ohne qualifizierte Mitarbeiter ist dieses Ziel nur unvollkommen zu erreichen. Davon geht auch der BAT aus, wenn er in VergGr. IV a Fallgruppe 5 ausdrücklich voraussetzt, daß dem Jugendpfleger mindestens vier oder sechs Angestellte ständig unterstellt sind und dies sogar zum Qualifikationsmerkmal der VergGr. IV a BAT erhebt. Auch im allgemeinen weiteren Sinne gehört die Aufsicht über unterstellte Mitarbeiter in der Jugendpflege zu den Aufgaben eines Jugendpflegers, die mit "Förderung von Jugendgruppen, Jugendgemeinschaften und Jugendverbänden einschließlich der Mitwirkung im gesetzlichen Jugendschutz und den Hilfen zur Jugenderholung und Jugendgesundheitspflege" umschrieben werden können (vgl. Blätter zur Berufskunde, Bd. 2-IV A 32, S. 1 bis 4, Stand: 1975). Damit erfüllte der Kläger bei jedem denkbaren Zuschnitt seiner Arbeitsvorgänge mit Arbeitsvorgängen, die mindestens 77,3 v.H. seiner Arbeitszeit in Anspruch nahmen, das Merkmal eines ausdrücklich bestellten und entsprechend tätigen Jugendpflegers, dem mindestens sechs Angestellte, darunter mindestens vier Angestellte mit Tätigkeiten mindestens der VergGr. VI b BAT durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind. Dies entspricht den Anforderungen der VergGr. IV a BAT Fallgruppe 5 des Abschnitts G Unterabschnitt I des Teils II der Anlage 1 a zum BAT, so daß der Kläger zutreffend in VergGr. IV a BAT eingruppiert war.
Der Kläger hat als unterlegene Partei gemäß § 91 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Etzel
Dr. Bermel Scheerer
Fundstellen
AP Nr 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975 (LT1) |
PersV 1991, 134 (K) |