Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Altersversorgung. Energiebeihilfe. feste Altersgrenze
Orientierungssatz
1. Der Umfang der Absicherung von Ansprüchen der betrieblichen Altersversorgung bei Eintritt eines Sicherungsfalls durch den Pensions-Sicherungs-Verein hängt davon ab, ob ein Versorgungsberechtigter zu diesem Zeitpunkt bereits Versorgungsempfänger iSv. § 7 Abs. 1 BetrAVG oder noch Anwartschaftsberechtigter nach § 7 Abs. 2 BetrAVG ist. Versorgungsempfänger ist derjenige, bei dem im Zeitpunkt des Sicherungsfalls aus der Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung bereits ein Vollrecht entstanden ist, er mithin bereits Anspruch auf eine Betriebsrente hat.
2. Hat die Berechnung einer unverfallbaren Anwartschaft gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 BetrAVG nach dem dort in Bezug genommenen § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitratierlich zu erfolgen, ist durch den Pensions-Sicherungs-Verein der Anteil der bei Erreichen der festen Altersgrenze erreichbaren Vollrente abgesichert, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit bis zum maßgeblichen Zeitpunkt zur möglichen Betriebszugehörigkeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur festen Altersgrenze entspricht. Hat das Arbeitsverhältnis bis zum Sicherungsfall oder darüber hinaus bestanden, kommt es auf den Zeitpunkt des Sicherungsfalls an. Hat das Arbeitsverhältnis bereits vorher geendet, ist dieser frühere Zeitpunkt entscheidend.
3. Die in § 7 Abs. 2 Satz 6 BetrAVG angeordnete Veränderungssperre und der Festschreibeeffekt haben zur Folge, dass spätere Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen bei der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft keine Berücksichtigung mehr finden. Dies gilt auch für die bei der zeitratierlichen Berechnung der Anwartschaft im Rahmen von § 2 Abs. 1 BetrAVG maßgebliche feste Altersgrenze.
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 1 i.d.F. des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), § 1 Abs. 1 S. 1 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2553), § 2 Abs. 1 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2553), § 2a Abs. 1 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2553), § 7 Abs. 2 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2553); RKG § 48 Abs. 1, 5, § 49 Abs. 3-4; SGB VI §§ 35, 40
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 7. Dezember 2016 – 11 Sa 284/16 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang des Insolvenzschutzes für eine Energiebeihilfe.
Der im August 1947 geborene Kläger war vom 17. August 1976 bis zum 34. Oktober 1997 Angestellter der D GmbH. Auf das Arbeitsverhältnis fanden kraft beiderseitiger Tarifbindung die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus (im Folgenden MTV Steinkohle) Anwendung. Dieser sieht ua. vor, dass das Arbeitsverhältnis spätestens mit Ablauf des Monats endet, in dem der Bescheid über die Gewährung des Altersruhegeldes oder der Rente wegen voller Erwerbsminderung zugestellt wird. Hinsichtlich des Hausbrands verweist der MTV Steinkohle auf seine Anlage 7. Diese bestimmt ua.:
„II. 2. Ausgeschiedene Angestellte |
2. Hausbrand für nach dem 1. Juni 1954 ausgeschiedene Angestellte und deren Witwen |
8. (§ 45) |
1) |
Hausbrandkohlen erhalten auf Antrag: |
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… |
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2. a) |
Empfänger von Bergmannsrente, von Knappschaftsrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, von Knappschaftsruhegeld und Inhaber des Bergmannsversorgungsscheins, die weniger als 25, aber mindestens 20 Jahre im deutschen Steinkohlenbergbau, davon zuletzt mindestens 5 Jahre zusammenhängend4 bei Mitgliedern des Unternehmensverbandes Ruhrbergbau, des Unternehmensverbandes des Aachener Steinkohlenbergbaus, des Unternehmensverbandes des Niedersächsischen Steinkohlenbergbaus oder des Unternehmensverbandes Saarbergbau beschäftigt waren, |
