Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfüllererlaß. Höhergruppierung. Beamtenrecht. Kein Anspruch angestellter Lehrer im öffentlichen Dienst auf Gleichbehandlung mit Beamten bei der Vergütung
Leitsatz (amtlich)
In Bestimmungen über die Eingruppierung angestellter Lehrer im öffentlichen Dienst kann eine Höhergruppierung von Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die für die Beförderung vergleichbarer Beamter gelten, z.B. von der Teilnahme an einem der Bestenauslese dienenden Bewerbungsverfahren.
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; BAT 1975 Anlage 1a VergGr. IIa und Ib
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 03.06.1992; Aktenzeichen 2 Sa 88/92) |
ArbG Köln (Urteil vom 22.10.1991; Aktenzeichen 17/1 Ca 3237/91) |
Tenor
- Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 3. Juni 1992 – 2 Sa 88/92 – wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin nach VergGr. IIa oder Ib BAT eingruppiert ist.
Die Klägerin hat 1963 die zweite Staatsprüfung für das Gewerbelehramt abgelegt. Seit 1974 ist sie an der T… -Berufs- und Berufsfachschule des beklagten Landes in E… als Lehrkraft beschäftigt. Seit 1979 liegt ihrer Beschäftigung ein Arbeitsvertrag zugrunde, in dem u.a. folgendes vereinbart ist:
Ҥ 1
…
als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis, in der Tätigkeit einer Studienrätin
(Runderlaß des Kultusministers vom 30.03.1976 Ziff. I.5.1)
eingestellt.
§ 2
Die Einstufung erfolgt in Vergütungsgruppe IIa BAT, zuzügl. 100,00 DM Zulage.
§ 4
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) …”
Die Klägerin erhält seither Vergütung nach VergGr. IIa BAT, zuzügl. einer monatlichen Zulage von 100,00 DM.
Eine dienstliche Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin ist bisher nicht erfolgt. Ihre Leistungen sind nicht beanstandet worden.
Mit Schreiben vom 10. September 1990 beantragte die Klägerin beim Regierungspräsidenten K… ihre Höhergruppierung in VergGr. Ib BAT. Zu diesem Zeitpunkt war an der T… -Berufs- und Berufsfachschule eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 frei. Der Regierungspräsident teilte der Klägerin daraufhin mit, daß eine Höhergruppierung die Teilnahme an einem Bewerbungsverfahren voraussetze, aufgrund dessen über die Besetzung der zur Verfügung stehenden Beförderungsstelle entschieden werde. Er faßte den Höhergruppierungsantrag der Klägerin als Bewerbung auf und leitete ihn an den für das Auswahlverfahren zuständigen Oberkreisdirektor des Kreises E… weiter. Daraufhin antwortete die Klägerin, daß sie sich nicht um die ausgeschriebene Beförderungsstelle nach A 14 beworben, sondern lediglich eine Höhergruppierung erbeten habe. Daher könne und solle aufgrund ihres Antrags die Beförderung des Studienrats, der sich um die freie Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 beworben hatte, nicht verzögert werden. Dieser erhielt die Stelle auch.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, nach dem einschlägigen Eingruppierungserlaß des beklagten Landes sei für die Höhergruppierung eine Teilnahme an einem Auswahlverfahren nicht erforderlich. Das Bestenausleseprinzip des Beamtenrechts gelte nicht im Angestelltenbereich. Sie sei allein schon deswegen höherzugruppieren gewesen, weil sie sich in der geforderten Tätigkeit bewährt und eine entsprechende Planstelle zur Verfügung gestanden habe.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
- festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, sie ab dem 1. November 1990 aus der Vergütungsgruppe Ib BAT zu vergüten;
- festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die jeweiligen Differenzbeträge zwischen der Vergütungsgruppe IIa BAT zuzüglich Zulage und der Vergütungsgruppe Ib BAT ab Fälligkeit mit 4 % zu verzinsen.
Das beklagte Land hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es hat die Auffassung vertreten, daß nach dem auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anwendbaren Eingruppierungserlaß neben der Verfügbarkeit einer Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 auch die erforderliche Teilnahme an einem Auswahlverfahren nach dem Prinzip der Bestenauslese Voraussetzung sei. Begründe allein schon das Vorhandensein einer freien Planstelle einen Höhergruppierungsanspruch, so würden Angestellte ohne sachliche Rechtfertigung bessergestellt als Beamte.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Ib BAT.
