Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristeter Arbeitsvertrag mit einer türkischen Lektorin; Gemeinschaftsrechliches Diskriminierungsverbot
Leitsatz (amtlich)
Das Diskriminierungsverbot zu Art. 10 Abs. 1 des Assoziationsratsbeschlusses EG-Türkei Nr. 1/80 steht der Anwendung des § 57 b Abs. 3 HRG in der bis zum 24. August 1998 geltenden Fassung auf den mit einer türkischen Lektorin geschlossenen befristeten Arbeitsvertrag entgegen.
Normenkette
HRG § 57b Abs. 3; Assoziationsratsbeschluß EG-Türkei Nr. 1/80 Art. 10 Abs. 1; Assozierungsabkommen EWG-Türkei Art. 22 ff.; EGVtr Art. 37 Abs. 2; BeschFG § 1 Abs. 5 Sätze 1-2; KSchG § 1 Abs. 1, § 7
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des beklagten Landes gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23. September 1997 – 5 Sa 2110/96 – wird auf Kosten des beklagten Landes zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
Die 1965 geborene türkische Klägerin studierte bis 1989 Germanistik an der Universität Izmir. Anschließend war sie bis 1992 als Leiterin von Studienreisen in der Türkei und in Großbritannien tätig. Seit Mitte 1992 lebt sie in der Bundesrepublik. Mit Vertrag vom 5. Oktober 1992 wurde sie an der Universität Bielefeld für die Zeit vom 5. Oktober 1992 bis 30. September 1996 als nicht vollbeschäftigte Angestellte mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Angestellten (Lehrkraft für besondere Aufgaben im Sinne von § 55 WissHG in der Stellung einer Lektorin) eingestellt. Nach § 2 des Dienstvertrages war dieser befristet, weil die Beschäftigung der Angestellten überwiegend für die Ausbildung in Fremdsprachen erfolgt (§ 57 b Abs. 3 HRG). Laut Aufgabenbeschreibung vom 4. September 1992 bestanden die Aufgaben der Klägerin in der Vermittlung der türkischen Sprache im Unterricht in einem Umfang von bis zu acht Wochenstunden pro Semester, der Bewertung von sprachlichen Leistungen der Studierenden sowie der Vermittlung von Kenntnissen der türkischen Kultur. Sprach- oder literaturwissenschaftliche Veranstaltungen durften von der Klägerin nur ausnahmsweise und in geringem Umfang angeboten werden. Ihr Vorsatz, sich wissenschaftlich weiterzuqualifizieren durch Erwerb des M.A.-Grades und durch Promotion, wurde „ausdrücklich begrüßt”.
Nach § 5 des Dienstvertrags fanden auf das Arbeitsverhältnis verschiedene Vorschriften des BAT sowie die Richtlinien für die Beschäftigung und Vergütung von Lektoren an den wissenschaftlichen Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen (Rd. Erl. des MWF vom 15. April 1985 – I B 4 – 3811 –) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Nach Nr. 2.5 dieser Richtlinien ist die Lehrverpflichtung von Lektoren, die sich bei regelmäßiger Arbeitszeit auf 16 Deputatsstunden beläuft, auf 12 Deputatsstunden zu ermäßigen für den Zeitraum, in dem die Beschäftigung zugleich einer speziellen wissenschaftlichen Fort- und Weiterbildung dient und ua. aus diesem Grunde befristet ist. Nach Nr. 5.2 der Richtlinien ist dies im Arbeitsvertrag zu vereinbaren.
