Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltungsbereich der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes
Leitsatz (redaktionell)
Anschlußverfügungs- und Glasversiegelungsarbeiten als bauliche Leistungen; Abgrenzung zum Betrieb des Glaserhandwerks; Bestätigung der Senatsrechtsprechung: BAG Urteil vom 23. August 1995 – 10 AZR 105/95 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmt
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Bau
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 4. Februar 1994 – 15 Sa 1329/92 – wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte im Klagezeitraum einen Baubetrieb i.S. der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes unterhalten hat und daher zur Beitragszahlung an die Klägerin verpflichtet ist.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK). Diese ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach näherer tariflicher Regelung die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt den Beklagten auf Beitragszahlung für den Zeitraum Oktober 1987 bis Dezember 1991 in Anspruch.
Im Betrieb des Beklagten wurden im Klagezeitraum zu 40 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit dauerelastische Verfügungen im Sanitärbereich (Fliesen) angebracht; außerdem wurden von anderen Firmen eingebaute Fenster gegen Witterungseinflüsse abgedichtet. Dabei wurden sowohl die Zwischenräume zwischen Mauerwerk und Rahmen (Anschlußverfügungen) als auch die Zwischenräume zwischen Rahmen und Glasscheibe (Glasversiegelungen) verfugt. Der Anteil der Anschlußverfügungen betrug 35 % der Gesamtarbeitszeit und der Anteil der Glasversiegelungen 15 %. Zu 10 % wurden Fensterfalzabdichtungen gegen Zugluft, Staub und Schall ausgeführt.
Im Klagezeitraum waren im Betrieb der Beklagte selbst und die gewerbliche Arbeitnehmerin Adelheid F. tätig; außerdem arbeitete die Ehefrau des Beklagten mit 20 Stunden pro Woche in der Buchhaltung. Die Arbeitnehmerin F. war zu 45 % ihrer regelmäßigen Gesamtwochenarbeitszeit von 40 Stunden im Betrieb des Beklagten eingesetzt; zu 55 % ihrer Arbeitszeit war sie als Hilfe für die schwerbehinderte Ehefrau des Beklagten im Haushalt des Beklagten tätig. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Arbeitnehmerin F. im Betrieb des Beklagten nur Reinigungsarbeiten oder auch die anderen anfallenden Arbeiten durchgeführt hat.
Nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe sind alle baugewerblichen Arbeitgeber zur Zahlung von Beiträgen für die von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer verpflichtet. Zum Geltungsbereich enthält § 1 des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 in den im Klagezeitraum geltenden Fassungen folgende Regelungen:
„§ 1
Geltungsbereich
(1) Räumlicher Geltungsbereich:
…
(2) Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerbliche Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilender Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Abschnitt III
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen.
…
Abschnitt VII
Nicht erfaßt werden Betriebe
…
3. des Glaserhandwerks,
…”
Die ZVK ist der Auffassung, der Betrieb des Beklagten sei im Klagezeitraum von Oktober 1987 bis Dezember 1991 als baugewerblicher Betrieb anzusehen. Es handele sich nicht um einen Betrieb des Glaserhandwerks. Reine Glasertätigkeiten würden von dem Beklagten nicht ausgeführt. Auch eine Tätigkeit als Subunternehmer für Glaserbetriebe führe nicht dazu, daß der Betrieb des Beklagten aus dem Geltungsbereich des VTV falle.
