Entscheidungsstichwort (Thema)
Kaufkraftausgleich für Auslandsbedienstete
Leitsatz (amtlich)
- Verweist ein Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (hier: SR 2d BAT Nr. 7) auf die für die Beamten des Arbeitgebers geltenden Bestimmungen (hier: Besoldungsrechtliche Bestimmungen über den Kaufkraftausgleich für Beamte im Ausland), so soll dem Arbeitnehmer insoweit dieselbe Rechtsstellung eingeräumt werden wie dem Beamten. Steht nach den für Beamte geltenden Vorschriften die Leistungsgewährung im Ermessen des Dienstherrn, so gelten deshalb auch für den Arbeitnehmer nicht die zu § 315 BGB, sondern die zum Verwaltungsermessen entwickelten Grundsätze (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. z.B. Urteil vom 16. Januar 1985 – 7 AZR 270/82 – AP Nr. 9 zu § 44 BAT).
- Greift die Revision die Würdigung eines Sachverständigengutachtens durch das Berufungsgericht an, so genügt es nicht vorzutragen, daß das Gutachten unzutreffend sei. Diese Rüge ist nur dann ausreichend begründet, wenn ausgeführt wird, welche in der Fachliteratur oder in Fachzeitschriften erörterten oder sonst zugänglichen Erkenntnisse der Sachverständige bei Erstattung des Gutachtens nicht berücksichtigt hat und inwiefern bei Verwertung dieser Erkenntnisse ein anderes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre. Nur eine derartige Begründung der Verfahrensrüge setzt den Revisionsrichter in die Lage nachzuprüfen, ob das bereits erstattete Gutachten seinen Zweck nicht erfüllen konnte und sich dieser Mangel dem Tatrichter aufdrängen mußte.
Normenkette
BAT § 2, SR 2d Nr. 7; BBesG §§ 7, 52, 54; BGB § 315; ZPO §§ 253, 286, 554
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe eines von der Beklagten zu zahlenden Kaufkraftausgleichs.
Der Kläger ist aufgrund eines Dienstvertrages vom 14. November 1980 bei der Beklagten als Angestellter des Deutschen … Instituts in Paris beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag vom 23. Februar 1961 (BAT) einschließlich der Sonderregelungen für Angestellte, die zu Auslandsdienststellen des Bundes entsandt sind (SR 2d BAT), Anwendung. Nach Nr. 7 Abs. 2 SR 2d BAT gelten die §§ 7, 54 BBesG entsprechend. Danach wird für Auslandsbedienstete der Unterschied zwischen der Kaufkraft der fremden Währung und der Deutschen Mark durch Zu- und Abschläge ausgeglichen (Kaufkraftausgleich), wobei 60 vom Hundert der Dienstbezüge nach § 52 BBesG zugrunde gelegt werden. Die Teuerungsziffern des Kaufkraftausgleichs werden in Vielfachen von 5 % festgesetzt. Zur Ermittlung dieser Teuerungsziffern wurde dem Statistischen Bundesamt am 21. Oktober 1963 ein Gutachterauftrag erteilt, wonach dieses in größeren Abständen die Teuerungsziffern ermittelt.
Bis zum 31. Mai 1983 wurde dem Kläger für seinen Dienstort Paris ein Kaufkraftausgleich von 15 % gezahlt. Im Herbst 1982 wurden die Teuerungsziffern vom Statistischen Bundesamt unter Zugrundelegung von Preismaterial des Statistischen Amts der europäischen Gemeinschaft (EUROSTAT) neu ermittelt. Danach wurde der Kaufkraftausgleich ab dem 1. Juni 1983 auf 0 %, ab dem 1. Mai 1984 auf 5 %, ab dem 1. Juni 1985 auf 10 % und ab dem 1. November 1986 wieder auf 10 % neu festgesetzt. Der Festsetzung auf 0 % zum 1. Juni 1983 hatten mehrere Bedienstete des Auswärtigen Amtes in Paris widersprochen, worauf das Statistische Bundesamt in der Zeit vom 27. Februar bis zum 2. März 1984 zusammen mit Botschaftsangehörigen in Paris eine örtliche Preiserhebung durchführte. Das Ergebnis ergibt sich aus dem Bericht des Amtes vom 9. Juli 1984. Der Kläger widersprach mit Schreiben vom 8. Mai 1984 der Festsetzung des Kaufkraftausgleichs auf 0 % ab dem 1. Juni 1983 und mit Schreiben vom 29. März 1985 der Festsetzung auf 5 % ab dem 1. Mai 1984.
