Entscheidungsstichwort (Thema)
Fertigbauarbeiten als baugewerbliche Tätigkeit. Herstellung überwiegend auftragsbezogener individueller Fertigteile aus Beton und deren überwiegende Montage durch Subunternehmer im Rahmen von Werklieferungsverträgen unter Überwachung der Montage durch einen Mitarbeiter der Herstellerin als bauliche Leistungen iSd. BRTV-Bau?. – Abgrenzung zum Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Beton- und Fertigteilindustrie und dem Betonsteinhandwerk (Betonsteingewerbe) Nordwestdeutschland –. Tarifrecht
Normenkette
Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 i.d.F. vom 2. September 1996 – BRTV-Bau – § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 13
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 7. Dezember 1998 – 11 Sa 1156/98 – aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Nienburg vom 2. April 1998 – 2 Ca 757/97 E – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Normen der Tarifverträge für das Baugewerbe über den 31. März 1997 hinaus zur Anwendung kommen.
- Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte über den 1. April 1997 hinaus unter den Geltungsbereich der Tarifverträge für das Bauhauptgewerbe fällt oder ob die Tarifverträge der Beton- und Fertigteilindustrie Nordwestdeutschland zur Anwendung kommen.
Der am 22. Februar 1950 geborene Kläger ist seit dem 14. April 1980 als Fertigbau-Spezialfacharbeiter bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängern in deren Beton-Fertigteil-Werk in L… beschäftigt. Der Kläger ist im Holz-Schalungsbau in der Halle 1 tätig. Er fertigt die Schalung für die später zu gießenden Fertigbaubetonteile. Der Kläger ist nicht Mitglied der Gewerkschaft IG-Bauen-Agrar-Umwelt. Der Kläger unterschrieb zu Beginn des Arbeitsverhältnisses den “Einstellungsschein” vom 14. April 1980, in dem es unter Ziff. 1 heißt:
“Für das Arbeitsverhältnis gelten die jeweiligen Tarifverträge und bestehenden Betriebsvereinbarungen der H… AG, insbesondere die Betriebsordnung.”
Die Beklagte stellt in dem Beton-Fertigteil-Werk in L… überwiegend auftragsbezogene individuelle Fertigteile aus Beton her. Die Betonfertigteile werden entsprechend den Vorgaben des Auftraggebers konstruiert und sodann gefertigt. Mit den Auftraggebern schließt die Beklagte Werklieferungsverträge ab. Die Montage der Fertigteile erfolgte ursprünglich auf der Baustelle durch eigene Arbeitnehmer der Beklagten. Von 1995 noch mit der Montage beschäftigten 28 Mitarbeitern ist die Montage-Kolonne 1997 auf sechs Mitarbeiter reduziert worden. Die Montage wird nunmehr überwiegend durch Subunternehmer durchgeführt. Die Montage wird durch einen Mitarbeiter der Beklagten überwacht.
Seit dem 1. April 1997 wurden von 40.354 produzierten Tonnen 28,2 % durch eigene Montagearbeiter der Beklagten auf den Baustellen montiert, 61,4 % durch Subunternehmer und 10,4 % der produzierten Tonnage wurden ohne Montage geliefert. Neben der auftragsbezogenen individuellen Fertigung produzierte die Beklagte vom 1. April bis 31. Dezember 1997 Fertigteilgaragen in einer Gesamt-Tonnage von 4.105 Tonnen, deren Montage und Aufstellung durch eine externe Montagegesellschaft erfolgt.
Auch bei der Fremdmontage schließt die Beklagte Werklieferungsverträge mit Endabnehmern ab. Das Eigentum an den Fertigteilen geht nicht an die Subunternehmer, sondern nach der Montage und der Bezahlung des Gesamtwerks auf die Endabnehmer über. Bis zur schlüsselfertigen Übergabe der Bauwerke bleibt die Beklagte Eigentümerin der selbst hergestellten und der in diese Bauwerke durch Subunternehmer eingebauten Fertigteile.
Bis zum 31. Dezember 1996 war die Beklagte Mitglied im Verband der Bauindustrie in Niedersachsen. Die Mitgliedschaft endete durch ihre Kündigung. Ab 1. April 1997 ist sie Mitglied im Verband der Beton- und Fertigteilindustrie Nord e.V. Seit diesem Zeitpunkt wendet sie auf die Arbeitsverhältnisse der bei ihr beschäftigten Mitarbeiter/-innen die Tarifverträge der Beton- und Fertigteilindustrie Nord an. Sie gruppierte die Mitarbeiter/-innen um in die Lohn- und Gehaltsgruppen der Lohn- und Gehaltstarife für die Beton- und Fertigteilindustrie Nord. Der Kläger, der bisher Lohn gem. Berufsgruppe III BRTV-Bau bezogen hatte, wurde ab 1. April 1997 in “Lohngruppe: LG 1” des § 10 RTV Betonsteingewerbe umgruppiert. Die Umgruppierung ist für ihn mit einer Lohnreduzierung von 2,80 DM brutto/h bzw. bis zu 473,20 DM brutto im Monat verbunden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Tarifverträge des Bauhauptgewerbes seien weiter anzuwenden. Es sei unerheblich, ob die Beklagte die zu erstellenden Werke aufgrund von Werkverträgen mit eigenen Mitarbeitern oder durch Subunternehmen erstellen lasse. Die Beklagte schulde dem Kunden das fertige Werk. Die Beklagte verfüge über sechs Bauleiter, vier Poliere und zwei Facharbeiter, die sowohl bei der Eigenmontage von Fertigbetonteilen als auch zur Überwachung derjenigen Baustellen eingesetzt würden, auf denen Subunternehmer im Auftrag der Beklagten tätig seien. Es handele sich daher nicht um ein Veräußern von hergestellten Teilen an nicht beteiligte Dritte. Die Beklagte veräußere gerade nicht an unbeteiligte Dritte, sondern an Kunden. Anwendbar sei der Tarifvertrag des Betonsteingewerbes nur dann, wenn die Betonfertigteile für den “anonymen Markt” produziert würden.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Normen der Tarifverträge für das Baugewerbe in ihrer jeweils geltenden Fassung über den 1. April 1997 hinaus zur Anwendung kommen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, seit dem 1. April 1997 fänden die Tarifverträge der Beton- und Fertigteilindustrie Anwendung. Sie unterfalle dem Baugewerbe deshalb nicht, weil sie die Montage der Beton- und Fertigteile überwiegend nicht selbst, sondern durch Subunternehmer vollziehen lasse. Die Fremdmontage durch Subunternehmer, die zu mehr als 50 % der Gesamtmenge erfolge, falle nicht unter den Geltungsbereich der Tarifverträge des Bauhauptgewerbes, sondern unter den Rahmentarifvertrag Betonsteingewerbe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageanspruch weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Unterschriften
Schliemann, Bott, Friedrich, J. Ratayczak, Sieger
Fundstellen