Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlungsgrundsatz im Bereich der Vergütung
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit hat im Bereich der Vergütung nur dann Vorrang vor dem Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn es sich um individuell vereinbarte Löhne und Gehälter handelt (Bestätigung von BAG Urteil vom 27.7.1988 - 5 AZR 244/87 = AP Nr 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung und BAG Urteil vom 24.10.1989, 8 AZR 5/89 = BAGE 63, 181 = AP Nr 29 zu § 11 BUrlG.
2. Eine individuelle Gehaltsvereinbarung liegt dann nicht vor, wenn eine in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins betriebene städtische Musikschule mit 150 Musikschullehrern eine (niedrigere) Vergütung nach Wochenstunden und mit weiteren 26 Musikschullehrern eine (höhere) Vergütung nach BAT vereinbart.
Normenkette
BGB § 242; BeschFArbRG § 2 Abs. 1; BeschFG Art. 1 § 2 Abs. 1; BeschFG 1985 Art. 1 § 2 Abs. 1
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 08.07.1991; Aktenzeichen 10 Sa 115/91) |
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.10.1990; Aktenzeichen 17 Ca 315/89) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung.
Der Kläger ist in der von dem beklagten Verein betriebenen Jugendmusikschule (JMS) als Musikschullehrer tätig. Im "Arbeitsvertrag" vom 1. November 1984 heißt es u.a.:
"1. Die JMS überträgt der Lehrkraft ... eine
stundenweise Beschäftigung als teilzeitbe-
schäftigte Lehrkraft in den Fächern Gitarre
und Blockflöte an der JMS Frankfurt am Main.
2. Art und Anzahl der Unterrichtsstunden sind am
Bedarf für das jeweilige Unterrichtsfach aus-
gerichtet. ...
3. ...
Die Lehrkraft erhält eine monatliche Pau-
schalvergütung von DM 99,92 für eine Wochen-
stunde.
Die Vergütung ändert sich um den gleichen
Prozentsatz und zum gleichen Zeitpunkt wie
die tarifliche Vergütung der nach BAT-ange-
stellten Lehrkräfte. ...
6. Die Lehrkraft verpflichtet sich, den Unter--
richt nach besten Kräften zu erteilen, die
Geschäfts- und Dienstanweisungen der JMS
sowie die von der Schulleitung erlassenen
mündlichen und schriftlichen Anordnungen zu
befolgen, insbesondere die vorgeschriebenen
Unterrichtsnachweise ordnungsgemäß zu führen,
an Konferenzen und Fortbildungsveranstal-
tungen teilzunehmen und bei Schulveranstal-
tungen ohne besonderes Entgelt mitzuwirken.
..."
Der Kläger war bis 1986 14 Wochenstunden tätig und unterrichtet seitdem 32 Wochenstunden. Er erhielt zuletzt eine monatliche Vergütung von 114,59 DM für eine Wochenstunde.
Der beklagte Verein, der nicht tarifgebunden ist, beschäftigt insgesamt etwa 150 Musikschullehrer, die wie der Kläger nach Wochenstunden bezahlt werden (sog. Honorarkräfte). Überwiegend handelt es sich um Teilzeitkräfte. Zwölf Honorarkräfte sind wie der Kläger zumindest vollzeitig tätig; bei Abschluß des Arbeitsvertrages mit dem Kläger gab es acht vollzeitbeschäftigte Honorarkräfte. Daneben beschäftigt der beklagte Verein 26 Musikschullehrer, deren Arbeitsverträge auch hinsichtlich der Vergütung auf den BAT verweisen (sog. BAT-Kräfte). Es handelt sich ganz überwiegend um Vollzeitbeschäftigte, deren wöchentliche Pflichtstundenzahl 27 beträgt. Einige BAT-Kräfte sind teilzeitbeschäftigt.
Die Parteien haben sich im Wege eines gerichtlichen Teilvergleichs darüber geeinigt, "daß aufgrund der Entwicklung des Vertragsverhältnisses eine wöchentliche Unterrichtsstundenzahl des Klägers von 32 Stunden als vereinbart gilt".
