Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung einer tariflichen Urlaubsvergütung
Leitsatz (redaktionell)
Parallelsache zum Urteil vom 20. Oktober 1993 – 5 AZR 674/92 –
Normenkette
TVG § 1 Auslegung
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 12.10.1992; Aktenzeichen 11 Sa 597/92) |
ArbG Köln (Urteil vom 28.01.1992; Aktenzeichen 16 Ca 6682/91) |
Tenor
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. Oktober 1992 – 11 Sa 597/92 – wird auch insoweit zurückgewiesen, als das Landesarbeitsgericht über den Anspruch auf Urlaubsvergütung i.H. von 209,38 DM brutto nebst Zinsen entschieden hat.
2. Die Beklagte hat die weiteren Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Berechnung von Urlaubsvergütung.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Aufzugsmonteur beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind die Bestimmungen der Tarifverträge der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung anzuwenden. Im Manteltarifvertrag für die Arbeiter und Angestellten in der Metallindustrie Nordwürttemberg/Nordbaden (MTV) vom 5. Mai 1990 heißt es u.a.:
11.3 Monatslohn
Die Arbeiter erhalten einen Monatslohn, der sich aus festen und variablen Bestandteilen zusammensetzt.
11.3.2. Variable Bestandteile des Monatslohns
Variable Bestandteile des Monatslohns können sein:
- leistungsabhängige Bestandteile
- zeitabhängige Bestandteile
- sonstige Bestandteile
11.3.2.2 Zu den zeitabhängigen variablen Bestandteilen des Monatslohns gehören die Vergütungen für Mehr-, Nacht-, Spät-, Sonn- und Feiertagsarbeit und für Reisezeit, soweit sie nicht regelmäßig anfallen.
Im Urlaubsabkommen vom 22. Dezember 1987, in Kraft ab 1. April 1988, ist u.a. bestimmt:
§ 4
Urlaubsvergütung
4.1 Die Urlaubsvergütung bei Erholungsurlaub und Zusatzurlaub besteht aus
- dem Urlaubsentgelt
- dem zusätzlichen Urlaubsgeld
und errechnet sich wie folgt:
4.2.1 Urlaubsentgelt
Während des Urlaubs werden die festen und leistungsabhängigen variablen Bestandteile des Monatslohns (§ 11.3.1 MTV)/Gehalts weitergezahlt.
4.2.2 Zusätzlich erhalten die Beschäftigten die zeitabhängigen variablen Bestandteile ihres Monatslohns/Gehalts der letzten abgerechneten drei Monate vor Antritt des Urlaubs einschließlich der Mehrarbeitsvergütung und aller laufend gewährten Zulagen und Zuschläge, soweit diese nicht in den festen Bestandteilen des Monatslohns enthalten sind, jedoch ohne Auslösungen und ähnliche Zahlungen (z.B. Reisespesen, Trennungsentschädigungen). Krankenlohn, Krankengeldzuschüsse, Urlaubsvergütung, die vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers sowie einmalige Zuwendungen. Bei der Berechnung des Urlaubsentgelts für einen Urlaubstag wird dieser Betrag durch die Anzahl der in diesem Zeitraum bezahlten Tage ohne Krankheits- und Urlaubstage geteilt.
Bei der Beklagten besteht eine Betriebsvereinbarung vom 11. Dezember 1987 über den Einsatz von Monteuren für den Notdienst außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit. Danach werden die Monteure aufgrund eines jeweils für sechs Monate im voraus zu erstellenden Notdienstplanes für wöchentliche Notdienste eingeteilt, die neben der regelmäßigen Arbeitszeit zu übernehmen sind. Während des Notdienstes muß der Monteur jederzeit erreichbar sein und das ihm übergebene Eurofunkgerät ständig abhörbereit halten. Unabhängig von den tatsächlichen Arbeitseinsätzen bei einem Notdienst erhalten die Monteure für die Bereitschaft, an den Notdiensttagen ständig zur Verfügung zu stehen, je Notdienstwoche eine Pauschale von 272,00 DM.
Der Kläger war zwischen Oktober 1990 und Januar 1991 zeitweise krank und im Urlaub. Soweit planmäßige Notdienstzeiten für ihn vorgesehen waren, lagen diese außerhalb der Krankheits- und Urlaubszeiten. Während der Krankheitszeit und während des Urlaubs zahlte die Beklagte dem Kläger den Lohn fort, berücksichtigte dabei aber nicht die vom Kläger zuvor in den letzten abgerechneten drei Monaten verdienten Notdienstpauschalen. Hätte die Beklagte sie berücksichtigt, hätte der Kläger 209,37 DM mehr an Lohnfortzahlung und 209,38 DM mehr an Urlaubsentgelt erhalten. Diese Beträge hat der Kläger mit der vorliegenden Klage verlangt.
Er hat gemeint, die Notdienstpauschalen gehörten zu den zeitabhängigen variablen Bestandteilen des Monatslohns i. S. des Manteltarifvertrags und des Urlaubsabkommens.
Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 418,75 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 2.2. Februar 1991 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Gegen das landesarbeitsgerichtliche Urteil richtet sich die Revision der Beklagten, mit der sie weiterhin Klageabweisung beantragt. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Über den Anspruch auf Lohnfortzahlung hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts mit Urteil vom 20. Oktober 1993 – 5 AZR 674/92 – entschieden. Der Fünfte Senat hat die Revision zurückgewiesen und gemeint, die Notdienstpauschale gehöre zu den im Krankheitsfall fortzuzahlenden Bezügen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf die geltend gemachte höhere Urlaubsvergütung nach § 4.2.2 des Urlaubsabkommens vom 22. Dezember 1987.
1. Das Urlaubsentgelt, das der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wahrend des Urlaubs zu entrichten hat, setzt sich aus einem Teil des Monatslohns zusammen, wie er nach § 4.2.1 UA zu berechnen ist, und aus einem zusätzlichen Betrag, der nach Maßgabe des § 4.2.2 UA pro Urlaubstag zu berechnen ist. Grundlage dieses Zusatzbetrages ist der zeitabhängige variable Bestandteil des Monatslohns gemäß § 11.3.2 des MTV. Dazu gehört die Notdienstpauschale nach den Bestimmungen der Betriebsvereinbarung. Sie ist ein zeitabhängiger variabler Bestandteil eines Monatslohns/Gehalts im Sinne des Urlaubsabkommens. Das ergibt die Auslegung der Tarifvorschrift, die den Begriff der Notdienstpauschale nicht ausdrücklich nennt. Die Norm ist weit gefaßt. Dadurch lassen die Tarifvertragsparteien erkennen, daß sie alle Arbeitsentgeltbestandteile einbeziehen wollten.
Das folgt auch aus dem einschränkenden Satzteil in § 4.2.2 Satz 1 UA, der ausdrücklich Aufwendungsersatzleistungen ausnimmt. Bei der Notdienstpauschale handelt es sich nicht um Aufwendungsersatz, sondern um Arbeitsentgelt für eine besondere Leistung des Arbeitnehmers, nämlich für die Verpflichtung, sich außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit für den Arbeitseinsatz zur Verfügung zu halten (im Ergebnis ebenso für den Lohnfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall BAG Urteil vom 20. Oktober 1993 – 5 AZR 674/92 – nicht veröffentlicht).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Leinemann, Düwell, Dörner, Fox, Kappes
Fundstellen