Entscheidungsstichwort (Thema)
Rubrumsberichtigung; Berichtigung des Rubrums; Klageänderung; Kündigungsschutzklage gegen Bevollmächtigten des Arbeitgebers; Kündigungsbefugnis nach Bayerischen Sparkassenrecht; Kündigung; Prozeßrecht
Orientierungssatz
Wird eine Sparkasse von einem Zweckverband betrieben und sind die Beschäftigten der Sparkasse bei dem Zweckverband angestellt, so ist regelmäßig eine Rubrumsberichtigung möglich, wenn der Zweckverband, vertreten durch die Sparkasse, gekündigt hat und der Arbeitnehmer irrtümlich unter Beifügung des Kündigungsschreibens gegen die Sparkasse Kündigungsschutzklage erhebt.
Nach Art. 12 Abs. 5 Satz 1 Bayerisches Sparkassengesetz (SpkG) kann der Gewährträger die Regelung der Dienstverhältnisse der bei der Sparkasse verwendeten Angestellten auf den Verwaltungsrat der Sparkasse übertragen.
Durch Art. 5 Abs. 6 Satz 2 SpkG wird der Vorsitzende des Verwaltungsrats der Sparkasse nicht gehindert, im Einzelfall dem Vorstand Vollmacht zu erteilen, die dem Verwaltungsrat zuzurechnenden Beschlüsse über die Regelung der Dienstverhältnisse der Angestellten der Sparkasse auszuführen.
Nach Art. 5 Abs. 7 SpkG sind Urkunden, die von zwei nach Maßgabe des Unterschriftenverzeichnisses der Sparkasse Zeichnungsberechtigten unterschrieben sind, ohne Rücksicht auf die Einhaltung sparkassenrechtlicher Vorschriften rechtsverbindlich. Dies gilt auch für Kündigungen gegenüber Sparkassenmitarbeitern.
Normenkette
KSchG §§ 13, 4, 7; ZPO §§ 319, 270 Abs. 3; SpkG Bayerisches Sparkassengesetz Art. 12 Abs. 5; SpkG Bayerisches Sparkassengesetz Art. 12 Abs. 6; SpkG Bayerisches Sparkassengesetz Art. 5 Abs. 6; SpkG Bayerisches Sparkassengesetz Art. 5 Abs. 7
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 13. Dezember 2000 – 4 Sa 730/99 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit zweier außerordentlicher Arbeitgeberkündigungen vom 12. und 21. Oktober 1998.
Der 1957 geborene Kläger (verheiratet, drei Kinder) trat am 1. September 1975 bei der Sparkasse A (im folgenden: Sparkasse) seine Ausbildung an und ist seit 1. Februar 1978 dort zu einem Bruttogehalt von zuletzt ca. 7.000,00 DM tätig. Seit September 1982 leitete er die Geschäftsstelle der Sparkasse in H, ab 1. Juni 1996 die Geschäftsstelle in K. Arbeitgeber der bei der Sparkasse beschäftigten Angestellten ist gemäß Art. 12 Abs. 1 des Bayerischen Sparkassengesetzes (SpkG) der Zweckverband Sparkasse A (Beklagter zu 2), der auch den Arbeitsvertrag mit dem Kläger abgeschlossen hat. Mitglieder des Zweckverbandes sind der Landkreis A und die Stadt A (vgl. die Satzung des Zweckverbandes, Amtsblatt der Regierung von Unterfranken 1975, 65).
Im Jahr 1998 verdichtete sich bei der Sparkasse die Vermutung, der Kläger vermittele über seine Ehefrau Versicherungen und Bausparverträge nicht zugunsten der Verbundpartner der Sparkasse, der “B” bzw. der “L”, sondern für die Konkurrenz. Außerdem wurde dem Kläger vorgeworfen, er habe einen Vorgesetzten und einen Kunden beleidigt.
