Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. Das inner- oder außerbetrieblich veranlasste Erfordernis für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG entsteht in aller Regel nicht unmittelbar durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen, sondern auf Grund einer durch wirtschaftliche oder technische Entwicklungen veranlassten Entscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung). Diese Entscheidung begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein. Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist.
2. Ist eine derartige unternehmerische Entscheidung getroffen worden, so ist sie nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist.
3. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige des Kündigungszugangs. Grundsätzlich muss zu diesem Zeitpunkt der Kündigungsgrund – Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit – vorliegen. In Fällen, in denen zwar bei Zugang der Kündigung noch die Möglichkeit der Beschäftigung besteht, aber die für den künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bereits getroffen sind, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann. Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber ist – von Fällen der Willkür und des Missbrauchs abgesehen – frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig hält. Das dadurch beschriebene betriebliche Erfordernis berechtigt ihn zur Auflösung oder Umgestaltung der vorhandenen Arbeitsverhältnisse in eben dem Maße, in dem es zur Anpassung an die neue Organisation notwendig ist, allerdings unter Beachtung der weiteren, sich aus dem Gesetz ergebenden Maßgaben (zB Berücksichtigung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, Sozialauswahl).
Normenkette
KSchG § 1; BetrVG § 102
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 26. Mai 2004 – 12 Sa 37/04 – aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine ordentliche, auf betriebsbedingte Gründe gestützte Kündigung. Außerdem verlangt die Klägerin Prozessbeschäftigung.
Die 1963 geborene verheiratete Klägerin trat im Jahre 1984 als “Elektroverkäuferin” in die Dienste der Beklagten. Als teilzeitbeschäftigte Mitarbeiterin in der Filiale H… erhielt die Klägerin zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 1.397,00 Euro. Im Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1984 ist die Geltung des “Tarifvertrags des Einzelhandels für Baden-Württemberg” vereinbart, solange dieser für allgemeinverbindlich erklärt und soweit nichts anderes vereinbart ist. Nach § 2 Ziff. 3 des Arbeitsvertrages von 1984 hat die Klägerin auf Verlangen des Arbeitgebers auch eine andere ihrer Stellung und ihren Fähigkeiten entsprechende und ihr zumutbare Tätigkeit in einer anderen Abteilung oder Betriebsstätte zu übernehmen. Nach der Vertragsänderung vom 2. Februar 2001 war die Klägerin als Fachberaterin eingesetzt.
Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen und vertreibt deutschlandweit in über 90 Filialen Elektroartikel und Photogeräte.
Am 13. Februar 2003 schloss die Beklagte mit dem für die Filialen der Regionen Süd und Süd-West nach § 3 BetrVG gebildeten und auch für die Filiale der Klägerin zuständigen Betriebsrat eine “Vereinbarung”, in der es ua. wie folgt heißt:
“Vorbemerkung
Beginnend seit 2001 hat das Unternehmen Umsatzrückgänge zu verzeichnen. Für das Jahr 2001 betrug der Rückgang 5,35 % im Verhältnis zum Jahr 2000. Dies entsprach einem Minus von 41,9 Mio. EUR. Aufgrund der damals bestehenden Personalkosten von durchschnittlich 9,5 Mio. EUR monatlich traten bereits zum damaligen Zeitpunkt Liquiditätsprobleme auf. Das Geschäftsjahr 2001 ist letztlich auch mit einem Jahresverlust in Höhe von 45 Mio. EUR abgeschlossen worden, den die K… Inc. als Muttergesellschaft ausgleichen mußte, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden. Dies hatte zur Folge, daß Ende 2001 zur Ergebnisverbesserung im Personalbereich Kosten gesenkt wurden. Gleichwohl mußten für den Zeitraum Januar bis Oktober 2002 weitere Umsatzrückgänge von 8,68 % zum gleichen Zeitraum des Vorjahres hingenommen werden. Das entspricht einem Minus von 57,2 Mio. EUR. Dem stehen durchschnittlich 9,0 Mio. EUR monatlich für Personalkosten gegenüber. Den voraussichtlichen Jahresverlust in Höhe von 55 Mio. EUR muß die K… Inc., weil Betriebsmittelkredite nicht zu bekommen waren, abermals übernehmen.
