Entscheidungsstichwort (Thema)
Langfristige nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung. Mehrfache nichtgewerbsmäßige Überlassung eines Arbeitnehmers an das Bundesministerium für Forschung und Technologie durch eine von der öffentlichen Hand (Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen und Land Nordrhein-Westfalen) gegründete GmbH über einen Zeitraum von 6 1/2 Jahren; Frage, unter welchen Voraussetzungen eine langfristige nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung als unerlaubte private Arbeitsvermittlung anzusehen ist
Leitsatz (amtlich)
- Die in Art 1 § 1 Abs 2 AÜG enthaltene Vermutung, nach der bei einem Verstoß gegen die nach Art 1 § 3 Abs 1 Nr 6 AÜG maßgebliche Überlassungsfrist von drei bzw ab 1. Mai 1985 von sechs Monaten zu vermuten ist, daß der überlassende Arbeitgeber Arbeitsvermittlung betreibt, kann bei einer nichtgewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung widerlegt werden.
- Als widerlegt ist die gesetzliche Vermutung des Art 1 § 1 Abs 2 AÜG dann anzusehen, wenn nach der gesamten Gestaltung und Durchführung der vertraglichen Beziehungen mittels einer wertenden Gesamtbetrachtung davon auszugehen ist, daß der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses auch noch nach Ablauf der nach Art 1 § 3 Abs 1 Nr 6 AÜG maßgeblichen Überlassungsfrist im Verhältnis zum überlassenden Arbeitgeber liegt.
- Nimmt der nichtgewerbsmäßig überlassene Arbeitnehmer beim Entleiher über einen längeren Zeitraum hinweg Daueraufgaben wahr, so ist dies ein wichtiges Indiz für eine Schwerpunktverlagerung des Arbeitsverhältnisses zum Entleiher.
- Der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses verbleibt dagegen in der Regel bei dem überlassenden Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer beim Entleiher Aufgaben wahrnimmt, die im Falle einer Direktanstellung des Arbeitnehmers eine Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigen könnten.
Normenkette
AÜG Art. 1 § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 Nr. 6, §§ 13, 10 Abs. 1, § 1 Abs. 3 Nr. 2; AFG §§ 4, 13 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 14.02.1989; Aktenzeichen 4 Sa 1279/88) |
ArbG Bonn (Urteil vom 27.10.1988; Aktenzeichen 5 Ca 1819/88) |
Tenor
- Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14. Februar 1989 – 4 Sa 1279/88 – aufgehoben.
- Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der im Jahre 1937 geborene Kläger ist seit dem 1. Oktober 1973 aufgrund des Arbeitsvertrages vom 30. Juli 1973 bei der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung mbH (im folgenden: GMD) mit dem Sitz in Bonn beschäftigt. Gesellschafter dieser GmbH sind die beklagte Bundesrepublik Deutschland, das Land Hessen und das Land Nordrhein-Westfalen. Die Aufgaben dieser Gesellschaft sind in § 2 des Gesellschaftsvertrages wie folgt umschrieben:
- “
- Forschung und Entwicklung sowie Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Informationstechnik, insbesondere der Informatik, sowie auf dem Gebiet der Fachinformation und den Bereichen der Mathematik, die für den Fortschritt der Informationstechnik von besonderer Bedeutung sind;
- Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlichen Verwaltung, insbesondere der Gesellschafter, bei der Anwendung, Förderung und Fortentwicklung der Informationstechnik;
- Bereitstellung subsidiärer Rechen- und Kommunikationskapazitäten für Zwecke der Gesellschafter.”
Der Arbeitsvertrag des Klägers enthält in § 2 die folgende Regelung:
“Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen nach Maßgabe der von der Gesellschafterversammlung der GMD getroffenen Regelungen zum BAT.”
In Zusatz-Dienstverträgen aus den Jahren 1975 und 1978 wird “der Tarifvertrag für die Angestellten der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung mbH (MTV Ang-GMD) vom 2. Oktober 1974 für maßgebend” erklärt. Der Kläger erhält seit dem 1. April 1978 eine Vergütung nach Vergütungsgruppe Ia BAT.
Vom 16. Juni 1982 bis zum 31. Dezember 1988 stellte die GMD den Kläger mit seiner Zustimmung dem Bundesministerium für Forschung und Technologie (im folgenden: BMFT) als sog. Personalaushilfe zur Arbeitsleistung zur Verfügung. Die Arbeitsvergütung zahlte die GMD, die ihrerseits die für den Kläger anfallenden Personalkosten von der Beklagten erstattet bekam.
Der BMFT beschäftigt in der Regel ca. 20 Mitarbeiter des höheren Dienstes, die insbesondere von Forschungseinrichtungen für eine bestimmte Zeit zur Dienstleistung beim BMFT abgestellt werden. Die haushaltsrechtliche Grundlage für diese Beschäftigungspraxis findet sich im Bundeshaushaltsplan (Einzelplan 30, Kapitel 3001, Titel 427 01). Ausgaben aus diesem Haushaltstitel dürfen geleistet werden für “Vergütungen und Löhne für Aushilfskräfte, deren Arbeitsverträge auf längstens 18 Monate befristet sind”. Ausgaben dürfen auch geleistet werden für “Vergütungen für bis zu 22 Personalaushilfen, die von Forschungseinrichtungen, forschungsfördernden Einrichtungen, Unternehmen der Wirtschaft und anderen Einrichtungen zum BMFT auf Zeit – auch über 18 Monate hinaus – abgestellt werden”. Durch die vorübergehende Beschäftigung von Personal der Forschungseinrichtungen soll nach dem Bundeshaushaltsplan das gegenseitige Verständnis verbessert und die Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter erleichtert werden. Der Bundeshaushaltsplan enthält andererseits eine Anzahl von Leerstellen (1988: 39) im Hinblick auf die Beurlaubung von Beamten des höheren Dienstes wegen einer Tätigkeit außerhalb der Bundesverwaltung. Eine dieser Leerstellen betrifft einen Beamten, der bei der GMD tätig ist.