Der Kläger begehrt nunmehr noch die Feststellung, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihn nach Vergütungsgruppe IV b BAT zu vergüten. Zur Begründung hat er vorgetragen, diese Verpflichtung ergebe sich sowohl aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz, als auch aus § 2 Abs. 1 BeschFG 1985. Die Honorarkräfte würden vergütungsgemäß allein wegen ihrer Teilzeittätigkeit benachteiligt. Daß er, der Kläger, bereits seit mehr als drei Jahren mit durchschnittlich 32 Unterrichtsstunden beschäftigt werde und damit nach dem 1. Mai 1985 in eine Vollzeitbeschäftigung hineingewachsen sei, sei unerheblich. Die mit ihm als Teilzeitkraft getroffene Honorarabrede sei mit dem Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes nichtig gewesen und habe einen Anspruch auf die übliche Vergütung ausgelöst; dies sei beim Beklagten die Vergütung nach BAT. Der Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz ergebe sich daraus, daß der Beklagte die Gruppe der Honorarkräfte und diejenige der BAT-Kräfte ohne sachlichen Grund verschieden behandele. Während mit den als Teilzeitmitarbeiter eingestellten, erst später teilweise in eine Vollzeitbeschäftigung hineingewachsenen Arbeitskräften Honorarvereinbarungen geschlossen worden seien, vergüte er die als Vollzeitkräfte eingestellten übrigen Mitarbeiter nach BAT. Einziges Differenzierungsmerkmal sei daher der Umfang der jeweiligen Arbeitszeit des Mitarbeiters. Dies aber berechtige bei im übrigen gleichen Aufgaben und Pflichten lediglich zur anteiligen Kürzung der BAT-Vergütung, nicht aber zur Vergütung nach niedriger liegenden Stundensätzen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß der beklagte Verein verpflich-
tet ist, an den Kläger ab 1. Januar 1987 unter
Anrechnung der ihm für diesen Zeitraum gewährten
Vergütung 32/27 der Vergütung nach Vergütungs-
gruppe IV b BAT zu zahlen.
Der beklagte Verein hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat er vorgetragen: Eine so große Musikschule wie die Frankfurter komme ohne einen Stamm von Lehrern, die - fest an die Jugendmusikschule gebunden - über Jahre hinweg die pädagogische Arbeit mittrügen, nicht aus. Sie stellten ein Bindeglied zwischen den vielen Honorarlehrern und der Leitung der Jugendmusikschule dar und nähmen abgestufte Leitungs- und Führungsfunktionen wahr. Wieviel Lehrer für diese Aufgabe nötig seien, folge aus der Erfahrung der Jahre. Im übrigen rechtfertige der unterschiedliche Pflichtenumfang die unterschiedliche Behandlung von Honorar- und BAT-Kräften. Eine Differenzierung nach dem Umfang der Arbeitszeit finde nicht statt; das zeige sich schon daran, daß im Zeitpunkt der Einstellung des Klägers bereits zwölf Vollzeitkräfte ebenfalls auf Honorarbasis beschäftigt worden seien und es auch teilzeitbeschäftigte BAT-Kräfte gebe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung blieb erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit folgender Begründung abgewiesen: Die Honorarvereinbarung der Parteien sei nicht wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nichtig. Der Kläger erhalte nämlich seine Vergütung nicht (mehr) als Teilzeit-, sondern als Vollzeitbeschäftigter. Die Parteien hätten die Vollzeitarbeit nicht ohne zugehörige Vergütungsabrede praktizieren können. Ab dem Zeitpunkt, in dem die Parteien übereingekommen seien, den Kläger faktisch in Vollzeit zu beschäftigen, sei die Vergütungsabrede zumindest konkludent auf Vollzeitarbeit bezogen gewesen. Anders sei eine Veränderung des Arbeitszeitvolumens unter Abweichung von der vertraglich vereinbarten Teilzeitbeschäftigung bei gleichbleibenden Stundensätzen nicht möglich gewesen. Sei aber der Kläger nicht als Teilzeitkraft auf Honorarbasis vergütet worden, dann könne § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nicht einschlägig sein.
Auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt. Dieser Grundsatz gelte im Bereich der Vergütung nur beschränkt. Der Grundsatz der Vertragsfreiheit habe Vorrang jedenfalls insoweit, als einzelvertraglich vereinbarte Löhne und Gehälter betroffen seien. Wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer besser stelle, könnten andere Arbeitnehmer hieraus keinen Anspruch auf gleiche Behandlung herleiten. Dies sei nur dann anders, wenn der Arbeitgeber die Besserstellung einzelner nach einem erkennbaren und vor allem generalisierenden Prinzip gewähre. Davon aber könne vorliegend keine Rede sein. Vollzeitbeschäftigung sei entgegen der Auffassung des Klägers gerade nicht Voraussetzung für eine Vergütung nach BAT. Dies sei belegt durch die Beschäftigung von zwölf Honorarkräften auf Vollzeitbasis und durch das Vorhandensein von teilzeitbeschäftigten BAT-Kräften. Der Beklagte habe ersichtlich gerade nicht ein allgemeines Vergütungsschema geschaffen, das an die Zugehörigkeit zur Gruppe der Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigten anknüpfe. Die nicht nach dem BAT vergüteten Mitarbeiter erhielten ihr Honorar nicht wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gruppe der Teilzeitbeschäftigten, sondern deshalb, weil der Beklagte trotz Bereitschaft zur Vollzeitarbeit bzw. trotz Beschäftigung als Vollzeitkraft nur einem kleinen Kreis von Vollzeit- oder auch Teilzeitbeschäftigten die rechtliche Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses nach den Vorschriften des BAT anbieten wolle. Diesen wolle er durch umfassenderen Schutz einerseits und umfassendere Pflichten andererseits sowohl enger und dauerhafter an sich binden als auch umfassender einsetzen können. Ihre Auswahl treffe der Beklagte nicht nach Gruppenzugehörigkeit. Er biete vielmehr aufgrund personenbezogener Auswahlentscheidung einzelnen die BAT-Regelung an, wenn er es für wünschenswert halte, diese in den Kreis des Stammpersonals einzubeziehen. Die Bereitschaft zur Vollzeitarbeit spiele hier ersichtlich allenfalls auch, nicht aber eine maßgebliche Rolle. Unter diesen Umständen könne nicht davon gesprochen werden, daß einzelne Arbeitnehmer oder eine Gruppe von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regeln ausgeschlossen werden. Vielmehr würden einzelne Arbeitnehmer aufgrund individueller Auswahlentscheidung vergütungsmäßig bessergestellt und zugleich umfassender verpflichtet.
II. Dagegen wendet sich die Revision im Ergebnis mit Erfolg. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung nach dem BAT kann sich - wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat - nur aus einer Verletzung aus § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 oder aus einer Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes ergeben.
1. Voraussetzung dafür ist zunächst, daß der Kläger Arbeitnehmer ist. Davon sind die Vorinstanzen zu Recht ausgegangen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 7. Mai 1986 - 5 AZR 591/83 - und vom 7. November 1990 - 5 AZR 12/90 -, beide n.v., sowie Urteil vom 24. Juni 1992 - 5 AZR 384/91 -, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) können Musikschullehrer im Grundsatz auch als freie Mitarbeiter beschäftigt werden. Sie sind aber Arbeitnehmer, wenn die Parteien dies vereinbart haben (BAG Urteil vom 20. Februar 1986 - 2 AZR 212/85 - AP Nr. 11 zu § 1 KSchG 1969) oder im Einzelfall festzustellende Umstände hinzutreten, aus denen sich ergibt, daß der für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses erforderliche Grad der persönlichen Abhängigkeit gegeben ist. Beides ist hier der Fall. Die Parteien haben einen "Arbeitsvertrag" abgeschlossen und in dessen Ziff. 12 das Vertragsverhältnis ausdrücklich als "Arbeitsverhältnis" bezeichnet. Sie haben ferner dem beklagten Verein in Ziff. 6 des Vertrages ein umfassendes Weisungsrecht eingeräumt. Dies ist mit einem freien Mitarbeiterverhältnis nicht vereinbar.
