Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderzuwendung für wissenschaftliche Hilfskräfte
Leitsatz (redaktionell)
Gleichbehandlung von wissenschaftlichen Hilfskräften und wissenschaftlichen Mitarbeitern bei der Zahlung einer Sonderzuwendung
Normenkette
BGB §§ 242, 611
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 07. November 1994 – 11 Sa 69/94 – wird zurückgewiesen.
2. Das beklagte Land trägt die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer anteiligen Sonderzuwendung für das Jahr 1992.
Der Kläger war gemäß Dienstvertrag vom 14. Mai 1992 und Änderungsvertrag vom 4. August 1992 neben seinem Mathematikstudium in der Zeit vom 1. Mai 1992 bis zum 28. Februar 1993 an der Universität K. als wissenschaftliche Hilfskraft mit einer Monats Vergütung von 545,00 DM beschäftigt. Die Beschäftigungsbedingungen für wissenschaftliche Hilfskräfte sind für das beklagte Land in einer Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums vom 17. Januar 1990 geregelt. Diese bestimmt zur Einstellung und den Dienstaufgaben der wissenschaftlichen Hilfskräfte:
„…
1. Einstellung
1.1 Als wissenschaftliche Hilfskräfte (§ 60 HochSchG) können beschäftigt werden:
1.1.1 Personen mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium an einer wissenschaftlichen Hochschule oder an einer dieser vergleichbaren Hochschule (wissenschaftliche Hilfskräfte mit Abschlußprüfung) und
1.1.2 fortgeschrittene Studenten in der Regel nach Ablegung der Vor- oder Zwischenprüfung (wissenschaftliche Hilfskräfte ohne Abschlußprüfung); soweit eine Vor- oder Zwischenprüfung nicht vorgeschrieben ist, soll der Bewerber mindestens vier Semester in der entsprechenden Fachrichtung studiert und die entsprechenden Leistungsnachweise erbracht haben.
1.2 In Fällen, in denen die Promotion als Hochschulabschluß angestrebt wird, gilt die Ausbildung an einer wissenschaftlichen Hochschule im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift bereits als abgeschlossen, wenn im Promotionsverfahren alle für den Erwerb des Doktorgrades vorgeschriebenen Prüfungsleistungen erfolgreich erbracht worden sind (Tag der mündlichen Prüfung). Ein durch Prüfung abgeschlossenes Studium an einer wissenschaftlichen Hochschule im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift ist für den Bereich der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz auch die an einer Hochschule abgeschlossene Ausbildung für ein Lehramt des gehobenen Dienstes.
1.3 Mit wissenschaftlichen Hilfskräften schließt der Präsident der Hochschule im Auftrag des Landes Rheinland-Pfalz einen Dienstvertrag nach dem entsprechenden Muster der Anlage. Diese Verwaltungsvorschrift ist dem Dienstvertrag als Bestandteil beizufügen.
2. Dienstaufgaben, Weiterbildung. Nebentätigkeit
2.1 Wissenschaftliche Hilfskräfte haben die Aufgabe,
2.1.1 Professoren, in begründeten Fällen auch sonstiges wissenschaftliches und künstlerisches Personal (§ 43 Abs. 1 HochSchG) bei den dienstlichen Aufgaben, insbesondere in Forschung und Lehre sowie
2.1.2 Studenten unter der fachlichen Anleitung eines Professors, Hochschuldozenten, Oberassistenten, Oberingenieurs oder Wissenschaftlichen Assistenten im Rahmen der Studienordnung bei ihrem Studium zu unterstützen.
2.2 Die Aufgaben sollen zugleich der eigenen Aus- und Weiterbildung dienen. Wissenschaftliche Hilfskräfte dürfen für ihre eigene wissenschaftliche Arbeit Einrichtungen der Hochschule nach näherer Bestimmung geltender Benutzungsordnungen und der Leitung der Einrichtung nach außerhalb ihrer Arbeitszeit benutzen.
2.3 Die Übernahme einer Nebentätigkeit bedarf der Genehmigung des Präsidenten; der Präsident wendet dabei die beamtenrechtlichen Grundsätze sinngemäß an.