Der Status der zur befristeten Mitarbeit im BMFT abgestellten Mitarbeiter ist in einem Merkblatt vom 1. Juli 1980 näher umrissen. Der Kläger hat dieses Informationsblatt vor seiner Abstellung zum BMFT erhalten. Personalaushilfen bleiben danach Angestellte der Einrichtung, von der sie zum BMFT abgeordnet werden; es besteht kein Arbeitsvertragsverhältnis zur Beklagten. Der Arbeitgeber bleibt zur Vergütungszahlung verpflichtet, allerdings zuzüglich der Ministerialzulage. Aus der Eingliederung in die Organisation des BMFT ergibt sich, daß insbesondere das Direktionsrecht beim BMFT-Vorgesetzten liegt. Alle den Angestelltenvertrag gestaltenden Akte (Ein- und Hönergruppierung, Änderungskündigung etc.) liegen beim Arbeitgeber.
Mit Schreiben vom 27. Februar 1982 bewarb sich der Kläger als Personalaushilfe beim BMFT. Die Beklagte wies den Personalrat darauf hin, daß eine Übernahme auf Dauer nicht vorgesehen sei. Der Personalrat des BMFT stimmte der Abstellung des Klägers von der GMD für die Dauer eines Jahres zu, bat jedoch, den Kläger darauf aufmerksam zu machen, daß eine Übernahme in das BMFT nicht vorgesehen sei. Von diesem Beschluß wurde der Kläger fernmündlich informiert. Unter dem 23. März 1982 bat das BMFT die GMD, den Kläger zunächst für ein Jahr zum Ministerium abzustellen, erklärte aber gleichzeitig, eine Übernahme des Klägers in das Ministerium sei nicht beabsichtigt. Mit Schreiben vom 15. Juni 1982 bat die GMD den Kläger, ab 16. Juni 1982 für zunächst ein Jahr im BMFT tätig zu sein, während dieser Zeit bleibe er Mitarbeiter der GMD und nach seiner Abstellung werde er einen adäquaten Arbeitsplatz im Vorstandsbereich erhalten.
Mit Schreiben vom 28. Juni 1983 teilte die Beklagte der GMD mit, an der Mitarbeit des Klägers bestehe weiterhin dringender Bedarf, und bat darum, die Abstellung zum BMFT unter den bisherigen Bedingungen bis zum 15. Juni 1984 zu verlängern. Daraufhin verlängerte die GMD die Abstellung des Klägers mit dessen Zustimmung bis zum 15. Juni 1984.
Aufgrund eines weiteren Antrags des BMFT verlängerte die GMD die Abstellung des Klägers mit dessen Zustimmung bis zum 15. Juni 1985.
Durch Aktenvermerk vom 13. März 1985 stellte der Vorgesetzte des Klägers fest, für einige vom Kläger betreute Großprojekte, darunter das Projekt eines superschnellen Rechners für die Lösung numerischer Probleme (SUPRENUM), dessen Laufzeit zunächst bis Ende 1988 vorgesehen sei, sei es dringend geboten, die Abordnung des Klägers bis Ende 1988 zu verlängern; ferner werde um Prüfung gebeten, ob der Kläger übernommen werden könne. Daraufhin bat die Beklagte die GMD erneut um Verlängerung der Abordnung des Klägers bis zum 31. Dezember 1988, machte jedoch gleichzeitig deutlich, daß eine vorzeitige Beendigung im Einverständnis mit dem Kläger möglich sei, falls sich in der Zwischenzeit in der GMD eine angemessene Aufgabe für den Kläger biete. Daraufhin wurde die Abstellung des Klägers mit dessen Zustimmung bis zum 31. Dezember 1988 verlängert.
Mit Schreiben vom 15. Juli 1985 bat der Kläger um Übernahme in das BMFT. Sein Vorgesetzter befürwortete diesen Antrag und bat das zuständige Referat, seine ablehnende Entscheidung zu überdenken, den Kläger aus Gründen der Altersstuktur im BMFT nicht zu übernehmen. Auf ein weiteres Schreiben des Klägers vom 27. November 1986 hin lehnte die Beklagte die Übernahme ins BMFT ab. Mit Schreiben vom 7. Januar 1988 teilte die Beklagte der GMD mit, eine weitere Verlängerung der Abstellung des Klägers über den 31. Dezember 1988 hinaus sei nicht möglich. Eine entsprechende Mitteilung erhielt der Kläger ebenfalls unter dem 7. Januar 1988.
Mit der am 7. September 1988 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt der Kläger von der Beklagten die unbefristete Weiterbeschäftigung über den 31. Dezember 1988 hinaus.
Er hat die Ansicht vertreten, seine Festanstellung entspreche dem ihm mitgeteilten, mit der Abordnung von Personalaushilfen verbundenen Zweck, qualifizierte Mitarbeiter des Ministeriums in Dauerstellung zu gewinnen. In der Vergangenheit seien auch mehrere an das Ministerium abgestellte Mitarbeiter des höheren Dienstes in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen worden. Seine Festanstellung sei allein an seinem Alter gescheitert. Die Abstellung an das BMFT für die Dauer von mehr als sechs Jahren sei nicht mehr durch den Begriff der Abordnung im Sinne von § 12 BAT gedeckt. Er dürfe auch hinsichtlich seines Klageanspruchs nicht schlechter gestellt werden, als dies bei Anwendung der Sonderregelungen 2y zum BAT zulässig wäre, denn er habe im BMFT stets Daueraufgaben erledigt. Schließlich habe ihn das Ministerium auch unter Verletzung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes von der GMD entliehen. Wenn er zur GMD zurückkehre, habe er Schwierigkeiten zu erwarten, denn er habe im Ministerium die GMD als Zuwendungsempfängerin zu betreuen gehabt, was naturgemäß nicht ohne Konflikte habe bleiben können. Bei der Vergabe von Mitteln habe er des öfteren gegen seinen Arbeitgeber entscheiden müssen.
