Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialplanabfindung - betrieblich veranlaßter Aufhebungsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Es verstößt gegen § 75 BetrVG, wenn die Betriebspartner in einem Sozialplan solche Arbeitnehmer von Sozialplanansprüchen ausnehmen, die aufgrund eines Aufhebungsvertrages ausgeschieden sind, den der Arbeitgeber im Hinblick auf eine geplante Betriebsänderung veranlaßt hat, wenn den vom Arbeitgeber gekündigten Arbeitnehmern solche Ansprüche eingeräumt werden (im Anschluß an BAG Urteil vom 28. April 1993 - 10 AZR 222/92 - AP Nr 67 zu § 112 BetrVG 1972).
Ein Aufhebungsvertrag ist nicht schon dann im Hinblick auf eine geplante Betriebsänderung vom Arbeitgeber veranlaßt, wenn dieser den Arbeitnehmern lediglich unter Hinweis auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens rät, sich um eine neue Arbeitsstelle zu bemühen.
Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn ein Sozialplan Arbeitnehmer von Abfindungsansprüchen ausnimmt, die aufgrund eines Aufhebungsvertrages oder einer Eigenkündigung ausgeschieden sind, nachdem sie eine neue Arbeitsstelle gefunden haben, vom Arbeitgeber gekündigten Arbeitnehmern aber eine Abfindung auch dann beläßt, wenn sie noch innerhalb der Kündigungsfrist einen neuen Arbeitsplatz finden und deswegen vor Ablauf der Kündigungsfrist ausscheiden.
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine Sozialplanabfindung.
Der Kläger war bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten seit dem 1. September 1979, zuletzt als Projektingenieur, gegen ein Bruttomonatsentgelt von 2.368,-- DM beschäftigt.
Unter dem Datum des 10. Juli 1991 richtete der Kläger folgendes Schreiben an die Beklagte:
"Antrag auf Aufhebungsvertrag
Hiermit beantrage ich einen Aufhebungsvertrag, da
ich ab 15.07.1991 eine Tätigkeit beim Bundesver-
mögensamt C aufnehme."
Mit Schreiben vom selben Tage teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:
"Anordnung von Kurzarbeit
... wie Ihnen sicherlich bekannt ist, ergeben
sich auch für unseren Werksbereich B M im
Rahmen der Anpassung des Unternehmens L an
marktwirtschaftliche Bedingungen, umfangreiche
Veränderungen in der Auftragslage und Aufgaben-
struktur.
Wir müssen Ihnen leider mitteilen, daß auch Ihr
Arbeitsplatz von diesen Maßnahmen betroffen ist.
Mit Wirkung vom
15.07.91
wird für Sie Kurzarbeit bzw. die Verlängerung der
Kurzarbeit angeordnet. Der Anteil der Kurzarbeit
an der Vollarbeitszeit beträgt:
100 Prozent.
Aus gegenwärtiger Sicht wird diese Einschränkung
unbefristet andauern.
In diesem Zusammenhang empfehlen wir Ihnen, sich
bei Ihrem zuständigen Arbeitsamt zu Umschulungs-
bzw. Weiterbildungsmaßnahmen zu informieren und
diese auch zu nutzen.
Wir hoffen sehr, daß Sie diesen Maßnahmen Ver-
ständnis entgegenbringen können und betonen aus-
drücklich, daß die Anordnung der Kurzarbeit nicht
in Ihrer Person oder Ihren Arbeitsleistungen be-
gründet ist, sondern einzig und allein aus der
Auftragslage des Unternehmens resultiert."
Am 12. Juli 1991 unterzeichneten die Parteien folgenden Aufhebungsvertrag:
"Der zwischen ... (den Parteien) bestehende Ar-
beitsvertrag vom 01.09.79 wird hiermit einver-
nehmlich mit Ablauf des 14.07.91 beendet.
Beide Vertragsparteien erklären ausdrücklich, daß
damit alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis
einschließlich derjenigen, die aufgrund der Been-
digung des Arbeitsverhältnisses entstanden sind,
erledigt sind."
Am 14. September 1991 kam es zur Unterzeichnung eines Rahmensozialplanes (im folgenden: RSP) durch Vorstand und Gesamtbetriebsrat der Beklagten. Darin heißt es:
"§ 1
Geltungsbereich
Der Rahmensozialplan gilt für Arbeitnehmer der
L , die nach dem 31.12.1990 von Rationalisie-
rungs- oder Stillegungsmaßnahmen betroffen wer-
den.