…”
Nach dieser Verwaltungsvorschrift erhalten bei dem beklagten Land wissenschaftliche Hilfskräfte keine Sonderzuwendung. Dagegen wird an die ebenfalls an den Universitäten beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiter, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehen, eine jährliche Sonderzuwendung gezahlt. Die Beschäftigungsbedingungen für die wissenschaftlichen Mitarbeiter sind in einer Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums vom 30. Januar 1990 geregelt. Diese bestimmt zum Zweck des Dienstverhältnisses, der Einstellung und den Dienstaufgaben folgendes:
„…
Zweck des Dienstverhältnisses
Die Beschäftigung wissenschaftlicher Mitarbeiter im befristeten außertariflichen Dienstverhältnis gemäß § 53 Abs. 5 HochSchG dient dem Zweck, wissenschaftliche Dienstleistungen mit der PROMOTION zu verbinden (§ 57 b Abs. 2 Nr. 1 HRG).
Einstellung
In diesem Dienstverhältnis kann beschäftigt werden, wer die allgemeinen dienstrechtlichen Voraussetzungen besitzt, in dem Fachgebiet, in dem die Dienstaufgaben ausgeübt werden sollen, oder in einem verwandten Fachgebiet ein Studium an einer wissenschaftlichen oder an einer dieser vergleichbaren Hochschule erfolgreich abgeschlossen hat.
Im Bereich der Medizin und Zahnmedizin ist ferner die Approbation oder die Erlaubnis zur Berufsausübung erforderlich; dies gilt nicht in medizinisch-theoretischen Fächern.
Wer in dem Fachgebiet, in dem die Qualifikation angestrebt wird, bereits promoviert ist, darf nicht eingestellt werden. Personen, die das 31. Lebensjahr vollendet haben, dürfen nur in besonders begründeten Ausnahmefällen eingestellt werden.
Der Präsident der Hochschule schließt im Auftrag des Landes den Dienstvertrag nach dem Muster der Anlage. Diese Verwaltungsvorschrift ist dem Dienstvertrag als Bestandteil beizufügen.
Dienstaufgaben, Arbeitszeit
Neben den wissenschaftlichen Dienstleistungen gemäß § 53 Abs. 1 HochSchG hat der Mitarbeiter die weitere Aufgabe, die für eine Promotion erforderlichen wissenschaftlichen Leistungen zu erbringen.
Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt achtunddreißigeinhalb Stunden. Für die Vorbereitung der Promotion steht dem Mitarbeiter ein Drittel der Arbeitszeit zur Verfügung; es soll in ganzen Tagen gewährt werden.
Der Mitarbeiter ist nach Auffordnung verpflichtet, über den Fortschritt seiner der Promotion dienenden Leistungen zu berichten.
…”
§ 53 Abs. 1 HochSchG regelt folgendes:
„…
Wissenschaftliche und künstlerische Mitarbeiter
(1) Wissenschaftliche Mitarbeiter sind die den Fachbereichen, den wissenschaftlichen Einrichtungen oder den Betriebseinheiten zugeordneten Beamten und Angestellten, denen wissenschaftliche Dienstleistungen obliegen. Zu den wissenschaftlichen Dienstleistungen gehört es auch, den Studenten Fachwissen und praktische Fertigkeiten zu vermitteln und sie in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden zu unterweisen, soweit dies zur Gewährleistung des erforderlichen Lehrangebots notwendig ist. Im Bereich der klinischen Medizin gehören zu den wissenschaftlichen Dienstleistungen auch Tätigkeiten in der Krankenversorgung.
…”
Hinsichtlich der Zahlung der Zuwendung verweist die Verwaltungsvorschrift auf den Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in der jeweils geltenden Fassung (Zuwendungs-TV).
Der Kläger, der im Jahr 1992 keine Zuwendung ausbezahlt erhalten hat, verlangt eine anteilige Sonderzuwendung nach dem Zuwendungs-TV in der Höhe von 363,33 DM. Er ist der Auffassung, ihm stehe der Zuwendungsanspruch zu, da keine sachliche Rechtfertigung für eine Differenzierung gegeben sei. Eine Differenzierung zwischen den studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften sei unzulässig. Insbesondere könne der unterschiedliche Umfang der Arbeitsleistung kein ausreichender sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung sein; ebenso rechtfertige der Umstand, daß der Dienst der wissenschaftlichen Hilfskräfte nicht auf Dauer angelegt sei, die unterschiedliche Behandlung nicht. Auch fiskalische Interessen reichten nicht zur Begründung der Ungleichbehandlung. Die Differenzierung zwischen den studentischen Hilfskräften und den wissenschaftlichen Mitarbeitern sei nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt, da beide Gruppen dem wissenschaftlichen Personal der Hochschule angehörten und im wesentlichen die gleiche Tätigkeit ausübten. Beide Personengruppen arbeiteten den Hochschullehrern zu und könnten die im Rahmen ihrer Arbeit gewonnenen Erkenntnisse für die eigene Weiter- und Fortbildung nutzbar machen.