Da die sog. Personalaushilfen im BMFT Daueraufgaben erledigten, gehe es bei der Abordnung allein um die Arbeitsleistung der Betroffenen und nicht um die Verstärkung von Kontakten zwischen Forschung und Forschungsverwaltung. Eine ununterbrochene Tätigkeit im BMFT von 6 1/2 Jahren sei eher geeignet, den Arbeitnehmer von der entsendenden Institution zu entfremden, als verstärkte Kontakte zwischen beiden Institutionen herbeizuführen. Auch in den Schreiben seines Vorgesetzten sei stets nur von seiner Arbeitsleistung, nicht von Kontakten zur GMD die Rede. Der Hinweis bei der Einstellung, eine Übernahme sei nicht beabsichtigt, werde vom Ministerium in derartigen Fällen üblicherweise gegeben.
Seine Abordnung zum Ministerium stelle eine erlaubnispflichtige Arbeitnehmerüberlassung dar. Wenn juristischen Personen des öffentlichen Rechts von privater Seite Arbeitskräfte gewerbsmäßig zur Verfügung gestellt würden, so sei dies stets Arbeitnehmerüberlassung. Zu berücksichtigen sei insbesondere, daß die Beklagte Mitgesellschafterin der GMD sei. Mit der Abstellung der Personalaushilfen verfolge die GMD den Zweck, bei ihrer Mitgesellschafterin, der Beklagten, kurzfristig einen Spitzenbedarf an Arbeitskräften zu decken. Dies gesehene deshalb, weil das BMFT mit dem ihr zugebilligten Soll an festen Planstellen nicht auskomme.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihn über den 31. Dezember 1988 hinaus als Angestellten der Vergütungsgruppe Ia BAT auf Dauer zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, eine Übernahme des Klägers sei zu keiner Zeit beabsichtigt gewesen, es stehe auch eine Planstelle seiner Vergütungsgruppe zur Verfügung. Dem Kläger sei mehrfach ausführlich erläutert worden, warum er nicht übernommen werden könne. Schließlich sei sogar eine Entscheidung des Staatssekretärs herbeigeführt worden. Die Korrespondenz des Klägers mit der GMD zeige, daß der Kläger selbst davon ausgehe, bei der GMD in einem Arbeitsverhältnis zu stehen.
Eine Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes seneitere schon an der fehlenden Absicht der Gewinnerzielung, die sich bei der GMD aus dem Gesellschaftsvertrag ergebe. Der Einsatz von Personalaushilfen diene auch nicht dem Ausgleich von Spitzenbedarf, sondern der Verbesserung des Kontakts zwischen Forschung und Forschungsverwaltung vor allem mit dem Ziel, der Forschungsverwaltung ein schnelles Reagieren auf neue technologische Entwicklungen zu ermöglichen. Es sei zu keiner Zeit beabsichtigt gewesen, für den Arbeitsbereich, den der Kläger im BMFT bearbeitet habe, einen Mitarbeiter einzustellen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt, mit der er sein Klagebegehren weiterverfolgt. Darüber hinaus hatte der Kläger in der Revisionsbegründung begehrt festzustellen, daß zwischen den Parteien seit dem 16. Juni 1982 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. Diesen Feststellungsantrag nahm der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zurück. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht, denn es bedarf noch tatsächlicher Feststellungen darüber, ob der Kläger vorübergehende oder Daueraufgaben während seiner letzten “Abstellung” in der Zeit vom 16. Juni 1985 bis zum 31. Dezember 1988 im BMFT wahrgenommen hat.
I. Als Grundlage für einen Beschäftigungsanspruch des Klägers über den 31. Dezember 1988 hinaus kommt im Streitfall nur ein kraft Gesetzes, nämlich aufgrund des Art. 1 § 13 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 und § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG zustandegekommenes Arbeitsverhältnis in Betracht. Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, daß unter bestimmten Voraussetzungen auch eine langfristige nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung als unerlaubte Arbeitsvermittlung anzusehen ist, die geeignet ist, ohne Vertragsabschluß kraft Gesetzes ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu begründen.
1. Das Berufungsgericht hat das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien kraft gesetzlicher Fiktion aus den folgenden Gründen verneint: Bei der Abordnung des Klägers von der GMD zur Beklagten handele es sich um ein sog. echtes Leiharbeitsverhältnis, das von dem Geltungsbereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes nicht erfaßt werde. Die GMD habe nicht gewerbsmäßig im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG gehandelt. Abordnungen an das BMFT kämen nur gelegentlich vor. Nach dem Bundeshaushaltsplan sei ein Austausch auch in umgekehrter Richtung vorgesehen. Im übrigen fehle es an dem Erfordernis der Gewinnerzielungsabsicht, denn der GMD würden von der Beklagten nur die ihr entstandenen Unkosten, d.h. die Bezüge des Klägers, erstattet.
Dem Kläger stünde selbst dann kein unbefristeter Beschäftigungsanspruch gegen die Beklagte über den 31. Dezember 1988 zu, wenn man die Vorschrift des Art. 1 § 10 AÜG auf echte Leiharbeitsverhältnisse analog anwenden würde. Nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 2 AÜG gelte auch das zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem Entleiher fingierte Arbeitsverhältnis als befristet, wenn die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers bei dem Entleiher nur befristet vorgesehen gewesen sei und ein die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigender Grund vorliege. Da die Tätigkeit des Klägers im BMFT von vornherein nur befristet vorgesehen gewesen sei, seien die Grundsätze der Rechtsprechung zu § 620 BGB entsprechend anzuwenden. Danach wäre die Befristung als sachlich gerechtfertigt anzusehen. Da die Befristungskontrolle an den Bestandsschutz anknüpfe, sei es im vorliegenden Fall von entscheidender Bedeutung, daß der Kläger nicht, wie normalerweise beim befristeten Arbeitsverhältnis, nach dem Ende des befristeten Vertrages seinen Arbeitsplatz verliere, sondern daß hier nach dem Ende der befristeten Beschäftigung beim BMFT das Arbeitsverhältnis mit der GMD fortgeführt werde. Für die im Streitfall gewählte Vertragsgestaltung liege jedenfalls ein sachlicher Grund vor.