Die ZVK hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 22.371,83 DM zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Der Beklagte vertritt die Auffassung, sein Betrieb sei als ein Betrieb des Glaserhandwerks vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 3 ausgenommen. In dem Betrieb seien zu 60 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit Tätigkeiten ausgeführt worden, die dem Glaserhandwerk zuzurechnen seien. Glasversiegelungsarbeiten seien typische Tätigkeiten des Glaserhandwerks. Auch die damit zusammenhängenden Anschlußverfügungsarbeiten seien dem Glaserhandwerk zuzuordnen. Dies gelte auch für die Fensterfalzabdichtungen. Die Arbeitnehmerin F. habe im Betrieb des Beklagten nur Reinigungsarbeiten durchgeführt; Reinigungsarbeiten seien keine baulichen Leistungen. Die Tätigkeit des Betriebsinhabers dürfe bei der Feststellung, welche Arbeiten im Betrieb arbeitszeitlich überwiegend angefallen seien, nicht berücksichtigt werden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 10.067,32 DM verurteilt, wobei es berücksichtigt hat, daß die Arbeitnehmerin F. lediglich zu 45 % ihrer Arbeitszeit im Betrieb des Beklagten beschäftigt war; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage, soweit ihr das Landesarbeitsgericht stattgegeben hat. Die ZVK beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, daß der Betrieb des Beklagten im Klagezeitraum vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfaßt wird.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Betrieb des Beklagten unterfalle dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV und sei nicht als ein Betrieb des Glaserhandwerks nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 3 VTV ausgenommen. Die im Betrieb des Beklagten ausgeführten Arbeiten seien bauliche Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV. Der Betrieb sei nicht als Betrieb des Glaserhandwerks anzusehen. Zwar könne davon ausgegangen werden, daß der Betrieb nicht industriell, sondern handwerksmäßig betrieben werde. Das Glaserhandwerk sei als solches auch in der Anlage A zur Handwerksordnung aufgeführt. Der Betrieb des Beklagten sei jedoch deswegen nicht als Betrieb des Glaserhandwerks vom Geltungsbereich des VTV ausgenommen, weil keine Tätigkeiten ausgeführt würden, die den Kernbereich des Glaserhandwerks ausmachten und ihm sein Gepräge gäben. Die Glasversiegelungsarbeiten, Anschluß Verfügungen und Fensterfalzabdichtungen seien lediglich Randtätigkeiten, die für das Glaserhandwerk nicht wesentlich und auch nicht spezifisch seien.
Darauf, ob die gewerbliche Arbeitnehmerin F. im Betrieb des Beklagten nur Reinigungsarbeiten ausgeführt habe, oder ob sie selbst auch die genannten baugewerblichen Tätigkeiten durchgeführt habe, komme es nicht an. Auch wenn die Arbeitnehmerin F. nur Reinigungsarbeiten durchgeführt haben sollte, lägen zu 100 % baugewerbliche Tätigkeiten vor, weil der Beklagte selbst baugewerblich tätig gewesen sei. Dieser Tätigkeit seien die Reinigungsarbeiten von Frau F. als Zusammenhangstätigkeiten zuzuordnen. Stünden der ZVK damit die Beiträge für den Zeitraum von Oktober 1987 bis Dezember 1991 zu, sei der Anspruch aber nur in Höhe von 45 % begründet, da die Arbeitnehmerin F. nur zu diesem Anteil ihrer Arbeitszeit für den Betrieb des Beklagten gearbeitet habe.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und in der Begründung zuzustimmen.
II. Der Betrieb des Beklagten fällt unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV und ist nicht nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 3 VTV als Betrieb des Glaserhandwerks ausgenommen.