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… |
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10. (§ 47) |
1) |
Die Hausbrandkohlen werden ausschließlich für den eigenen Bedarf und nur ab Zeche gewährt. … |
2) |
An Hausbrandkohlen werden je Jahr bis zu 3 Tonnen gewährt. … |
… |
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4) |
Der Preis beträgt 8,– DM/t ab Zeche. … |
… |
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12. (§ 49) |
1) |
Die nach §§ 45 und 46 bezugsberechtigten Rentner, die nach dem 30. Juni 1976 aus der Bergbautätigkeit ausscheiden, und deren Witwen können auf Antrag anstelle ihres Anspruchs auf Hausbrandkohlen für das betreffende Bezugsjahr eine Energiebeihilfe für 3 Tonnen erhalten, sofern sie keine eigene Verwendung für Hausbrandkohlen haben. Der Antrag ist in den Monaten Januar bis März des laufenden Bezugsjahres zu stellen. Die Energiebeihilfe wird in einer Summe ausgezahlt. |
2) |
Die Höhe der Energiebeihilfe je Tonne entspricht der für aktive Angestellte abzüglich 8,– DM.” |
Die Tarifvertragsparteien haben den sog. Tonnensatz (Preis je Tonne Hausbrandkohlen) auf 126,29 Euro festgelegt. Abzüglich des Betrags von 8,00 DM (entspricht 4,09 Euro) je Tonne ergibt sich ein Wert von 122,20 Euro je Tonne Hausbrandkohlen. Der Anspruch auf Energiebeihilfe beläuft sich danach bei einem Anspruch auf drei Tonnen Hausbrandkohlen auf 366,60 Euro (122,20 Euro je Tonne × 3 Tonnen) jährlich und damit 30,55 Euro monatlich.
Der Kläger bezog zunächst in der Zeit vom 1. November 1997 bis Ende August 2002 Anpassungsgeld und anschließend bis zum 31. August 2007 Knappschaftsausgleichsleistung. In dieser Zeit erhielt er nach den Regelungen der Anlage 7 zum MTV Steinkohle eine Energiebeihilfe von der vormaligen Arbeitgeberin, bis über deren Vermögen am 1. Juni 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Seit dem 1. September 2007 bezieht der Kläger – nach der Vollendung seines 60. Lebensjahres – eine Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute gemäß § 238 SGB VI. Der Beklagte als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung zahlt dem Kläger rückwirkend ab dem 1. September 2007 monatlich einen Betrag von 18,00 Euro für die Energiebeihilfe. Diesen Anspruch hat er zeitratierlich auf die Vollendung des 65. Lebensjahres berechnet.
Der Kläger hat – soweit für die Revision von Interesse – die Auffassung vertreten, eine zeitratierliche Kürzung der Energiebeihilfe dürfe nicht unter Berücksichtigung einer möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres erfolgen. Für Bergleute sei die Vollendung des 60. Lebensjahres als feste Altersgrenze anzusehen, da sie zu diesem Zeitpunkt eine gesetzliche Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute beanspruchen könnten. Zu diesem Zeitpunkt ende auch ihr Arbeitsverhältnis.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.255,00 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
- den Beklagten zu verurteilen, an ihn für die Zeit ab Januar 2016 über den Betrag von 18,00 Euro monatlich hinaus weitere 12,55 Euro jeweils monatlich zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Klageanträge weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg. Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Die Klage ist zulässig. Dies gilt auch für den Klageantrag zu 2., der auf die Zahlung künftiger Leistungen gerichtet ist. Bei wiederkehrenden Leistungen, die – wie Leistungen der betrieblichen Altersversorgung – von keiner Gegenleistung abhängen, können nach § 258 ZPO grundsätzlich auch künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden. Im Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, der Schuldner werde sich der rechtzeitigen Leistung entziehen (vgl. etwa BAG 21. März 2017 – 3 AZR 464/15 – Rn. 18 mwN).