...
§ 4
Betriebsabfindung an Entlassene
Arbeitnehmer, die aus betrieblichen Gründen ge-
kündigt werden, erhalten eine einmalige Betriebs-
abfindung. ...
Will ein aus betrieblichen Gründen gekündigter
Arbeitnehmer während der Kündigungszeit ein neues
Arbeitsverhältnis eingehen, wird L einer
Verkürzung der Kündigungsfrist zustimmen, die Be-
triebsabfindung wird nicht gekürzt."
In einer "Interpretation" des Vorstandes der Beklagten und des Gesamtbetriebsrates zum Rahmensozialplan heißt es u.a.:
"Arbeitnehmer, die ihr Arbeitsverhältnis mit der
L gekündigt oder durch Aufhebungsvertrag be-
endet haben, ohne konkrete Äußerung des Arbeitge-
bers, daß für sie keine Beschäftigungsmöglichkeit
mehr besteht, haben keinen Anspruch auf Leistun-
gen des Rahmensozialplanes."
Der Kläger ist der Auffassung, er habe unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung Anspruch auf eine Abfindung nach Maßgabe des RSP. Er errechnet sich insoweit einen Betrag von 12.067,80 DM. Außerdem behauptet er, seine Anstellung beim Bundesvermögensamt ab 15. Juli 1991 sei durch die Beklagte veranlaßt worden. Sowohl der damalige Werksdirektor als auch der Leiter der Projektierung hätten Personalreduzierungen größten Ausmaßes angekündigt und die dringliche Empfehlung gegeben, etwa gefundene anderweitige Arbeitsplätze unbedingt anzunehmen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.067,80 DM
nebst 4 % Zinsen seit dem 15. Juli 1991 zu zah-
len.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich darauf, daß nach den Regelungen des RSP dem Kläger kein Abfindungsanspruch zustehe. Es sei seine freie Entscheidung gewesen, sich einen anderen Arbeitsplatz zu suchen. Der Antrag des Klägers auf Aufhebung des Arbeitsverhältnisses sei bereits vor Aushändigung ihres Schreibens vom 10. Juli 1991 gestellt worden. Zu dieser Zeit habe noch nicht festgestanden, ob der Kläger entlassen werden müsse.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit dieser erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage, während der Kläger um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Dem Kläger steht kein Anspruch auf eine Abfindung nach dem RSP vom 14. September 1991 zu.
I. Das Landesarbeitsgericht führt im wesentlichen aus, der RSP verstoße gegen das sich aus § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ergebende Gebot an die Betriebspartner, den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Er schließe nämlich Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen aus, die auf andere Weise als durch betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden seien, nachdem festgestanden habe, daß eine Beschäftigungsmöglichkeit für sie bei der Beklagten nicht mehr bestehe. Es fehle ein sachlicher Grund für diese unterschiedliche Behandlung. Die Arbeitsplatzsituation des Klägers sei ebenso geartet gewesen wie diejenige eines Arbeitnehmers, dem die Beklagte wegen Rationalisierungs- und Stillegungsmaßnahmen gekündigt habe. So habe er sich seit April 1991 in ständiger Kurzarbeit befunden und die Betriebs- und Bereichsleitung habe in Belegschaftsversammlungen wegen der angespannten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens den Mitarbeitern empfohlen gehabt, sich etwa bietende Möglichkeiten eines Arbeitsplatzwechsels wahrzunehmen.
Zwar habe der Kläger beim Abschluß des Aufhebungsvertrages noch nicht zur Kündigung angestanden, weil damals eine Entscheidung über das Schicksal seiner Abteilung noch nicht gefallen gewesen sei, bei realistischer Wertung der Verlautbarungen der Beklagten sei der Arbeitsplatzerhalt für den Kläger aber nicht nur unsicher, sondern aussichtslos gewesen, zumal die Anordnung der Kurzarbeit nur dazu gedient habe, Mitarbeiter, die nicht schon von der ersten Kündigungsstufe betroffen gewesen seien, erst möglichst stark zeitlich verzögert in die Arbeitslosigkeit zu entlassen. Es könne dem Kläger unter diesen Umständen unter Gleichbehandlungsgesichtspunkten nicht zum Nachteil gereichen, daß er diese Erkenntnis in die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz umgesetzt habe, ohne erst eine Verengung des Arbeitsmarktes, insbesondere durch anstehende Entlassungswellen abzuwarten.
II. Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts kann sich der Senat nicht anschließen.
1. Dem Kläger steht nach dem Wortlaut des RSP kein Anspruch auf eine sogenannte Betriebsabfindung zu.
Nach § 4 des RSP erhalten nur Arbeitnehmer, denen aus betrieblichen Gründen gekündigt worden ist, eine solche Abfindung. Der Kläger ist aber infolge des Aufhebungsvertrages vom 12. Juli 1991 bei der Beklagten ausgeschieden, so daß er die im RSP festgelegten Anspruchsvoraussetzungen für eine Abfindung nicht erfüllt.
2. Mit dieser Regelung verstößt § 4 des RSP nicht gegen § 75 BetrVG.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Betriebspartner bei der Aufstellung eines Sozialplans frei in ihrer Entscheidung, welche Nachteile der von einer Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer sie in welchem Umfang ausgleichen oder mildern wollen. Sie können bei ihrer Regelung von einem Nachteilsausgleich auch gänzlich absehen und nach der Vermeidbarkeit der Nachteile unterscheiden (BAG Beschluß vom 28. September 1988 - 1 ABR 23/87 - BAGE 59, 359 = AP Nr. 47 zu § 112 BetrVG 1972, m.w.N.). Allerdings haben sie nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BetrVG darüber zu wachen, daß alle im Betrieb tätigen Arbeitnehmer nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden. Dazu gehört auch die Beachtung vorgegebener gesetzlicher Wertungen bestimmter Sachverhalte.
a) Nach § 112 a Abs. 1 Satz 2 BetrVG gilt als Entlassung durch den Arbeitgeber, d. h. als Kündigung, auch das vom Arbeitgeber aus Gründen der Betriebsänderung veranlaßte Ausscheiden von Arbeitnehmern aufgrund von Aufhebungsverträgen. Das Ausscheiden von Arbeitnehmern aufgrund solcher vom Arbeitgeber veranlaßter Aufhebungsverträge haben die Betriebspartner in § 4 des RSP nicht ausdrücklich geregelt, vielmehr nur in ihrer "Interpretation" zum Ausdruck gebracht, daß sich der Rahmensozialplan ihrer Ansicht nach auch auf solche Fälle erstrecken soll.
§ 112 a Abs. 1 Satz 2 BetrVG bezieht sich zunächst allerdings nur auf die Frage, ob eine Betriebsänderung, die allein in der Entlassung von Arbeitnehmern besteht, sozialplanpflichtig ist, weil die in Absatz 1 geregelte Zahl von entlassenen Arbeitnehmern erreicht wird. Der Arbeitgeber soll die Sozialplanpflicht der Betriebsänderung nicht dadurch vermeiden können, daß er die erforderliche Zahl entlassener Arbeitnehmer nicht erreicht, weil er diese nicht entläßt, d. h. kündigt, sondern zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages veranlaßt.
Aus dieser Zielsetzung folgt aber gleichzeitig, daß der durch veranlaßten Aufhebungsvertrag - oder durch veranlaßte Eigenkündigung (vgl. BAG Urteil vom 23. August 1988 - 1 AZR 276/87 - BAGE 59, 243 = AP Nr. 17 zu § 113 BetrVG 1972) - ausgeschiedene Arbeitnehmer auch hinsichtlich der Folgen der Betriebsänderung den gekündigten Arbeitnehmern gleichzustellen ist. Es würde zu einem Wertungswiderspruch führen, wenn solche Arbeitnehmer zwar für die Annahme der Sozialplanpflicht der Betriebsänderung zu berücksichtigen wären, sie aber gleichzeitig von Ansprüchen aus dem Sozialplan ausgeschlossen werden könnten. § 112 a Abs. 1 Satz 2 BetrVG gebietet daher den Betriebspartnern, diese Arbeitnehmer in einem Sozialplan so wie vom Arbeitgeber aus Anlaß der Betriebsänderung gekündigte Arbeitnehmer zu behandeln.
b) Ob eine Eigenkündigung oder ein Aufhebungsvertrag vom Arbeitgeber veranlaßt ist, ist eine Frage des Einzelfalles.