Mit ihrer am 16. Januar 1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, § 57 b Abs. 3 HRG in der bis zum 24. August 1998 geltenden Fassung (HRG aF) rechtfertige die Befristung nicht. Nachdem der EuGH die Unanwendbarkeit der Bestimmung auf die Angehörigen der EU-Länder festgestellt habe, müsse § 57 b Abs. 3 HRG aF verfassungskonform dahin ausgelegt werden, daß allein die Beschäftigung als Fremdsprachenlektor auch bei Angehörigen von Drittstaaten keinen Sachgrund für eine Befristung darstelle.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch seine Befristung auf den 30. September 1996 nicht geendet hat,
- das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits als Lehrkraft für besondere Aufgaben (Lektorin) zu sonst unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Es hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei nach § 57 b Abs. 3 HRG aF sachlich gerechtfertigt. Die Bestimmung sei auf Fremdsprachenlektoren aus Drittstaaten anwendbar geblieben. Außerdem habe die Befristung der allgemeinen Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie der Promotion der Klägerin gedient.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr entsprochen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt das beklagte Land die Wiederherstellung des klagabweisenden arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Klägerin beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des beklagten Landes ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage im Ergebnis zu Recht entsprochen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien wurde durch die vereinbarte Befristung nicht wirksam zum 30. September 1996 beendet.
I. Die im Vertrag vom 5. Oktober 1992 vereinbarte Befristung zum 30. September 1996 gilt nicht nach § 7 KSchG iVm. § 1 Abs. 5 Satz 2 BeschFG als von Anfang rechtswirksam. Die Klägerin hat zwar nicht innerhalb von drei Wochen ab dem Inkrafttreten des § 1 Abs. 5 BeschFG idF vom 25. September 1996, also in der Zeit vom 1. Oktober 1996 bis 21. Oktober 1996 Klage nach § 1 Abs. 5 Satz 1 BeschFG erhoben. Ausgehend von Sinn und Zweck dieser Norm und der an die Versäumung der Frist anknüpfenden Fiktionswirkung wurde die Frist aber durch die bereits vor Inkrafttreten des § 1 Abs. 5 BeschFG erhobene und hernach fortgeführte Feststellungsklage gewahrt.
II. Die vereinbarte Befristung bedurfte, da der Klägerin der ihr ohne die Befristung zustehende Kündigungsschutz nach § 1 Abs. 1, § 23 Abs. 1 KSchG vorenthalten wurde, nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Großer Senat 12. Oktober 1960 – GS 1/59 – BAGE 10, 65) zu ihrer Rechtfertigung eines sachlichen Grunds. Zu Unrecht beruft sich das beklagte Land zur Begründung der Befristung auf § 57 b Abs. 3 HRG aF. Dieser sah vor, daß ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit einer fremdsprachlichen Lehrkraft für besondere Aufgaben rechtfertigt, auch vorliegt, wenn die Beschäftigung überwiegend für die Ausbildung in Fremdsprachen erfolgt (Lektor).
1. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte die Anwendbarkeit des § 57 b Abs. 3 HRG aF dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls verstoße die Praxis des beklagten Landes, sich gegenüber den Lektoren, die nicht von Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag (jetzt: Art. 39 Abs. 2 EG-Vertrag) erfaßt werden, weiterhin auf den Befristungsgrund des § 57 b Abs. 3 HRG aF zu berufen, gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
2. Mit dieser Begründung kann der Klage nicht entsprochen werden. Auch wenn man – trotz des Fehlens entsprechender tatsächlicher Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht – davon ausgeht, das beklagte Land hätte sich von einem bestimmten Zeitpunkt an auf die mit Fremdsprachenlektoren aus EU-Staaten vereinbarten Befristungen nicht mehr berufen, während es dies gegenüber der türkischen Klägerin weiterhin tut, so liegt allein darin kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Ungeachtet der Frage, ob dieser beim Streit über die Wirksamkeit von Befristungen überhaupt Anwendung finden kann, gibt es nämlich für die unterschiedliche Behandlung einen sachlichen Grund. Wenn das beklagte Land die Rechtsprechung des EuGH (20. Oktober 1993 – Rs. C-272/92 – Spotti – AP EWG-Vertrag Art. 48 Nr. 17) und die sich daran anschließende ständige Rechtsprechung des Senats (zuletzt 25. Februar 1998 – 7 AZR 31/97 – AP HRG § 57 b Nr. 15 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 14 mwN) respektiert, nach welcher Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag (jetzt: Art. 39 Abs. 2 EG-Vetrag) der Anwendung des § 57 b Abs. 3 HRG aF auf befristete Arbeitsverträge von Fremdsprachenlektoren aus EU-Ländern entgegensteht, so bedeutet dies nicht, daß es gegenüber der türkischen Klägerin aus Gründen der Gleichbehandlung eine wirksame Befristung nicht mehr geltend machen dürfte. Vielmehr rechtfertigen unterschiedliche Rechtspositionen eine unterschiedliche Behandlung (BAG 1. Dezember 1999 – 7 AZR 236/98 – zVv. zu III 3 der Gründe).