Der Bundeshaushalt und die Satzung der GMD ermöglichten ausdrücklich derartige Abordnungen im Sinne der vertieften Zusammenarbeit zwischen den Forschungseinrichtungen und der öffentlichen Hand. Derartige Abordnungen könnten ihrer Natur nach nur vorübergehend sein, denn, wie der Kläger selbst vorgetragen habe, es hätten sich nach einer gewissen Zeit die Verbindungen zu der GMD gelöst, und die Bindung zum BMFT sei stärker geworden. Daß der Kläger im BMFT zu den dort anfallenden Arbeiten herangezogen worden sei, entspreche dem Zweck seiner Abordnung; ihn im BMFT für überflüssige Tätigkeiten einzusetzen, wäre sinnlos gewesen. Auch die Dauer der Abordnung sei mit Rücksicht auf die nach dem Aktenvermerk des Vorgesetzten des Klägers auf Ende 1988 befristeten Großprojekte noch als sachlich gerechtfertigt anzusehen, wenn auch nicht zu verkennen sei, daß die Beklagte damit die sonst übliche Fünf-Jahresfrist (vgl. Sonderregelungen 2y zum BAT) überschritten habe. Da der Kläger aber während der gesamten Zeit unter dem Schutz seines fortbestehenden Arbeitsverhältnisses zur GMD gestanden habe, sei die Beschäftigungsdauer im BMFT mit 6 1/2 Jahren auch von der zeitlichen Dauer her noch als angemessen anzusehen.
2. Diese Ausführungen halten insoweit einer revisionsgerichtlichen Prüfung stand, als das Landesarbeitsgericht das Vorliegen einer unerlaubten gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung und damit das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG verneint hat.
a) Gemäß Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG ist kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien begründet worden. Nach dieser Vorschrift gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer als zustandegekommen, wenn der Arbeitsvertrag zwischen einem Verleiher und einem Leiharbeitnehmer nach Art. 1 § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist, weil der Arbeitgeber als Verleiher einem Dritten (dem Entleiher) Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung überlassen hat, ohne die nach Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG erforderliche Erlaubnis zu besitzen.
Im vorliegenden Fall fehlt es an der Gewerbsmäßigkeit der Arbeitnehmerüberlassung.
aa) Die GMD hat den Kläger im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG der Beklagten seit dem 16. Juni 1982 zur Arbeitsleistung überlassen. Eine Überlassung zur Arbeitsleistung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in einem Drittbetrieb erbringt und hierbei hinsichtlich der Arbeitsausführung den Weisungen des Fremdbetriebsinnabers oder seiner Repräsentanten unterliegt (BAGE 29, 7, 10 = AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG 1972, zu II 1b der Gründe = EzAÜG Nr. 32; BAGE 43, 102, 105 = AP Nr. 5 zu § 10 AÜG, zu I 1a der Gründe = EzAÜG Nr. 130). Diese Grundsätze gelten auch für den Fall der Überlassung eines bei einem Privatunternehmen angestellten Arbeitnehmers an einem öffentlichen Arbeitgeber (BAG Urteil vom 26. Juli 1984 – 2 AZR 471/83 – EzAÜG Nr. 170).
Der Kläger erbrachte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts während der gesamten Dauer seiner “Abstellung” seine Arbeitsleistungen ausschließlich im BMFT. Dabei unterstand er dem Weisungsrecht der Vorgesetzten im BMFT. Als sog. “Personalaushilfe” war er in die behördliche Organisation des BMFT (z. B. hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit sowie hinsichtlich der Hausordnungen) eingegliedert (vgl. hierzu das Merkblatt über den “Status der zur befristeten Mitarbeit im BMFT abgeordneten oder freigestellten Mitarbeiter” vom 1. Juli 1980 bzw. das vom 1. Juli 1984, unter 2a).
bb) Entgegen der Ansicht der Revision bedurfte die GMD für diese Arbeitnehmerüberlassung keiner Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG.
Die Erlaubnis ist erforderlich, wenn Arbeitgeber Dritten (Entleihern) gewerbsmäßig Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung überlassen wollen. Unter gewerbsmäßig im Sinne des Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG ist jede nicht nur gelegentliche, sondern auf eine gewisse Dauer angelegte und auf die Erzielung unmittelbarer oder mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile gerichtete selbständige Tätigkeit zu verstehen (BAGE 29, 7, 10 = AP, aaO, zu II 1b der Gründe = EzAÜG Nr. 32; BAGE 43, 102, 106, 107 = AP, aaO, zu I 3a der Gründe = EzAÜG Nr. 130). Dabei kommt es nicht darauf an, daß der Betrieb überwiegend auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung tätig ist; es genügt, daß die Arbeitnehmerüberlassung als solche im Einzelfall der Hauptzweck des Geschäfts ist (BAGE 43, 102, 107 = AP, aaO = EzAÜG Nr. 130). Der in Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG verwendete Begriff entspricht somit im wesentlichen dem gewerberechtlichen Begriff der Gewerbsmäßigkeit (BVerwG Urteil vom 13. April 1962 – VII C 34.61 – BVerwGE 14, 125, 126; Becker/Wulfgramm, AÜG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rz 27; Marschall, RdA 1983, 18, 22).
Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung soll damit abgegrenzt werden gegenüber dem nur gelegentlichen Verlein von Arbeitnehmern. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob ein Unternehmer neben der Arbeitnehmerüberlassung noch andere gewerbliche Zwecke verfolgt und in welchem Verhältnis zahlenmäßig die übrigen Arbeitnehmer des Betriebes zu den Leiharbeitnehmern stehen. Die Beschränkung der Vorschrift des Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG auf Unternehmen, deren Hauptzweck oder überwiegender Zweck auf Arbeitnehmerüberlassung gerichtet ist, wäre mit dem Schutzzweck des Gesetzes nicht zu vereinbaren. Die Vorschrift soll unseriöse Verleihunternehmer ausschließen, einen sozial- und arbeitsrechtlichen Mindestschutz der Arbeitnehmer sicherstellen und zugleich verhindern, daß Dauerarbeitsplätze von Leiharbeitnehmern eingenommen werden. Dieser Schutzzweck würde in Frage gestellt, wenn nur Betriebe erfaßt würden, deren überwiegender Zweck auf Arbeitnehmerüberlassung gerichtet wäre (BAGE 31, 135, 144 = AP Nr. 2 zu § 1 AÜG, zu II 2a der Gründe; BAGE 43, 102, 107 = AP, aaO; Becker/Wulfgramm, aaO, Art. 1 § 1 Rz 25 bis 26a). An das Merkmal der Dauer sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Insbesondere ist dabei der soziale Schutzzweck des Gesetzes zu berücksichtigen. Entscheidend ist nicht die Dauer an sich, d. h. der Ablauf einer bestimmten Zeit. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Tätigkeit “auf Dauer” gerichtet ist (BayObLG Beschluß vom 31. März 1978 – 4 St 187/77 – EzAÜG Nr. 42; Becker/Wulfgramm, aaO, Art. 1 § 1 Rz 28a). Von einer gewissen Dauer ist die Arbeitnehmerüberlassung jedenfalls dann, wenn ein Betrieb einen Arbeitnehmer wiederholt über einen Zeitraum überläßt, der über der sechsmonatigen Einsatzfrist des Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG liegt (BAG Urteil vom 26. Juli 1984 – 2 AZR 471/83 – EzAÜG Nr. 170, zu II 2a der Gründe).
Das entscheidende Kriterium für die Gewerbsmäßigkeit ist die Gewinnerzielungsabsicht, wobei es nicht darauf ankommt, ob tatsächlich ein Gewinn erzielt wird. Es reicht aus, daß mit der Arbeitnehmerüberlassung lediglich ein mittelbarer Gewinn angestrebt wird (BAG Urteil vom 26. Juli 1984, aaO, zu II 2a der Gründe; Becker/Wulfgramm, aaO, Art. 1 § 1 Rz 29, m.w.N.).
cc) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, daß die Überlassung des Klägers durch die GMD an das BMFT nicht gewerbsmäßig erfolgt ist. Es kann offenbleiben, ob die von der GMD vorgenommene Arbeitnehmerüberlassung auf Dauer, d. h. auf Wiederholung, angelegt gewesen ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind Abordnungen von Mitarbeitern an das BMFT nur gelegentlich vorgekommen. Zu der Anzahl der Arbeitnehmer, dem Anlaß der Abordnungen sowie zu den Abordnungszeiträumen hat das Landesarbeitsgericht keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Gleichwohl kann der Senat über das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit abschließend entscheiden, denn es fehlt im Streitfall an der Gewinnerzielungsabsicht.
Das Berufungsgericht hat in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß die Beklagte der GMD die durch die Abordnung des Klägers an das BMFT angefallenen Personalkosten erstattet hat. Gegen diese Tatsachenfeststellung hat die Revision keine Verfahrensrüge erhoben, so daß der Senat hieran gebunden ist (§ 561 Abs. 1 ZPO). Die Erstrebung eines unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteils aus der Überlassung des Klägers scheidet damit aus.
Entgegen der Ansicht der Revision kann auch nicht angenommen werden, die GMD habe mit der Überlassung des Klägers an das BMFT die Erzielung mittelbarer wirtschaftlicher Vorteile erstrebt. Für eine derartige Annahme bietet der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Sachverhalt keine hinreichenden Anhaltspunkte. Irgendwelche konkreten Vermögensvorteile, die ursächlich auf die Überlassung des Klägers zurückgeführt werden könnten, sind vom Landesarbeitsgericht nicht festgestellt worden. Insbesondere fehlen Anhaltspunkte dafür, die GMD habe mit der Überlassung des Klägers an das BMFT die Absicht verfolgt, unberechtigte Subventionen dem Grunde oder der Höhe nach zu erhalten. Als darlegungsbelastete Partei hätte zudem der Kläger im einzelnen vortragen müssen, welche mittelbaren wirtschaftlichen Vorteile die GMD mit der Überlassung des Klägers an das BMFT erstrebt und gegebenenfalls erhalten hat. Soweit die Revision in diesem Zusammenhang rügt, das Landesarbeitsgericht hätte durch eine entsprechende Auflage die Beklagte veranlassen können, die Höhe der Drittmittel darzulegen, die während der Zeit der Abordnung des Klägers seitens der Beklagten der GMD zugewandt worden seien, ist diese Rüge unbegründet. Da es bereits an einer schlüssigen Darlegung der in Betracht kommenden mittelbaren wirtschaftlichen Vorteile seitens des insoweit darlegungspflichtigen Klägers fehlt, scheidet ein Verstoß des Landesarbeitsgerichts gegen die Aufklärungspflicht des § 139 ZPO aus. Diese Vorschrift hat nämlich nicht die Bedeutung, daß die Parteien von ihrer Pflicht, ihre Behauptungen zu substantiieren und unter Beweis zu stellen, entlastet werden sollen (BAG Urteil vom 7. September 1983 – 7 AZR 101/82 –, zu II 1 der Gründe, insoweit nicht veröffentlicht in AP Nr. 3 zu § 23 KSchG 1969).
Das Landesarbeitsgericht hat somit im Ergebnis zu Recht mangels einer Gewinnerzielungsabsicht auf Seiten der GMD das Vorliegen einer gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung i. S. des Art. 1 § 1 Abs. 1 AÜG verneint. Zur Überlassung des Klägers an das BMFT benötigte die GMD daher keine Erlaubnis. Eine unerlaubte gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, die gemäß Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG mit Beginn der Abordnung (16. Juni 1982) zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien geführt hätte, scheidet daher im Streitfall aus.