1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgegangen, wonach ein Betrieb in den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fällt, wenn von den Arbeitnehmern arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die in § 1 Abs. 2 VTV aufgeführt sind. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte, wie Umsatz und Verdienst, oder auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an (vgl. BAGE 56, 227, 230 = AP Nr. 88 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau, m.w.N.). Ob in dem Betrieb baugewerbliche Tätigkeiten erbracht werden und er daher dem Geltungsbereich des VTV unterfällt, richtet sich danach, ob die in den Abschnitten I bis IV genannten Leistungen überwiegend erbracht werden. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung dann der Fall, wenn die Arbeitnehmer des Betriebs arbeitszeitlich überwiegend mit solchen baulichen Tätigkeiten beschäftigt werden. Dabei sind den eigentlichen baugewerblichen Tätigkeiten auch diejenigen Nebenarbeiten zuzurechnen, die zu einer sachgerechten Ausführung baulicher Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen (BAG Urteil vom 25. Februar 1987 – 4 AZR 240/86 – BAGE 55, 78 = AP Nr. 81 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG Urteil vom 22. April 1987 – 4 AZR 496/86 – AP Nr. 82 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
2. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurden im Betrieb dauerelastische Verfügungen von Fliesen (40 %), Anschlußverfügungen (35 %), Glasversiegelung (15 %) und Fensterfalzabdichtungen (10 %) ausgeführt. Mit diesen Tätigkeiten fällt der Betrieb des Beklagten unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV. Ihnen sind die von der Ehefrau des Beklagten und der Arbeitnehmerin F. ausgeführten Arbeiten als Zusammenhangstätigkeiten zuzurechnen.
Zur Feststellung, ob die von den Mitarbeiterinnen, Frau F. und der Ehefrau des Beklagten, erbrachten Tätigkeiten bauliche Tätigkeiten sind, ist auf die im Betrieb insgesamt durchgeführten Arbeiten abzustellen; insoweit sind auch die vom Beklagten selbst erbrachten Tätigkeiten heranzuziehen. Dies ergibt sich zwingend daraus, daß sog. Zusammenhangstätigkeiten in ihrer Zuordnung nicht beurteilt werden könnten, wenn die Arbeiten, mit denen sie im Zusammenhang stehen, nicht zu berücksichtigen wären. Zwar geht die ständige Rechtsprechung davon aus, daß für die Prüfung, ob ein Betrieb dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterfällt, maßgeblich auf die von den Arbeitnehmern arbeitszeitlich überwiegend ausgeführten Tätigkeiten abzustellen ist (BAG Urteil vom 24. August 1994 – 10 AZR 980/93 – AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau); zur Beurteilung der Frage, ob vom Betrieb überwiegend bauliche Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 VTV erbracht werden, ist die Arbeitszeit des Betriebsinhabers grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (BAG Urteil vom 24. August 1994 – 10 AZR 980/93 – AP Nr. 181 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau).
Geht es jedoch um die Zuordnung der von den Mitarbeitern des Betriebs ausgeführten Arbeiten zu den baulichen Tätigkeiten oder einem anderen Gewerbe, können jedenfalls dann, wenn es sich bei den von den Arbeitnehmern erbrachten Tätigkeiten um Zusammenhangstätigkeiten handelt, die vom Betriebsinhaber selbst durchgeführten Arbeiten nicht außer Betracht bleiben. Sind in dem Betrieb neben dem Betriebsinhaber noch weitere Mitarbeiter beschäftigt, ist daher zur Beurteilung von deren Tätigkeit als bauliche Leistungen auch auf dessen Tätigkeit abzustellen, soweit die Arbeit der Mitarbeiter mit dieser Tätigkeit in Zusammenhang steht.
3. Sowohl die Tätigkeit der Ehefrau des Beklagten als auch die der Arbeitnehmerin F. steht im Zusammenhang mit den vom Beklagten selbst ausgeführten Arbeiten.
a) Die Ehefrau des Beklagten erledigt die Buchhaltung. Diese kaufmännische Tätigkeit bezieht sich unmittelbar auf die sonstigen im Betrieb erbrachten Leistungen. Sind dies bauliche Leistungen, so sind diesen auch die Buchhaltungsarbeiten in vollem Umfang zuzurechnen.
b) Auch die Tätigkeit der Arbeitnehmerin F. ist insoweit den vom Beklagten ausgeführten Arbeiten zuzurechnen.
Zwar hat der Beklagte den Vortrag der ZVK bestritten, die Arbeitnehmerin F. habe auch die vom Landesarbeitsgericht festgestellten Arbeiten ausgeführt. Aber auch wenn seine Behauptung, die Arbeitnehmerin F. habe nur Reinigungsarbeiten auf den Baustellen erledigt, zu seinen Gunsten unterstellt wird, sind diese als Zusammenhangstätigkeiten den vom Beklagten ausgeführten Arbeiten zuzurechnen.