Der Kläger hat gemeint, die Festsetzung des Kaufkraftausgleichs auf weniger als 15 % sei für ihn unverbindlich, weil sich die Beklagte unter Berufung auf das Statistikgeheimnis (§ 16 BStatG) weigere, ihm alle der Statistikerhebung zugrundeliegenden Zahlen und Fakten mitzuteilen, insbesondere die erhobenen Einzelpreise und die miteinander zu vergleichenden Geschäfte in Bonn und Paris. Aus verfassungsrechtlichen Gründen müsse er die Festsetzung des Kaufkraftausgleichs nachprüfen können. Das Statistische Bundesamt habe bei seinen Erhebungen statistisch-methodische Verfahrensfehler begangen. Es habe zu seinen – des Klägers – Ungunsten unterschiedliche Markt- und Preisstrukturen unberücksichtigt gelassen, insbesondere den Umstand, daß im Raum Bonn überwiegend in Kaufhäusern unter Ausnutzung des Sonderangebotsmarktes eingekauft werde, während in Paris überwiegend der Einkauf in Fachgeschäften üblich sei. Das Statistische Bundesamt habe die teureren Preise von Fachgeschäften in Bonn dem Preisvergleich zugrunde gelegt, wodurch die Teuerungsziffer niedriger ausfalle, als sie bei Berücksichtigung des tatsächlichen Einkaufsverhaltens der örtlichen Bediensteten wäre.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen zusätzlichen Kaufkraftausgleich in Höhe von DM 34.125,58 für die Zeit von Juni 1983 bis Januar 1989 zu zahlen;
hilfsweise:
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger über sämtliche für die Berechnung des Kaufkraftausgleichs relevanten Unterlagen einschließlich der Preis- und Einkaufsquellen Auskunft zu erteilen und alle Daten, die in die Berechnung 1. Juni 1983 und 1. Mai 1984 eingeflossen sind, offenzulegen, insbesondere
- die verglichenen Geschäftskategorien in Frankreich und in der Bundesrepublik Deutschland,
- die Kriterien für die Zuordnung einzelner Geschäfte zu den verglichenen Kategorien,
- den Anteil der jeweiligen Geschäftskategorie am jeweiligen Einzelhandelsumsatz der verglichenen Orte,
- die in den Vergleich einbezogenen Geschäfte,
- sämtliche in den einzelnen Geschäftskategorien ermittelten Preise,
- in von der Beklagten auszuwählenden repräsentativen Einzelfällen die Zuordnung der ermittelten Preise zu einzelnen Geschäften,
- welche Preise beim Vergleich unberücksichtigt geblieben sind und welche Gründe dies erforderlich gemacht haben,
- welche erhobenen Daten wegen angeblicher Unzuverlässigkeit durch Schätzungen des Statistischen Bundesamtes ersetzt worden sind,
- Art und Umfang der übrigen nachträglich am Ergebnis der Preisberichte oder sonstiger Erhebungen vorgenommenen Korrekturen und Veränderungen,
- die Begründung für derartige Korrekturen,
- in welcher Weise örtliche Besonderheiten hinsichtlich der Einzelhandelsstruktur hinsichtlich der Vergleichbarkeit bestimmter Geschäftskategorien Berücksichtigung gefunden haben (Stichwort: Sonderangebotsmarkt),
- die Begründung der Wägungsanteile, die über den Warenkorb oder sonst in der Teuerungsziffer eingehen,
- die empirischen Grundlagen für die Ermittlungen eines bestimmten Käuferverhaltens,
- die Vergünstigungen, Sondereinkaufsmöglichkeiten usw., die bei der Berechnung der Teuerungsziffer berücksichtigt worden sind,
- die ziffermäßige Relevanz der Vergünstigungen des diplomatischen Personals,
- die Methode der Berücksichtigung von Wechselkursproblemen, die angewandten mathematisch-statistischen Verfahren;