Eine solche Veranlassung kann auch gegeben sein, wenn der Arbeitnehmer nicht konkret befürchten mußte, ihm werde gekündigt werden, wenn er nicht freiwillig ausscheide (BAG Urteil vom 28. Oktober 1992 - 10 AZR 406/91 - AP Nr. 65 zu § 112 BetrVG 1972).
Die Wertung in § 112 a Abs. 1 Satz 2 BetrVG gilt jedoch nicht für jeden vom Arbeitgeber veranlaßten Aufhebungsvertrag oder für jede veranlaßte Eigenkündigung. Diese müssen vielmehr vom Arbeitgeber gerade im Hinblick auf eine geplante Betriebsänderung veranlaßt sein. Der Aufhebungsvertrag - oder die Eigenkündigung - muß an die Stelle einer im Zuge der geplanten Betriebsänderung sonst notwendig werdenden Kündigung treten. Die Betriebsänderung muß nach wie vor der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sein. Nur dann verlangt § 112 a Abs. 1 Satz 2 BetrVG die Berücksichtigung dieser Arbeitnehmer sowohl bei der Feststellung der Größenordnung des Personalabbaus als auch bei der Regelung der wirtschaftlichen Nachteile der Betriebsänderung.
Arbeitnehmer, die aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens um den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses fürchten und dieses mit einem Aufhebungsvertrag oder einer Kündigung beenden, nachdem sie ein neues Arbeitsverhältnis gefunden haben, scheiden noch nicht auf Veranlassung des Arbeitgebers im dargelegten Sinne aus dem Arbeitsverhältnis aus. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber selbst auf die schlechte wirtschaftliche Lage hingewiesen und - mehr oder weniger deutlich - geraten hat, sich um ein anderes Arbeitsverhältnis zu bemühen, solange dieser Hinweis nicht im Hinblick auf eine schon geplante Betriebsänderung erfolgt (vgl. den Sachverhalt in der Entscheidung des Senats vom 28. Oktober 1992 - 10 AZR 406/91 -, aa0). Ein Aufhebungsvertrag oder eine Eigenkündigung ist in der Regel nur dann durch die geplante Betriebsänderung veranlaßt, wenn der Arbeitgeber diese zumindest in Umrissen dargelegt und den betreffenden Arbeitnehmer darauf hingewiesen hat, daß auch in dem Bereich, in dem er tätig ist, ein möglicherweise auch ihn betreffender Personalabbau zu erwarten ist.
Der Senat verkennt nicht, daß es in der Praxis schwierig sein kann festzustellen, ob ein solcher Hinweis des Arbeitgebers im Hinblick auf eine geplante Betriebsänderung oder nur vorsorglich oder aus fürsorgerischen Gründen erfolgt. Gleichwohl bedarf es dieser in § 112 a Abs. 1 Satz 2 BetrVG angelegten Abgrenzung. Die Feststellung der für eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung erforderlichen Zahl von Entlassungen wäre unmöglich, wenn in jeder Verlautbarung des Arbeitgebers in bezug auf seine schwierige wirtschaftliche Lage und damit auf eventuell notwendig werdende Betriebsänderungen schon ein "Veranlassen" zum Ausscheiden im Sinne von § 112 a Abs. 1 Satz 2 BetrVG gesehen werden müßte mit der Folge, daß Arbeitnehmer, die auf eine solche Verlautbarung hin ihr Arbeitsverhältnis beenden, auch in die Regelungen eines Sozialplans mit einbezogen werden müßten.
Die Betriebspartner bleiben gleichwohl frei, einen Sozialplan auch auf solche Arbeitnehmer - ggf. unter bestimmten Voraussetzungen, wie etwa dem Ausscheiden nach einem bestimmten Stichtag - zu erstrecken. Sehen sie jedoch davon ab, so liegt darin noch kein Verstoß gegen die gesetzliche Wertung in § 112 a Abs. 1 Satz 2 BetrVG und damit gegen § 75 BetrVG.
c) Der Kläger hat seinen Aufhebungsvertrag nicht auf Veranlassung der Beklagten in diesem Sinne geschlossen. Als er am 10. Juli 1991 um einen Aufhebungsvertrag bat, hatte die Beklagte nach seinen Behauptungen und den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lediglich allgemein geraten, sich um andere Arbeitsplätze zu bemühen, wozu angesichts der allgemein bekannten wirtschaftlichen Lage der Beklagten auch ohne einen solchen Hinweis durchaus Anlaß bestand. Der Kläger hat auch in seinem Schreiben als Grund für seinen Wunsch nach einem Aufhebungsvertrag lediglich angegeben, daß er alsbald - schon in fünf Tagen - ein neues Arbeitsverhältnis antreten wolle.