3. Nicht geprüft hat das Landesarbeitsgericht die Frage, ob die nichtgewerbsmäßige Überlassung des Klägers seitens der GMD an die Beklagte als unerlaubte Arbeitsvermittlung i. S. des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG anzusehen ist mit der Folge, daß zwischen den Parteien kraft Gesetzes, nämlich aufgrund des Art. 1 § 13 AÜG ein Arbeitsverhältnis begründet worden ist.
a) Gemäß Art. 1 § 13 AÜG können, wenn ein Arbeitsverhältnis auf einer entgegen § 4 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) ausgeübten Arbeitsvermittlung beruht, die arbeitsrechtlichen Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber dieses Arbeitsverhältnisses nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden. Diese Vorschrift regelt ihrem Wortlaut nach nur den Arbeitsentgeltschutz bei unerlaubter Arbeitsvermittlung. Sie setzt voraus, daß aufgrund der – wenn auch unerlaubten – Arbeitsvermittlung zwischen dem vermittelten Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber, dem er vermittelt worden ist, ein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist, aus dem dann unmittelbar arbeitsrechtliche Ansprüche des Arbeitnehmers gegen diesen Arbeitgeber erwachsen. Das entspricht dem Wesen der Arbeitsvermittlung als einer Tätigkeit, die nach der Legaldefinition des § 13 Abs. 1 AFG darauf gerichtet ist, Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen zusammenzuführen.
Der Regelungsgehalt des Art. 1 § 13 AÜG erschöpft sich jedoch nicht in der Sicherung der Arbeitnehmeransprüche aus solchen vertraglich begründeten Arbeitsverhältnissen. Die Vorschrift ist im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz angesiedelt und unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs auszulegen. Im Unterschied zur Arbeitsvermittlung im soeben bezeichneten Sinne geht es bei der Arbeitnehmerüberlassung nicht um die Zusammenführung von Arbeitsuchenden und Arbeitgebern zur vertraglichen Begründung von Arbeitsverhältnissen zwischen ihnen, sondern darum, daß ein Arbeitgeber (Verleiher) seinen Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) aufgrund des zwischen ihnen bereits bestehenden Arbeitsvertrages einem Dritten (Entleiher) zur Arbeitsleistung überläßt, ohne daß zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer vertraglich ein Arbeitsverhältnis begründet werden soll (vgl. die Begriffsbestimmung in Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 AÜG). Wollte die Vorschrift des Art. 1 § 13 AÜG – wie es ihr Wortlaut nahelegt – nur arbeitsrechtliche Arbeitnehmeransprüche aus durch unerlaubte Arbeitsvermittlung zustandegekommenen Arbeitsverhältnissen sichern, so liefe sie für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung weitgehend leer, weil der entliehene Arbeitnehmer eben nicht in ein Arbeitsverhältnis zu dem Entleiher tritt, bei dem er seine Dienste leistet, sondern Arbeitnehmer des Verleihers bleibt und insbesondere Arbeitsentgeltansprüche von vornherein nur diesem gegenüber bestehen.
Der Sinn der Regelung des Art. 1 § 13 AÜG für den Bereich der Arbeitnehmerüberlassung erschließt sich erst, wenn man sie im Zusammenhang mit Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG betrachtet. Nach dieser Bestimmung wird vermutet, daß derjenige, der Arbeitnehmer Dritten zur Arbeitsleistung überläßt, Arbeitsvermittlung betreibt, wenn der Überlassende nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten oder das Arbeitgeberrisiko übernimmt (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AÜG) oder wenn die Dauer der Überlassung im Einzelfall drei Monate bzw. ab dem 1. Mai 1985 sechs Monate übersteigt (§ 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG). Diese gesetzliche Vermutung bedeutet, daß unter den genannten Voraussetzungen die Überlassung des Arbeitnehmers an einen Dritten als Zusammenführung des Arbeitnehmers mit dem Dritten zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses (Arbeitsvermittlung im Sinne der Legaldefinition in § 13 Abs. 1 AFG) angesehen wird. Für den Bereich der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hat der Senat in dem Urteil vom 23. November 1988 – 7 AZR 34/88 – BAGE 60, 205 = AP Nr. 14 zu § 1 AÜG = EzAÜG Nr. 306) entschieden, die gesetzliche Vermutung könne nach ihrem Sinn und Zweck nicht durch den Nachweis widerlegt werden, daß der Überlassende den Arbeitnehmer dem Dritten nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses, sondern nur zur Arbeitsleistung überlassen habe. Denn gerade solche Arbeitnehmerüberlassungen aufgrund von Arbeitnehmerüberlassungsverträgen habe der Gesetzgeber mit der Regelung des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG beim Vorliegen der dort normierten weiteren Voraussetzungen unterbinden wollen, indem er sie als unerlaubte Arbeitsvermittlung werte.
Der Senat hat damit im Urteil vom 23. November 1988 (aaO) entschieden, daß ein Verstoß gegen die nach Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG maßgebliche Überlassungsfrist von drei bzw. sechs Monaten bei einem gewerbsmäßigen Handeln des Verleihers zur Folge hat, daß unwiderlegbar das Vorliegen von unerlaubter Arbeitsvermittlung vermutet wird.
b) In den Fällen einer nichtgewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung hält der Senat die gesetzliche Vermutung des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG für widerlegbar, d.h. allein der Verstoß gegen die nach Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG maßgebliche Überlassungsfrist führt noch nicht zwingend zur Annahme einer unerlaubten Arbeitsvermittlung. Widerlegt ist die gesetzliche Vermutung des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG dann, wenn nach der gesamten Gestaltung und Durchführung der vertraglichen Beziehungen mittels einer wertenden Gesamtbetrachtung davon auszugehen ist, daß der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses auch noch nach Ablauf der nach Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG maßgeblichen Überlassungsfrist von drei bzw. sechs Monaten im Verhältnis zum überlassenden Arbeitgeber liegt.
aa) Aus der Entstehungsgeschichte (vgl. zu BT-Drucks. VI/3505, S. 2) des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG geht hervor, daß der Gesetzgeber im Hinblick auf bestimmte Erscheinungsformen der nichtgewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (z. B. bei Schwestern-Gestellungsverträgen oder bei den Selbsthilfeorganisationen in der Landwirtschaft) von einer Widerlegbarkeit der Vermutung ausgegangen ist (vgl. Becker/Wulfgramm, aaO, Art. 1 § 1 Rz 51c; Sandmann/Marschall, AÜG, Stand: Dezember 1988, Art. 1 § 1 Anm. 63).