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Zeit ab Juni 1983 einen Kaufkraftausgleich zu zahlen, dessen Höhe durch einen vom Gericht zu bestimmenden Sachverständigen auf der Grundlage der unter Ziffer 1 beantragten Auskünfte bestimmt wird;
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Zeit ab November 1983 einen Kaufkraftausgleich zu zahlen, dessen Höhe durch einen vom Gericht zu bestimmenden Sachverständigen auf der Grundlage der unter Ziffer 1 beantragten Auskünfte bestimmt wird;
hilfsweise:
festzustellen, daß die bisherige Festsetzung des Kaufkraftausgleichs vor und seit Juni 1983 fehlerhaft und das Gehalt des Klägers nach Maßgabe der Erwägungen des Gerichts ab Juni 1983 neu zu berechnen ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die bei der Festsetzung des Kaufkraftausgleichs vom Statistischen Bundesamt zugrundegelegten Verfahren seien zur Festsetzung und Fortrechnung der Teuerungsziffern methodisch richtig und verfahrensmäßig fehlerfrei durchgeführt worden. Der Offenlegung der erhobenen Einzelpreise und sonstigen Daten der Preiserhebung stehe das Statistikgeheimnis des § 16 BStatG entgegen. Die Verwendung von Preismaterial von EUROSTAT bestehe lediglich in der Hinzuziehung von Preisrelationen für Produkte und Produktgruppen entsprechend der vom Statistischen Bundesamt vorgelegten Aufstellung. Die Zuverlässigkeit des von EUROSTAT erhobenen Materials ergebe sich daraus, daß die mit weit überdurchschnittlichem Aufwand durchgeführte örtliche Überprüfung in Paris im Ergebnis zu einer nur um ca. 1 % abweichenden Teuerungsziffer geführt habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen, als die Beklagte zu einer Zahlung von mehr als 4.924,08 DM verurteilt worden ist. Mit der Revision verfolgt der Kläger den abgewiesenen Teil seines Klageanspruchs weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Festsetzung des Kaufkraftausgleichs gegenüber einem Angestellten, dessen Arbeitsverhältnis sich nach dem BAT richte, habe nach billigem Ermessen gemäß § 315 Abs. 1 und 3 BGB zu erfolgen. Die Leistungsbestimmung durch die Beklagte nach Ermittlung des Kaufkraftausgleichs durch das Statistische Bundesamt beruhe auf statistisch-methodisch anerkannter Grundlage. Das vom Gericht eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. N… vom 8. August 1990 führe zu der Überzeugung, daß gegen die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Teuerungsziffern keine wissenschaftlichen Einwände zu erheben seien. Auch das Prinzip der Güterauswahl durch EUROSTAT und deren rechnerische Weiterverarbeitung durch das Statistische Bundesamt könne nicht als ungeeignet oder fehlerhaft angesehen werden. Die vom Kläger hilfsweise erhobenen Auskunftsansprüche seien hinsichtlich der methodischen Grundlagen zur Feststellung des Kaufkraftausgleichs durch die Angaben im Sachverständigengutachten erfüllt. Soweit der Kläger Offenlegung von Einzelpreisen und Geschäften begehre, sei der Anspruch unbegründet, weil die Beklagte keine Auskünfte erteilen könne, die ihr nach § 16 BStatG verboten seien.
Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand, allerdings nur im Ergebnis.
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf den in der Revisionsinstanz noch streitigen Teil des Kaufkraftausgleichs für die Zeit von Juni 1983 bis Januar 1989.
