Entscheidungsstichwort (Thema)
Beamtenähnliche Versorgung und Eigenvorsorge. Beamtenähnliche Versorgung. dynamische Verweisung. entsprechende Anwendung beamtenrechtlicher Vorschriften. vergleichbare Sach- und Interessenlage. Anrechnungsvorschriften. berufsständige Versorgung. Abgrenzung betrieblicher Altersversorgung. Eigenvorsorge. Betriebliche Altersversorgung. Beamtenversorgungsrecht
Orientierungssatz
- Eine dynamische Verweisung auf das Beamtenversorgungsrecht bedeutet nicht, dass sämtliche Vorschriften und Änderungen des Beamtenversorgungsrechts unbesehen übernommen werden können. Die Bestimmungen müssen nach Inhalt, Regelungszweck und Interessenlage auf die zugesagte Altersversorgung übertragbar sein.
- Im vorliegenden Fall erstattete der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bis einschließlich 31. Dezember 1984 die Umlagen, die der Finanzierung der beamtenähnlichen Versorgung dienten. Auf diese Eigenvorsorge war die durch Art. 1 Nr. 16 Buchst. a BeamtVGÄndG 1993 (BGBl. I 1994 S. 2442) eingefügte Anrechnungsvorschrift des § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BeamtVG nicht anwendbar. Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer eine Altersversorgung ohne diese Anrechnung zu verschaffen.
- Die eingeschaltete Versorgungskasse war in die Versorgungspflichten des Arbeitgebers eingetreten und konnte deshalb verklagt werden. Sie hatte jedoch ihre Leistungspflicht in ihrer Satzung abschließend geregelt. Da die Satzung auf die “jeweils geltenden” beamtenrechtlichen Bestimmungen verwies, hatte die Unterstützungskasse die Anrechnungsvorschrift des § 55 idF des BeamtVGÄndG 1993 anzuwenden.
Normenkette
BetrAVG § 1 Beamtenversorgung, § 1 Auslegung, § 5; BeamtVG § 55
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 13. November 2002 – 6 Sa 200/01 B – und dessen Versäumnisurteil vom 13. Februar 2002 – 6 Sa 200/01 B – insoweit aufgehoben, als es die Klage gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen hat. Insoweit wird das Urteil des Arbeitsgerichts Oldenburg vom 27. September 2000 – 2 Ca 14/00 B – auf die Berufung des Klägers abgeändert.
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit ab 1. Mai 1999 eine Altersversorgung nach den beamtenrechtlichen Vorschriften des Landes Niedersachsen ohne Anrechnung der ihm von der Ärzteversorgung Niedersachsen gewährten Altersrente zu verschaffen.
- Im Übrigen werden die Berufung und die Revision des Klägers zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten seiner Säumnis. Im Übrigen haben der Kläger und die Beklagte zu 1) die Gerichtskosten je zur Hälfte zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) hat der Kläger zu tragen; die des Klägers – mit Ausnahme der durch seine Säumnis veranlassten – hat der Beklagte zu 1) zur Hälfte zu tragen; im Übrigen trägt sie jede Partei selbst.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ein Teil der Rentenleistungen der Ärzteversorgung Niedersachsen auf die dem Kläger zugesagte beamtenähnliche Versorgung angerechnet werden darf.
Der am 12. Mai 1934 geborene Kläger war vom 1. März 1970 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand nach Vollendung des 65. Lebensjahres bei einem kirchlichen Krankenhausträger, der Beklagten zu 1), beschäftigt, und zwar zunächst als Oberarzt und seit dem 1. April 1972 als Chefarzt. Der Zusatzvertrag vom 11. April 1970 enthält folgende Vereinbarung:
“1. Die Krankenhausstiftung, vertreten durch den Vorstand, gewährt dem Chefarzt Herrn Dr. W… mit Wirkung vom 1. April 1972 Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung nach den für Landesbeamte geltenden Vorschriften entsprechend der Gehaltsgruppe A 16 des Niedersächsischen Landesbesoldungsgesetzes.
Das Krankenhaus tritt der Niedersächsischen Versorgungskasse bei, die die Erfüllung der sich aus Absatz 1 ergebenden Verpflichtungen übernimmt.