bb) Für eine widerlegbare Ausgestaltung des in Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG enthaltenen Vermutungstatbestandes in den Fällen der nichtgewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung spricht auch die Systematik des Gesetzes. In Art. 1 § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Mai 1985 erstmals den Tatbestand der sog. Konzernleihe gesetzlich geregelt. Danach findet das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz keine Anwendung auf die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen im Sinne des § 18 AktG, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit vorübergehend nicht bei seinem Arbeitgeber leistet. Damit hat der Gesetzgeber eine in der Praxis weit verbreitete Erscheinungsform der in der Regel nicht gewerbsmäßig betriebenen Arbeitnehmerüberlassung unter bestimmten Voraussetzungen von der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ausgenommen (vgl. Becker/Wulfgramm, aaO, Art. 1 § 1 Rz 113). Die inhaltliche Ausgestaltung dieser Vorschrift bedeutet insofern eine wichtige legislative Grundentscheidung, als dort zum Ausdruck gebracht worden ist, daß die für die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung zwingend geltende Überlassungsfrist des Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG nicht zur Anwendung gelangt. Dies ergibt sich aus der mit dem Merkmal “vorübergehend” flexibel geregelten Zeitkomponente. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat in dem Urteil vom 5. Mai 1988 – 2 AZR 795/87 – (AP Nr. 8 zu § 1 AÜG = EzAÜG Nr. 270) unter Beachtung des Sinns und Zwecks der Regelung, die konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung wegen der insoweit in der Regel nicht bestehenden Gefährdung der arbeits- und sozialrechtlichen Schutzbelange des Leiharbeitnehmers zu erleichtern (vgl. BT-Drucks. X/3206, S. 33), den Begriff “vorübergehend” weit ausgelegt (ebenso Becker/Wulfgramm, aaO, Art. 1 § 1 Rz 120). Im zugrundeliegenden Streitfall war der betreffende Arbeitnehmer zunächst auf sieben Monate befristet und nach Fristablauf nur für eine begrenzte Zeit, nämlich bis zur Einstellung eines Nachfolgers an ein anderes Konzernunternehmen überlassen worden. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts (aaO) hat hierin noch eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung i. S. des Art. 1 § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG gesehen.
cc) Die vom Gesetzgeber für die Konzernleihe durch das Merkmal “vorübergehend” aufgestellten zeitlichen Grenzen sind auch bei der Auslegung der gesetzlichen Vermutung des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG zu beachten. Dies ergibt sich aus einer Vergleichbarkeit der Interessenlage bei ähnlichen – vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelten – Erscheinungsformen der nichtgewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung.
Ein derartiger vergleichbarer Fall liegt hier vor. Die Beklagte ist als Mitgesellschafterin an dem Stammkapital der GMD neben den Ländern Hessen und Nordrhein-Westfalen beteiligt. Der Kläger hat seine Arbeitsleistung zunächst in der Zeit vom 1. Oktober 1973 bis zum 15. Juni 1982 bei der GMD erbracht. In der Zeit vom 16. Juni 1982 bis zum 31. Dezember 1988 war der Kläger von der GMD an das BMFT zur Arbeitsleistung “abgestellt”. Diese Fallkonstellation entspricht somit in ihren Grundstrukturen dem gesetzlich geregelten Tatbestand der Konzernleihe. Es ist daher geboten, die in Art. 1 § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG enthaltene legislative Grundentscheidung auch in den Fällen der hier vorliegenden Art zu beachten. Vermittlungsrechtlich unbedenklich sind daher im Bereich der nichtgewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung “vorübergehende” Abordnungen. Diese Beurteilung steht im übrigen auch im Einklang mit tarifrechtlichen (vgl. § 12 BAT) sowie mit gesetzlichen Regelungen der Abordnung (z. B. im Beamten- oder Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder), in denen zumeist ausdrücklich der vorübergehende Charakter der Abordnung zum Ausdruck gebracht wird (vgl. z. B. § 27 BBG; § 33 Abs. 1 LBG Schleswig-Holstein i.d.F. vom 10. Mai 1979; § 31 Abs. 1 Niedersächsisches Beamtengesetz i.d.F. vom 11. Dezember 1985). Auch in der Literatur ist allgemein anerkannt, daß das Merkmal “vorübergehend” zu den wesentlichen Elementen einer Abordnung gehört (vgl. Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann, BAT, Stand: 1. März 1984, § 12 Erl. 2; Clemens/Scheuring/Steingen/Görner/Opalke, BAT, Stand: August 1984, § 12 Rz 5; Heldman, Interessenkonflikte bei Personaleinsatzentscheidungen im Beamtenrecht und Arbeitsrecht, Diss. Speyer, 1982, S. 275 ff.; Leisner, ZBR 1989, 193, 196 ff.).