Am 8. Oktober 1998 faßte der Verwaltungsrat der Sparkasse den “Eilbeschluß gemäß § 24 Abs. 1 Sparkassenordnung”, dem Kläger mit sofortiger Wirkung zu kündigen; die Kündigung sei vom Vorstand der Sparkasse auszusprechen. Der Eilbeschluß ist vom Vorsitzenden des Verwaltungsrats und vom Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse unterschrieben. Der Personalrat, dessen Mitglied der Kläger war, hatte ebenfalls am 8. Oktober 1998 der außerordentlichen Kündigung “gemäß Art. 47 BayPVG und Art. 70 ff. BayPVG” zugestimmt. Unter dem 12. Oktober 1998 wurde dem Kläger daraufhin außerordentlich mit sofortiger Wirkung gekündigt. Das Kündigungsschreiben ist auf einem Briefbogen der Sparkasse ausgefertigt und vom Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse und einem weiteren Vorstandsmitglied unterschrieben. Im Text heißt es ua.:
“Hiermit kündigen wir im Namen des Zweckverbandes Sparkasse A…”
Unter dem 21. Oktober 1998 faßte der Verwaltungsrat einen neuen Eilbeschluß über eine weitere, vom Vorstand der Sparkasse gegenüber dem Kläger auszusprechende Kündigung, die auf andere Kündigungsgründe (Unterstellung des Klägers, gesetzliche Vertreter der Sparkasse und deren Beauftragte hätten zur Beihilfe zur Steuerhinterziehung angestiftet) gestützt werden sollte. Hierauf wurde dem Kläger erneut vom Vorstand der Sparkasse im Namen des Zweckverbandes außerordentlich mit sofortiger Wirkung gekündigt.
Der Kläger erhob gegen beide Kündigungen Klage und richtete diese zunächst gegen die Sparkasse, vertreten durch den Vorstand. Das Kündigungsschreiben war den Klagen jeweils beigefügt. Nach erfolglosem Gütetermin, in dem die Sparkasse ua. durch ihren Personalchef vertreten war, rügte die Sparkasse mit Schriftsätzen vom 23. bzw. 28. Dezember 1998 ihre Passivlegitimation mit dem Hinweis, zwischen ihr und dem Kläger bestehe kein Arbeitsvertrag. Mit Schriftsatz vom 18. Januar 1999 beantragte der Kläger daraufhin, das Rubrum auf Beklagtenseite dahingehend zu berichtigen, daß Beklagter der Zweckverband sei. Dem widersprachen sowohl die Sparkasse als auch der Zweckverband. Nachdem das Arbeitsgericht die Klage ua. mit der Begründung abgewiesen hatte, eine Berichtigung der Parteibezeichnung sei nicht möglich, ein Parteiwechsel wahre aber die Frist vom § 13 Abs. 1, § 4 Satz 1 KSchG nicht, hat der Kläger in der Berufungsinstanz seine Klage unter Aufrechterhaltung seines Rechtsstandpunktes, das Beklagtenrubrum sei zu berichtigen, vorsorglich auch auf den Zweckverband erweitert.
Der Kläger hat geltend gemacht, es treffe zwar zu, daß sein Arbeitsvertrag mit dem Zweckverband als Gewährträger für die Verbindlichkeiten der Sparkasse abgeschlossen sei. Die fehlerhafte Parteibezeichnung in der Klageschrift sei jedoch zu berichtigen. Es habe von vornherein festgestanden, daß Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage sein Dienstverhältnis mit seinem Arbeitgeber gewesen sei, der nach der gesetzlichen Regelung nur der Zweckverband, nicht die Sparkasse selbst sein könne. Der Irrtum sei verständlich, da der Beklagte bei seinen Mitarbeitern in Dienstangelegenheiten nicht als Zweckverband, sondern stets nur als Sparkasse auftrete. Der Beklagte habe die Klage auch dahin verstanden, daß sie sich in Wahrheit von vornherein gegen den Zweckverband gerichtet habe.
Abgesehen davon seien die Kündigungen vom 12. und 21. Oktober 1998 formell unwirksam. Dem Vorstand der Sparkasse, der die Kündigungen ausgesprochen habe, fehle es für die Kündigung schon an der Verbandskompetenz. Es gehöre nicht zu den gesetzlichen oder satzungsmäßigen Angelegenheiten des Vorstands der Sparkasse, im Namen des Zweckverbandes Kündigungen auszusprechen. Der Zweckverband könne die Regelung der Dienstverhältnisse nach Art. 12 Abs. 5 Satz 1 SpkG nur auf den Verwaltungsrat der Sparkasse, nicht jedoch auf den Vorstand übertragen. Soweit die Zweckverbandssatzung dem Verwaltungsrat gestatte, seine Befugnis zur Regelung der Dienstverhältnisse auf den Vorstand weiter zu übertragen, fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Die Kündigungen seien damit wegen fehlender sachlicher Zuständigkeit des Sparkassenvorstands nichtig.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und dem beklagten Zweckverband durch die außerordentlichen Kündigungen vom 12. Oktober 1998 und vom 21. Oktober 1998 nicht aufgelöst worden ist.