2. Dieser Anspruch ist im Innenverhältnis zwischen Krankenhaus und Arzt davon abhängig, daß Herr Dr. W… die an die Versorgungskasse zu entrichtenden Beiträge dem Krankenhaus bei Fälligkeit pünktlich erstattet.
Geschieht das trotz Setzung einer Nachfrist nicht, so verwirkt der Arzt den Anspruch auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung.
…
5. Die Verpflichtung der Krankenhausstiftung zur Entrichtung von Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung beschränkt sich auf den Betrag, den die Versorgungskasse für den versicherten Arzt zahlt.”
§ 1 des “Ergänzungsvertrages zum Zusatzvertrag über Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung” vom 23. Mai 1972 lautet wie folgt:
“Die vom Krankenhaus für Prof. Dr. W… an die Niedersächsische Versorgungskasse zu zahlenden Umlagebeiträge erstattet Prof. Dr. W… dem Krankenhaus in voller Höhe. Hierzu wird auf Nr. 2 des Zusatzvertrages verwiesen. Die Umlagebeiträge sind vierteljährlich zum 2. Jan., 1. April, 1. Juli und 1. Okt. zahlbar. Ein etwaiger Jahresausgleich findet statt, sobald die endgültige Umlageberechnung der Versorgungskasse vorliegt.
Von der Erstattungspflicht der Umlagebeiträge für die eventuell nicht besetzte Stelle (§ 33 der Kassensatzung) und für die beim Eintritt des Versorgungsfalles vom Krankenhaus zu zahlenden Umlagen zur Witwen- und Waisenkasse (§ 34 der Kassensatzung) wird Prof. Dr. W… befreit.”
Die Beklagte zu 2) ist die zur Abwicklung der Versorgungspflichten eingeschaltete Versorgungskasse. Sie ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 ihrer Satzung eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und hat nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ihrer Satzung unter anderem den Zweck, “nach den Bestimmungen dieser Satzung für ihre Mitglieder den Beamten und Hinterbliebenen sowie den in § 18 genannten Angestellten Versorgungsbezüge zu zahlen und den hierdurch entstehenden Aufwand auszugleichen”. Die Mitgliedschaft ist in § 12 ihrer Satzung wie folgt geregelt:
- “Die Mitgliedschaft bei der Kasse steht allen niedersächsischen Gemeinden, Landkreisen und Kommunalverbänden offen.
- Die Kasse kann andere Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts aufnehmen, wenn sie ihren Sitz im Lande Niedersachsen haben, nach ihren Einrichtungen einen dauernden Bestand und nach ihrer Organisation eine gleichmäßige Stellenbesetzung gewährleisten und Beamte beschäftigen oder ihren Angestellten Ruhegehaltsberechtigung und Hinterbliebenenversorgung nach den für Landesbeamte geltenden Grundsätzen gewähren.
- Andere Stiftungen, Vereine und Gesellschaften, die die Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllen, können aufgenommen werden, sofern sie öffentlichen Aufgaben und nicht überwiegend Erwerbszwecken dienen.”
Zu den Rechtsbeziehungen der Niedersächischen Versorgungskasse bestimmt § 19 ihrer Satzung in der derzeit geltenden Fassung:
- “Der Kasse obliegt die Festsetzung, Regelung und Zahlung von Versorgungsbezügen an Versorgungsempfänger der Mitglieder.
- Die Leistungen werden als eigene Aufgabe der Kasse erfüllt. Insofern tritt die Kasse für die Dauer der Mitgliedschaft in die versorgungsrechtlichen Verpflichtungen der Mitglieder ein.
- Die Entscheidungen nach § 49 Abs. 1 BeamtVG werden ausschließlich von der Kasse getroffen. Widerspruchsbescheide erlässt der Geschäftsführer.
- Bei Rechtsstreitigkeiten der Bediensteten und Versorgungsempfänger gegen Entscheidungen der Kasse ist vor der Stellung eines Klageabweisungsantrages das Mitglied anzuhören.”
Die Niedersächsische Versorgungskasse finanziert sich nach §§ 30 ff. ihrer Satzung durch die von ihren Mitgliedern zu zahlenden Umlagen. § 33 Abs. 1 der Satzung schreibt vor, dass die Umlagepflicht für eine unbesetzte Stelle eines Beamten oder Angestellten bestehen bleibt, solange die Kasse noch eine Versorgung an frühere Inhaber der Stelle oder deren Hinterbliebene zu zahlen hat.