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung noch als “vorübergehend” anzusehen ist, kann nicht generell beantwortet werden. Maßgeblich sind dabei jeweils die Umstände des Einzelfalls (z. B. Dauer des Arbeitsverhältnisses mit dem überlassenden Arbeitgeber, Grund und Dauer der einzelnen Arbeitnehmerüberlassungen, Häufigkeit und Dauer der Unterbrechungen der Arbeitnehmerüberlassung, einzelvertragliche Zusicherung einer Bestandsgarantie durch den Vertragsarbeitgeber, Art der vom Arbeitnehmer beim Entleiher ausgeübten Arbeiten). Dabei ist die Zielsetzung des Gesetzgebers zu berücksichtigen, langfristige Arbeitnehmerüberlassungen möglichst zu unterbinden (vgl. BT-Drucks. VI/2303, S. 12). Im Bereich der nichtgewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung verfügt der überlassende Arbeitgeber – im Unterschied zu dem gewerbsmäßig tätigen Verleiher – zwar in der Regel für den betreffenden Arbeitnehmer über geeignete Arbeitsmöglichkeiten in seinem Betrieb. Gleichwohl besteht die Gefahr, daß sich eine langfristige nichtgewerbsmäßige Überlassung wegen der damit verbundenen sektoralen Aufspaltung der Arbeitgeberfunktionen zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirkt. Eine langfristige Überlassung kann bei dem Arbeitnehmer u. U. zu Nachteilen bei Beförderungen, Gewährung von betrieblichen Sozialleistungen, Arbeitszeitverkürzungen sowie bei der Höhe der Vergütung führen. Mit zunehmender Dauer der Überlassung wächst für den Arbeitnehmer das Bestandsschutzrisiko, da in der Regel sein seitheriger Arbeitsplatz entweder anderweitig besetzt oder wegen zwischenzeitlicher Umorganisationen nicht mehr vorhanden ist. Er läuft daher Gefahr, daß der überlassende Arbeitgeber sein Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Abordnung aus betriebsbedingten Gründen ordentlich kündigt oder eine Änderungskündigung erklärt mit dem Ziel, den zurückgekehrten Arbeitnehmer anderweitig zu schlechteren Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. Bei einer langfristigen Arbeitnehmerüberlassung findet in der Regel eine Verlagerung des Schwerpunkts des Arbeitsverhältnisses statt, die sich insbesondere darin äußert, daß der überlassene Arbeitnehmer einerseits dem Betrieb des Verleihers entfremdet, andererseits immer fester in die Betriebs- und Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert wird. Um der Gefahr solcher nachteiliger Auswirkungen auf die arbeitsrechtlichen Schutzbelange eines Leiharbeitnehmers zu begegnen, ist es geboten, die langfristige nichtgewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung dann als unerlaubte Arbeitsvermittlung zu werten, wenn nach der gesamten Gestaltung und Durchführung der Vertragsbeziehungen der Schwerpunkt des Arbeitsverhältnisses auf den Entleiher übergeht. Ein wichtiges Indiz hierfür ist die Art der vom überlassenen Arbeitnehmer beim Entleiher wahrzunehmenden Aufgaben. Handelt es sich dabei um solche, die bei einer Direktanstellung des Arbeitnehmers dazu geeignet wären, eine Befristung des Arbeitsverhältnisses auf die Dauer der jeweiligen Überlassung sachlich zu rechtfertigen, so spricht dies gegen eine Wertung dieses Tatbestandes i. S. einer unzulässigen privaten Arbeitsvermittlung. Nimmt der überlassene Arbeitnehmer beim Entleiher dagegen Daueraufgaben wahr, die bei einer direkten Anstellung des Arbeitnehmers eine Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich nicht rechtfertigen könnten, so spricht dies für eine Schwerpunktverlagerung des Arbeitsverhältnisses vom überlassenden Arbeitgeber zum Entleiher. In den Fällen der zuletzt genannten Art liegen beim Entleiher Dauerarbeitsplätze vor, die nach den vom Gesetzgeber mit der Schaffung der in Art. 1 § 3 Abs. 1 Nr. 6 AÜG enthaltenen Überlassungsfrist verfolgten Zielsetzungen nur vorübergehend, dagegen nicht auf Dauer von denselben Leiharbeitnehmern besetzt werden sollen (vgl. BT-Drucks. VI/2303, S. 12). Bei einer langfristigen nichtgewerbsmäßigen Überlassung eines Arbeitnehmers zur Wahrnehmung von Daueraufgaben des Entleihers handelt es sich funktional um eine unzulässige private Arbeitsvermittlung, und zwar in der rechtstechnischen Einkleidung eines für die Arbeitnehmerüberlassung charakteristischen Vertragskomplexes.
c) Bei Anwendung dieser Grundsätze kann der Senat im Streitfall mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen über die vom Kläger während seiner letzten “Abstellung” (16. Juni 1985 bis zum 31. Dezember 1988) wahrgenommenen Aufgaben nicht abschließend darüber entscheiden, ob die gesetzliche Vermutung des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG widerlegt ist oder nicht. Da die Art der vom Kläger geschuldeten und ausgeübten Tätigkeit ein wichtiges Indiz bei der in den Fällen der vorliegenden Art gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände ist, bedarf es einer Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
II. Sollte sich im erneuten Berufungsverfahren herausstellen, daß der Kläger während seiner letzten “Abstellung” (16. Juni 1985 bis 31. Dezember 1988) im BMFT Daueraufgaben wahrgenommen hat, so liegt hierin ein wichtiges Indiz für eine Schwerpunktverlagerung im Verhältnis zur Beklagten. Bei einer derartigen Fallkonstellation wird das Landesarbeitsgericht mittels einer wertenden Gesamtbetrachtung zu prüfen haben, ob die gesetzliche Vermutung des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG widerlegt ist. Kommt es dabei zum Ergebnis, daß die gesetzliche Vermutung der unerlaubten privaten Arbeitsvermittlung nicht widerlegt ist, so folgt hieraus, daß sich der Kläger jedenfalls ab dem 16. Juni 1985 nach Art. 1 § 13 AÜG in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten befindet. Dem unbefristeten Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers wäre dann stattzugeben.
Die gesetzliche Vermutung des Art. 1 § 1 Abs. 2 AÜG kann jedoch als widerlegt angesehen werden, wenn die vom Kläger während seiner letzten “Abstellung” (16. Juni 1985 bis 31. Dezember 1988) geschuldeten und wahrgenommenen Aufgaben im Falle einer Direktanstellung den Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages sachlich gerechtfertigt hätten.
III. Bei der erneuten Berufungsentscheidung wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten zu entscheiden haben, die durch die in der Revisionsinstanz erhobene und wieder zurückgenommene Feststellungsklage verursacht worden sind.
Unterschriften
Dr. Seidensticker, Schliemann, Breier, Straub
Richter Prof. Dr. Becker ist verstorben.
Dr. Seidensticker
Fundstellen
Haufe-Index 841067 |
BAGE, 43 |
BB 1991, 275 |
RdA 1990, 380 |