Die Sparkasse und der Zweckverband (Beklagter zu 2) haben sich zur Stützung ihres Klageabweisungsantrags darauf berufen, der Kläger habe mit der Sparkasse die falsche Partei verklagt. Dieser Fehler sei nicht heilbar. Die Sozialwidrigkeit der Kündigung könne der Kläger gegenüber seinem Arbeitgeber, dem Zweckverband, nicht mehr geltend machen, da er mit seiner nachträglichen Erstreckung der Klage auf den Zweckverband jedenfalls die Klagefrist versäumt habe. Die Kündigung sei auch nicht aus anderen Gründen rechtsunwirksam. Insbesondere sei durch die Eilbeschlüsse der Sparkassenvorstand ordnungsgemäß bevollmächtigt worden, die Kündigungen auszusprechen. Die Unterzeichnung durch zwei Vorstandsmitglieder habe nach Art. 5 Abs. 7 SpkG ausgereicht, da deren Unterschriften ordnungsgemäß im Aushang der Zeichnungsberechtigten enthalten gewesen seien.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen oben wiedergegebenen Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Ob die Kündigungen das Arbeitsverhältnis aufgelöst haben, läßt sich mangels hinreichender Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu den Kündigungsgründen noch nicht abschließend beurteilen.
- Das Landesarbeitsgericht hat – kurz zusammengefaßt – angenommen, die gegen den Zweckverband gerichtete Klage sei gemäß §§ 13, 4 KSchG verfristet. Eine Berichtigung der Beklagtenbezeichnung komme hier nicht in Betracht. Es könne nicht dem Empfänger einer Klageschrift überlassen bleiben, den wahren Prozeßgegner zu ermitteln, zu informieren und ihm zuzustellen. Werde irrtümlich die falsche Partei verklagt, so könne nur ein Antrag auf nachträgliche Klagezulassung helfen. Eine Berichtigung in der Berufungsinstanz komme schon deshalb nicht in Betracht, weil das Arbeitsgericht in dem klageabweisenden Urteil eine Berichtigung abgelehnt habe und dagegen kein Rechtsmittel gegeben sei. Die Kündigung sei auch nicht aus anderen Gründen unwirksam. Der nach der Zweckverbandssatzung für die Regelung der Dienstverhältnisse der bei der Sparkasse beschäftigten Angestellten zuständige Verwaltungsrat der Sparkasse habe die Kündigungsbefugnis in zulässiger Weise auf den Vorstand übertragen. Jedenfalls seien die Unterschriften der beiden Vorstandsmitglieder, die die Kündigung unterzeichnet hätten, ordnungsgemäß im Unterschriftenverzeichnis öffentlich ausgehängt gewesen.
Dem folgt der Senat nicht. Die Feststellungsklage ist ordnungsgemäß gegen den Zweckverband (Beklagter zu 2) erhoben worden und hat damit die Klagefrist gewahrt. Da die Kündigung auch nicht aus anderen als den in § 1 Abs. 2 und 3 KSchG bezeichneten Gründen rechtsunwirksam ist, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen, damit das Landesarbeitsgericht die Wirksamkeit der Kündigung nach § 13 Abs. 1 KSchG, § 626 BGB prüfen kann.
Die am 16. Oktober 1998 und am 26. Oktober 1998 anhängig gemachte Feststellungsklage hat die Klagefrist der §§ 13, 4 KSchG gewahrt. Die Klage richtete sich von Anfang an gegen den Beklagten zu 2. Die Voraussetzungen einer Rubrumsberichtigung sind erfüllt.