Entsprechend den Abreden im Zusatzvertrag vom 11. April 1970 und im Ergänzungsvertrag vom 23. Mai 1972 erstattete der Kläger seiner Arbeitgeberin die bis einschließlich 31. Dezember 1984 an die Niedersächsische Versorgungskasse gezahlten Umlagen in voller Höhe. Auch in dieser Zeit gehörte der Kläger der Ärzteversorgung Niedersachsen an. An den Pflichtbeiträgen zu dieser Versorgungseinrichtung beteiligte sich die Arbeitgeberin bis einschließlich 30. Juni 1976 zur Hälfte. Seit dem 1. Juli 1976 trug der Kläger allein diese Beiträge.
Die Parteien praktizierten ohne schriftlichen Vertragsschluss einen Vereinbarungsentwurf, in dem es unter anderem heißt:
- “Das Gehalt des Chefarztes gemäß § 5 Nr. 1a des Dienstvertrages wird mit Wirkung vom 1. Januar 1986 in entsprechender Anwendung des Landesbesoldungsgesetzes auf Besoldungsgruppe A 16 angehoben.
- Das Krankenhaus trägt rückwirkend ab dem 1. Januar 1985 die Umlagen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung bei der Niedersächsischen Versorgungskasse.
- Der Chefarzt ist rückwirkend ab 1. Januar 1985 verpflichtet, für liquidationsberechtigte Leistungen im stationären Bereich an das Krankenhaus ein Nutzungsentgelt (Kostenerstattung und Vorteilsausgleich) zu leisten. …”
Der Kläger bezieht seit dem 1. Mai 1999 von der Ärzteversorgung Niedersachsen und seit dem 1. Juni 1999 auch von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) eine Altersrente. Außerdem erhält er eine Altersversorgung vom beklagten Krankenhausträger, der sowohl die von der BfA gezahlte gesetzliche Rente (808,03 DM für Juni 1999 und 818,88 DM ab 1. Juli 1999) als auch den auf die Zeit vom 1. März 1970 bis 30. Juni 1976 entfallenden Anteil an der von der Ärzteversorgung Niedersachsen gewährten Altersrente iHv. 1.331,04 DM angerechnet hat. Auf die Zeit vom 1. März 1970 bis einschließlich 31. März 1972 entfällt ein Anteil von 15,3411 % der Altersrente der Ärzteversorgung Niedersachsen und auf die Zeit vom 1. April 1972 bis einschließlich 30. Juni 1976 ein Anteil von 30,8331 % (vgl. Auskunft der Ärzteversorgung Niedersachsen vom 13. Juni 2002 und vom 27. August 2002).
Der Kläger wendet sich ausschließlich gegen die Teilanrechnung der von der Ärzteversorgung Niedersachsen gewährten Altersrente. Er hat die Auffassung vertreten, diese Anrechnung könne nicht auf eine entsprechende Anwendung des nach Vertragsschluss geänderten § 55 Abs. 1 BeamtVG gestützt werden. Der Arbeitsvertrag enthalte keine Verweisung auf diese Änderung des Beamtenversorgungsrechts. Im Übrigen verstoße eine entsprechende Anwendung des § 55 BeamtVG neuer Fassung sowohl gegen den Eigentumsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG als auch gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Zumindest müsse bei der Bewertung der Umlagen zur Beklagten zu 2) und der Beiträge zur Ärzteversorgung Niedersachsen derselbe Zeitraum zugrunde gelegt werden. Wenn es auf den Gesamtzeitraum ankomme, habe die Arbeitgeberin weniger als die Hälfte der Beiträge zur Ärzteversorgung Niedersachsen getragen.
Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, ihm ab 1. Mai 1999 eine Altersversorgung nach den beamtenrechtlichen Vorschriften zu verschaffen, und zwar ohne Anrechnung der von dem Kläger durch die Ärzteversorgung Niedersachsen bezogenen Altersrente,
- festzustellen, dass die Beklagte zu 2) verpflichtet ist, an ihn ab 1. Mai 1999 die Versorgungsbezüge ungekürzt in Höhe von monatlich 6.720,31 DM zu zahlen.