Der Kläger hat beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 363,33 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit Klagezustellung zu bezahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es meint, der Kläger habe keinen Anspruch auf die tarifliche Sonderzuwendung. Der Zuwendungs-TV sei nach § 3 g BAT auf den Kläger nicht anwendbar. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liege nicht vor, da das beklagte Land an wissenschaftliche Hilfskräfte generell keine Sonderzuwendungen zahle. Die Differenzierung sei sachgerecht, da das Dienstverhältnis von wissenschaftlichen Hilfskräften nicht auf Dauer angelegt sei. Eine Differenzierung zwischen den wissenschaftlichen Hilfskräften und den BAT-Angestellten hätten auch die Tarifvertragsparteien selbst für sachgerecht angesehen, was sich insbesondere daran zeige, daß wissenschaftliche Hilfskräfte nach § 3 g BAT vom Geltungsbereich des BAT ausgenommen seien. Der Kläger sei nicht mit den wissenschaftlichen Mitarbeitern vergleichbar. Zwar stünden diese ebenfalls in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis, wobei ihnen ein Drittel der Arbeitszeit für die Promotion zur Verfügung stehe. Eine Differenzierung zwischen diesen Mitarbeitergruppen rechtfertige sich jedoch aus der unterschiedlichen Aufgabenstellung, dem Unterschied zwischen hauptberuflicher und nebenberuflicher Tätigkeit sowie aus der unterschiedlichen mitgliedschaftsrechtlichen Stellung an der Universität. Dem stehe nicht entgegen, daß auch für die wissenschaftlichen Mitarbeiter nach § 3 g BAT der Bundes-Angestelltentarifvertrag nicht gelte. Für die Tätigkeit der wissenschaftlichen Hilfskräfte sei es charakteristisch, daß sie unterhalb der Funktion der dem hauptberuflich tätigen wissenschaftlichen Personal übertragenen Lehr- und Unterrichtstätigkeit liege, während den hauptberuflich und vollzeittätigen wissenschaftlichen Mitarbeitern die Erbringung wissenschaftlicher Dienstleistungen obliege. Eine sachliche Rechtfertigung für die Unterscheidung bei der Zahlung der Sonderzuwendung liege auch darin, daß die studentischen wissenschaftlichen Hilfskräfte häufig nur ein Semester oder wenige Semester tätig seien. Außerdem rechtfertigen fiskalische Erwägungen den Ausschluß der studentischen wissenschaftlichen Hilfskräfte von der Sonderzahlung, da ein Anspruch der wissenschaftlichen Hilfskräfte im Hinblick auf die begrenzten Mittel zu einer Verringerung der Zahl der zu beschäftigenden wissenschaftlichen Hilfskräfte führen würde.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen das beklagte Land einen Anspruch auf Zahlung der anteiligen Jahres sonder Zuwendung für das Jahr 1992.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, der Kläger könne die Zahlung der Sonderzuwendung gem. § 611 Abs. 1 BGB in Verb. mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 verlangen. Dieser Tarifvertrag sei zwar nicht unmittelbar anwendbar, da der Kläger als wissenschaftliche Hilfskraft nach § 3 g BAT vom Geltungsbereich des BAT ausgenommen ist. Das beklagte Land verletze jedoch den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn es an die wissenschaftlichen Mitarbeiter im Sinne des § 53 Landeshochschulgesetz eine Sonderzuwendung nach Maßgabe des Zuwendungs-TV zahle, an die wissenschaftlichen Hilfskräfte jedoch nicht. Die gesetzliche Regelung des Landeshochschulgesetzes im Hinblick auf die unterschiedliche Tätigkeit und Funktion von wissenschaftlichen Mitarbeitern und wissenschaftlichen Hilfskräften stelle keinen sachlichen Grund dar, an die wissenschaftlichen Mitarbeiter eine jährliche Sonderzuwendung nach dem Zuwendungs-TV zu zahlen, wissenschaftlichen Hilfskräften dagegen nicht. Bei der Gewährung der Sonderzuwendung an die wissenschaftlichen Mitarbeiter handele es sich um eine freiwillige Leistung des beklagten Landes, so daß es dem beklagten Land als Arbeitgeber