Die wirtschaftliche Entwicklung der P-Gruppe seit 2001 hatte zur Folge, daß die K… Inc. sich Ende 2002 dazu entschieden hatte, ihr Engagement bei der P-Gruppe zu beenden. Die K… Inc. veräußerte am 16. Januar 2003 ihre Gesellschaftsanteile an der P… GmbH an die jetzigen Geschäftsführer M… und Mi W….
Durch diesen Gesellschafterwechsel sind die wirtschaftlichen Probleme nicht beseitigt. Im Gegenteil, ohne Veräußerungen muß für das 2003 mit einem Fehlbetrag von 65 Mio. EUR gerechnet werden. Die K… Inc. wird zwar für das Jahr 2003 letztmalig einen Betriebsmittelkredit in Form eines rückzahlbaren Darlehens der P… Handels GmbH zur Verfügung stellen. Sollte es jedoch nicht bis Ende 2003 gelingen, die Verhältnisse umzukehren und zumindest mit einem ausgeglichenem Ergebnis abzuschließen, kann ein Insolvenzverfahren Anfang 2004 nicht ausgeschlossen werden.
Dies vorausgeschickt, vereinbaren die Betriebsparteien folgenden Interessenausgleich und Sozialplan gemäß §§ 112 f. BetrVG:
A) Allgemeine Vorschriften
§ 1 Geltungsbereich
Diese Vereinbarung gilt räumlich für die Filialen der P… Handels GmbH der Regionen Süd und Süd-West. Persönlich gilt diese Vereinbarung für alle Arbeitnehmer/innen (mit Ausnahme der leitenden Angestellten nach § 5 III und IV BetrVG), die während der Laufzeit dieser Vereinbarung von personellen Maßnahmen, die nachfolgend im Interessenausgleich (B.) abschließend geregelt sind, betroffen werden. Diese Vereinbarung gilt nicht für die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, und zwar deshalb nicht, weil alle begonnenen Ausbildungsverhältnisse unverändert zu Ende geführt werden.
§ 2 Zweck und Gegenstand
Zweck dieser Vereinbarung ist es, einen Interessenausgleich und einen Sozialplan gemäß § 112 BetrVG zu vereinbaren.
…
B) Interessenausgleich
§ 1 Betriebsänderung
Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat Planungen und sonstige Informationen zugänglich gemacht, die die Durchführung der nachfolgend beschriebenen Betriebsänderung und die damit verbundenen Maßnahmen betreffen. Der Betriebsrat bestätigt ausdrücklich, umfassend vor Abschluß dieser Vereinbarung durch den Arbeitgeber informiert worden zu sein, und zwar über folgende Änderungen:
1. Alle in der Anlage 1 aufgeführten Filialen werden zu reinen Abverkaufsstellen umgestaltet, und zwar voraussichtlich beginnend zu den dort jeweils genannten Zeitpunkten. Die Parteien sind sich dabei einig, daß eine Verschiebung der dort genannten Zeitpunkte von bis zu 4 (vier) Monaten keine wesentliche Abweichung darstellt. Angelieferte Ware wird zukünftig weitestgehend direkt vom LKW oder aus dem Lager unausgepackt auf Paletten in den Markt gefahren. Kunden müssen sich die Ware überwiegend direkt von der Palette/aus den Regalen entnehmen und zur Kasse befördern. Es findet nur noch eine eingeschränkte Kundenberatung / Serviceleistung in den einzelnen Filialen statt. Zur Durchführung dieser Maßnahme wird das bisherige Warensortiment an die neuen Verhältnisse angepaßt.