Die beiden Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, die Anrechnung sei zu Recht erfolgt. Die Versorgungsvereinbarung habe dynamisch auf das jeweils geltende Beamtenversorgungsrecht verwiesen. Auch die geänderte Anrechnungsvorschrift des § 55 BeamtVG sei nach ihrem Sinn und Zweck entsprechend anwendbar. Unerheblich sei es, dass der Kläger vom 1. April 1972 bis einschließlich 31. Dezember 1984 die Umlagen zur Beklagten zu 2) getragen habe. Zwischen der Berechnung der zugesagten Betriebsrente und der Aufbringung der Mittel für die Altersversorgung sei zu unterscheiden. Abgesehen davon müsse auf die gesamte Dauer des Dienst- und Versorgungsverhältnisses abgestellt werden. Bis zum Eintritt des Versorgungsfalles habe die Arbeitgeberin bereits 61,48 % der Umlagebeträge getragen. Sie müsse über den Eintritt des Versorgungsfalles hinaus bis zum Lebensende des Klägers und seiner Hinterbliebenen Umlagen entrichten – nach der statistischen Lebenserwartung bis 2018. Dadurch verschöben sich die Relationen noch erheblich zu Lasten der Arbeitgeberin. Die entsprechende Anwendung des § 55 BeamtVG verletze auch nicht die Eigentumsrechte des Klägers und den Gleichheitssatz.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers durch Versäumnisurteil vom 13. Februar 2002 zurückgewiesen. Dieses Versäumnisurteil hat das Landesarbeitsgericht nach Einspruch des Klägers mit Urteil vom 13. November 2002 aufrechterhalten. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nur insoweit begründet, als er vom beklagten Krankenhausträger (Beklagte zu 1)) eine höhere Altersrente verlangt. Die Klage gegen die Versorgungskasse (Beklagte zu 2)) ist vom Landesarbeitsgericht im Ergebnis zu Recht abgewiesen worden.
Der beklagte Krankenhausträger ist verpflichtet, dem Kläger die geforderte Altersversorgung zu verschaffen. Nach den im Zusatzvertrag vom 11. April 1970 und den im Ergänzungsvertrag vom 23. Mai 1972 getroffenen Vereinbarungen war der Arbeitgeber nicht befugt, auf die zugesagte beamtenähnliche Altersversorgung die in der Zeit vom 1. März 1970 bis zum 30. Juni 1976 bei der Ärzteversorgung Niedersachsen erworbene Altersrente anzurechnen. Die im Jahre 1986 verabredete Änderung der Finanzierung der beamtenähnlichen Versorgung rückwirkend ab 1. Januar 1985 erweiterte die Anrechnungsbefugnisse des Arbeitgebers für die Zeit bis einschließlich 31. Dezember 1984 nicht.
I. Dem Zusatzvertrag vom 11. April 1970 und dem Ergänzungsvertrag vom 23. Mai 1972 lässt sich nicht entnehmen, dass ausschließlich das bei Abschluss dieser Verträge geltende Beamtenversorgungsrecht übernommen werden sollte (sog. statische Verweisung). Werden außerhalb des Arbeitsvertrages liegende Regelungswerke wie das Beamtenversorgungsrecht zugrunde gelegt, so handelt es sich regelmäßig um eine dynamische Verweisung auf die jeweils geltenden Versorgungsregelungen (vgl. ua. BAG 16. August 1988 – 3 AZR 61/87 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 8 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 2, zu 2b der Gründe; 20. März 2001 – 3 AZR 260/00 – EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 6, zu B I 5b der Gründe). Statische Verweisungen sind die Ausnahme. Dafür enthalten die getroffenen Vereinbarungen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
Nach Nr. 1 Abs. 1 des Zusatzvertrages vom 11. April 1970 wird der Kläger “nach den für Landesbeamte geltenden Vorschriften” versorgt. Landesbeamte erhalten aber keine statische Versorgung. Das Beamtenversorgungsrecht unterliegt Wandlungen, von denen auch der Kläger nicht ausgenommen werden sollte. Verbesserungen der Beamtenversorgung sollten ihm nicht vorenthalten werden. Umgekehrt sollte er nicht vor Verschlechterungen bewahrt bleiben.