III. Dennoch kommt es im Streitfall nicht auf die Frage an, ob § 57 b Abs. 3 HRG aF generell auf Lektorenverträge anwendbar blieb, die vor dem Inkrafttreten des Vierten Gesetzes zur Änderung des HRG mit Angehörigen von Drittstaaten geschlossen wurden. Denn jedenfalls auf das Arbeitsverhältnis der türkischen Klägerin kann § 57 b Abs. 3 HRG aF wegen Verstoßes gegen unmittelbar wirkendes Gemeinschaftsrecht keine Anwendung finden.
1. Der von dem nach Art. 22 ff. des Assoziierungsabkommens vom 12. September 1963 zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (s. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1963 Nr. L 217; BGBl. 1964, II, S 509 ff. und S 1959) gebildeten Assoziationsrat am 19. September 1980 gefaßte Beschluß Nr. 1/80 (abgedruckt in: Rat der Europäischen Gemeinschaft (Hrsg.), Assoziierungsabkommen und Protokolle EWG-Türkei sowie andere Basisdokumente, Brüssel 1992; InfAuslR 1982, 33 ff.) sieht in Art. 10 Abs. 1 folgendes vor:
„Die Mitgliedsstaaten der Gemeinschaften räumen den türkischen Arbeitnehmern, die ihrem regulären Arbeitsmarkt angehören, eine Regelung ein, die gegenüber den Arbeitnehmern aus der Gemeinschaft hinsichtlich des Arbeitsentgelts und der sonstigen Arbeitsbedingungen jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit ausschließt.”
2. Die Regelung entfaltet hinsichtlich der Arbeitsbedingungen von polnischen Staatsangehörigen, die dem regulären deutschen Arbeitsmarkt angehören, dieselbe Wirkung wie Art. 39 Abs. 2 (vormals: Art. 48 Abs. 2) EG-Vertrag. Sie führt daher zur Unanwendbarkeit des § 57 b Abs. 3 HRG aF.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist die Bestimmung eines von der Gemeinschaft mit Drittländern geschlossenen Abkommens als unmittelbar anwendbar anzusehen, „wenn sie unter Berücksichtigung ihres Wortlauts und im Hinblick auf den Gegenstand und die Natur des Abkommens eine klare und eindeutige Verpflichtung enthält, deren Erfüllung oder deren Wirkungen nicht vom Erlaß eines weiteren Akts abhängen” (EuGH 4. Mai 1999 – Rs. C-262/96 – Sema Sürül – EAS EG-Vertrag Art. 238 Nr. 21 Rn. 60 mwN). Dies gilt nach der Rechtsprechung des EuGH auch für die Bestimmungen eines Beschlusses des Assoziationsrats EWG-Türkei (EuGH 4. Mai 1999 aaO Rn. 60; EuGH 20. September 1990 – Rs. C-192/89 – Sevince – Slg. 1990, I – 3461 Rn. 15). Die fehlende Veröffentlichung der Assoziationsratsbeschlüsse nimmt dem Einzelnen nicht die Möglichkeit, sich jedenfalls gegenüber einer Behörde auf die ihm durch diese Beschlüsse zuerkannten Rechte zu berufen (EuGH 20. September 1990 aaO Rn. 24).