1. Rechtsgrundlage für den Kaufkraftausgleich sind die Bestimmungen in §§ 7, 54 BBesG, die gemäß Nr. 7 Absatz 2 SR 2d BAT entsprechend gelten. Damit sollen die Angestellten hinsichtlich der Voraussetzungen, des Umfangs und der Dauer der zu gewährenden Leistungen den vergleichbaren Beamten gleichgestellt werden. Ein Gefälle sozialer Leistungen zwischen Beamten und Angestellten soll vermieden werden (vgl. zu der vergleichbaren Verweisungsnorm des § 42 Absatz 1 BAT: BAG Urteil vom 16. Februar 1989 – 6 AZR 289/87 – AP Nr. 9 zu § 42 BAT).
Die Verweisung in Nr. 7 Absatz 2 SR 2d BAT auf das Dienstrecht der Beamten ist zulässig, da sie eindeutig ist und das in Bezug genommene Recht mit der tariflichen Regelung in einem engen sachlichen Zusammenhang steht. Sie ist keine unzulässige Delegation der Normsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien (vgl. z.B. BAG Urteil vom 9. Juni 1982 – 4 AZR 274/81 – BAGE 39, 138, 143 f. = AP Nr. 1 zu § 1 TVG Durchführungspflicht). Durch die Verweisungsregelung in Nr. 7 Absatz 2 SR 2d BAT haben die Tarifvertragsparteien keine eigenständige Regelung getroffen. Ob und in welcher Höhe Kaufkraftausgleich zu zahlen ist, richtet sich allein nach den in Bezug genommenen beamtenrechtlichen Bestimmungen und nicht nach § 315 BGB. Dies hat das Berufungsgericht verkannt, wie die Revision zu Recht gerügt hat.
Verweist ein Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes auf die für die Beamten des Arbeitgebers geltenden Bestimmungen, so soll den Arbeitnehmern insoweit dieselbe Rechtsstellung eingeräumt werden wie den Beamten. Damit sind für Beamte geltende Gesetze, Verordnungen und Durchführungserlasse für vergleichbare Angestellte maßgebend. Steht nach den für Beamte geltenden Vorschriften die Leistungsgewährung im Ermessen des Dienstherrn, so gelten deshalb auch für den Arbeitnehmer nicht die zu § 315 BGB, sondern die zum Verwaltungsermessen entwickelten Grundsätze (ständige Rechtsprechung vgl. BAG Urteil vom 7. September 1982 – 3 AZR 1252/79 – BAGE 41, 47 = AP Nr. 7 zu § 44 BAT; BAG Urteil vom 16. Januar 1985 – 7 AZR 270/82 – AP Nr. 9 zu § 44 BAT). Die Gesetzesverletzung durch das Landesarbeitsgericht führt jedoch nicht zur Aufhebung des Berufungsurteils, da sich die Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 563 ZPO).
2. Nach §§ 7, 54 Abs. 1 BBesG erhalten die Beamten mit dienstlichem Wohnsitz in einem fremden Währungsgebiet einen Ausgleich für den Unterschied zwischen der Kaufkraft der fremden Währung und der Kaufkraft der Deutschen Mark durch Zu- oder Abschläge zu ihren Dienstbezügen. Die Höhe des Kaufkraftausgleichs wird gemäß § 7 Satz 2, § 54 Abs. 1 BBesG vom Bundesminister des Innern im Benehmen mit dem Bundesminister der Finanzen und dem Auswärtigen Amt geregelt.