Reinigungsarbeiten auf Baustellen stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit den dort erbrachten Leistungen. Sie sind diesen deshalb bei der Zuordnung eines Betriebes zum betrieblichen Geltungsbereich des VTV zuzurechnen.
4. Die vom Beklagten als Betriebsinhaber selbst ausgeführten Arbeiten fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV. Der Betrieb ist nicht als Betrieb des Glaserhandwerks anzusehen.
a) Bei der Ausführung von dauerelastischen Verfügungen von Fliesen, Anschlußverfügungen, Glasversiegelungen und Fensterfalzabdichtungen handelt es sich um bauliche Leistungen i.S.v. § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV, da sie zur Herstellung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs des Bauwerks dienen.
b) Diese Tätigkeiten rechtfertigen nicht den Schluß, daß es sich beim Betrieb des Beklagten um einen Betrieb des Glaserhandwerks handelt, der nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 3 VTV vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen ist.
Der Beklagte beruft sich darauf, daß mit Glasversiegelungen, Anschlußverfügungen und Fensterfalzabdichtungen zu 60 v.H. der betrieblichen Tätigkeit Arbeiten ausgeführt werden, die dem Glaserhandwerk zuzurechnen sind. Dies rechtfertigt aber nicht den Schluß, daß der Betrieb als Betrieb des Glaserhandwerks vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen ist.
aa) Mit der Zuordnung von Anschlußverfügungs- und Glasversiegelungsarbeiten zum betrieblichen Geltungsbereich des VTV hat sich der Senat – ausgehend vom Urteil des Vierten Senats vom 13. März 1991 (– 4 AZR 436/90 – AP Nr. 139 zu § 1 Tarifverträge: Bau) – in zahlreichen Urteilen befaßt und diese Rechtsprechung im Urteil vom 23. August 1995 – 10 AZR 105/95 – (zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) zusammengefaßt.
Danach sind sowohl Anschlußverfügungen, d.h. Verfügungen zwischen Mauer und Fensterrahmen als auch Glasversiegelungsarbeiten, d.h. Verfügungen zwischen Glasscheibe und Rahmen als bauliche Leistungen i.S.d. § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV anzusehen, da sie zur Herstellung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs eines Bauwerks führen.
Die Tarifvertragsparteien haben in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII allerdings Betriebe, die die dort genannten baulichen Leistungen ausführen, vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen. Zur Prüfung der Frage, ob ein Betrieb danach vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV nicht erfaßt wird, sind in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts folgende Kriterien entwickelt worden:
Führt ein Betrieb arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten aus, die einem in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV genannten Gewerk zuzurechnen sind, so wird der Betrieb als Ganzes vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV nicht erfaßt.
Werden Arbeiten ausgeführt, die sowohl als bauliche Leistungen i.S.v. § 1 Abs. 2 Abschnitt I bis V VTV als auch als solche eines der in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV genannten Gewerke anzusehen sind, so kommt es für eine Ausnahme aus dem betrieblichen Geltungsbereich darauf an, ob neben diesen Arbeiten in nicht unerheblichem Umfang (mindestens 20 v.H. der betrieblichen Gesamtarbeitszeit) Arbeiten ausgeführt werden, die ausschießlich dem vom betrieblichen Geltungsbereich ausgenommenen Gewerk zuzuordnen sind, die also für dieses Gewerk typisch sind, oder ob diese Arbeiten in nicht unerheblichem Umfang von gelernten Arbeitnehmern dieses Gewerks ausgeführt werden oder eine entsprechende Aufsicht durch einen Fachmann, z.B. einen Meister dieses Gewerks, besteht.
bb) Nach diesen Kriterien hat der Senat auch beurteilt, ob ein Betrieb, der Anschlußverfügungs- und Glasversiegelungsarbeiten ausführt, als Betrieb des Glaserhandwerks vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen ist.