Eine Bestimmung der vorliegenden Art, nämlich ein Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot ist, wie der EuGH wiederholt entschieden hat, hinreichend klar und eindeutig (vgl. etwa zum Gleichbehandlungsgebot in Art. 40 des mit Marokko geschlossenen Kooperationsabkommens EuGH 2. März 1999 – Rs. C-416/96 – El Yassini – EAS EG-Vertrag Art. 238 Nr. 20 Rn. 9, 25, 27, 32; EuGH 4. Mai 1999 aaO Rn. 62 – 66 mwN). Anders als im Falle der Art. 12 und 13 des Beschlusses Nr. 3/80, in welchem die unmittelbare Wirkung nicht gegeben war, weil der Rat die zur Durchführung des Beschlusses unerläßlichen ergänzenden Maßnahmen noch nicht erlassen hatte (EuGH 10. September 1996 – Rs. C-277/94 – Taflan-Met – EAS EG-Vertrag Art. 238 Nr. 8; vgl. auch BAG 19. Februar 1997 – 5 AZR 83/96 – BAGE 85, 167 ff. zu I 1 der Gründe), bedarf das Diskriminierungsverbot des Art. 10 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 auch keiner Durchführungsmaßnahme mehr, sondern ist unmittelbar von den nationalen Gerichten anzuwenden (EuGH 4. Mai 1999 aaO Rn. 62 – 66, 74).
b) Regelungen über die Befristung von Arbeitsverträgen gehören zu den „sonstigen Arbeitsbedingungen” iSd. Art. 10 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80, hinsichtlich derer die Diskriminierung zu unterbleiben hat. Der EuGH geht ohne weiteres davon aus, daß zu den „sonstigen Arbeitsbedingungen” iSv. Art. 39 Abs. 2 (vormals: Art. 48 Abs. 2) EG-Vertrag auch Regelungen über Befristungen gehören (EuGH 20. Oktober 1993 aaO; EuGH 30. Mai 1989 – Rs. C-33/88 – Allue I – Slg. 1989, 1591; EuGH 2. August 1993 – Rs. C-259, 331 und 332/91 – Allue II – JZ 94, 94 f.). Für die „sonstigen Arbeitsbedingungen” in Art. 10 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 gilt nichts anderes.
c) Die unmittelbare Wirkung des Diskriminierungsverbots erfaßt alle Träger der Verwaltung und gilt gegenüber sämtlichen Organisationen oder Einrichtungen, die dem Staat oder dessen Aufsicht unterstehen oder mit besonderen Rechten ausgestattet sind, die über diejenigen hinausgehen, die nach den Vorschriften für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gelten (EuGH 22. Juni 1989 – Rs. C-103/88 – Fratelli Costanzo – Slg. 1989, 1839, 1870, 1871 Rn. 30 – 32; EuGH 12. Juli 1990 – Rs. C-188/89 – Foster – Slg. 1990, I – 3313, 3348, 3349 Rn. 18, 20). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Staat als Hoheitsträger oder als Arbeitgeber handelt (EuGH 12. Juli 1990 aaO Rn. 17).
d) Die Klägerin gehört im Sinne von Art. 10 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 dem regulären bundesdeutschen Arbeitsmarkt an. Dem steht die vereinbarte Befristung nicht entgegen (EuGH 26. November 1998 – Rs. C-1/97 – Birden – EAS EG-Vertrag Art. 238 Nr. 19 Rn. 39).
3. Die Klägerin kann sich somit gegenüber dem beklagten Land auf das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot des Art. 10 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 berufen. Daher ist § 57 b Abs. 3 HRG aF auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht anwendbar. Denn die Bestimmung ist geeignet, die Klägerin mittelbar wegen ihrer Staatsangehörigkeit zu diskriminieren (EuGH 20. Oktober 1993 aaO; BAG 12. Februar 1997 – 7 AZR 133/96 – AP HRG § 57 b Nr. 13 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 11 zu I 2 der Gründe mwN). Eine Anrufung des EuGH nach Art. 234 Abs. 3 (vormals: Art. 177 Abs. 3) EG-Vertrag ist nicht erforderlich, da es zu den maßgeblichen das Gemeinschaftsrecht betreffenden Auslegungsfragen bereits eine gesicherte Rechtsprechung des EuGH gibt.