2. Aufgrund dieser Umgestaltung wird in einer durchschnittlichen Filiale nur noch ein Marktleiter sowie 9 Mitarbeiter beschäftigt. Allen diesen Mitarbeitern obliegt – je nach Bedarf – die Kassentätigkeit, die Pflege und das Nachfüllen der Waren, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Gewährleistung bzw. der Kulanz sowie Lagertätigkeit. Zusammen mit dem Marktleiter sind diese 9 Mitarbeiter notwendig, um das Funktionieren der Abverkaufsstelle innerhalb der täglichen Öffnungszeiten zu gewährleisten. Diese Tätigkeit ist im Verhältnis zu den bisherigen im Betrieb bestehenden Arbeitsplätzen neu. Eine Versetzung im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes ist deshalb nicht möglich. Alle Arbeitnehmer – mit Ausnahme des Marktleiters – werden deshalb gekündigt. 9 Arbeitnehmer erhalten nach den nachstehenden Regelungen keine Beendigungskündigung, sondern eine Änderungskündigung.
§ 2 Durchführung der Betriebsänderung
1. Die Umbauphase beträgt pro Filiale längstens 1 (einen) Monat. Alle Arbeitnehmer des jeweils betroffenen Marktes werden unter Einhaltung der individuellen Kündigungsfristen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Umbaus gekündigt. Sofern die Beachtung von individuellen Kündigungsfristen dazu führt, daß einzelne Arbeitnehmer über diesen Zeitpunkt hinaus weiterbeschäftigt werden müßten, werden die hiervon betroffenen Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung etwaig noch nicht genommenen Urlaubs bzw. unter Verrechnung von Mehrarbeitsstunden unwiderruflich von der Arbeitspflicht freigestellt.
Alle zu kündigenden Arbeitnehmer sind grundsätzlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Arbeitsleistung verpflichtet. Dem Arbeitgeber bleibt aber das Recht vorbehalten, Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen, sofern der Beschäftigungsbedarf wegen der Umsetzung der Betriebsänderung vor Ablauf der individuellen Kündigungsfrist abläuft.
2. Der Arbeitgeber ist mit dem Betriebsrat einig, daß sich der in den bisherigen Arbeitsverträgen enthaltene Versetzungsvorbehalt nur auf eine Versetzung innerhalb einer Filiale, nicht jedoch auf eine Versetzung von einer Filiale in eine andere Filiale bezieht. Eine soziale Auswahl wird deshalb zwischen den Filialen im Zuge der Umgestaltung einer Filiale nicht erfolgen.
3. Bei der Besetzung der nach dem Umbau neu entstehenden Arbeitsplätze werden jedoch alle in der jeweiligen Filiale beschäftigten Mitarbeiter – mit Ausnahme des Marktleiters – mitberücksichtigt. Vor Durchführung dieser Auswahl werden denjenigen Mitarbeitern – ohne Änderung der Vergütung – die neu zu schaffenden Arbeitsplätze angeboten, die Mitglied des Betriebsrates sind. Der Betriebsrat stimmt den damit verbundenen personellen Einzelmaßnahmen (Versetzung etc.) gemäß § 99 BetrVG bereits jetzt schon zu. Ansonsten erfolgt die Auswahl unter Zugrundelegung der in C) § 1 geregelten Auswahlrichtlinie sowie der in C) § 2 zur Erhaltung der Altersstruktur festgelegte Gruppenbildung.
C) Auswahlrichtlinie
§ 1 Auswahlkriterien
1. Die Auswahlrichtlinie ist nur für die Auswahl der Mitarbeiter anzuwenden, denen im Zuge der Umgestaltung einer Filiale zur reinen Abverkaufstelle die in diesem Zusammenhang neu zu bildenden Stellen angeboten werden.
2. Vergleichbar sind dabei alle bislang in der Filiale tätigen Arbeitnehmer, unabhängig davon, auf welcher betriebshierarchischen Ebene sie vormals beschäftigt wurden.