Ob in dem Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 1991 an den Kläger ein Veranlassen zum Ausscheiden im Sinne von § 112 a Abs. 1 Satz 2 BetrVG liegen könnte, kann dahingestellt bleiben. Dieses Schreiben ist dem Kläger erst zugegangen, nachdem er bereits um einen Aufhebungsvertrag gebeten hatte. Es konnte daher für sein Ausscheiden nicht ursächlich gewesen sein.
Unmittelbar aus der - im dargelegten Sinne zu ergänzenden - Regelung des RSP steht dem Kläger daher kein Anspruch auf eine Abfindung zu.
3. Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Gleichbehandlung mit den im Rahmensozialplan bedachten Arbeitnehmern zu.
a) Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn Arbeitnehmer, die aufgrund eines nicht vom Arbeitgeber veranlaßten Aufhebungsvertrages ausscheiden, von Abfindungsansprüchen ausgenommen werden, betriebsbedingt gekündigte Arbeitnehmer eine Abfindung aber auch dann erhalten, wenn sie noch während der Kündigungsfrist eine neue Arbeitsstelle finden und vor Ablauf der Kündigungsfrist ausscheiden.
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet nur eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Eine Differenzierung ist dann sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, sich diese vielmehr als sachwidrig und willkürlich erweist (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. Urteil des Senats vom 28. Oktober 1992 - 10 AZR 129/92 - AP Nr. 66 zu § 112 BetrVG 1972, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt, m.w.N.).
b) Die Betriebspartner können in einem Sozialplan davon ausgehen, daß Arbeitnehmer, die von sich aus ihr Arbeitsverhältnis beenden, dies nur dann tun, wenn sie bereits eine neue Arbeitsstelle gefunden haben und damit keinen Arbeitsplatz verlieren. Der Umstand, daß dieses neue Arbeitsverhältnis eine geringere Sicherheit bietet als das bisherige, kann zwar für den Arbeitnehmer ein wirtschaftlicher Nachteil sein, die Betriebspartner sind jedoch nicht gehalten, jeden wirtschaftlichen Nachteil auszugleichen oder zu mildern. Sie können daher auch regeln, daß solche Arbeitnehmer keine Abfindung erhalten (BAG Beschluß vom 23. April 1985 - 1 ABR 3/81 - BAGE 48, 294 = AP Nr. 26 zu § 112 BetrVG 1972).
Für Arbeitnehmer, denen gekündigt wird und die damit ihr Arbeitsverhältnis verlieren, können die daraus resultierenden wirtschaftlichen Nachteile in der Regel nur prognostiziert und pauschal ausgeglichen oder gemildert werden (vgl. ausführlich BAG Beschluß vom 23. April 1985 - 1 ABR 3/81 -, aa0). Diese Prognose wird sich nicht stets als zutreffend erweisen. Gekündigte Arbeitnehmer können trotz einer angenommenen längeren Arbeitslosigkeit alsbald einen neuen Arbeitsplatz finden und damit geringere Nachteile erleiden als zunächst angenommen worden ist. Arbeitnehmer, für die nur geringe Abfindungen vorgesehen waren, weil für sie davon ausgegangen wurde, daß sie aufgrund ihres Alters oder aufgrund ihrer Qualifikation alsbald eine neue Arbeit finden werden, können wider Erwarten auch längere Zeit arbeitslos bleiben.