I. Die Klage ist zwar auch mit dem Feststellungsantrag zu 1) zulässig. Die Klägerin hat insoweit eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage erhoben, gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (vgl. Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
II. Die Klage ist aber nicht begründet.
1. Aus dem Runderlaß des Kultusministers vom 30. März 1978 über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrer an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis erfüllen (Erfüllererlaß – GABl NW S. 133), läßt sich der von der Klägerin geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht herleiten.
a) Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, daß nach dem Arbeitsvertrag der Erfüllererlaß insgesamt für die Vergütung der Klägerin maßgeblich und nicht lediglich eine nach diesem Erlaß berechnete Vergütung nach VergGr. IIa BAT vereinbart sein sollte. Ob diese Auslegung des Arbeitsvertrags zutreffend ist, kann hier dahinstehen, denn die Klägerin erfüllt nicht die sich aus dem Erfüllererlaß ergebenden Voraussetzungen für eine Höhergruppierung nach VergGr. Ib BAT.
Für die Eingruppierung der Klägerin sind folgende Bestimmungen des Erlasses maßgeblich:
5. |
Lehrer an beruflichen Schulen |
VergGr. des BAT |
Widerrufliche Zulage |
5.1 |
Lehrer |
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mit der Befähigung für das Lehramt an beruflichen Schulen |
IIa |
100,00 DM |
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… |
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5.3 |
Wie zu 5.1, |
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wenn sie die Funktion eines Oberstudienrats wahrnehmen, nach Erlangung der Befähigung eine mindestens siebenjährige entsprechende Unterrichtstätigkeit ausgeübt haben und eine Planstelle mindestens der Besoldungsgruppe A 14 zur Verfügung steht |
Ib |
– |
… |
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9.4 |
Bei der Eingruppierung der Lehrer nach den Nummern 4.3, 5.3, 5.6, 5.8, 5.9 und 5.11 ist nach denselben Grundsätzen zu verfahren, die bei der Beförderung der entsprechenden Lehrer im Beamtenverhältnis angewandt werden. |
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b) Zwar erfüllt die Klägerin die Voraussetzungen der Nr. 5.3 des Erfüllererlasses. Sie ist Lehrerin mit der Befähigung für das Lehramt an beruflichen Schulen. Sie hat mehr als sieben Jahre die Tätigkeit einer Studienrätin ausgeübt. Damit hat sie auch, wie in Nr. 5.3 des Erlasses gefordert, die Funktion eines Oberstudienrats wahrgenommen. Hierfür bedarf es keiner über die Unterrichtstätigkeit einer Studienrätin hinausgehenden Funktion, denn mit der Dienstbezeichnung Oberstudienrat wird lediglich ein Beförderungsamt bezeichnet, das keine vom Amt eines Studienrats abweichende Tätigkeit voraussetzt. Wie zwischen den Parteien unstreitig ist, hat an der T… -Berufs- und Berufsfachschule auch eine freie Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 zur Verfügung gestanden.
c) Die Klägerin hat aber nicht die Anforderungen erfüllt, die sich nach Nr. 9.4 des Erlasses aus den Grundsätzen ergeben, die bei der Beförderung der entsprechenden Lehrer im Beamtenverhältnis angewandt werden, denn sie hat sich nicht dem Auswahlverfahren gestellt.
aa) Zu den für die Beförderung entsprechender beamteter Lehrer geltenden Grundsätzen gehört nach § 25 Abs. 5 i.V.m. § 7 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes Nordrhein-Westfalen, daß sie aufgrund einer Auslese nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen ist. Kommen mehrere Beamte für eine Beförderung in Betracht oder haben sich mehrere Beamte hierum beworben, so setzt diese Auslese eine vergleichende Wertung voraus. Da eine Beförderung nicht gegen den Willen des betroffenen Beamten möglich ist, sind freilich solche Beamte nicht in die Auslese einzubeziehen, die erklären, sie wollten sich – z.B. aus Rücksichtnahme auf einen Kollegen – nicht bewerben. Folgerichtig kann ein solcher Beamter, der auf seinen Wunsch nicht in die Auswahl einbezogen wird, auch nicht befördert werden.
bb) Entgegen der Aufassung der Revision bestehen dagegen, daß nach Nr. 9.4 des Erlasses für bestimmte Höhergruppierungen auf die dargestellten beamtenrechtlichen Grundsätze zurückzugreifen ist, keine Bedenken. Sinn und Zweck des an die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis anknüpfenden Erfüllererlasses ist es nämlich, im Beamten- und Angestelltenverhältnis jeweils gleichwertige Lehrkräfte zu beschäftigen (vgl. Senatsurteil vom 13. Februar 1985 – 4 AZR 304/83 – AP Nr. 13 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Daraus folgt aber gleichzeitig, daß die nach der fachlichen Qualifikation gleichwertigen Lehrkräfte möglichst auch die gleiche Vergütung für ihre Tätigkeit erhalten sollen, ohne Rücksicht darauf, ob sie als Beamte oder Angestellte beschäftigt werden (Senatsurteil vom 28. März 1990 – 4 AZR 619/89 – AP Nr. 26 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer). Durch diesen Regelungszweck ist es gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber eine Höhergruppierung von einer auf vergleichender Bewertung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung beruhenden Auslese unter mehreren Bewerbern abhängig macht.