II. Die Klage ist unbegründet. Die Eintrittspflicht des Beklagten als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung richtet sich nach § 7 Abs. 2 BetrAVG in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung. Bei Eintritt des Sicherungsfalls am 1. Juni 2007 war der Kläger lediglich Versorgungsanwärter. Eine feste Altersgrenze vor der Vollendung des 65. Lebensjahres ist im MTV Steinkohle nicht bestimmt. Deshalb hat die Berechnung der Energiebeihilfe nach § 2 Abs. 1 BetrAVG in der bei Ausscheiden des Klägers aus dem Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Oktober 1997 geltenden Fassung (im Folgenden BetrAVG aF) bezogen auf die Vollendung des 65. Lebensjahres zu erfolgen.
1. Der Umfang des dem Kläger als Versorgungsanwärter zustehenden Insolvenzschutzes richtet sich nach § 7 Abs. 2 BetrAVG in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung. Der Gesetzgeber hat diese Regelung und den dort in Bezug genommenen § 2 BetrAVG durch Art. 1 Nr. 2 und Nr. 6 des Gesetzes zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie vom 21. Dezember 2015 (BGBl. I S. 2553) teilweise neu gefasst, ohne dass sich insoweit Änderungen zu der vorher geltenden Rechtslage ergeben sollten (vgl. BT-Drs. 18/6283 S. 13). Gemäß Art. 4 Satz 1 dieses Gesetzes ist die Neufassung insoweit am 1. Januar 2018 und damit während des laufenden Revisionsverfahrens in Kraft getreten. Mangels Übergangsvorschrift bestimmt sich der Umfang der Eintrittspflicht des Beklagten damit nach § 7 Abs. 2 BetrAVG in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung. Die Neufassung ist auch vom Revisionsgericht bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen (vgl. BAG 13. Januar 1987 – 1 AZR 267/85 – zu III 2 der Gründe, BAGE 54, 67).
2. Bei Eintritt des Sicherungsfalls war der Kläger noch kein Versorgungsempfänger iSv. § 7 Abs. 1 BetrAVG, sondern noch Versorgungsanwärter iSv. § 7 Abs. 2 BetrAVG.
a) § 7 BetrAVG unterscheidet zwischen Versorgungsempfängern nach Absatz 1 und Anwartschaftsberechtigten nach Absatz 2. Versorgungsempfänger sind in Abgrenzung zu § 7 Abs. 2 BetrAVG diejenigen Personen, denen bei Eintritt des Sicherungsfalls gegen den insolventen Versorgungsschuldner ein Anspruch auf Gewährung von Versorgungsleistungen zusteht, bei denen mithin aus der bedingten Berechtigung (Anwartschaft) das Vollrecht entstanden ist. Auf die Fälligkeit des Anspruchs kommt es nicht an, denn auch ein Anspruch auf künftige Leistungen kann ein Anspruch sein, der nicht erfüllt wird, weil über das Vermögen des Arbeitgebers oder seinen Nachlass das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Entscheidend ist nicht der tatsächliche Zahlungsbeginn, sondern die bestehende Versorgungsberechtigung (BAG 20. September 2016 – 3 AZR 411/15 – Rn. 18, BAGE 156, 196 unter Bezugnahme auf BGH 14. Juli 1980 – II ZR 106/79 – zu II 1 der Gründe, BGHZ 78, 73).