2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß sich der geltend gemachte Anspruch des Klägers nicht aus einer Verletzung des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 ergeben kann.
a) Wie sich aus Wortlaut und Sinn ergibt, ist § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 eine Schutzvorschrift zugunsten teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Wer teilzeitbeschäftigt im Sinne dieser Bestimmung ist, ergibt sich aus § 2 Abs. 2 BeschFG 1985. Zu diesem Personenkreis gehörte der Kläger im Anspruchszeitraum (ab 1. Januar 1987) nicht (mehr). Daher scheidet ein Anspruch des Klägers wegen Verletzung dieser Vorschrift aus.
b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß der Kläger am 1. Mai 1985, dem Tag, an dem das Beschäftigungsförderungsgesetz in Kraft trat (Art. 16 Abs. 1 BeschFG 1985) und bis 1986 teilzeitbeschäftigt war. Es kann zugunsten des Klägers unterstellt werden, daß er für diesen Zeitraum wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 Anspruch auf Vergütung nach BAT hatte. Denn daraus folgt noch kein Anspruch für die Zeit der Vollbeschäftigung.
In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist allgemein anerkannt, daß sich das Gebot der Gleichbehandlung von Teilzeitbeschäftigten nicht nur auf einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers, sondern auch auf vertragliche Regelungen erstreckt (BAGE 61, 43; 66, 220 = AP Nr. 2, 11 zu § 2 BeschFG 1985). § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 ist ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB. Bei Verstoß gegen § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 ist die Vergütungsabrede nach § 134 BGB nichtig. Der Arbeitnehmer hat dann Anspruch auf die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB (BAGE 61, 43; 66, 220 = AP Nr. 2, 11 zu § 2 BeschFG 1985) oder auf Gleichbehandlung mit den vollbeschäftigten Arbeitnehmern (BAGE 63, 181 = AP Nr. 29 zu § 11 BUrlG; vgl. auch BAGE 61, 226 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung). Es handelt sich dabei nicht um einen vertraglichen, sondern um einen gesetzlichen Anspruch; der Arbeitsvertrag ändert sich dadurch nicht.
Aus Sinn und Zweck des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 ergibt sich, daß die Nichtigkeitsfolge nur für den Zeitraum eintritt, in der der Arbeitnehmer zum Personenkreis der Teilzeitbeschäftigten gehört, nicht darüber hinaus (vgl. GK-TzA Lipke § 2 BeschFG Rz 9; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl. 1992, S. 867, zu § 112 III 1 a). Die Vergütungsabrede ist also nicht auf Dauer, sondern nur für die Zeit der Anwendbarkeit des § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 nichtig. Für den Zeitraum danach ist sie wieder gültig, es sei denn, daß sie nunmehr aus anderen Gründen unwirksam ist.
Da der Kläger im Anspruchszeitraum nicht mehr zu dem durch § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 geschützten Personenkreis gehört, kommt es auf die von der Revision bejahte Frage, ob der Kläger trotz Ausübung einer Vollzeitbeschäftigung noch immer wegen seiner (ursprünglich ausgeübten) Teilzeitbeschäftigung ungleich behandelt wird, nicht mehr an.
3. Dagegen steht noch nicht fest, ob der Kläger Vergütung nach dem BAT wegen Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen kann.
a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, gleichzubehandeln. Er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (Urteil des Senats vom 27. Juli 1988 - 5 AZR 244/87 - AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAGE 60, 350, 353 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Hinterbliebenenversorgung, zu II 2 a der Gründe; Urteil vom 12. November 1991 - 3 AZR 489/90 - BB 1992, 1358 = DB 1992, 1432). Allerdings ist der Gleichbehandlungsgrundsatz im Bereich der Vergütung nur beschränkt anwendbar, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Das gilt aber nur für individuell vereinbarte Löhne und Gehälter. Wenn der Arbeitgeber, was ihm die Vertragsfreiheit gewährleistet, einzelne Arbeitnehmer besserstellt, können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist jedoch anwendbar, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt (Urteil des Senats vom 27. Juli 1988, aaO; BAGE 63, 181 = AP Nr. 29 zu § 11 BUrlG). Gleiches muß gelten, wenn der Arbeitgeber, ohne nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip vorzugehen, im Betrieb mehrere Vergütungssysteme anwendet und dabei nicht nur einzelne Arbeitnehmer besserstellt. Andernfalls wäre der Arbeitgeber im Vorteil, der von vornherein keine allgemeinen Grundsätze aufstellt, sondern nach Gutdünken verfährt. Das ist ihm im Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes, also wenn es sich nicht um individuelle Vereinbarungen handelt, verwehrt.
