Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung wegen eines sogenannten Mischtatbestandes
Leitsatz (redaktionell)
Wird eine nach § 1 KSchG zu beurteilende ordentliche Kündigung mit einem Kündigungssachverhalt begründet, der mehrere in § 1 Abs 2 Satz 1 KSchG geregelte Gründe berührt (Kündigung wegen eines Mischtatbestandes), dann richtet sich der Prüfungsmaßstab in erster Linie danach, aus welchem der im Gesetz genannten Bereiche die Störung kommt, die sich auf das Arbeitsverhältnis nachteilig auswirkt.
Normenkette
KSchG § 1 i.d.F des Gesetzes vom 25. September 1996 (BGBl. I S. 1476), § 2 Fassung 1969-08-25
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 04.10.1984; Aktenzeichen 10 Sa 164/84) |
ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 30.11.1983; Aktenzeichen 1 Ca 1471/83) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Änderungskündigung der Beklagten.
Der am 19. Februar 1949 geborene Kläger ist gelernter Koch. Seit dem 16. Juni 1979 ist er bei der Beklagten, einem Großunternehmen der Metallindustrie mit rund 800 Beschäftigten, im Küchenbereich als Koch beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Nordrhein- Westfalens Anwendung. Nach Lohngruppe 8 des Lohnrahmenabkommens vom 11. Januar 1973 (LRA) erzielt der Kläger einen Stundenverdienst von 15,60 DM brutto.
In den vom Betriebsrat gegengezeichneten Arbeitsplatzbeschreibungen vom 13. Dezember 1974, 11. Februar 1980 und 10. Mai 1983 ist für den Arbeitsplatz, für den der Kläger eingestellt worden ist, unter Ziff. 7 jeweils aufgeführt, daß zum Arbeitsbereich dieses Arbeitsplatzes auch die verantwortliche Vertretung der Küchenleitung gehört.
Mit Schreiben vom 4. Juli 1983 - dem Kläger am gleichen Tage zugegangen - sprach die Beklagte dem Kläger eine Änderungskündigung zum 31. Juli 1983 aus. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
"Änderungskündigung
------------------
Wie wir von Ihren Vorgesetzten erfahren, sind Sie
nach eigenen Angaben nicht bereit, neben Ihrer
Tätigkeit als Koch die Stellvertretung des Kan-
tinenleiters zu übernehmen.
Das war aber die Voraussetzung zur damaligen Ein-
stufung in die Lohngruppe 8.
Wir sehen uns daher gezwungen, das mit Ihnen be-
stehende Arbeitsverhältnis als Koch und Vertreter
des Kantinenleiters fristgemäß zum 31.07.1983 zu
kündigen.
Gleichzeitig bieten wir Ihnen an, Sie ab 01.08.1983
als Koch in der Lohngruppe 7, mit einem Stundenlohn
von z. Zt. 13,46 DM in der Kantine unseres Werkes
Eckesey zu beschäftigen.
Der Betriebsrat wurde gemäß Betriebsverfassungs-
gesetz angehört und hat der Maßnahme zugestimmt.
Bitte lassen Sie uns möglichst bald, spätestens
bis zum 22. Juli 1983 schriftlich wissen, ob Sie
gewillt sind, unter den neuen Bedingungen das Ar-
beitsverhältnis fortzusetzen andernfalls es mit
Ablauf der Kündigungsfrist endet."
Der Kläger hat das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen und am 21. Juli 1983 beim Arbeitsgericht Hagen Klage gegen die Änderungskündigung erhoben. Er hat vorgetragen, die Änderungskündigung sei weder durch sein Verhalten noch aus anderen Gründen berechtigt. Seine Verpflichtung zur Stellvertretung des Küchenleiters habe er unbeanstandet erfüllt, bis im März 1983 einem anderen Arbeitskollegen die Stellvertretung des Küchenleiters übertragen worden sei. Zu keiner Zeit habe er sich geweigert, die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Es sei falsch, wenn die Beklagte es als unstreitig darstelle, daß er nicht bereit gewesen sei, die Tätigkeit der Stellvertretung des Küchenleiters zu übernehmen. Im übrigen müsse er bestreiten, daß der Betriebsrat ordnungsgemäß im Sinne des § 102 BetrVG gehört worden sei.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Änderung der
Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit
der Änderungskündigung vom 4. Juli 1983
unwirksam ist.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und geltend gemacht, die Voraussetzungen für die Eingruppierung in die Lohngruppe 8 seien weggefallen, nachdem sich der Kläger abschließend geweigert habe, und zwar letztmalig als im März 1983 eine Neuordnung der Küche und Kantine angestanden habe, die Stellvertretung des Küchenchefs zu übernehmen. Nach der zusammen mit dem Betriebsrat vorgenommenen Neuordnung der Stellenbeschreibung habe sie gekündigt, da nunmehr die Voraussetzungen für die Lohngruppe 8 nicht mehr erfüllt gewesen seien. Die Änderungskündigung sei daher nicht aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen ausgesprochen worden, sondern deswegen, weil der Kläger nur Tätigkeiten verrichte, die der Tätigkeitsbeschreibung der Lohngruppe 7 entsprächen, also um eine tarifgerechte Eingruppierung zu erzielen. Einer Abmahnung, deren Funktion und Sinn vorliegend nicht ersichtlich sei, habe es nicht bedurft. Für den Kläger, der vertraglich zur Übernahme der Stellvertretung des Küchenchefs verpflichtet gewesen wäre, habe es auch klar sein müssen, daß seine Ablehnung eine Reduzierung der Lohngruppe und damit notwendigerweise auch des Geldes zur Folge habe.
Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung des Kantinenleiters St und des Leiters des Personal- und Ausbildungswesens B als Zeugen der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klagabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben im Ergebnis zu Recht die von der Beklagten mit Schreiben vom 4. Juli 1983 ausgesprochene Änderungskündigung als sozial nicht gerechtfertigt angesehen.
I. Gegen die Zulässigkeit der Revision bestehen keine Bedenken.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die Revision wegen der Bedeutung der Rechtssache nur bezüglich der Frage zugelassen, ob zum Zwecke einer tarifgerechten Eingruppierung eine betriebsbedingte Änderungskündigung ausgesprochen werden kann. Eine beschränkte Zulassung der Revision ist zwar grundsätzlich möglich (BAG 39, 112; 40, 250; BGHZ 53, 152; 76, 397; BGH JR 1984, 113), jedoch muß sich die Beschränkung nicht nur klar und eindeutig aus dem Berufungsurteil ergeben, sondern sie kann sich auch nur auf Teile des Streitstoffes beziehen, über die in einem besonderen Verfahrensabschnitt durch Teil- oder Zwischenurteil entschieden werden kann, d. h. erforderlich ist, daß sich die beschränkte Zulassung auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffes bezieht (BGHZ 76, 397; BGH VersR 1980, 264; BGH JR 1984, 113; BAG Urteil vom 14. November 1984 - 7 AZR 133/83 - AP Nr. 89 zu § 626 BGB, die Entscheidung ist auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt). Daran fehlt es jedoch vorliegend. Es ist daher von einer unbeschränkten Revisionszulassung und damit von einer insgesamt statthaften Revision auszugehen.
2. Die Revision ist auch nicht deswegen unzulässig, weil Rechtsanwalt H als sogenannter Syndikus-Anwalt unter dem Briefkopf des Unternehmensverbandes der Metallindustrie für Dortmund und Umgebung e. V. Revision eingelegt und sich im Rubrum ausdrücklich als "Rechtsanwalt im Unternehmensverband" aufgeführt hat. Die Revisionsschrift ist nämlich mit "H, Rechtsanwalt" unterschrieben. Auch aus dem Text der Revisionsschrift ergibt sich, daß er selbst in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt Revision einlegen wollte. So ist formuliert: "... lege i c h gegen das Urteil ... Revision ein" und " i c h beantrage ..", ferner "beantrage i c h , die Frist ... zu verlängern". Es spielt keine Rolle, daß es sich bei Herrn H um einen sogenannten Syndikus-Anwalt handelt, der ausschließlich für den angeführten Unternehmensverband tätig wird. Zum Auftreten vor dem Bundesarbeitsgericht ist gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 ArbGG jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt berechtigt. Darunter fällt auch der als Rechtsanwalt zugelassene Syndikus-Anwalt, und zwar gleichgültig, ob er für eine Koalition oder einen sonstigen Verband ausschließlich tätig wird oder nicht (Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts, 7. Aufl., 1. Bd., § 98 II 3, S. 940; Müller/Bauer, Der Anwalt vor den Arbeitsgerichten, 2. Aufl., S. 59).
II. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, nach dem Vorbringen der Parteien und dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, daß sich der Kläger bei mehreren Gelegenheiten gegenüber der Beklagten eindeutig geweigert habe, die ihm nach seinem Arbeitsvertrag und nach der Arbeitsplatzstellenbeschreibung zukommende Aufgabe der Stellvertretung des Küchenleiters zu übernehmen. Gleichwohl sei die auf verhaltensbedingte Gründe, nämlich auf Arbeitsverweigerung gestützte Änderungskündigung nicht wirksam, weil es an einer vorherigen Abmahnung fehle. Ungeachtet des Rechts der Beklagten, bei Arbeitsverweigerung das Arbeitsverhältnis verhaltensbedingt zu kündigen, habe der Kläger im Hinblick auf die bereits seit Dezember 1979 andauernden Meinungsverschiedenheiten auch nicht damit zu rechnen brauchen, daß die Beklagte nunmehr mit einer Kündigung reagieren werde. Auch auf den Gesichtspunkt der tarifgerechten Eingruppierung könne sich die Beklagte zur Stützung der Änderungskündigung nicht berufen. Zwar sei anerkannt, daß es im dringenden betrieblichen Interesse liegen könne, die Vergütung des Arbeitnehmers der tariflichen Vorschrift anzupassen. Dem könne aber für den Fall nicht gefolgt werden, daß dem Arbeitgeber zur Erledigung des Problems ein weitergehendes und Klarheit schaffendes Mittel zur Verfügung stehe, nämlich die Möglichkeit der Kündigung überhaupt. Wenn der Kläger, wie er nicht bestreite, verpflichtet war, die Küchenleitung stellvertretend zu übernehmen, dann sei die tarifliche Herabgruppierung keine adäquate Gegenreaktion und damit nicht betriebsbedingt. Auf die Frage, ob der Betriebsrat ordnungsgemäß gehört worden sei, komme es somit nicht mehr an.
III. Dieser Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann zwar im Ergebnis, in der Begründung aber nur teilweise gefolgt werden.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die von der Beklagten mit Schreiben vom 4. Juli 1983 zum 31. Juli 1983 ausgesprochene Änderungskündigung sowohl unter dem Gesichtspunkt einer verhaltensbedingten, als auch einer betriebsbedingten Kündigung geprüft. Es hat zwar zutreffend einen sog. Mischtatbestand angenommen (vgl. KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG Rz 176), aber den Kündigungssachverhalt zu Unrecht unter beiden Aspekten untersucht. Soweit die Beklagte meint, sie habe keine verhaltensbedingte, sondern nur eine betriebsbedingte Änderungskündigung ausgesprochen, kann ihr nicht gefolgt werden. Richtig ist zwar, daß die Kündigung auch wegen der durch die Weigerung des Klägers vorgenommenen Bestellung eines anderen Arbeitnehmers zum Stellvertreter des Kantinenleiters erfolgt ist. Die Herabgruppierung des Klägers von der Lohngruppe 8 in die Lohngruppe 7 diente so gesehen der Angleichung der Vergütung an den veränderten Aufgabenbereich. Auslösendes Moment dieser "betriebsbedingten Änderungskündigung" war jedoch die vom Berufungsgericht festgestellte Weigerung des Klägers, die Aufgaben eines Stellvertreters des Küchenleiters bzw. Kantinenleiters verantwortlich wahrzunehmen. Insoweit liegt in erster Linie ein verhaltensbedingter Änderungskündigungsgrund vor. Denn die Beklagte hätte sich weder veranlaßt gesehen, den Koch K mit Wirkung vom 1. Juni 1983 mit der Stellvertretung des Küchenleiters zu betrauen noch dem Kläger eine Änderungskündigung auszusprechen, wenn dieser bereit und willens gewesen wäre, die Stellvertreterfunktionen auch tatsächlich wahrzunehmen. Für die Änderungskündigung waren somit zwar verhaltens- und betriebsbedingte Gründe maßgebend. Die "Störquelle" lag aber im Bereich des Verhaltens des Klägers und darauf ist bei Mischtatbeständen zur Qualifikation der Kündigung und für den Prüfungsmaßstab abzustellen (KR-Becker, aa0, § 1 KSchG Rz 178). Sowohl unter dem Gesichtspunkt der verhaltensbedingten als auch dem der betriebsbedingten Kündigung wäre der Kündigungssachverhalt nur dann zu prüfen gewesen, wenn es um zwei in ihrer Entstehung voneinander unabhängige Kündigungstatbestände ginge, die nicht auf eine gemeinsame, primäre "Störquelle" zurückgeführt werden könnten (KR-Becker, aaO, § 1 KSchG Rz 178-180). Diesen systematischen Unterschied verkennt Meisel (Anmerkung zu BAG AP Nr. 12 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, Abschnitt 9), indem er auch bei "Mischtatbeständen" die von Becker (aa0) für mehrere Kündigungssachverhalte dargestellten Grundsätze anwenden will. Vorliegend hat die Beklagte aber nicht zwei voneinander abgrenzbare Kündigungsgründe, sondern einen auch nach ihrer Auffassung nur einheitlich zu bewertenden Kündigungssachverhalt vorgetragen.