3. Die Parteien vereinbaren, daß die Auswahl der neu zu besetzenden Arbeitsplätze nach folgenden Maßgaben erfolgt:
a) In einem ersten Schritt ist nach folgenden Punkteschema zu verfahren:
Betriebszugehörigkeit: Mitarbeiter erhalten maximal 75 Punkte, und zwar bis zum 10 Dienstjahren je Jahr 1 Punkt und ab dem 11. Dienstjahr je 2 Punkte.
Das Lebensalter der Arbeitnehmer wird bis maximal 55 Punkte bewertet, und zwar bis zum 20. Lebensjahr insgesamt 1 Punkt und für jedes weitere Lebensjahr jeweils 1 Punkt.
Die Unterhaltspflichten werden mit maximal 55 Punkte bewertet, wobei verheiratete Mitarbeiter mit einem vollberufstätigen Partner keinen Punkt erhalten, allein stehende Mitarbeiter erhalten 5 Punkte, verheiratete Mitarbeiter mit einem nicht bzw. nicht voll berufstätigen Partner erhalten 8 Punkte. Je weitere unterhaltsberechtigte Person erhalten die Mitarbeiter jeweils 5 Punkte.
b) Haben Arbeitnehmer die gleiche Punktzahl, so sind in einem zweiten Schritt die Zeiten der Betriebszugehörigkeit, bei gleicher Betriebszugehörigkeit das Lebensalter und bei gleichem Alter die Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen maßgeblich.
c) Im Anschluß an die Bewertung der Sozialkriterien nach den vorstehenden Maßgaben hat der Arbeitgeber abschließend individuelle Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen, um Härten, die sich aus der Anwendung des Punktesystems ergeben, zu verhindern. Zu berücksichtigen sind hier zum Beispiel Arbeitsmarktchancen, Berufsunfälle etc.
4. Für die Feststellungen der Betriebszugehörigkeit wird auf den Tag des Eintritts in das Unternehmen abgestellt. Für die Feststellung der Unterhaltspflichten sind die Angaben auf der Lohnsteuerkarte maßgeblich, sofern nicht Besonderheiten dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber bekannt sind und spätestens bei der Anhörung des Betriebsrates mitgeteilt werden.
§ 2 Bildung von Altersgruppen zur Erhaltung der Altersstruktur
Zwischen den Betriebsparteien besteht Einvernehmen, daß zur Erhaltung einer ausgewogenen Altersstruktur Altersgruppen gebildet werden. Innerhalb dieser Gruppen ist die Auswahl zur Besetzung der neuen Arbeitsplätze vorzunehmen. Die Altersgruppen gliedern sich wie folgt:
1. Gruppe |
Mitarbeiter bis 25 |
2. Gruppe |
Mitarbeiter bis 35 |
3. Gruppe |
Mitarbeiter bis 45 |
4. Gruppe |
Mitarbeiter bis 55 |
5. Gruppe |
Mitarbeiter bis 65 |
Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, daß die Neubesetzung entsprechend der Gruppenbildung und innerhalb der Gruppe unter Zugrundelegung der Auswahlrichtlinie (C. § 1) durchzuführen ist. Die Auswahl der den einzelnen Gruppen zustehenden neuen Arbeitsplätze wird unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Stärke an der Gesamtbelegschaft der Filiale ermittelt. Sofern in einer Filiale ein Betriebsratsmitglied beschäftigt wird, vermindert sich die Anzahl von Arbeitsplätzen der Gruppe, zu der das Betriebsratsmitglied gehört.
§ 3 Beteiligungsrechte des Betriebsrates
Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, insbesondere die Rechte aus §§ 99, 102 BetrVG werden beachtet.
D) Sozialplan
Aufgrund der bekannten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und zur Vermeidung einer Insolvenz stimmen die Parteien überein, daß auf den Abschluß eines Sozialplans für die oben näher beschriebene Betriebsänderung dauerhaft verzichtet wird.”