II. Die dynamische Verweisung bedeutet jedoch nicht, dass sämtliche Vorschriften und Änderungen des Beamtenversorgungsrechts unbesehen übernommen werden können, sondern führt zu einer entsprechenden Anwendung der fremden Versorgungsordnung. Bei den einzelnen Vorschriften des Beamtenversorgungsgesetzes ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung vorliegen. Die Bestimmungen müssen nach Inhalt, Regelungszweck und Interessenlage auf die vorliegende Altersversorgung übertragbar sein (vgl. BAG 22. Februar 2000 – 3 AZR 108/99 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 14 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 4, zu I 2b der Gründe). Dies traf bis zum 31. Dezember 1984 für eine Ausweitung der beamtenrechtlichen Anrechnungsvorschriften auf Versorgungsleistungen aus berufsständischen Versorgungswerken nicht zu.
1. Bis zum 31. Dezember 1984 war der Kläger nach Nr. 2 des Zusatzvertrages vom 11. April 1970 und § 1 des Ergänzungsvertrages vom 23. Mai 1972 verpflichtet, seinem Arbeitgeber die Umlagen zumindest bis zum Eintritt des Versorgungsfalles zu erstatten. Soweit der Arbeitnehmer die Altersversorgung durch Eigenbeiträge finanziert, handelt es sich um Eigenvorsorge. Sie weist qualitative Unterschiede zu der vom Arbeitgeber finanzierten betrieblichen Altersversorgung auf. Die zeitratierliche Kürzung bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis beschränkt sich auf den vom Arbeitgeber zu finanzierenden Teilanspruch und gilt nicht für die durch Eigenbeträge finanzierten Versorgungsleistungen (vgl. § 2 Abs. 2 und 3 BetrAVG).
Die Eigenvorsorge ist weiter gehend gegen Einschränkungen geschützt als die vom Arbeitgeber finanzierte betriebliche Altersversorgung. Dies ist nicht nur für eine Inhaltskontrolle, sondern auch für die Auslegung von Versorgungsvereinbarungen und die entsprechende Anwendung neuer Vorschriften des Beamtenversorgungsrechts von Bedeutung.
2. Solange der Kläger die vom beklagten Krankenhausträger zugesagte beamtenähnliche Versorgung selbst finanzierte und die Arbeitsvertragsparteien die Beiträge zum berufsständischen Versorgungswerk der Ärzteversorgung Niedersachsen hälftig trugen, handelte es sich um nebeneinander stehende, zusätzliche Versorgungen. Die Versorgungsleistungen aus dem berufsständischen Versorgungswerk waren damals nicht in ein Gesamtversorgungssystem einbezogen. Darauf bauten die von der Beklagten zu 2) erhobenen und vom Kläger im Wege der Erstattung getragenen Umlagen auf. Die Eigenvorsorge des Klägers war dementsprechend auf eine beamtenähnliche Versorgung zusätzlich zu den Rentenleistungen aus der Ärzteversorgung Niedersachsen ausgerichtet.
3. Durch Art. 1 Nr. 16 Buchst. a BeamtVGÄndG 1993 (BGBl. I 1994 S. 2442) ist in das Beamtenversorgungsgesetz der ab 1. Oktober 1994 geltende § 55 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 eingefügt worden, der die Anrechnung von Leistungen aus berufsständischen Versorgungswerken vorsieht. Diese erweiterte Anrechnungsvorschrift ist nach Regelungszweck und Interessenlage nicht auf die im Zusatzvertrag vom 11. April 1970 und dem Ergänzungsvertrag vom 23. Mai 1972 vereinbarte Eigenvorsorge übertragbar.
a) § 55 BeamtVG soll – gemessen am Versorgungsziel – überhöhte Gesamtversorgungen ausschließen. Doppelbelastungen der öffentlichen Hand (im unmittelbaren Anwendungsbereich) oder des Versorgungsschuldners (bei entsprechender Anwendung) sollen verhindert werden (vgl. BAG 22. Februar 2000 – 3 AZR 108/99 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 14 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 4, zu I 2b der Gründe; 19. Dezember 2000 – 3 AZR 511/99 –, zu II 2 und 3 der Gründe). Soweit eine Eigenvorsorge vorliegt, kommt es im vorliegenden Fall zu keiner Doppelbelastung der öffentlichen Hand oder des Versorgungsschuldners. Auch von einer Doppelversorgung kann keine Rede sein. Darunter sind mehrere arbeitgeberfinanzierte Versorgungsleistungen mit dem gleichen Versorgungsziel zu verstehen.