Damit ist die Festlegung der Höhe des jeweiligen Kaufkraftausgleichs ministerieller Bestimmung überlassen. Hiergegen bestehen keine rechtlichen Bedenken. Die Bestimmung der Höhe des Kaufkraftausgleichs durch Rechtsverordnung ist nicht erforderlich (vgl. BVerwG Urteil vom 26. Mai 1971 – VI C 39.68 – BVerwGE 38, 139, 143 f.). Die Festlegung des Umfangs des besoldungsrechtlichen Kaufkraftausgleichs durch ministerielle Bestimmung ist gerichtlich überprüfbar (vgl. BVerwGE 38, 139, 140). Allerdings findet eine gerichtliche Kontrolle der oberstbehördlichen Festlegung nur eingeschränkt statt (vgl. BVerwG Urteil vom 26. Oktober 1995 – 2 C 24/94 – BVerwGE 99, 355). Dem Bundesminister des Innern ist eine Einschätzungsermächtigung bei der Bestimmung und Anwendung der Methode, nach der Kaufkraftunterschiede ermittelt werden, und eine Befugnis zur Generalisierung und Pauschalierung bei der Festsetzung der Höhe des Kaufkraftausgleichs eingeräumt. Dies ergibt sich daraus, daß sich die Kaufkraft einer Währung wie auch der Kaufkraftunterschied verschiedener Währungen einer rein empirischen Bestimmung entziehen. Die Kaufkraft einer Währung stellt keine “Tatsache” in dem Sinne dar, daß sie unter sorgfältiger Beachtung bestimmter methodischer Regeln exakt und nach Maßgabe der von dem Meßverfahren erzielten Genauigkeit nur annähernd objektiv bestimmt werden kann. Vielmehr verlangen die in Betracht kommenden Methoden zur Ermittlung von Kaufkraftunterschieden zahlreiche Wertungen, wie z.B. die Festlegung eines “Warenkorbes” hinsichtlich der Auswahl der Güterkombination, der Auswahl des Gewichts und des Schemas der Waren und der Auswahl der Preisrepräsentanten nach Güteart, Qualität und Verkaufsstelle bei der Anwendung der Methode des Preisvergleichs (vgl. BVerwG Urteil vom 26. Oktober 1995, aaO, unter Bezugnahme auf BT-Drucks. 7/1906 Seite 79, Begründung der Bundesregierung zu § 7). Diesen Gegebenheiten hat der Gesetzgeber dadurch Rechnung getragen, daß er dem Bundesminister des Innern die Befugnis eingeräumt hat, den Kaufkraftausgleich zu “regeln” (vgl. § 7, § 54 Abs. 1 BBesG).
Nach dem BBesG ist der Kaufkraftausgleich kein selbständiger Besoldungsteil. Er paßt die Dienstbezüge zur Erhaltung der Kaufkraft den durch das Währungs- und Preisgefälle bedingten veränderten Verhältnissen im Ausland an, um sicherzustellen, daß der mit der Besoldung verfolgte Zweck, dem Beamten die dem jeweiligen Amt und seinen persönlichen Verhältnissen angemessene Besoldung zu gewähren, auch bei dienstlichem Wohnsitz des Beamten außerhalb des Währungsgebietes der Deutschen Mark erhalten bleibt (vgl. BVerwG Urteil vom 26. Mai 1971 – VI C 39.68 – BVerwGE 38, 139, 143 f.). Der Kaufkraftausgleich ist somit nur ein Korrekturfaktor zur bestehenden Besoldung. Mit ihm werden nur die durch die unterschiedliche Kaufkraft bedingten Mehrkosten im Ausland ausgeglichen, nicht aber der mit dem Auslandsaufenthalt verbundene kostenrelevante Mehrbedarf, ebensowenig wie damit verbundene Belastungen und Erschwernisse. Diese materiellen und immateriellen Belastungen werden durch Zulagen nach § 52 abgegolten.