b) Danach war der Kläger bei Eintritt des Sicherungsfalls – Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juni 2007 – Versorgungsanwärter iSd. § 7 Abs. 2 BetrAVG und noch kein Versorgungsempfänger iSd. § 7 Abs. 1 BetrAVG. Zu diesem Zeitpunkt hat der Kläger zwar bereits Knappschaftsausgleichsleistungen und eine Energiebeihilfe bezogen. Letztere stellte bei Insolvenzeröffnung jedoch keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar. Die Knappschaftsausgleichsleistungen decken kein vom Betriebsrentengesetz erfasstes biometrisches Risiko ab, sondern sind ein Instrument zum sozialverträglichen Personalabbau im Bergbau (vgl. BAG 10. Februar 2009 – 3 AZR 783/07 – Rn. 18). Gleiches gilt für den zeitgleichen und ungekürzten Bezug der Energiebeihilfe. Bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres des Klägers war dies keine Leistung der betrieblichen Altersversorgung. Da die Gewährung der Energiebeihilfe an den Bezug von Knappschaftsausgleichsleistungen anknüpfte, deckte sie keines der in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG genannten Risiken ab, sondern es wurde lediglich eine Leistung zur Absicherung des Risikos „Arbeitslosigkeit” erbracht (vgl. dazu BAG 14. Februar 2012 – 3 AZR 260/10 – Rn. 20 ff.). Beim Kläger trat der Versorgungsfall „Alter” erst mit der Vollendung seines 60. Lebensjahres im August 2007 sowie dem Bezug einer Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute ab dem 1. September 2007 und damit nach dem Eintritt des Sicherungsfalls am 1. Juni 2007 ein. Erst seit diesem Zeitpunkt beruht der Bezug von Energiebeihilfe darauf, dass der Kläger eine Altersrente erhält und knüpfte damit an das „Langlebigkeitsrisiko” an (vgl. BAG 16. März 2010 – 3 AZR 594/09 – Rn. 34 ff., BAGE 133, 289).
3. Die unverfallbare Anwartschaft auf Energiebeihilfe ist vom Beklagten zutreffend nach § 7 Abs. 2 BetrAVG iVm. § 2 Abs. 1 BetrAVG aF berechnet. Bei der zeitratierlichen Kürzung ist eine mögliche Betriebszugehörigkeit des Klägers bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres zugrunde zu legen, denn eine frühere feste Altersgrenze ist nicht bestimmt.
a) Die Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft richtet sich nach § 7 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 und Satz 6 iVm. § 2 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG. Dabei verweist § 7 Abs. 2 Satz 3 und Satz 4 BetrAVG auf die Berechnungsmethode in § 2 Abs. 1 BetrAVG, mit der im Falle des Ausscheidens des Arbeitnehmers mit gesetzlich unverfallbarer Betriebsrentenanwartschaft deren Höhe ermittelt wird. Jedoch tritt der Zeitpunkt des die Eintrittspflicht des Beklagten auslösenden Sicherungsfalls – hier der Insolvenzeröffnung (§ 7 Abs. 2 Satz 1 BetrAVG) – an die Stelle des Zeitpunkts des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis, wenn dieses zumindest bis zum Sicherungsfall fortgedauert hat. Ansonsten bleibt es bei dem früheren Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis.
b) Die Höhe der insolvenzgeschützten Anwartschaft ist danach zeitratierlich zu berechnen. Ist der Sicherungsfall – wie hier – erst nach dem Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis eingetreten, erfolgt die Berechnung dergestalt, dass die Dauer des Arbeitsverhältnisses von dessen Beginn bis zum Zeitpunkt des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis in das Verhältnis gesetzt wird zur möglichen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers. Insolvenzgeschützt ist damit nur der diesem Verhältnis entsprechende Teil der nach der maßgeblichen Versorgungsordnung erreichbaren „fiktiven” Vollrente (vgl. BAG 19. Juli 2011 – 3 AZR 434/09 – Rn. 17, BAGE 138, 346; 21. April 2009 – 3 AZR 640/07 – Rn. 24 ff., BAGE 130, 202).