Dabei ist der Senat bis zum Urteil vom 23. August 1995 davon ausgegangen, daß Glasversiegelungsarbeiten als eine typische Tätigkeit des Glaserhandwerks anzusehen und damit allein dem Glaserhandwerk zuzuordnen sind. Diese Rechtsprechung konnte jedoch nicht aufrechterhalten bleiben.
Glasversiegelungsarbeiten gehören nämlich nicht nur zum Berufsbild des Glasers, sondern auch zum Berufsbild des Ausbaufacharbeiters mit Schwerpunkt Trockenbauarbeiten. Nach dem Ausbildungsrahmenplan für den Ausbaufacharbeiter, Abschnitt G, Schwerpunkt Trockenbauarbeiten Nr. 4 Buchst. c (BGBl. I 1984 S. 1626) gehört das „Einsetzen von Fenstern und Türen einschließlich ihrer Verglasung unter Beachtung der im Trockenbau gegebenen Funktionen” zu den zu vermittelnden Fertigkeiten und Kenntnissen. Zur Verglasung gehört notwendigerweise auch die Abdichtung zwischen Scheibe und Fensterrahmen gegen Feuchtigkeit, Zugluft und Schall. Dies sind Glasversiegelungsarbeiten im Sinne der bisherigen Rechtsprechung.
Sind Glasversiegelungsarbeiten damit nicht als typische Tätigkeit des Glaserhandwerks diesem allein zuzuordnen, sondern stellen sie ebenso bauliche Leistungen i.S.v. § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV dar, die auch von baugewerblichen Betrieben des Ausbaugewerbes ausgeführt werden, so sind sie allein nicht geeignet, einen Betrieb als einen solchen des Glaserhandwerks i.S.v. § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 3 VTV zu qualifizieren.
Damit kommt auch der arbeitszeitlichen Zurechnung von Anschlußverfügungsarbeiten, die schon nach der bisherigen Senatsrechtsprechung auch dem Ausbaugewerbe zugerechnet wurden, keine Bedeutung mehr zu. Sind Glasversiegelungsarbeiten nicht als typische Tätigkeiten des Glaserhandwerks anzusehen, so rechtfertigt auch ein Zusammenhang mit Anschlußverfügungsarbeiten nicht den Schluß, daß es sich um einen Betrieb des Glaserhandwerks handelt.
5. Daraus folgt, daß der Betrieb des Beklagten nicht als Betrieb des Glaserhandwerks vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen ist.
Sind die Glasversiegelungs- und Anschlußverfügungsarbeiten nicht als typische Tätigkeit des Glaserhandwerks anzusehen, so entfallen zusammen mit den dauerelastischen Verfügungen von Fliesen insgesamt 90 v.H. der betrieblichen Tätigkeit auf bauliche Leistungen i.S.v. § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV, die nicht für das Glaserhandwerk typisch sind. Der Beklagte ist nicht Glasermeister und beschäftigt auch keine gelernten Glaser.
Führt der Beklagte selbst damit Arbeiten aus, die eine Zuordnung des Betriebes zum betrieblichen Geltungsbereich des VTV rechtfertigen, so sind auch die Tätigkeiten der von ihm beschäftigten Arbeitnehmer diesen Arbeiten zuzurechnen. Daraus folgt, daß arbeitszeitlich überwiegend von den beschäftigten Arbeitnehmern Tätigkeiten ausgeführt werden, die eine Zuordnung des Betriebes zum betrieblichen Geltungsbereich des VTV rechtfertigen.
Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß sich die Beitragsforderung der ZVK nur auf den Teil der Bruttolohnsumme der Arbeitnehmerin F. erstreckt, der der für den Betrieb geleisteten Tätigkeit entspricht.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Freitag, Hauck, Böck, Hromadka, Schlaefke
Fundstellen