Die Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes läßt sich nur überprüfen, wenn die Darlegungs- und Beweislast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sachgerecht verteilt wird (BAG Urteil vom 12. November 1991 - 3 AZR 489/90 - BB 1992, 1358 = DB 1992, 1432). Entlohnt ein Arbeitgeber Arbeitnehmer mit ähnlicher Tätigkeit nach unterschiedlichen Vergütungssystemen, so hat der Arbeitgeber darzulegen, wie groß der begünstigte Personenkreis ist, wie er sich zusammensetzt, wie er abgegrenzt ist und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazugehört.
b) Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus folgendes: Der Beklagte beschäftigt etwa 176 Musikschullehrer, die nach zwei unterschiedlichen Vergütungssystemen bezahlt werden. Mit etwa 150 Musikschullehrern, darunter dem Kläger, hat er eine Vergütung nach Wochenstunden vereinbart, mit 26 eine Vergütung nach dem BAT. Die Gruppe der 26 Musikschullehrer bezeichnet der Beklagte als Stammkräfte mit Vermittlerfunktion zwischen Honorarkräften und Schulleitung. Damit hat der Kläger seiner Darlegungslast zunächst genügt. Es ist nunmehr Sache des Beklagten darzulegen, wie sich der Kreis der BAT-Kräfte zusammensetzt, wie er abgegrenzt ist und warum der Kläger nicht dazugehört. Die bisherigen Darlegungen des Beklagten reichen nicht aus, um einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu verneinen.
aa) Das Landesarbeitsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, daß der Gleichbehandlungsgrundsatz wegen des Vorrangs der Vertragsfreiheit nicht zur Anwendung kommt. Dem kann der Senat nicht folgen. Bei 26 BAT-Kräften gegenüber 150 Honorar-Kräften handelt es sich - wenn diese vergleichbar sind - nicht mehr um die von der Vertragsfreiheit gedeckte Besserstellung einzelner Arbeitnehmer, sondern um einen Tatbestand, der den Arbeitgeber zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet. Das gilt um so mehr, als es sich bei den Honorar-Kräften ganz überwiegend um teilzeit- und bei den BAT-Kräften ganz überwiegend um vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer handelt.
Der Beklagte hat aber vorgetragen, die BAT-Kräfte nähmen abgestufte Leitungs- und Führungsaufgaben wahr. Das betrifft die Zusammensetzung des begünstigten Personenkreises. Der Beklagte macht damit geltend, die BAT-Kräfte seien mit den Honorar-Kräften nicht vergleichbar.
Geht es um die Vergütung, so befinden sich regelmäßig nur solche Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage, die von ihrer Tätigkeit her vergleichbar sind (vgl. auch BAGE 61, 77 = AP Nr. 4 zu § 2 BeschFG 1985), es sei denn, der Arbeitgeber stellt allgemeinere Vergütungsgrundsätze auf. Entscheidend für die Vergleichbarkeit ist die Verkehrsanschauung. Anhaltspunkte dafür können sich insbesondere aus Tarifverträgen und anderen verbreiteten Regelwerken ergeben; ob sie im Betrieb anwendbar sind, ist nicht entscheidend. An der Vergleichbarkeit fehlt es in aller Regel dann, wenn die Tätigkeit wegen Führungs- und Leitungsaufgaben, aufgrund der Qualifikation oder wegen besonderer Anforderungen tarifvertraglich anders bewertet wird. Dagegen bleiben geringere Unterschiede, die nicht zu einer anderen tariflichen Eingruppierung führen, in der Regel außer Betracht.
Tarifvertragliche Bestimmungen über die Vergütung von Angestellten an Musikschulen enthält die Anlage 1 a zum BAT (Allgemeine Vergütungsordnung für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände). Darin wird unter anderem zwischen Angestellten in der Tätigkeit von Musikschullehrern, Musikschullehrern, in der studienvorbereitenden Ausbildung tätigen Musikschullehrern sowie Leitern von Musikschulen oder Zweigstellen und deren Stellvertretern und Fachbereichsleitern unterschieden.