- Die Parteien eines Prozesses werden vom Kläger in der Klageschrift bezeichnet. Ist die Bezeichnung nicht eindeutig, so ist die Partei durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung der in der Klageschrift enthaltenen prozessualen Willenserklärungen ist uneingeschränkt auch im Revisionsverfahren möglich. Nicht allein die formale Bezeichnung einer Partei ist für die Parteistellung maßgeblich. Vielmehr kommt es darauf an, welcher Sinn der von der klagenden Partei in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Entscheidend ist die Wahrung der rechtlichen Identität zwischen der ursprünglich bezeichneten und der tatsächlich gemeinten Partei. Bleibt die Partei nicht dieselbe, so liegt keine Parteiberichtigung vor, sondern es wird im Wege der Parteiänderung eine andere Partei in den Prozeß eingeführt. Dagegen ist die ungenaue oder unrichtige Parteibezeichnung unschädlich und kann jederzeit von Amts wegen berichtigt werden (zB BAG 15. März 2001 – 2 AZR 141/00 – EzA KSchG nF § 4 Nr. 61; 13. Juli 1989 – 2 AZR 571/88 – RzK I 8h Nr. 6; Zöller/Vollkommer ZPO 22. Aufl. vor § 50 Rn. 7 jeweils mwN) . Ergibt sich in einem Kündigungsschutzprozeß etwa aus dem der Klageschrift beigefügten Kündigungsschreiben, wer als beklagte Partei gemeint ist, so ist eine Berichtigung des Rubrums möglich und es liegt eine nach § 4 Satz 1 KSchG rechtzeitige Klage vor. Dies gilt etwa auch dann, wenn der Kläger im Rubrum der Klageschrift irrtümlich nicht seinen Arbeitgeber, sondern dessen Bevollmächtigten als Beklagten benennt.
- Nach diesen Grundsätzen ist die vom Kläger in der Klageschrift vom 14. Oktober 1998 und in der Klageschrift vom 21. Oktober 1998 gewählte Bezeichnung der beklagten Partei auslegungsfähig. Zwar ist in beiden Klageschriften die Sparkasse als Beklagte aufgeführt. Der Kläger hat jedoch Kündigungsschutzklage gegen zwei außerordentliche Kündigungen erhoben, die ausweislich des jeweils beigefügten Kündigungsschreibens von der Sparkasse “im Namen des Zweckverbandes Sparkasse A” erklärt worden sind. Dies steht offensichtlich im Widerspruch zu der Beklagtenbezeichnung im Passivrubrum. In der Klageschrift setzt sich der Kläger im einzelnen mit den von “der Beklagten” geltend gemachten Kündigungsgründen auseinander. Dies kann nur Kündigungsgründe des Zweckverbandes betreffen, da der Kläger nur bei ihm in einem Arbeitsverhältnis stand. Wenn der Kläger in der Klageschrift vom 14. Oktober 1998 an zahlreichen Stellen die Sparkasse und ihre Mitarbeiter erwähnt hat, so beruhte dies für jeden Unbeteiligten, erst recht für die Sparkasse und den Zweckverband offensichtlich auf der Tatsache, daß der Kläger bei der Sparkasse beschäftigt war und während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses im wesentlichen nur mit deren Organen und Mitarbeitern zu tun hatte. Auch die zahlreichen vom Kläger mit der Klageschrift vorgelegten Schreiben (Zwischenzeugnis, Dankschreiben, Kompetenzneuregelung, Besprechungsprotokoll, Beurlaubung) waren auf einem Briefbogen der Sparkasse von deren Vorstand unterzeichnet. Aufgrund des Inhalts des den Klageschriften jeweils in Anlage beigefügten Kündigungsschreibens konnten jedenfalls bei objektiver Würdigung keine berechtigten Zweifel bestehen, daß sich die Klage gegen den Zweckverband als Arbeitgeber, der die Kündigung erklärt hat, richten sollte, und nicht gegen die Sparkasse, die lediglich als Vertreterin bei der Abgabe der Kündigungserklärung aufgetreten ist (vgl. BAG 15. März 2001 aaO) .
- Gemäß § 270 Abs. 3 ZPO wurde daher bereits durch die Einreichung der Klageschriften am 16. und 26. Oktober 1998 die Frist der §§ 13, 4 Satz 1 KSchG gewahrt, da die Zustellung demnächst erfolgt ist. Abzustellen ist insoweit auf die Zustellungen am 20. Oktober und 2. November 1998. Diese sind unter der gemeinsamen Adresse der Sparkasse und des Zweckverbands erfolgt und haben auch die richtige Partei, jedenfalls die Sparkasse als deren Bevollmächtigte erreicht. Die fehlende Zustellung ist im übrigen von dem Beklagten zu 2 in den Tatsacheninstanzen ausdrücklich nicht gerügt worden. Abgesehen davon müßte sich der Beklagte zu 2 die erfolgte Zustellung jedenfalls deshalb zurechnen lassen, weil die Sparkasse den Betrieb, in dem der Kläger beschäftigt war, tatsächlich führte, und der Vorstand der Sparkasse jedenfalls dem Vorstand des Beklagten zu 2 zu berichten hatte.