2. Das Landesarbeitsgericht hat die Änderungskündigung, bei der es in erster Linie um den sog. Inhaltsschutz geht, bei der Prüfung auf verhaltensbedingte Gründe deswegen als unbegründet angesehen, weil die Beklagte den Kläger nicht zuvor abgemahnt habe, auch die verweigerten Aufgaben als Stellvertreter des Küchenleiters zu übernehmen. Diese Würdigung ist frei von Rechtsfehlern.
a) Grundsätzlich ist ein Arbeitnehmer, der wegen eines nicht vertragsgerechten Verhaltens gekündigt werden soll, zunächst abzumahnen; das gilt insbesondere bei Störungen im Leistungsbereich (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BAG 19, 351, 354; BAG Urteil vom 29. Juli 1976 - 3 AZR 50/75 - AP Nr. 9 zu § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung; BAG Urteil vom 18. Januar 1980 - 7 AZR 75/78 - AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung; KR-Becker, aa0, Rz 234; KR-Hillebrecht, 2. Aufl., § 626 BGB Rz 96, jeweils m.w.N.). Abmahnung bedeutet, daß der Arbeitgeber in einer für den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise seine Beanstandungen vorbringt und damit deutlich, wenn auch nicht expressis verbis, den Hinweis verbindet, im Wiederholungsfalle sei der Inhalt oder der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet. Entbehrlich ist eine Abmahnung nur dann, wenn im Einzelfall besondere Umstände vorgelegen haben, aufgrund derer eine Abmahnung als nicht erfolgversprechend angesehen werden dürfte (aa0).
b) Im Streitfall ist eine Abmahnung im dargelegten Sinne unstreitig nicht erfolgt. Entgegen der Auffassung der Revision war eine Abmahnung auch weder entbehrlich noch sinnlos. Der Kläger ist zwar wiederholt gefragt worden, ob er die "volle" Stellvertretung des Küchenleiters übernehmen wolle, also offenbar unter Einschluß der Aufgaben, die die zwischenzeitlich ausgeschiedene Wirtschafterin für den Küchenleiter bislang mit erledigt hatte. Ausdrücklich ist er jedoch nicht darauf hingewiesen worden, daß die volle Stellvertretung des Küchen- bzw. Kantinenleiters zu seinen Arbeitsvertragspflichten gehöre und er mit rechtlichen Konsequenzen für sein Arbeitsverhältnis, insbesondere mit einer Rückstufung in die Lohngruppe 7 rechnen müsse, wenn er dieser seiner arbeitsvertraglichen Pflicht nicht nachkomme. Unter den gegebenen Umständen konnte der Kläger daher nicht voraussehen, seine in mehreren Gesprächen geäußerte Ablehnung, die "volle" Stellvertretung des Küchenleiters zu übernehmen, werde nunmehr eine Änderungskündigung zum Zwecke der Rückstufung zur Folge haben. Die ohne vorherige Abmahnung erfolgte und auf verhaltensbedingte Gründe gestützte Änderungskündigung entbehrt daher der sozialen Rechtfertigung, weil trotz der bereits seit Dezember 1979 anhaltenden Meinungsverschiedenheiten über diese Frage nicht ausgeschlossen werden kann, daß eine ordnungsgemäße Abmahnung Erfolg gehabt hätte. Zwingende Anhaltspunkte für das Gegenteil sind jedenfalls nicht ersichtlich.
3. Auf die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zum Fehlen betriebsbedingter Gründe kommt es bei dieser rechtlichen Qualifikation der Kündigung nicht mehr an. Der Senat hält es jedoch für angezeigt, darauf hinzuweisen, daß das Landesarbeitsgericht im Rahmen der weiteren Begründung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verkannt hat, indem es gegenüber der Änderungskündigung darauf verwiesen hat, die Beklagte habe zur Erledigung des Problems der tarifgerechten Vergütung ein weitergehendes Mittel zur Verfügung gehabt, nämlich "die Möglichkeit der Kündigung überhaupt". Damit meint das Landesarbeitsgericht offensichtlich eine Beendigungskündigung. Diese Begründung verkehrt den aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit herzuleitenden "Vorrang" der Änderungskündigung vor der Beendigungskündigung aber geradezu in sein Gegenteil (vgl. dazu BAG 31, 158, 161; BAG 33, 1; Urteil des Senats vom 27. September 1984 - 2 AZR 62/83 - EzA § 2 KSchG Nr. 5 - die Entscheidung ist auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
IV. Aus den dargelegten Gründen war daher die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Hillebrecht Dr. Röhsler Dr. Weller
Brocksiepe Schulze
Fundstellen
BB 1986, 2199-2200 (LT1) |
DB 1986, 2133-2134 (LT1) |
NJW 1987, 516 |
ARST 1987, 57-58 (LT) |
NZA 1986, 713-713 (LT1) |
RdA 1986, 332 |
RzK, I 5b Nr 1 (LT1) |
SAE 1987, 188-189 (LT) |
AP § 1 KSchG 1969 (LT), Nr 12 |
AR-Blattei, ES 1020 Nr 270 (LT1) |
AR-Blattei, Kündigungsschutz Entsch 270 (LT1) |
Arbeitgeber 1987, 233-233 (L) |
EzA § 1 KSchG, Nr 42 (LT1) |