Am 8. April 2003 – vor der Kündigung – übermittelte die Beklagte dem Arbeitsamt Ma ein Stellenangebot, mit welchem sie insgesamt zehn Verkäufer/innen für ihre Filiale M… suchte. Am 9. April 2003 veröffentlichte sie eine “Innerbetriebliche Stellenausschreibung”, mit der sie für die Standorte L…, K…, St…, D…, P…, B…, H…, N…, S…, M…, Lu…, W… und V… Verkäufer/innen in Voll- oder Teilzeitbeschäftigung zu folgenden Bedingungen suchte:
“– Fixgehalt € 1.650,00,
– variable Zielprämie bis zu 24 % vom Fixgehalt,
– Übernahme der Umzugskosten,
– Übernahme der Unterbringungskosten für die ersten drei Monate,
– Übernahme der Kosten für Familienheimfahrten (14-tägig) während der ersten drei Monate (kostengünstigste Reisemöglichkeit)
– Integrationsprämie von € 300,00 monatlich für die ersten drei Monate.”
Am 19. April 2003 inserierte die Beklagte in der regionalen “Rhein-Neckar-Zeitung” wie folgt:
“Für unseren Makromarkt in S… und unsere beiden Makromärkte in H… suchen wir Verkäufer/innen.”
Die Beklagte erstellte für die Filiale auf Grund der in der Vereinbarung vom 13. Februar 2003 festgelegten Kriterien eine Liste, aus der sich die Namen der Arbeitnehmer ergaben, die entweder eine Beendigungskündigung oder eine Änderungskündigung erhalten oder ungekündigt bleiben sollten. Dementsprechend hörte die Beklagte den Betriebsrat zu den beabsichtigten Kündigungen an, im Falle der Klägerin, die zur Beendigungskündigung vorgesehen war, am 14. April 2003. Sie teilte dem Betriebsrat mit, in Zukunft würden neben dem Marktleiter noch zwölf Mitarbeiter beschäftigt.
Nachdem verschiedene Arbeitnehmer, denen im Zusammenhang mit der ihnen gegenüber ausgesprochenen Änderungskündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses angeboten worden war, das Angebot abgelehnt hatten, bot die Beklagte einigen der zunächst gekündigten Arbeitnehmern an, “nachzurücken”. Diese Angebote wurden zum Teil angenommen, zum Teil abgelehnt. Bevor der für die Klägerin zuständige Marktleiter der Klägerin das Kündigungsschreiben vom 22. April 2004 aushändigte, fragte er sie, ob sie bereit sei, zu geänderten Bedingungen weiter zu arbeiten. Die Klägerin lehnte das ab. Daraufhin überreichte der Marktleiter ihr das Kündigungsschreiben, mit dem die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30. November 2003 aufkündigte.
Die Klägerin hält die Kündigung für sozialwidrig. Das Bedürfnis für ihre Beschäftigung sei nicht entfallen. Die bisher ausgeübten Tätigkeiten fielen weiter an; das neue Konzept ändere daran nichts. Warum die Beklagte nun ausgerechnet zwölf Arbeitnehmer beschäftige, wie im Einzelnen die Arbeit vor und nach der Reorganisation verteilt worden sei und ob mit der verbliebenen Anzahl von Beschäftigten die Arbeit ohne überobligatorische Leistungen bewältigt werden könne, sei nicht dargelegt. Wie sich aus den Stellenausschreibungen ergebe, hätten auch anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten bestanden. Außerdem werde die Sozialauswahl beanstandet, da die Beklagte nicht die Arbeitnehmer der übrigen dem Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats unterliegenden Filialen einbezogen habe.