Eine solche durch die spätere tatsächliche Entwicklung eintretende Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer hinsichtlich des Ausgleichs oder der Milderung ihrer tatsächlichen wirtschaftlichen Nachteile ließe sich nur durch eine Sozialplanregelung begegnen, die an den jeweiligen tatsächlichen Nachteil anknüpft, indem sie etwa monatlich einen konkreten Verdienstausfall in bestimmtem Umfang ausgleicht. Eine solche Regelung stieße jedoch auf erhebliche praktische Schwierigkeiten. Sie würde eine laufende Verwaltung des Sozialplans erfordern. Auch ließe sie eine verläßliche Kalkulation der Aufwendungen für einen Sozialplan nicht zu. Im Falle der Stillegung eines Betriebes (Unternehmens) wäre sie überhaupt nicht möglich (vgl. auch dazu den Beschluß vom 23. April 1985, aa0).
Von daher ist es weder sachwidrig noch willkürlich, wenn eine Sozialplanregelung hinsichtlich der zu kündigenden Arbeitnehmer nur an die zu erwartenden Nachteile anknüpft und unberücksichtigt läßt, daß diese im Einzelfall nicht oder nicht im angenommenen Umfang eintreten. Sie kann daher einem betriebsbedingt gekündigten Arbeitnehmer eine Abfindung zusprechen und diese ihm auch dann belassen, wenn er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses alsbald eine neue Arbeitsstelle findet.
c) Im vorliegenden Fall beläßt allerdings § 4 RSP auch solchen Arbeitnehmern den Abfindungsanspruch, die nach betriebsbedingter Kündigung noch während der Kündigungsfrist ausscheiden, weil sie eine neue Arbeitsstelle gefunden haben. Für diese Arbeitnehmer steht im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fest, daß sie einen neuen Arbeitsplatz haben und damit keinen im Sozialplan als ausgleichs- oder milderungsfähig bewerteten wirtschaftlichen Nachteil erleiden werden. Ihnen könnte im Hinblick darauf auch ohne die aufgezeigten praktischen Schwierigkeiten ein Abfindungsanspruch ebenso versagt werden, wie denjenigen Arbeitnehmern, bei denen aufgrund ihres nicht vom Arbeitgeber veranlaßten Ausscheidens davon ausgegangen wird, daß sie eine neue Arbeitsstelle haben.
Gleichwohl ist es nicht sachwidrig oder willkürlich, wenn diesen Arbeitnehmern der Abfindungsanspruch belassen wird. Die Regelung knüpft nur daran an, daß der Arbeitnehmer relativ geringfügig früher ausscheidet als aufgrund der ausgesprochenen Kündigung. Sie berücksichtigt, daß der gekündigte Arbeitnehmer eine sichere Aussicht auf eine Abfindung erworben hat, die er in seine weitere Planung einbezogen hat. Ihm diese Aussicht wieder zu nehmen, würde in vielen Fällen nur zur Folge haben, daß der Antritt der neuen Arbeitsstelle bis zum Ablauf der Kündigungsfrist hinausgeschoben wird, woran in der Regel auch das kündigende Unternehmen kein Interesse haben wird. Wenn die Betriebspartner bei ihrer Regelung auf diese Umstände Bedacht nehmen, so ist dies sachgerecht und im Hinblick darauf auch geboten, daß ein Abfindungsanspruch nicht von beliebig manipulierbaren Umständen abhängig gemacht werden sollte.
Damit verstößt die aufgezeigte Regelung in § 4 RSP auch nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Dem Kläger steht nach allem ein Anspruch auf eine Abfindung nicht zu. Seine Klage erweist sich damit als unbegründet und mußte unter Aufhebung bzw. Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen abgewiesen werden.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Matthes Hauck Böck
Dr. Haible Rosendahl
Fundstellen
BB 1994, 1720 |
BB 1994, 1938 |
BB 1994, 1938-1940 (LT1) |
DB 1994, 1882-1884 (LT1) |
BuW 1994, 732 (T) |
AiB 1994, 639-640 (LT1) |
BetrR 1995, 103 (LT1) |
EWiR 1994, 953 (L) |
NZA 1995, 489 |
NZA 1995, 489-491 (LT1) |
ZIP 1994, 1548 |
ZIP 1994, 1548-1551 (LT1) |
AP § 112 BetrVG 1972 (LT1), Nr 77 |
AR-Blattei, ES 1470 Nr 56 (LT1) |
AuA 1995, 99-102 (LT1) |
EzA-SD 1994, Nr 18, 14-16 (LT1) |
EzA § 112 BetrVG 1972, Nr 75 (LT1) |