IV. Die Befristung ist auch nicht aus anderen Sachgründen gerechtfertigt.
1. Das beklagte Land kann die Befristung nicht auf eine von der Klägerin beabsichtigte Promotion stützen. Nach der Rechtsprechung des Senats trägt der Gesichtspunkt der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung eine Befristung als sachlicher Grund nur dann, wenn die Förderung der Promotion für den Abschluß des Vertrags entscheidend oder doch wesentlich mitentscheidend und nicht bloß ein untergeordneter Nebenzweck war (BAG 11. Dezember 1985 – 7 AZR 329/84 – BAGE 50, 298; BAG 24. April 1996 – 7 AZR 605/95 – AP HRG § 57 b Nr. 9 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 7 zu IV 2 der Gründe). Hieran fehlt es im Streitfall. Entscheidend für den Abschluß des Vertrags waren nach der Aufgabenbeschreibung vom 4. September 1992 die von der Klägerin beim Fremdsprachenunterricht zu leistenden Dienste. Die von der Klägerin beabsichtigte Promotion wurde dagegen nicht als ein mit dem Arbeitsvertrag auch verfolgter Zweck bezeichnet, sondern der entsprechende Vorsatz der Klägerin wurde lediglich von Seiten der Universität „begrüßt”. Auch der Umstand, daß keine Ermäßigung der Lehrverpflichtung nach Nr. 2.5, 5.2 der Richtlinien vom 15. April 1985 vereinbart wurde, zeigt, daß die von der Klägerin ins Auge gefaßte Promotion bei Abschluß des Arbeitsvertrags allenfalls ein untergeordneter Nebenzweck war (vgl. BAG 24. April 1996 aaO).
2. Das beklagte Land kann sich auch nicht auf den Sachgrund einer anderweitigen allgemeinen Weiterqualifizierung berufen. Die Tätigkeit eines Lektors ist ihrem Inhalt und ihrer Stellung nach im Hochschulbereich nur ausnahmsweise geeignet, weitere Qualifikationen zu vermitteln, die über eine allgemeine mit derartigen Tätigkeiten grundsätzlich verbundene Fort- und Weiterbildung hinausgehen. Eine allgemeine Fort- und Weiterbildung, die zwangsläufig mit jeder mehrjährigen Berufsausübung einhergeht, kann aber nach der Rechtsprechung des Senats eine Befristung nicht rechtfertigen (BAG 12. Februar 1997 – 7 AZR 133/96 – AP HRG § 57 b Nr. 13 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 11 zu II 3 der Gründe; BAG 25. Februar 1998 – 7 AZR 31/97 – AP HRG § 57 b Nr. 15 = EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 14 zu B II 3 der Gründe). Vorliegend ist nicht ersichtlich, inwieweit die nach dem Arbeitsvertrag von der Klägerin geschuldete Dienstleistung ihrer Aus-, Fort- und Weiterbildung gedient haben soll. Nach der Aufgabenbeschreibung bestanden die Aufgaben der Klägerin im wesentlichen im Sprachunterricht, der Bewertung von sprachlichen Leistungen der Studierenden sowie der Vermittlung von Kenntnissen der Kultur. Sprach- oder literaturwissenschaftliche Veranstaltungen, die möglicherweise auch der Aus-, Fort- und Weiterbildung hätten dienen können, sollten dagegen nur ausnahmsweise und in geringem Umfang angeboten werden dürfen. Im übrigen ist auch insoweit zu berücksichtigen, daß eine Deputatsermäßigung nach Nr. 2.5, 5.2 der Richtlinien vom 15. April 1985 nicht stattgefunden hat.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Steckhan, Linsenmaier, Bea, Wolf
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 22.03.2000 durch Anderl, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436474 |
BAGE, 111 |
BB 2000, 1148 |
BB 2001, 991 |
DB 2000, 1468 |
FA 2000, 168 |
NZA 2000, 831 |
ZTR 2000, 380 |
AP, 0 |
AfP 2001, 256 |
PERSONAL 2001, 329 |
PersR 2000, 481 |
PersV 2001, 84 |
RiA 2001, 56 |
WissR 2001, 211 |
ZAR 2000, 226 |
ZUM-RD 2000, 356 |