b) Diese Beurteilung wird durch § 55 Abs. 1 BeamtVG und § 5 Abs. 2 BetrAVG bestätigt. Diese Vorschriften befassen sich zwar nicht mit der Einordnung und Bewertung der Versorgung, auf die angerechnet werden soll, sondern mit der Frage, welche Versorgungsleistungen angerechnet werden dürfen, also mit der anzurechnenden Versorgung. Dies ändert aber nichts daran, dass diese Vorschriften eine auch für den vorliegenden Fall bedeutsame Wertung enthalten. Danach liegt eine besonders zu schützende Eigenvorsorge und keine Doppelversorgung vor, wenn der Arbeitnehmer zu mehr als der Hälfte die Versorgungsbezüge zu finanzieren hat. Dies traf bis zum 31. Dezember 1984 auf die dem Kläger zugesagte beamtenähnliche Versorgung zu.
c) Dagegen hatte der Arbeitnehmer in den vom Senat mit Urteil vom 16. August 1988 (– 3 AZR 61/87 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 8 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 2) und vom 22. Februar 2000 (– 3 AZR 108/99 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 14 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 4) entschiedenen Fällen die Umlagen nur zur Hälfte zu erstatten. Damit handelte es sich um eine ausreichend arbeitgeberfinanzierte Altersversorgung. Eine höchstens hälftige Beteiligung des Arbeitnehmers an der Finanzierung änderte nichts daran, dass die betriebliche Altersversorgung nach den Bestimmungen des Beamtenversorgungsrechts einschließlich der verschärften Anrechnungsvorschriften zu berechnen war. Demgemäß war zwischen der Berechnung der Versorgungsbezüge und der Aufbringung der Mittel für die Altersversorgung zu unterscheiden. Die im Zusatzvertrag vom 11. April 1970 und im Ergänzungsvertrag vom 23. Mai 1972 vorgeschriebene Erstattung der gesamten Umlage durch den Arbeitnehmer mindestens bis zum Eintritt des Versorgungsfalles veränderte jedoch die Bewertung und die Einordnung der vereinbarten Versorgung.
d) Da die durch Eigenvorsorge erkauften zusätzlichen Rentenleistungen keine “überhöhte Versorgung” darstellen, ist die Nichtanrechnung anders als in den vom Senat mit Urteil vom 16. August 1988 (– 3 AZR 61/87 – aaO) und vom 22. Februar 2000 (– 3 AZR 108/99 – aaO) entschiedenen Fällen kein Systembruch. Vielmehr wäre die Anrechnung der vom Arbeitgeber hälftig finanzierten berufsständischen Versorgungsleistungen auf die durch Eigenvorsorge erworbene beamtenähnliche Altersversorgung systemwidrig gewesen.
4. Nr. 5 des Zusatzvertrages vom 11. April 1970 führt zu keinem anderen Ergebnis. Darin vereinbarten die Arbeitsvertragsparteien, dass sich die Versorgungspflichten des Krankenhausträgers auf den Betrag beschränken, den die Beklagte zu 2) für den Kläger zahlt. Die Besonderheiten der vereinbarten Versorgung erfordern eine enge Auslegung dieser Abrede. Sie trägt zwar dem Interesse der Arbeitgeberin Rechnung, dass ihre Versorgungspflichten nicht über die Leistungen der Beklagten zu 2) hinausgehen. Dieses Interesse und die Bedeutung der Vertragsklausel dürfen aber nicht losgelöst vom übrigen Inhalt der Versorgungsvereinbarung betrachtet werden. Verträge sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Treu und Glauben gebieten insbesondere einen ausreichenden Vertrauensschutz. Die Besonderheiten der vereinbarten Versorgung können einen verschärften Vertrauensschutz erfordern (vgl. BAG 19. Dezember 2000 – 3 AZR 511/99 –, zu III 2b der Gründe). Im vorliegenden Fall musste der Kläger nicht mit einer systemwidrigen, erweiterten Anrechenbarkeit anderer Versorgungsleistungen auf seine Eigenvorsorge rechnen.