Daraus folgt, daß die Festlegung der Höhe des Kaufkraftausgleichs durch den vom Bundesministerium des Innern erteilten Gutachterauftrag an das Statistische Bundesamt nur dann nicht mit den Anforderungen der §§ 7, 54 BBesG in Einklang steht, wenn diese ein entsprechendes Preisgefälle nicht berücksichtigt. Nicht erforderlich ist dagegen, daß jede geringfügige Schwankung der Kaufkraft Berücksichtigung findet; vielmehr kann eine gewisse Pauschalierung erfolgen (vgl. BVerwG Urteil vom 26. Mai 1971, aaO S. 146 und BVerwG Urteil vom 26. Oktober 1995, aaO). Die Festsetzung des Kaufkraftausgleichs muß lediglich auf der korrekten Anwendung einer wissenschaftlich haltbaren Berechnungsmethode und ggf. einer angemessenen zeitlichen und örtlichen Pauschalierung beruhen (vgl. BVerwG Urteil vom 26. Mai 1971, aaO S. 146 f.). Dies war hier der Fall, wie das Landesarbeitsgericht, wenn auch von dem rechtlich unzutreffenden Ausgangspunkt des § 315 BGB aus, im Ergebnis richtig erkannt hat.
3. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beruht die Ermittlung des Kaufkraftausgleichs auf einer umfangreichen Preiserhebung durch das Statistische Bundesamt unter Zugrundelegung von Preismaterial von EUROSTAT. Der Entscheidung der zuständigen Behörde lag somit die korrekte Anwendung einer wissenschaftlich haltbaren Berechnungsmethode zugrunde. Sie konnte daher nicht als rechtswidrig beanstandet werden (so auch BVerwG Urteil vom 26. Oktober 1995, aaO). Bei der Ermittlung von Kaufkraftunterschieden und bei der Pauschalierung des Kaufkraftausgleichs ist nur zu prüfen, ob unsachgemäße Erwägungen angestellt worden sind. Hierfür ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts ersichtlich.
4. Die vom Revisionskläger gegen die Würdigung des Sachverständigengutachtens durch das Landesarbeitsgericht erhobenen Rügen sind unbegründet.
a) Das von Prof. Dr. N… erstattete Gutachten hätte der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht zugrunde gelegt werden dürfen, wenn es mit schwerwiegenden inhaltlichen Mängeln behaftet wäre. Solche Mängel würden voraussetzen, daß der Sachverständige von unrichtigen oder unvollständigen Unterlagen ausgegangen ist, oder die ihm vorliegenden Unterlagen nicht sachgemäß verwertet hat. Derartige Mängel hat die Revision jedoch nicht aufgezeigt.
b) Die Revision wendet sich zunächst vergeblich gegen die Verwertung des Sachverständigengutachtens durch das Landesarbeitsgericht. Für die darin liegende Rüge der Verletzung des § 286 ZPO ist anerkannt, daß im Hinblick auf § 554 Abs. 1 Ziff. 3b ZPO der Vortrag, die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen genügten nicht, unzureichend ist. Es sind vielmehr strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BAG Urteil vom 7. Oktober 1987 – 5 AZR 116/86 – AP Nr. 15 zu § 611 BGB Persönlichkeitsrecht). Bei dem Angriff auf ein Sachverständigengutachten genügt nicht vorzutragen, daß das Gutachten unzutreffend sei; es ist vielmehr anzugeben, welche anderen wissenschaftlichen Methoden hätten verwertet werden müssen und inwiefern dann ein anderes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre (vgl. BGH Urteil vom 10. März 1964 – IV ZR 76/64 – BGHZ 44, 75, 81). Daran hat der Kläger es fehlen lassen.
Da es weitgehend Sache des Landesarbeitsgerichts ist, darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang es des Sachverständigen zur Ergänzung der eigenen Sachkunde bedarf, muß dem Revisionsgericht zur ordnungsgemäßen Begründung einer derartigen Rüge dargelegt werden, daß das Landesarbeitsgericht sich mit dem vorliegenden Gutachten nicht begnügen durfte. Die Rüge muß ergeben, daß sich das Landesarbeitsgericht trotz des ihm zustehenden Spielraums aus einleuchtenden Gründen mit dem vorliegenden Gutachten nicht zufrieden geben durfte, weil es nach seinem Inhalt eine ausreichende Ergänzung des eigenen Wissens nicht liefern konnte. Wird geltend gemacht, daß das Sachverständigengutachten nicht der wissenschaftlichen statistischen Methodenlehre entspreche, so ist die Rüge nur dann ausreichend begründet, wenn ausgeführt wird, welche in der Fachliteratur oder in Fachzeitschriften erörterten oder sonst zugänglichen Erkenntnisse der Sachverständige bei Erstattung des Gutachtens nicht berücksichtigt hat und inwiefern bei Verwertung dieser Erkenntnisse ein anderes Ergebnis zu erwarten gewesen wäre. Nur eine derartige Begründung der Verfahrensrüge setzt das Revisionsgericht in die Lage nachzuprüfen, ob das bereits erstattete Gutachten seinen Zweck nicht erfüllen konnte und sich der Mangel dem Landesarbeitsgericht aufdrängen mußte.
