Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung öffentlicher Dienst; Gleichbehandlung; Eingruppierung Feuerwehrtechnischer Dienst Bundeswehr; Eingruppierung bei (behaupteter) Tariflücke; Auffangfunktion der Merkmale des Allgemeinen Teils der Anlage 1 a zum BAT, Voraussetzung für ihre Heranziehung; Bewußte Tariflücke Eingruppierung und Gleichbehandlungsgrundsatz, Voraussetzungen Gleichbehandlung von Angestellten und Beamten, Vergütung und Freizügigkeitsgebot
Leitsatz (amtlich)
- Die Eingruppierung der Angestellten im technischen Dienst der Feuerwehr im Bereich des Bundesministers der Verteidigung richtet sich auch nach der Änderung der Organisationsstruktur des Brandschutzes der Bundeswehr seit 1997 nach den unverändert weitergeltenden Tätigkeitsmerkmalen des Teils III Abschn. J der Anlage 1 a zum BAT in der Fassung des Tarifvertrages vom 12. Dezember 1991.
- Diese Angestellten haben nicht kraft des Gleichbehandlungsgrundsatzes Anspruch auf diejenige Vergütung, die der – nach der Änderung der Organisationsstruktur angehobenen – Besoldung eines Beamten in derselben Funktion entspricht.
Orientierungssatz
- Zur Auffangfunktion der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a zum BAT; Voraussetzung für ihre Heranziehung.
- Zur Eingruppierung des Arbeitnehmers bei bewußter Tariflücke.
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; Anlage 1 a zum BAT/BL Teil III Abschn. J – Angestellte im technischen Dienst der Feuerwehr im Bereich des Bundesministers der Verteidigung i.d.F. des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 12. Dezember 1991, gültig ab 1. November 1991; EGVtr Art. 12, 39 Abs. 3a, Art. 141; BBG § 7 Abs. 1 Nr. 1; BRRG § 4 Abs. 1 Nr. 1; BGB § 823 Abs. 2, § 826
Verfahrensgang
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten um die zutreffende Vergütung des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 1. November 1977 Angestellter im Feuerwehrdienst der Flugbereitschaftsstaffel/Jagdbombergeschwader 31 "Boelcke" des Fliegerhorstes Nörvenich. In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 1. Mai 1989 ist vereinbart, daß sich das Arbeitsverhältnis ua. nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber geltenden Fassung bestimmt. Der Kläger, der mit Erfolg an den Lehrgängen "Feuerwehrmann C" und "Brandmeister B III" teilgenommen hat, war in der Vergangenheit als 1. Feuerlöschspezialist tätig. Er erhielt für diese Tätigkeit zunächst Vergütung nach VergGr. VIII BAT (Anlage 1a zum BAT/BL Teil III Abschn. J Angestellte im technischen Dienst der Feuerwehr im Bereich des Bundesministers der Verteidigung). Nach einem Tätigkeits- und einem Bewährungsaufstieg wird er zur Zeit nach VergGr. VI b BAT/BL (Fallgr. 4) vergütet.
Die Organisationsstruktur des Brandschutzes der Bundeswehr hat sich seit 1997 geändert. Früher stellte sich dessen Organisationsstruktur wie folgt dar:
- Leiter der Feuerwehr
- Schichtführer (Feuerwehrmann B)
- Zugführer für zwei Züge
- Gruppenführer Hauptfeuerwehrmann (Feuerwehrmann C)
- Feuerwehrmann.
Das neue Fachkonzept des Brandschutzes für Bundeswehrfeuerwehren sieht vor, "die Bundeswehrfeuerwehren … grundsätzlich, entsprechend der Zielstruktur, mit Beamten des mittleren und gehobenen feuerwehrtechnischen Dienstes zu besetzen". Darauf beruht die neue Organisationsstruktur der Flughafenfeuerwehren bei der Bundeswehr, die sich wie folgt darstellt:
- Leiter der Feuerwehr (A 9/10)
- Wachabteilungsleiter (A 9 m.Z.)
- Zugführer (A 9 m.D.)
- Staffelführer (A 8)
- Truppführer (A 8)
- Truppmann (A 7).
Entsprechend dieser geänderten Organisationsstruktur sind die Bundeswehrfeuerwehren seither überwiegend mit Beamten – als Staffelführer mit Besoldung nach Besoldungsgruppe A 8 – besetzt. In dem Konzept der Luftwaffe ist hinsichtlich der im Brandschutz beschäftigten Arbeitnehmer bestimmt, daß sich "die Einreihung/Eingruppierung der Arbeitnehmer … nach den jeweils gültigen Tarifverträgen" richtet. Die Tätigkeitsmerkmale für Angestellte im technischen Dienst der Feuerwehr im Bereich des Bundesministers der Verteidigung in der Fassung des Tarifvertrages zur Änderung der Anlage 1a zum BAT vom 12. Dezember 1991, gültig ab 1. November 1991, sind von den Tarifvertragsparteien in der Folgezeit nicht geändert worden.