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses war sichergestellt, dass die Leistungspflichten der beiden Beklagten übereinstimmten. Bei künftigen Änderungen des Beamtenversorgungsrechts kam es, wie bei dynamischen Verweisungen auf fremde Regelwerke üblich, darauf an, ob die Anwendung der Neuregelung sach- und interessengerecht war. Soweit die Arbeitgeberin trotz Vorliegens einer Eigenvorsorge und damit zeitweilig funktionswidrig eine auf arbeitgeberfinanzierte Versorgungen zugeschnittene Versorgungskasse einschaltete, hatte sie die daraus entstehenden Risiken zu tragen.
III. Die im Jahre 1986 vereinbarte Änderung der Finanzierung eröffnete nicht eine Anrechenbarkeit, die nach dem bisherigen Versorgungsvertrag ausgeschlossen war.
Die Beklagte verpflichtete sich, rückwirkend zum 1. Januar 1985 die Umlagen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung bei der Beklagten zu 2) zu tragen (vgl. Nr. 2 der nicht unterschriebenen, aber praktizierten Vereinbarung). Dadurch wurde die Versorgung qualitativ verändert. Bis einschließlich 31. Dezember 1984 handelte es sich um eine Eigenvorsorge. Ab 1. Januar 1985 wurde sie in eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung umgewandelt. Mit dieser Abrede sollte die Rechtsstellung des Klägers verbessert, jedoch nicht für die Zeit bis 31. Dezember 1984 teilweise verschlechtert werden. Der Teil der Versorgungsleistungen aus dem berufsständischen Versorgungswerk, der bis 31. Dezember 1984 erworben worden war und wegen des bisherigen Eigenvorsorgecharakters der beamtenähnlichen Versorgung unabhängig von den späteren Änderungen des § 55 BeamtVG nicht angerechnet werden durfte, war entsprechend der bisherigen Versorgungsstruktur weiterhin zusätzlich zur beamtenähnlichen Versorgung zu zahlen.
Für einen Eingriff in diese Rechtsposition enthält weder der vorgelegte Vereinbarungsentwurf noch der Sachvortrag der Parteien ausreichende Anhaltspunkte. Im Gegenteil: Nach der von der Beklagten zu 1) vorgelegten und später trotz fehlender Unterzeichnung praktizierten Vereinbarung verpflichtete sich der Kläger, rückwirkend ab 1. Januar 1985 für liquidationsberechtigte Leistungen im stationären Bereich an das Krankenhaus ein bestimmtes Nutzungsentgelt (Kostenerstattung und Vorteilsausgleich) zu leisten. Gleichzeitig wurde sein Gehalt auf A 16 angehoben (Nr. 1 der Vereinbarung) und die Umlagefinanzierung der beamtenähnlichen Versorgung zugunsten des Klägers geändert (Nr. 2 der Vereinbarung). Der Kläger durfte davon ausgehen, dass Nr. 1 und 2 der Vereinbarung ausschließlich Verbesserungen enthielten und die Einbußen, die ihm durch das in Nr. 3 der Vereinbarung vorgesehene Nutzungsentgelt entstanden, teilweise abmilderten. Die von der Arbeitgeberin rückwirkend übernommenen Umlagebeträge wurden auch mit der Nachzahlung der höheren Abgabeverpflichtung des Klägers verrechnet (vgl. Schreiben der Arbeitgeberin vom 13. März 1986).
Die Beklagte zu 2) schuldet dem Kläger zwar Versorgungsleistungen. Sie ist jedoch zu der vom Kläger beanstandeten Anrechnung befugt.