verwehrt sei, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von der begünstigenden Regelung auszunehmen oder schlechterzustellen. Ein sachlicher Grund für den Ausschluß der wissenschaftlichen Hilfskräfte von der Regelung über die Zahlung der Sonderzuwendung liege insbesondere nicht in der unterschiedlichen zeitlichen Dauer der Beschäftigung von wissenschaftlichen Hilfskräften (max. 18 Stunden wöchentlich) und der wissenschaftlichen Mitarbeiter (Vollzeit). Auch die unterschiedliche Aufgabenstellung der wissenschaftlichen Mitarbeiter einerseits und der wissenschaftlichen Hilfskräfte andererseits rechtfertige die Ungleichbehandlung nicht. Die Sonderzuwendung sei von ihrem Zweck her kein Entgelt für Tätigkeiten bestimmter Art und Qualität, sondern allen Bediensteten unabhängig von der Art ihrer jeweiligen Tätigkeit zu zahlen. Daher könne auch die unterschiedliche mitgliedschaftsrechtliche Stellung von wissenschaftlichen Mitarbeitern und wissenschaftlichen Hilfskräften in den universitären Gremien keinen sachlichen Grund für die Differenzierung darstellen. Ebensowenig rechtfertigten die fiskalischen Überlegungen des beklagten Landes die Ungleichbehandlung. Da auch wissenschaftlichen Mitarbeitern ein Drittel ihrer Arbeitszeit für die Promotion zur Verfügung stehe, könnten Unterschiede in der Tätigkeit den Ausschluß der wissenschaftlichen Hilfskräfte von der Sonderzuwendung nicht begründen; insoweit erhielten auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter die Möglichkeit, unter Fortzahlung der Vergütung während der Arbeitszeit im eigenen Interesse an ihrer Dissertation zu arbeiten. Das entspreche dem Umstand, daß die Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft auch der eigenen Aus- und Weiterbildung diene.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts folgt der Senat im Ergebnis und weitgehend in der Begründung.
II. Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Jahres sonder Zuwendung für 1992 zu.
1. Dieser Anspruch folgt jedoch nicht direkt aus dem Tarifvertrag über eine Zuwendung für Angestellte vom 12. Oktober 1973 in der jeweiligen Fassung (Zuwendungs-TV). Da nach § 3 g BAT der Kläger als wissenschaftliche Hilfskraft nicht dem Geltungsbereich des BAT unterliegt, gilt auch der Zuwendungs-TV nicht.
2. Der Anspruch des Klägers auf die Sonderzuwendung 1992 ergibt sich aber aus der Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwehrt es der Gleichbehandlungsgrundsatz dem Arbeitgeber, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen und schlechterzustellen (BAGE 49, 346 = AP Nr. 76 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAGE 45, 86 = AP Nr. 68 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Gewährt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip Leistungen, so muß er die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, daß kein Arbeitnehmer hiervon aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen bleibt (BAG Urteil vom 6. Oktober 1993 – 10 AZR 450/92 – AP Nr. 107 zu § 242 BGB Gleichbehandlung – für die Zahlung einer Sonderzuwendung an wissenschaftliche Mitarbeiter des Landes Niedersachsen; Urteil vom 12. Januar 1994 – 5 AZR 6/93 – AP Nr. 112 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
b) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Zahlung der Sonderzuwendung nach dem Zuwendungs-TV an die wissenschaftlichen Mitarbeiter nach der Verwaltungsvorschrift über die Beschäftigung wissenschaftlicher Mitarbeiter im befristeten außertariflichen Dienstverhältnis vom 30. Januar 1990 eine freiwillige Leistung des beklagten Landes beinhaltet. Da auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter vom persönlichen Geltungsbereich des Bundes-Angestelltentarifvertrages nach § 3 g BAT ausgeschlossen sind, fallen sie nicht unter den Zuwendungs-TV in der jeweils geltenden Fassung; es besteht daher keine Rechtspflicht des