Wären die vom Beklagten beschäftigten BAT-Kräfte ausnahmslos Musikschullehrer mit tarifvertraglich höher bewerteten Leitungsaufgaben und Tätigkeiten, so läge ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht vor, da die Gruppenbildung dann nicht sachfremd wäre. Ein nicht tarifgebundener Arbeitgeber kann sich ohne Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz darauf beschränken, nur mit Arbeitnehmern in Leitungsfunktionen eine Vergütung nach BAT zu vereinbaren.
Wären unter den BAT-Kräften nur sehr wenige Musikschullehrer ohne solche Leitungsfunktionen, so könnte es sich um die von der Vertragsfreiheit gewährleistete Besserstellung einzelner Arbeitnehmer handeln. In diesem Fall wäre der Gleichbehandlungsgrundsatz wegen des Vorrangs der Vertragsfreiheit nicht anwendbar. In dem einen wie dem anderen Fall hätte der Kläger keinen Anspruch auf eine Vergütung nach BAT. In den übrigen Fällen kommt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Frage. Da der Beklagte in den Vorinstanzen schon aufgrund seines bisherigen Vortrags obsiegt hat, ist der Rechtsstreit zurückzuverweisen, um ihm Gelegenheit zu geben, seinen Vortrag zur Zusammensetzung des Kreises der im Anspruchszeitraum (ab 1. Januar 1987) begünstigten Musikschullehrer zu substantiieren.
bb) Das Landesarbeitsgericht hat die Besserstellung der BAT-Kräfte weiter deswegen für gerechtfertigt erachtet, weil sie umfassendere Pflichten hätten. Auch dieser Auffassung kann der Senat nicht zustimmen.
Der Vortrag des Beklagten dazu ist teils unrichtig, teils unerheblich. Der Beklagte hat geltend gemacht, die Honorar-Kräfte unterlägen anders als die BAT-Kräfte keinem Nebentätigkeitsverbot. Dies trifft nicht zu. Nach § 11 Satz 1 BAT finden "für die Nebentätigkeit des Angestellten ... die für die Beamten des Arbeitgebers jeweils geltenden Bestimmungen sinngemäß Anwendung". Da der beklagte Verein keine Beamten beschäftigt, unterliegen auch die BAT-Kräfte bei Nebentätigkeiten nicht den beamtenrechtlichen Beschränkungen. Im übrigen heißt es in den Arbeitsverträgen der BAT-Kräfte und der Honorar-Kräfte übereinstimmend, daß von der Jugendmusikschule zugewiesene Schüler nicht in den eigenen Privatunterricht übernommen werden dürfen. Beide Gruppen stehen also in Bezug auf Nebentätigkeiten völlig gleich. Abgesehen davon könnten etwaige Unterschiede schon wegen ihrer Geringfügigkeit die unterschiedliche Bezahlung nicht rechtfertigen.
Entsprechendes gilt für die Tätigkeit innerhalb der Ferien, zu der nach dem Vortrag des Beklagten nur die BAT-Kräfte verpflichtet sind. Auch dies trifft nicht zu. Zur Urlaubsdauer enthalten die Arbeitsverträge der Honorar- und der BAT-Kräfte die gleichlautende Bestimmung, daß sie sich "nach den für Lehrer in öffentlichen Schulen in Hessen geltenden Bestimmungen" richtet. Nach Nr. 3 der Anlage 2 l II zum BAT (Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte an Musikschulen im Bereich der VKA) kann der Angestellte "außerhalb des Urlaubes ... während der unterrichtsfreien Zeit zur Arbeit herangezogen werden". Für die Honorar-Kräfte ergibt sich dasselbe aus dem Arbeitsvertrag. Dieser ist dahin auszulegen, daß auch sie insoweit, als die unterrichtsfreie Zeit die Urlaubsdauer übersteigt, mit vertraglich geschuldeten Arbeiten beschäftigt werden können. Auf die Frage, ob der Beklagte davon bei den Honorar-Kräften in genau demselben Umfang Gebrauch macht wie bei den BAT-Kräften, kommt es unter diesen Umständen von vornherein nicht an. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob und inwieweit unterschiedliche Verpflichtungen zur Ableistung von Ferienarbeit überhaupt geeignet sind, eine Differenzierung bei der Vergütung zu rechtfertigen.