I. Die Satzungsbestimmungen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft sind Rechtsnormen, die nicht nur den Mitgliedern der Körperschaft, sondern auch Dritten – hier den versorgungsberechtigten Beamten und Angestellten – Ansprüche einräumen können. Dies ist in § 19 der Satzung der Beklagten zu 2) geschehen. Die Versorgungskasse betätigt sich nicht nur als Abwicklungs- und Zahlstelle ihrer Mitglieder, sondern erfüllt nach § 19 Abs. 2 Satz 1 ihrer Satzung die Leistungen “als eigene Aufgabe”. “Insofern tritt” sie nach § 19 Abs. 2 Satz 2 ihrer Satzung in der derzeit geltenden Fassung “für die Dauer der Mitgliedschaft in die versorgungsrechtlichen Verpflichtungen der Mitglieder ein”. Die Bediensteten und Versorgungsempfänger können demgemäß die Kasse verklagen. Folgerichtig bestimmt § 19 Abs. 4 der Satzung, dass “bei Rechtsstreitigkeiten der Bediensteten und Versorgungsempfänger gegen Entscheidungen der Kasse vor der Stellung eines Klageabweisungsantrages das Mitglied anzuhören ist”, also der Dienstherr bzw. Arbeitgeber. Dies gilt unabhängig davon, ob der Versorgungsempfänger Beamter oder Angestellter war. Die in § 19 der Satzung enthaltene Regelung der Rechtsbeziehungen der Kasse ist nicht auf Beamte beschränkt. Einen unmittelbaren Anspruch der angemeldeten Beamten und Angestellten auf Versorgungsleistungen gegen die Versorgungskasse sah bereits § 19 Abs. 1 Satz 3 der seit 1. Juli 1967 geltenden Satzung vor.
II. Die Satzung bestimmt auch, welche Leistungen die beklagte Versorgungskasse zu erbringen hat. Nach § 20 Abs. 1 der Satzung trägt die Kasse – abgesehen von den in §§ 21 und 22 der Satzung enthaltenen Ausnahmen – “die zu gewährenden Versorgungsleistungen nach den für Landesbeamte jeweils geltenden beamtenrechtlichen Bestimmungen und nach Maßgabe der Satzung, sofern die Übernahme nicht allgemein oder im Einzelfall ausgeschlossen ist”. Ferner übernimmt sie nach § 20 Abs. 2 der Satzung die Leistungen, die im Rahmen des nach Ehescheidungen stattfindenden Versorgungsausgleichs zu erbringen sind, und gleicht nach § 20 Abs. 3 der Satzung den Unfallfürsorgeaufwand ihrer Mitglieder aus. Der Leistungskatalog der Satzung ist abschließend. Die Beklagte zu 2) steht nicht für Versorgungspflichten ihrer Mitglieder ein, die über die beamtenrechtlichen Bestimmungen hinausgehen. Die angemeldeten Angestellten haben nur insoweit einen unmittelbaren Anspruch gegen die Kasse, als sie nach ihren Satzungsbestimmungen Versorgungsbezüge zu erbringen hat.
1. Da sich die Versorgungspflicht der Beklagten zu 2) nach den für Landesbeamte “jeweils geltenden” beamtenrechtlichen Bestimmungen richtet, hat sie § 55 BeamtVG in der seit dem 1. Oktober 1994 geltenden Fassung anzuwenden. Die Ausweitung der Anrechnungsvorschrift auf mindestens hälftig vom Dienstherrn mitfinanzierte Leistungen aus berufsständischen Versorgungswerken ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dies hat der Senat bereits mehrfach entschieden (vgl. 22. Februar 2000 – 3 AZR 39/99 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 13 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 3, zu B IV 1 der Gründe; 22. Februar 2000 – 3 AZR 108/99 – AP BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 14 = EzA BetrAVG § 1 Beamtenversorgung Nr. 4, zu I 4a der Gründe; 19. Dezember 2000 – 3 AZR 511/99 –, zu III 1 der Gründe). Neue Argumente hat der Kläger nicht vorgebracht.
2. Die Begrenzung der Versorgungspflichten der Kasse trägt den Belangen dieser Solidargemeinschaft Rechnung. Die in der Satzung vorgeschriebene vergütungsbezogene Berechnung der Umlagen (vgl. §§ 30 ff. der Satzung) ist nur dann sach- und interessengerecht, wenn die Kasse nach einheitlichen Berechnungsgrundsätzen zahlt und weiter gehende Versorgungslasten ihrer Mitglieder nicht trägt.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Breinlinger, Lohre
Der ehrenamtliche Richter Reissner ist durch Urlaub an der Unterschrift gehindert.
Reinecke
Fundstellen
FA 2004, 215 |
NZA 2004, 872 |
ZTR 2004, 440 |
AP, 0 |
NJOZ 2004, 2676 |