- Eine gesetzliche Regelung dahin, daß bei Ablehnung einer Rubrumsberichtigung durch das Arbeitsgericht – wie das Landesarbeitsgericht meint – die Rechtsmittelinstanzen gehindert wären, die Parteibezeichnung richtigzustellen, läßt sich der ohnehin allenfalls analog anzuwendenden Vorschrift des § 319 ZPO nicht entnehmen. Prozeßerklärungen wie die Klageschrift sind auch in den Rechtsmittelinstanzen durch das Gericht von Amts wegen auszulegen.
Der Rechtsstreit ist nicht zugunsten des Klägers entscheidungsreif. Die Kündigung ist nicht, wie die Revision geltend macht, schon deshalb rechtsunwirksam, weil sie nur von zwei Vorstandsmitgliedern der Sparkasse unterschrieben ist.
- Nach Art. 12 Abs. 5 Satz 1 SpkG kann der Gewährträger, hier der Beklagte zu 2, die Regelung der Dienstverhältnisse der bei der Sparkasse verwendeten Angestellten auf den Verwaltungsrat der Sparkasse übertragen. Es kann dahinstehen, ob damit eine weitere Übertragung der Regelungsbefugnisse hinsichtlich der Dienstverhältnisse der Angestellten im Einzelfall vom Verwaltungsrat auf den Vorstand der Sparkasse grundsätzlich ausgeschlossen ist. Da es sich beim Beklagten zu 2 um einen Zweckverband handelt, gilt Art. 12 Abs. 6 SpkG. Danach können für die bei Sparkassen von Zweckverbänden verwendeten Angestellten die Dienstverhältnisse abweichend von Art. 12 Abs. 5 SpkG geregelt werden. Eine solche abweichende Regelung enthält § 9 der Verbandssatzung des Beklagten (Amtsblatt der Regierung von Unterfranken 1995, 65 ff.). Danach obliegt zwar die Regelung der Dienstverhältnisse der bei der Sparkasse beschäftigten Angestellten dem Verwaltungsrat der Sparkasse. Er kann diese Befugnisse jedoch auf den Vorstand übertragen. Diese Vorschrift läßt keine Einschränkung dahingehend erkennen, daß die Übertragung der Regelungsbefugnisse auf den Vorstand nur insgesamt und uneingeschränkt und nicht auch im Einzelfall durch Beschluß erfolgen kann (ebenso für die Übertragung der Regelungsbefugnisse nach Art. 12 Abs. 5 Satz 1 SpkG schon die Hinweise und Weisungen des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren zum Vollzug des Art. 12 des Sparkassengesetzes [Ministerialamtsblatt der Bayerischen Inneren Verwaltung 1973, 49, 54, 55]) . Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lag für beide Kündigungen jeweils ein nach § 24 der Verordnung über die Organisation und den Geschäftsbetrieb der Sparkassen (Sparkassenordnung – SpkO –) wirksamer Eilbeschluß vor, mit dem der Vorsitzende des Verwaltungsrats und der Vorsitzende des Vorstands gemeinsam an Stelle des Verwaltungsrats geregelt haben, dem Kläger sei zu kündigen, und gleichzeitig die Befugnisse zur Kündigung auf den Vorstand übertragen haben.
- Selbst wenn man demgegenüber mit der Revision davon ausgeht, die Kündigung hätte, da die Regelungsbefugnisse noch dem Verwaltungsrat zustanden, gemäß Art. 5 Abs. 6 SpkG grundsätzlich von dem Vertretungsorgan des Verwaltungsrats, nämlich dessen Vorsitzenden ausgesprochen werden müssen, ändert dies nichts am Ergebnis. Zwar bestimmt Art. 5 Abs. 6 Satz 2 SpkG, die Vertretungsmacht des Vorsitzenden des Verwaltungsrats könne durch die Satzung auf den Vorstand übertragen werden. Dies bedeutet jedoch lediglich, daß eine Übertragung der Befugnisse durch die Satzung erforderlich ist, wenn die gesetzliche Vertretung geändert, also die Vertretungsmacht des Vorsitzenden des Verwaltungsrats auf den Vorstand übertragen werden soll. Durch Art. 5 Abs. 6 Satz 2 SpkG wird der Vorsitzende des Verwaltungsrats der Sparkasse nicht gehindert, im Einzelfall dem Vorstand Vollmacht zu erteilen, die dem Verwaltungsrat zuzurechnenden Beschlüsse über die Regelung der Dienstverhältnisse der Angestellten der Sparkasse auszuführen (ebenso Krebs/Dülp, Kommentar zum Bayerischen Sparkassenrecht Art. 5 SpkG Anm. VII 5a) . Hier ist durch die Eilbeschlüsse innerhalb der gesetzlichen Vertretungsmacht des Verwaltungsrats die Regelung getroffen worden, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu kündigen. Dem Sparkassenvorstand ist gleichzeitig beschlußmäßig die Vollmacht erteilt worden, diese Regelung zu vollziehen.
