Entscheidungsstichwort (Thema)
Fertigbauarbeiten als baugewerbliche Tätigkeit. Anwendbarkeit der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes oder der Tarifverträge der Beton- und Fertigteilindustrie für Nordwestdeutschland. Zusammenfügen der hergestellten Fertigteile durch Subunternehmer als Zusammenbau der hergestellten Fertigteile durch den Betrieb?. Tarifrecht
Normenkette
BRTV-Bau § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. Dezember 1998 – 11 Sa 1087/98 – aufgehoben.
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 2. April 1998 – 2 Ca 924/97 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Normen der Tarifverträge für das Baugewerbe über den 31. März 1997 hinaus zur Anwendung kommen.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Betrieb der Beklagten unter den fachlichen Geltungsbereich der Bautarifverträge oder der Tarifverträge für die Beton- und Fertigteilindustrie fällt.
Die Beklagte betreibt in L… ein Betonfertigteilwerk. Bis auf den Kläger A… sind alle Kläger gewerbliche Arbeitnehmer, die als Baufacharbeiter, Spezialbaufacharbeiter oder Vorarbeiter tätig sind. Der Kläger A… ist als Angestellter in der Funktion eines Meisters/Poliers bei der Beklagten beschäftigt. Die Kläger sind Mitglied in der IG Bau.
Bis zum 31. Dezember 1996 waren die Betriebe der Hauptniederlassung Fertigbau noch Teile der Firma H… AG.
Nach dem Einstellungsschein vom 6. April 1970 für den Kläger N… gelten für das Arbeitsverhältnis die jeweiligen Tarifverträge und die bestehenden Betriebsvereinbarungen der H… AG. Die Formulararbeitsverträge für Arbeiter und für Angestellte enthalten die Klausel, daß auf das Arbeitsverhältnis die entsprechenden Tarifverträge des Baugewerbes und die Betriebsvereinbarungen in der jeweiligen Fassung angewendet werden.
Zum 1. Januar 1997 gingen die Arbeitsverhältnisse auf die Beklagte, eine Tochtergesellschaft der Firma H… AG, über. Gegenstand des Unternehmens der Beklagten sind die Entwicklung, Herstellung, Montage und der Vertrieb von Bau- und Fertigteilen aller Art, ferner die Herstellung, der Verkauf und die Montage von Bauten aller Art in Fertigbauweise und alle sonstigen damit zusammenhängenden Geschäfte sowie die Entwicklung, Herstellung, Anwendung und der Vertrieb von Schalungssystemen für Bauarbeiten aller Art. Im Betonfertigteilwerk von L… werden nach industriellen Methoden konstruktive Fertigteile produziert. Überwiegend werden diese Teile, zB Hallen, Brükken, Fabriken und Parkdecks nach den Vorgaben der Auftraggeber “schlüsselfertig” montiert geschuldet. Seit dem 1. April 1997 wurden von 40.354 produzierten Tonnen 28,2 % durch eigene Montagearbeiter der Beklagten auf den Baustellen montiert, 61,4 % durch Subunternehmer und 10,4 % der produzierten Fertigteile wurden ohne Montage geliefert. Neben der auftragsbezogenen individuellen Fertigung produzierte die Beklagte vom 1. April bis 31. Dezember 1997 Fertigteilgaragen in einer Gesamttonnage von 4.105 Tonnen, deren Montage und Aufstellung durch eine externe Montagegesellschaft erfolgte. Die Tonnage ist Spiegelbild der aufgewendeten Arbeitszeit.
Während 1995 bei der H… AG noch 28 Mitarbeiter mit der Montage beschäftigt waren, sind dies inzwischen nur noch sechs Bauleiter, vier Poliere und zwei Facharbeiter.
Die ordnungsgemäße Erstellung des Werkes wird von Arbeitnehmern der Beklagten überwacht. Bei der Fremdmontage schließt die Beklagte Verträge mit den Endabnehmern ab. Diese Verträge beziehen sich auf die Erstellung des Werkes selbst. Den eingeschalteten Subunternehmern wird das Eigentum an den Fertigteilen nicht übertragen.
Bis zum 31. Dezember 1996 war die Beklagte Mitglied im Verband der Bauindustrie in Niedersachsen. Sie kündigte die Mitgliedschaft zu diesem Zeitpunkt. Seit 1. April 1997 ist sie Mitglied im Verband der Beton- und Fertigteilindustrie Nord e.V. Seit diesem Zeitpunkt wendet sie auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihr beschäftigten Mitarbeiter die Tarife der Beton- und Fertigteilindustrie Nordwestdeutschland an. Sie gruppierte die Mitarbeiter in die Lohn- und Gehaltsgruppen der Lohn- und Gehaltstarife für die Beton- und Fertigteilindustrie Nordwestdeutschland um. Die Umgruppierung ist für die Kläger mit einer Gehaltsreduzierung verbunden.
Die Kläger haben die Ansicht vertreten, auch nachdem die Beklagte überwiegend zur Fremdmontage übergegangen sei, finden die Tarifverträge für das Baugewerbe Anwendung. Bei der Auslegung der Vorschriften des Geltungsbereichs müsse bedacht werden, daß die Tarifvertragsparteien eine Abgrenzung zwischen dem Verkauf der Betonfertigteile und der Montage von Betonfertigteilen geregelt hätten. Der Schwerpunkt der Tätigkeit der Beklagten bestehe nach wie vor in der Erstellung von Fertigbetonbauten aus selbst hergestellten Fertigbetonteilen. Insoweit sei das Arbeitsergebnis gleichgeblieben. Dabei sei der Umstand unbedeutend, daß die Beklagte bei der Montage Subunternehmer einsetze. Anwendbar sei der Tarifvertrag der Betonsteingewerbeindustrie nur, wenn die Betonteile für den “anonymen Markt” produziert würden. Im übrigen sei die Anwendung der Tarifverträge des Baugewerbes einzelvertraglich vereinbart worden.
Die Kläger haben beantragt
festzustellen, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Normen der Tarifverträge für das Baugewerbe in ihrer jeweils geltenden Fassung über den 1. April 1997 hinaus zur Anwendung kommen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte ist der Auffassung, durch die Übertragung der Montage der Fertigbauteile an Subunternehmen sei sie aus dem Geltungsbereich des Baugewerbes herausgewachsen. Nunmehr werde von der Beklagten überwiegend keine Montagetätigkeit mehr durchgeführt. Allein der für den Aufbau der Fertigteile zuständige Subunternehmer falle unter den Geltungsbereich der Bautarifverträge, nicht jedoch der Hersteller der Fertigteile. Die Tätigkeit von Subunternehmern könne der Beklagten nicht zugerechnet werden, da im Tarifvertrag abschließend die Gruppen aufgezählt seien, die der Beklagten zuzurechnen seien.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger blieb erfolglos. Mit der Revision verfolgen die Kläger der Sache nach ihren Feststellungsantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision der Kläger zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Unterschriften
Schliemann, Bott, Friedrich, J. Ratayczak, Sieger
Fundstellen