beklagten Landes, diesen wissenschaftlichen Mitarbeitern eine Sonderzuwendung zu zahlen. Hat sich das beklagte Land aber gleichwohl entschlossen, eine Sonderzuwendung zu zahlen, so hat es bei der Abgrenzung des begünstigten Personenkreises sachwidrige Ungleichbehandlungen zu vermeiden. Das beklagte Land ist daher jedenfalls insoweit an den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gebunden, als es Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt und dazu bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt (BAG Urteil vom 23. Januar 1992 – 6 AZR 538/89 – ZTR 1993, 80; BAGE 63, 181 = AP Nr. 29 zu § 11 BUrlG; Urteil vom 27. Juli 1988 – 5 AZR 244/87 – AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Der Arbeitgeber muß die Leistungsvoraussetzungen so abgrenzen, daß kein Arbeitnehmer von der freiwilligen Leistung aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen bleibt (ständige Rechtsprechung, BAGE 33, 57 = AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
c) Nach diesen Grundsätzen ist ein sachlicher Grund, der es rechtfertigen würde, die Sonderzahlung den wissenschaftlichen Mitarbeitern zu gewähren, den wissenschaftlichen Hilfskräften jedoch nicht, nicht ersichtlich.
Soweit sich das beklagte Land hierfür auf eine anders geartete Tätigkeit oder einen anderen Aufgabenbereich der wissenschaftlichen Mitarbeiter gegenüber den wissenschaftlichen Hilfskräften berufen hat, ist dies kein sachbezogener Grund dafür, die wissenschaftlichen Hilfskräfte vom Bezug der Sonderzuwendung auszunehmen. Ob der Ausschluß von einer Leistung im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes sachgerecht ist, richtet sich nach dem Zweck der Leistung (BAGE 33, 57 = AP Nr. 44 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAGE 45, 66; 45, 76; 45, 86 = AP Nr. 66, 67, 68 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Sonderzuwendung nach dem Zuwendungs-TV ihrem Zweck nach kein Entgelt für Tätigkeiten bestimmter Art und Qualität ist, sondern vielmehr allen Bediensteten unabhängig von der Art ihrer jeweiligen Tätigkeit bezahlt wird (BAG Urteil vom 6. Oktober 1993 – 10 AZR 450/92 – AP Nr. 107 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Somit ist es auch ohne Bedeutung, daß die wissenschaftlichen Mitarbeiter in der Regel ein höheres Lebensalter haben als die (studentischen) wissenschaftlichen Hilfskräfte. Auch soweit das beklagte Land vorträgt, mit der Zahlung der Sonderzuwendung an die wissenschaftlichen Mitarbeiter zu deren Lebensunterhalt beizutragen, rechtfertigt dies den Ausschluß der wissenschaftlichen Hilfskräfte von der Leistung nicht. Der Zweck der Zuwendung nach dem Zuwendungs-TV kann die Beschränkung der Zahlung nur auf solche Angestellten, die mit ihrer Tätigkeit ein „primäres Einkommen” erzielen, nicht sachlich begründen.
Im übrigen ist der Unterschied in der Tätigkeit der wissenschaftlichen Mitarbeiter und der wissenschaftlichen Hilfskräfte nicht so erheblich, daß er den Ausschluß der wissenschaftlichen Hilfskräfte von der tariflichen Sonderzuwendung rechtfertigen könnte. Es ist nicht ersichtlich, warum eine Studienbegleit- bzw. Ergänzungsfunktion der Tätigkeit der wissenschaftlichen Hilfskräfte im Rahmen ihrer eigenen wissenschaftlichen Ausbildung die Ungleichbehandlung dieser Beschäftigungsgruppe gegenüber der Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiter bei der Gewährung einer Sonderzuwendung sachlich begründen soll. Ebensowenig ist die unterschiedliche mitgliedschaftsrechtliche Stellung der wissenschaftlichen Hilfskräfte und der wissenschaftlichen Mitarbeiter in den Gremien der Universität geeignet, die Differenzierung zu rechtfertigen. Andere Zwecke der Zahlung der Sonderzuwendung an die wissenschaftlichen Mitarbeiter hat das beklagte Land nach seinem Vortrag nicht verfolgt (z.B. die Gewinnung und Bindung von wissenschaftlichen Nachwuchskräften).