- Es kann letztlich sogar offenbleiben, ob die Eilbeschlüsse vom 8. und 21. Oktober 1998 insoweit wirksam sind, als sie festlegen, die Kündigung sei vom Vorstand der Sparkasse auszusprechen. Wenn die Kündigungen – wie die Revision geltend macht – vom Vorsitzenden des Verwaltungsrats auszusprechen gewesen wären, hätten die Kündigungen durch zwei Vorstandsmitglieder lediglich sparkassenrechtliche Vorschriften verletzt. Verstöße dieser Art sind aber durch Art. 5 Abs. 7 SpkG geheilt, da die unterzeichnenden Vorstandsmitglieder rechtswirksam in den Zeichnungsaushang der Sparkasse aufgenommen waren. Nach Art. 5 Abs. 7 SpkG sind Urkunden, die von zwei nach Maßgabe des Unterschriftenverzeichnisses der Sparkasse Zeichnungsberechtigten unterschrieben sind, ohne Rücksicht auf die Einhaltung sparkassenrechtlicher Vorschriften rechtsverbindlich. Diese Vorschrift ist zwar ihrem Zweck nach vorrangig auf das Außenverhältnis gegenüber den Kunden der Sparkasse zugeschnitten. Dies schließt jedoch die Anwendung der Norm auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Mitarbeiters der Sparkasse in Anbetracht ihres klaren Wortlauts nicht aus, der keine derartige Einschränkung erkennen läßt (Senat 21. Januar 1999 – 2 AZR 132/98 – RzK I 2b Nr. 35) . Die gesetzliche Vertretungsmacht gemäß Art. 5 Abs. 6 Satz 1 iVm. Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 SpkG wird durch Art. 5 Abs. 7 SpkG dahingehend modifiziert, daß bei Aufnahme in das Unterschriftenverzeichnis die Vertretung des Vorstands schon durch zwei Vorstandsmitglieder erfolgen kann und nicht der Gesamtvorstand handeln muß. Gleichzeitig wird nach dem Zweck der Vorschrift sichergestellt, daß weder der Empfänger einer entsprechenden Willenserklärung die Vertretungsmacht und die Geschäftsführungsentscheidung nachprüfen, noch die Sparkasse diese nachweisen muß. Die komplizierte Verteilung der Regelungszuständigkeiten zwischen den einzelnen Organen des Gewährträgers und der Sparkasse können im Einzelfall – wie der Streit der Parteien zeigt – dazu führen, daß Unklarheit darüber besteht, wer sparkassenrechtlich befugt ist, die Sparkasse zu vertreten. Dem soll die Heilungsvorschrift des Art. 5 Abs. 7 SpkG entgegenwirken, die die Unterschrift von zwei Zeichnungsberechtigten ohne Rücksicht auf die Einhaltung sparkassenrechtlicher Vorschriften für rechtsverbindlich erklärt. Es besteht kein Anlaß, hiervon für den vorliegenden Fall eine Ausnahme zu machen, etwa weil hinsichtlich der Kündigungen anstatt eines Verwaltungsratsbeschlusses lediglich ein Eilbeschluß vorliegt.
- Da das Landesarbeitsgericht hinsichtlich der Wirksamkeit der Kündigungen nach § 13 Abs. 1 KSchG, § 626 BGB – von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent – noch keine Feststellungen getroffen hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und der Rechtsstreit zurückzuverweisen.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Eylert, I. Walter, Fischer
Fundstellen
NZA 2002, 1112 |
ZTR 2002, 550 |
EzA-SD 2002, 17 |
EzA |
NJOZ 2003, 1396 |