cc) Dem hiernach für die Besetzung der freien Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 erforderlichen Ausleseverfahren hat sich die Klägerin nicht gestellt. Zwar hat sie weiter den von ihr geltend gemachten Höhergruppierungsanspruch verfolgt, aber gleichzeitig betont, daß sie sich um die freie Planstelle nicht bewerben und nicht der Beförderung eines Kollegen auf diese Planstelle im Wege stehen wolle. Damit hat sie deutlich gemacht, daß sie sich einem wertenden Vergleich mit ihrem Mitbewerber nicht unterziehen wollte.
Erfolglos hat die Klägerin insoweit geltend gemacht, daß sie bisher nie dienstlich beurteilt worden sei. Unabhängig vom Vorliegen von Regelbeurteilungen kann es nämlich sachlich geboten sein, für die Entscheidung über die Vergabe einer Beförderungsstelle erneut eine Leistungsbewertung der Bewerber vorzunehmen.
2. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
a) Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen im Arbeitsverhältnis auszuschließen und schlechterzustellen. Dieser Grundsatz gebietet, Gleiches gleich und Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. Er ist dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden läßt (BAG Urteile vom 27. Juli 1988 – 5 AZR 244/87 – AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 1 der Gründe; vom 4. Mai 1988 – 4 AZR 811/87 – AP Nr. 144 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Zwar hat bei der Festlegung der Vergütung der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies gilt aber nur für individuell vereinbarte Arbeitsentgelte. Dagegen beansprucht der Gleichbehandlungsgrundsatz nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts uneingeschränkt Geltung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip festlegt (z.B. BAG Urteile vom 28. Juli 1992 – 3 AZR 173/92 – AP Nr. 18 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu B I 2b (3) der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; vom 19. August 1992 – 5 AZR 513/91 – AP Nr. 102 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 3a der Gründe; vom 10. März 1993 – 4 AZR 204/92 –, n.v., zu II 2c aa der Gründe). So verhält es sich hier. Das beklagte Land hat im Erfüllererlaß generelle Festlegungen für die Vergütung von im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrern festgelegt.
b) Die Revision kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Klägerin werde beim Arbeitsentgelt gegenüber den Beamten benachteiligt, da diese vor einer Beförderung nicht die mindestens siebenjährige Unterrichtstätigkeit ausgeübt haben müßten, die in Nr. 5.3 des Erfüllererlasses für die Höhergruppierung von Angestellten vorausgesetzt wird. Im Vergleich zwischen Beamten und Angestellten kommt nämlich die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes schon deshalb nicht in Betracht, weil wegen des grundlegenden Unterschieds des Status von Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes eine vollständige Gleichbehandlung bei der Vergütung nicht verlangt werden kann (ständige Senatsrechtsprechung, z.B. BAG Urteil vom 26. August 1987, BAGE 56, 59, 70 = AP Nr. 137 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
c) Auch soweit die Klägerin geltend macht, sie werde gegenüber angestellten Lehrern, die die fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen zur Übernahme in das Beamtenverhältnis nicht erfüllen, benachteiligt, muß die Revision erfolglos bleiben. Zwar kommt es nach Nr. 4.2 des zur Vergütung dieser Lehrer ergangenen Erlasses des Kultusministers vom 22. März 1978 (GABl NW S. 135, 138) für eine Höhergruppierung nach VergGr. Ib BAT nicht auf das Vorhandensein einer entsprechenden freien Planstelle und auch nicht auf die Teilnahme an einem Ausleseverfahren an. Vielmehr erfolgt nach dieser Bestimmung die Höhergruppierung nach fünfzehnjähriger Bewährung in der Tätigkeit eines Studienrats nach VergGr. IIa BAT. Die Klägerin hat aber nichts dafür vorgetragen, daß sie aufgrund dieser unterschiedlichen Regelungen gegenüber vergleichbaren “Nichterfüllern” benachteiligt sei. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür vor, daß das Erfordernis einer freien Planstelle und der Bestenauslese regelmäßig dazu führten, daß die unter den Erfüllererlaß fallenden Lehrer in der Tätigkeit von Studienräten erst nach mehr als fünfzehnjähriger Tätigkeit in die VergGr. Ib BAT höhergruppiert werden.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Bepler, Dr. Wißmann, Dr. Kiefer, Hauk
Fundstellen
Haufe-Index 848135 |
BB 1994, 75 |
NZA 1994, 703 |