Die mögliche Betriebszugehörigkeit bestimmt sich dabei vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur festen Altersgrenze, wenn die Versorgungsordnung eine solche vorsieht. Fehlt es an einer festen Altersgrenze, beläuft sich die Dauer der möglichen Betriebszugehörigkeit – je nach Zeitpunkt des Ausscheidens des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis – auf die Zeit vom Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres oder bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Nach § 7 Abs. 2 Satz 6 Halbs. 1 BetrAVG gelten – ebenso wie nach § 2a Abs. 1 BetrAVG – bei der Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaft die Grundsätze der Veränderungssperre und des Festschreibeeffekts. Danach bleiben Veränderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlagen, die nach dem Sicherungsfall bzw. dem vorherigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis eintreten, außer Betracht. Diese Grundsätze sind auch auf die Bestimmungen der für die zeitratierliche Kürzung maßgeblichen Altersgrenze in § 2 Abs. 1 BetrAVG anzuwenden. Denn schon im Zeitpunkt des Sicherungsfalls bzw. des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis soll Klarheit über die Höhe der Anwartschaft bestehen (vgl. BAG 29. September 2010 – 3 AZR 564/09 – Rn. 15 mwN).
c) Daher berechnet sich die insolvenzgeschützte Anwartschaft des Klägers nach § 2 Abs. 1 BetrAVG in der – zum maßgeblichen Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis – am 31. Oktober 1997 geltenden Fassung. Das war § 2 Abs. 1 BetrAVG idF des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610), die bis zum Inkrafttreten der Neuregelung durch Art. 12 Nr. 1 des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz) vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554) galt. Danach ist die Berechnung der möglichen Betriebszugehörigkeit auf die Vollendung des 65. Lebensjahres vorzunehmen. Entgegen der Ansicht des Klägers ist eine frühere feste Altersgrenze in der Versorgungsordnung nicht vorgesehen. Weder der MTV Steinkohle noch dessen Anlage 7 legen eine feste Altersgrenze fest.
aa) Die feste Altersgrenze bezeichnet den Zeitpunkt, zu dem nach der Versorgungszusage im Regelfall – und zwar unabhängig von den Voraussetzungen des § 6 BetrAVG – mit einer Inanspruchnahme der Betriebsrente und einem altersbedingten Ausscheiden aus dem Berufs- und Erwerbsleben zu rechnen ist (BAG 18. März 2014 – 3 AZR 952/11 – Rn. 29, BAGE 147, 291; 17. September 2008 – 3 AZR 865/06 – Rn. 27, BAGE 128, 1). Eine andere Altersgrenze iSv. § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BetrAVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung ist nur dann anzunehmen, wenn die Versorgungszusage vorsieht, dass der begünstigte Arbeitnehmer grundsätzlich zu einem bestimmten Zeitpunkt vor der Vollendung des 65. Lebensjahres mit einer ungekürzten Betriebsrente in den Ruhestand treten soll (vgl. BAG 23. Januar 2001 – 3 AZR 164/00 – Rn. 18).
bb) Eine solche Festlegung nimmt der MTV Steinkohle nicht vor, insbesondere bestimmt er – entgegen der Auffassung der Revision – nicht die Vollendung des 60. Lebensjahres als niedrigere feste Altersgrenze.
Nach den Vorgaben des MTV Steinkohle endet das Arbeitsverhältnis mit dem Ablauf des Monats, in dem der Bescheid ua. über die Gewährung des Altersruhegeldes zugestellt wird. Eine konkrete Festlegung eines Zeitpunkts – etwa die Vollendung des 60. Lebensjahres – lässt sich dieser Bestimmung nicht entnehmen. Vielmehr ordnet der Tarifvertrag im Wege einer auflösenden Bedingung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt an, zu dem der Rentenbescheid zugestellt wird. Damit ist kein Bezug zu einem früheren Zeitpunkt als der Vollendung des 65. Lebensjahres hergestellt. Das Knappschaftsruhegeld konnte zwar seit jeher unter bestimmten Voraussetzungen bereits ab der Vollendung des 60. Lebensjahres bezogen werden. Stets war jedoch der Beginn des Knappschaftsruhegeldes auf das 65. Lebensjahr bezogen vorgesehen.