Der Beklagte macht weiter geltend, daß sich Honorar- und BAT-Kräfte im Hinblick auf ihre Verpflichtung zur Ableistung von Vertretungsstunden unterscheiden. Das mag zutreffen. Da aber nach § 17 Abs. 1 Unterabs. 2 BAT Überstunden auf dringende Fälle zu beschränken sind und nach § 17 Abs. 5 BAT durch entsprechende Arbeitsbefreiung auszugleichen oder aber zu bezahlen sind, sind die Unterschiede so gering, daß sie die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen können.
Schließlich vermag auch die - angebliche - Funktion der BAT-Kräfte als Bindeglied zwischen Honorar-Kräften und Schulleitung die Ungleichbehandlung nicht zu rechtfertigen. Der Vortrag des Beklagten dazu ist unsubstantiiert. Im übrigen würden derartige zusätzliche Verpflichtungen der BAT-Kräfte wegen ihres geringen Gewichts die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen können.
cc) Der Beklagte hat bislang nicht dargelegt, unter welchen Voraussetzungen er mit wem BAT-Verträge abschließt. Dazu hatte er, da er in den Vorinstanzen bereits aufgrund seines bisherigen Vorbringens obsiegt hat, auch keine Veranlassung. Durch die Zurückverweisung erhält er Gelegenheit, das nachzuholen.
Dabei hat der Beklagte zunächst darzulegen, ob die Anzahl der "BAT-Stellen" von vornherein begrenzt ist oder nicht. Weiter hat der Beklagte zu der Behauptung des Klägers Stellung zu nehmen, bei Neueinstellungen würden alle Teilzeitkräfte Honorar-Verträge und alle Vollzeitkräfte BAT-Verträge erhalten. Wie allgemein anerkannt ist, ist der unterschiedliche Umfang der Arbeitsleistung allein auch unter der Geltung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes kein ausreichender sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung (BAGE 38, 232, 241 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu III 1 b der Gründe; BAGE 63, 181 = AP Nr. 29 zu § 11 BUrlG, zu II 2 der Gründe). Nun ist allerdings unstreitig, daß es bei Abschluß des Arbeitsvertrages mit dem Kläger acht vollbeschäftigte Musikschullehrer mit Honorar-Verträgen gab und sich diese Zahl inzwischen auf zwölf erhöht hat, und daß einige BAT-Kräfte teilzeitbeschäftigt sind. Das Berufungsgericht hat schon daraus gefolgert, daß eine Differenzierung nach dem Umfang der Arbeitszeit nicht stattfindet. Das ist in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz scheidet nicht schon dann aus, wenn der Arbeitgeber einige wenige Vollzeitkräfte ebenfalls schlechter und einige wenige Teilzeitkräfte besser bezahlt. Das Landesarbeitsgericht wird in diesem Zusammenhang festzustellen haben, ob alle vollzeitbeschäftigten Honorar-Kräfte ursprünglich teilzeitbeschäftigt und alle teilzeitbeschäftigten BAT-Kräfte ursprünglich vollzeitbeschäftigt waren und wieviele teilzeitbeschäftigte BAT-Kräfte es gab und gibt.
Dr. Thomas Dr. Gehring Dr. Reinecke
ist urlaubs-
abwesend und
deshalb an der
Unterschrift ver-
hindert.
Dr. Thomas
Liebsch Kreienbaum
Fundstellen
BB 1992, 2431 |
BB 1992, 2431-2433 (LT1-2) |
DB 1993, 539-540 (LT1-2) |
NJW 1993, 679 |
NJW 1993, 679-680 (LT1-2) |
BuW 1993, 68 (K) |
JR 1993, 220 |
JR 1993, 220 (S) |
NZA 1993, 171 |
NZA 1993, 171-173 (LT1-2) |
RdA 1992, 407 |
SAE 1993, 329-333 (LT1-2) |
ZAP, EN-Nr 74/93 (S) |
AP § 242 BGB Gleichbehandlung (LT1-2), Nr 102 |
ArztR 1993, 138 (KT) |
AuA 1993, 156 (LT1, ST1) |
EzA § 242 BGB Gleichbehandlung, Nr 52 (LT1-2) |
EzBAT § 8 BAT Gleichbehandlung, Nr 10 (LT1-2) |
PersV 1993, 416-417 (L) |