Am 1. Juli 1997 wurde für die Flugbetriebsstaffel Jagdbombergeschwader 31 "Boelcke" in Nörvenich der neue Organisations- und Stellenplan in Kraft gesetzt. Der Kläger, der mangels Erfüllung der dafür geltenden allgemeinen Voraussetzungen nicht in das Beamtenverhältnis übernommen worden ist, wird als Staffelführer – Führer eines Feuerwehrlöschkraftfahrzeuges – beschäftigt. Der Staffelführer ist verantwortlich für die Einsatzbereitschaft des ihm zugeteilten Feuerwehrlöschkraftfahrzeuges und für dessen Besatzung, der gegenüber er weisungsbefugt ist. Diese neu geschaffene Funktion des Staffelführers ist nicht deckungsgleich mit der Funktion des ehemaligen Gruppenführers. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Aufgaben des Staffelführers höherwertig als die des ehemaligen Gruppenführers sind.
Der Kläger verdient weniger als seine im Beamtenverhältnis stehenden Kollegen in gleicher Funktion, auch in der Feuerwehr des Fliegerhorstes Nörvenich. Er fordert von der Beklagten Vergütung nach der VergGr. Vc BAT seit dem 1. August 1999. Er hat die Auffassung vertreten, nach der Umorganisation der Flughafenfeuerwehren finde der Tarifvertrag keine Anwendung mehr auf sein Arbeitsverhältnis, da er den im Beamtenverhältnis vorgenommenen Veränderungen nicht angepaßt worden sei. Seine Tätigkeit könne den Tätigkeitsmerkmalen für den technischen Dienst der Feuerwehr im Bereich des Bundesministers der Verteidigung nicht zugeordnet werden. Da die Tarifvertragsparteien den Tarifvertrag den geänderten Verhältnissen nicht angepaßt hätten, sei die ihnen bewußte Regelungslücke so zu füllen, wie dies die Tarifvertragsparteien unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhänge vereinbart hätten, wenn sie sich mit der Problematik befaßt hätten. Dies gebiete der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG. Die ungleiche Vergütung von Beamten und Angestellten verstoße auch gegen Art. 141 EWG-Vertrag – gemeint: EG –, so daß eine Vorlage beim Europäischen Gerichtshof möglich sei. Vorliegend biete sich eine Eingruppierung an, die der Besoldung eines beamteten Stelleninhabers entspreche. Die der Besoldungsgruppe A 8 entsprechende Vergütungsgruppe sei die VergGr. Vc BAT.
Schließlich ergebe sich sein Anspruch auf Vergütung nach der vorgenannten Vergütungsgruppe daraus, daß er zu mehr als 50% seiner Gesamtarbeitszeit die höherwertige Tätigkeit des Zugführers/Wachabteilungsleiters wahrnehme. Er habe dessen Funktionen auch während der Wochenenden im Vertretungsfalle wahrgenommen, wie sich aus der Auflistung der Dienstzeiten für die Zeit vom 2. Februar 1999 bis zum 28. Januar 2000 ergebe.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß der Kläger seit dem 1. August 1999 nach der VergGr. Vc BAT zu vergüten ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger habe keinen Anspruch auf Gleichbehandlung mit Beamten in vergleichbarer Funktion. Dem stehe der völlig unterschiedliche Status dieser Beschäftigtengruppen entgegen. Die Tariflücke in der Vergütungsregelung für die im Feuerwehrdienst der Bundeswehr beschäftigten Angestellten dürfe nicht ausgefüllt werden, da sie den Tarifvertragsparteien bewußt gewesen sei. Art. 141 EWG-Vertrag (richtig: EG) sei ebenfalls keine rechtliche Grundlage für die vom Kläger erstrebte Höhergruppierung. Schließlich sei der Vortrag des Klägers zum Umfang seiner im Vergleich zu derjenigen des Staffelführers höherwertigen Tätigkeit als Vertreter des Wachabteilungsleiters und des Leiters der Flughafenfeuerwehr nur zum Teil zutreffend. Eine Vertretung des Wachabteilungsleiters/Zugführers an den Wochenenden finde gar nicht statt. Im übrigen sei der jeweils Vertretene in den meisten Fällen vor Ort und brauche nur zeitweise einen Platzhalter. Dies gelte insbesondere für die sog. Pistenbereitschaft.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Unterschriften
Schliemann, Wolter, Bott, Seifner, J. Ratayczak
Fundstellen
BAGE 2003, 1 |
BB 2002, 1920 |
EBE/BAG 2002, 134 |
NZA 2003, 1405 |
AP, 0 |
PersV 2003, 274 |
RiA 2003, 110 |
AUR 2002, 317 |
Tarif aktuell 2002, 9 |