Ein die unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Sonderzuwendung sachlich begründender Unterschied liegt insbesondere auch nicht darin, daß die wissenschaftlichen Hilfskräfte ihre Tätigkeit neben einem Studium oder sonstiger Weiterbildung durchführen. Da auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter nach den Beschäftigungsbedingungen im Rahmen der entsprechenden Verwaltungsvorschrift im Rahmen ihrer Tätigkeit und zum Teil während ihrer Tätigkeit für das beklagte Land ihre Dissertation anfertigen, rechtfertigt dieser Umstand nicht, die wissenschaftlichen Hilfskräfte von der Zahlung der Sonderzuwendung auszunehmen.
Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liegt auch nicht darin, daß die wissenschaftlichen Mitarbeiter ein Hochschulstudium abgeschlossen haben; nach der Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums vom 17. Januar 1990 können auch Personen mit einem abgeschlossenen Hochschulstudium als wissenschaftliche Hilfskräfte beschäftigt werden (wissenschaftliche Hilfskräfte mit Abschlußprüfung – Nr. 1.1.1).
Die Ungleichbehandlung der wissenschaftlichen Hilfskräfte und der wissenschaftlichen Mitarbeiter kann auch nicht mit dem unterschiedlichen zeitlichen Umfang der Tätigkeit sachlich begründet werden. Soweit sich das beklagte Land darauf stützt, die wissenschaftlichen Mitarbeiter arbeiteten in Vollzeit, die wissenschaftlichen Hilfskräfte dagegen max. 18 Stunden wöchentlich, kann hierauf die unterschiedliche Behandlung bei dem Anspruch auf Zahlung der Sonderzuwendung nicht gestützt werden. Gemäß § 2 Abs. 1 BeschFG darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern schlechter behandelt werden. Da sich die unterschiedliche Dauer der Beschäftigung jedoch schon bei der Berechnung der Höhe der Sonderzuwendung auswirkt, würde es eine sachlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung darstellen, wenn die teilzeitbeschäftigten wissenschaftlichen Hilfskräfte gegenüber den vollzeitbeschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeitern von dem Anspruch auf Zahlung der Sonderzuwendung vollständig ausgenommen würden.
Die Ungleichbehandlung bei der Zahlung der Sonderzuwendung wird auch nicht dadurch gerechtfertigt, daß die wissenschaftlichen Mitarbeiter hauptberuflich, die wissenschaftlichen Hilfskräfte dagegen nebenberuflich arbeiten. Die daraus folgende Unterscheidung findet bereits in der unterschiedlichen Höhe der Sonderzuwendung ihren Ausdruck.
Ein die Ungleichbehandlung sachlich begründender Umstand liegt auch nicht darin, daß die wissenschaftlichen Hilfskräfte neben ihrer Tätigkeit in der Regel ihr Studium abwickeln müssen. Insoweit liegt lediglich ein gradueller Unterschied zu den wissenschaftlichen Mitarbeiter vor, die neben ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiter ihre Dissertation anzufertigen haben. Auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter müssen daher auf ihre Weiterbildungsbelange achten. Ausgehend vom Zweck der Sonderzuwendung (s.o.) kann dies die Differenzierung nicht sachlich rechtfertigen.
Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht weiter angenommen, daß die Ungleichbehandlung nicht durch die fiskalischen Überlegungen des beklagten Landes gerechtfertigt werden kann. Verstößt es gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, die wissenschaftlichen Hilfskräfte von der Zahlung der Sonderzuwendung auszunehmen, können fiskalische Erwägungen die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht begründen; es ist Sache des beklagten Landes, für die Einhaltung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu sorgen.
3. Ist danach der Ausschluß der wissenschaftlichen Hilfskräfte vom Bezug der Sonderzuwendung mit dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zu vereinbaren, kann der Kläger die Gleichstellung mit der unzulässig bevorzugten Gruppe der wissenschaftlichen Mitarbeiter verlangen; danach steht ihm die geltend gemachte, der Höhe nach unstreitige Sonderzuwendung zu. Die Revision des beklagten Landes ist daher zurückzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Dr. Freitag, Hauck, Brose, Walther
Fundstellen