Daran gemessen greifen die von der Revision erhobenen Rügen nicht durch. Im einzelnen gilt folgendes:
aa) Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung unter Abschn. B (Seite 3 – 4b der Revisionsbegründung) beanstandet, das Berufungsgericht habe den Inhalt des Sachverständigengutachtens nicht in eigener Verantwortung geprüft und gewürdigt und darin eine fehlerhafte Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) sieht, ist diese Rüge unbegründet.
Der Kläger macht geltend, das Landesarbeitsgericht habe den Inhalt des Sachverständigengutachtens nicht ausreichend selbständig und in eigener Verantwortung überprüft und gewürdigt und sich keine Gedanken gemacht über die im einzelnen in der Revisionsbegründung näher dargelegten Unzulänglichkeiten in Bezug auf die normativen Vorgaben des Guterachterauftrags, den die Beklagte dem Statistischen Bundesamt 1963 erteilt hat. Dabei verkennt der Kläger, daß das Landesarbeitsgericht diese Mängel gesehen und mit umfangreicher Begründung angenommen hat, daß sie sich auf den festgesetzten Kaufkraftausgleich nicht nachteilig ausgewirkt haben (vgl. Seite 19 f. des Berufungsurteils). Daß dem Landesarbeitsgericht dabei ein Rechtsfehler unterlaufen sei, hat der Kläger nicht gerügt.
Auf Seite 4b der Revisionsbegründung verweist der Kläger auf seinen Schriftsatz vom 12. November 1990, ohne die Stelle in den Akten zu bezeichnen, an der die von ihm weiter geforderten normativen Vorgaben dargelegt sind. Es fehlt somit an einem Vortrag des Klägers, welche normativen Vorgaben hätten beachtet werden müssen und warum das Landesarbeitsgericht bei Beachtung derselben zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre.
bb) Auf Seiten 5 und 6 der Revisionsbegründung (unter Abschn. C) macht der Kläger Ausführungen zum Verwaltungsermessen des Statistischen Bundesamts. Er rügt aber nicht, daß der Sachverständige bei seinem Gutachten von einer wissenschaftlich nicht haltbaren Methode ausgegangen sei. Insofern liegt keine begründete Revisionsrüge vor.
cc) Auf Seite 7 ff. der Revisionsbegründung macht der Kläger geltend, das Landesarbeitsgericht habe prüfen müssen, ob die tatsächlichen Feststellungen des Statistischen Bundesamts vollständig und zutreffend seien und die Bewertung statistisch methodisch zutreffend und einwandfrei sei. Diese Rüge ist ebenfalls unbegründet. Durch die Einwände, die der Kläger im einzelnen erhebt, z.B. in Bezug auf Warenkorb, Preiserhebungen der Auslandsvertretung, Preiserhebung von EUROSTAT und Preiserhebung der örtlichen Überprüfung, greift er nicht die Würdigung des Sachverständigengutachtens durch das Berufungsgericht, sondern die Feststellung des Sachverständigen an, ohne dessen Methode ordnungsgemäß anzugreifen. Substantiierte Angriffe gegen die Würdigung des Landesarbeitsgerichts sind nicht erkennbar. Im übrigen hat der Kläger selbst nicht vorgetragen, die Errechnung der Teuerungsziffer durch das Statistische Bundesamt beruhe auf einer wissenschaftlich nicht haltbaren Methode.