(1) Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) idF des Gesetzes zur Neuregelung der knappschaftlichen Rentenversicherung (Knappschaftsrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz – KnVNG) vom 21. Mai 1957 (BGBl. I S. 533) erhielten ua. Versicherte, die das 65. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit nach § 49 Abs. 3 RKG von 180 Kalendermonaten erfüllt hatten, Knappschaftsruhegeld. Darüber hinaus konnte Knappschaftsruhegeld nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG auch dann bezogen werden, wenn das 60. Lebensjahr vollendet und die Wartezeit nach § 49 Abs. 4 RKG erfüllt war. Durch das Gesetz zur weiteren Reform der gesetzlichen Rentenversicherungen und über die Fünfzehnte Anpassung der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie über die Anpassung der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Rentenreformgesetz – RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl. I S. 1965) wurde § 48 Abs. 1 Nr. 1 RKG dahin geändert, dass Knappschaftsruhegeld auf Antrag ua. bereits ab der Vollendung des 63. Lebensjahres gewährt wird, wenn die Wartezeit nach § 49 Abs. 3 RKG erfüllt war. Nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 RKG blieb die Möglichkeit der Inanspruchnahme mit der Vollendung des 60. Lebensjahres unter bestimmten Voraussetzungen erhalten und nach § 48 Abs. 5 RKG erhielt Knappschaftsruhegeld auch der Versicherte, der das 65. Lebensjahr vollendet hat und die Wartezeit nach § 49 Abs. 3 Satz 2 RKG erfüllt hatte. Diese Regelungen blieben bis zum Außerkrafttreten des Reichsknappschaftsgesetzes am 31. Dezember 1991 bestehen.
Unter der Geltung des Reichsknappschaftsgesetzes gab es damit jedenfalls seit dem Jahr 1957 die Möglichkeit Knappschaftsruhegeld bereits nach der Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch zu nehmen. Dabei handelte es sich jedoch stets um eine Möglichkeit der vorzeitigen Inanspruchnahme des Knappschaftsruhegeldes. Bis zum Außerkrafttreten des Reichsknappschaftsgesetzes war jedenfalls stets auch vorgesehen, dass Knappschaftsruhegeld mit der Vollendung des 65. Lebensjahres gewährt wird.
(2) Diese Systematik hat sich auch durch die Einführung des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch mit Wirkung ab dem 1. Januar 1992 nicht geändert. Danach war nach § 35 SGB VI vorgesehen, dass die Regelaltersrente nach der Vollendung des 65. Lebensjahres und der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit beansprucht werden kann. Daneben sahen und sehen die §§ 36 bis 40 SGB VI die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Altersrente für besondere Personengruppen ua. auch für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute vor.
(3) Jedenfalls seit dem Jahr 1957 war damit für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung stets als eigentliche Altersgrenze die Vollendung des 65. Lebensjahres vorgesehen; daneben gab und gibt es zahlreiche Möglichkeiten der Inanspruchnahme bereits ab der Vollendung des 60., 62. oder 63. Lebensjahres. Eine gesetzliche Festlegung, wonach das Knappschaftsruhegeld bzw. die Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute mit der Vollendung des 60. Lebensjahres als Regelfall bezogen werden konnte, bestand nicht.
cc) Etwas anderes folgt auch nicht aus der Anlage 7 zum MTV Steinkohle. Dort wird für den Bezug von Hausbrand ua. an unterschiedliche Rententatbestände angeknüpft und damit nicht einheitlich an einen Zeitpunkt vor der Vollendung des 65. Lebensjahres.
4. Der Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf Energiebeihilfe im Ruhestand danach zutreffend iHv. 18,00 Euro monatlich berechnet. Ausgehend davon, dass keine feste Altersgrenze vor der Vollendung des 65. Lebensjahres bestimmt ist, sind Berechnungsfehler weder dargetan noch ersichtlich.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Zwanziger, Spinner, Ahrendt, Hausmann, Brunke
Fundstellen
Haufe-Index 11643356 |
BB 2018, 1011 |
FA 2018, 206 |
NZA 2018, 716 |
AP 2018 |
EzA-SD 2018, 12 |
EzA 2018 |
AUR 2018, 251 |
GWR 2019, 15 |