dd) Auf Seite 7 der Revisionsbegründung (unter C IIb) bemängelt der Kläger, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, daß der Sachverständige bei der Beurteilung der Wägungsanteile bestimmter Verbrauchsgüter das Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 18. Mai 1988, in dem weitere zu berücksichtigende Verbrauchsgüter aufgeführt gewesen seien, nicht beachtet habe. Da der Kläger dieses Schreiben selbst erst mit Schreiben vom 6. Januar 1991 vorgelegt habe, ergebe sich ein denkgesetzlicher Verstoß des Berufungsgerichts. Insoweit ist die Rüge unbegründet. Das Schreiben war bereits dem Schriftsatz des Klägers vom 23. August 1988 als Anlage 3 beigefügt. Auf Seite 58 des Gutachtens zitiert der Sachverständige diesen Schriftsatz.
ee) Auf Seite 13 der Revisionsbegründung zieht der Kläger einen Vergleich zu anderen Institutionen, indem er z.B. auf die Ermittlung der Teuerungsziffern bei der Deutschen Lufthansa eingeht, und verweist darauf, daß die Einkommen des öfffentlichen Dienstes nicht wesentlich hinter denen der Privatwirtschaft zurückbleiben dürften. Bei dieser Rüge verkennt der Kläger, daß es vorliegend um die entsprechende Anwendung einer besoldungsrechtlichen Regelung auf Angestellte des öffentlichen Dienstes geht. Es kommt nur darauf an, welchen Kaufkraftausgleich die amtsangemessene Alimentierung eines Beamten erfordert. Nur dies kann der Angestellte kraft der tarifvertraglichen Verweisung verlangen. Welchen Ausgleich Privatunternehmen ihren Bediensteten zahlen und aufgrund welcher Kriterien dort die Teuerungsziffern ermittelt werden, ist für die Ermittlung des Kaufkraftausgleichs nach Nr. 7 Abs. 2 SR 2d BAT unerheblich.
5. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, daß die zur Entscheidung gestellten Auskunftsansprüche des Klägers unbegründet sind. Eine Rechtsgrundlage ist nicht erkennbar. Der Auskunftsanspruch unter Ziff. 1, der die Zeit vom 1. Juni 1983 bis zum 1. Mai 1984 betrifft, ist unbegründet, weil der Kläger für diesen Zeitraum den mit dem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch auf Kaufkraftausgleich nicht besitzt, also auch nach § 242 BGB keine Auskunft verlangen kann. Der Kläger hat nur Anspruch auf die Anwendung einer inhaltlich einwandfreien Ermittlungsmethode. Da eine solche hier beachtet wurde, bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die Beklagte sich – wie das Berufungsgericht gemeint hat – auf das Statistikgeheimnis berufen könnte, um den auf die Einzelauskünfte gerichteten Anspruch des Klägers abzuwehren.
Die unbestimmten Leistungsanträge unter Ziff. 2 und 3 sind aus den gleichen Gründen unbegründet wie der bezifferte Hauptantrag.
Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist, soweit er die Zeit vor Juni 1993 betrifft, unzulässig, weil der Kläger es an der Angabe des Grundes des erhobenen Anspruchs im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hat fehlen lassen, denn er hat im gesamten Verfahren keine Begründung dafür gegeben, daß der Kaufkraftausgleich von 15 %, den er vor Juni 1983 erhalten hat, nicht richtig festgesetzt gewesen sei. Im übrigen ist dieser Antrag im Hinblick auf den bezifferten Leistungsantrag für die Zeit von Juni 1983 bis Januar 1989 unzulässig und für die Zeit danach aus den gleichen Gründen wie der bezifferte Hauptantrag unbegründet.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Reimann, Augat
Fundstellen
Haufe-Index 885457 |
DB 1998, 88 |
NZA 1997, 1174 |
AP, 0 |