Die Klägerin hat beantragt,
1. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 22. April 2003 nicht aufgelöst ist,
2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag Ziff. 1:
Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Verkäuferin weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, ihr Unternehmen habe bereits im Jahre 2001 einen Jahresverlust in Höhe von 45 Mio. Euro hinnehmen müssen. Im folgenden Jahre seien die Umsätze weiterhin rückläufig gewesen. Für das Geschäftsjahr 2003 sei mit einem Fehlbetrag von 65 Mio. Euro zu rechnen. Die Beklagte sei daher gezwungen gewesen, zur Sanierung ihres Unternehmens neben einem Gehaltsverzicht der Führungskräfte und weiteren Maßnahmen ca. 1.800 Kündigungen auszusprechen. Sie habe beschlossen, alle Filialen in reine Abverkaufsstellen umzuwandeln. Auf Grund dieses Konzeptes würden in der Filiale nur noch ein Marktleiter und zwölf Mitarbeiter beschäftigt. Allen Beschäftigten solle je nach Bedarf Kassentätigkeit, Pflege und Nachfüllen der Ware, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Kulanz und der Gewährleistung, sowie Lagertätigkeiten obliegen. Das neue Abverkaufskonzept der Beklagten habe einen völlig anderen Zuschnitt als das der bisherigen Fachverkaufsstellen. Es bestehe ein gravierender hierarchischer Unterschied zwischen einem fachberatenden Elektroverkäufer einerseits und einem bloßen Abverkäufer mit Kassen- und Lagertätigkeit andererseits. Hinzu komme, dass die Produktpalette von ehedem 12.000 Artikeln auf etwa 8.000 reduziert worden sei. Weiter gebe es künftig keine Eingangskontrolle und keine Abteilungszuordnungen mehr. Kunden würden nur dann beraten, wenn dem Personal hierfür Zeit verbleibe. Angesichts dieser gravierenden Umgestaltung sei die Organisationsentscheidung nicht identisch mit dem der Kündigung. Zur Zeit der Stellenausschreibung und des Inserats (8., 9. und 19. April 2003) seien tatsächlich keine Stellen frei gewesen.
Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Sie verstoße gegen das ultima-ratio-Prinzip. Es sei davon auszugehen, dass freie Arbeitsplätze wenn nicht im Beschäftigungsbetrieb, so doch in nahe gelegenen Filialen zur Verfügung gestanden hätten. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte kurz vor der Kündigung Stellen ausgeschrieben und angeboten habe, habe sie sich nicht auf den bloßen, nicht näher erläuterten Vortrag beschränken dürfen, freie Arbeitsplätze hätten nicht zur Verfügung gestanden. Es könne dahinstehen, ob das Angebot des Filialleiters vor Aushändigung der Kündigung an die Klägerin inhaltlich vollständig gewesen sei. Dieses Angebot sei nämlich nicht mit der erforderlichen Überlegungsfrist verbunden gewesen. Außerdem sei im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht mit hinreichender Sicherheit davon auszugehen gewesen, dass der Beschäftigungsbedarf für die Klägerin entfallen würde. Die Beklagte habe schon vor der Kündigung eruiert, dass einige der Arbeitnehmer, denen sie eine Änderungskündigung aussprechen wollte, das Angebot ablehnen würden. Sie habe daher zunächst abwarten müssen, wie die betreffenden Arbeitnehmer auf die Änderungsangebote reagieren würden. Schließlich folge das Berufungsgericht der Auffassung des Arbeitsgerichts, wonach bereits auf Grund des bisherigen Tätigkeitsprofils der Klägerin nicht erkannt werden könne, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit wegen des im Interessenausgleich näher definierten unternehmerischen Konzepts entfallen sei.
B. Dem stimmt der Senat nicht zu. Ob die Kündigung sozialwidrig oder durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt ist, steht noch nicht fest. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung trägt das von ihm gefundene Ergebnis nicht.
I. Nicht zu folgen vermag der Senat der Annahme des Landesarbeitsgerichts, es könne bereits auf Grund des bisherigen Tätigkeitsbereichs der Klägerin nicht erkannt werden, dass die Beschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin entfallen sei.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. ua. 7. Dezember 1978 – 2 AZR 155/77 – BAGE 31, 157; 20. Februar 1986 – 2 AZR 212/85 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37; 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61; 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 – BAGE 92, 71) entsteht das inner- oder außerbetrieblich veranlasste Erfordernis für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG in aller Regel nicht unmittelbar und allein durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktionsrückgang usf.), sondern auf Grund einer durch wirtschaftliche oder technische Entwicklungen veranlassten Entscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung). Diese Entscheidung begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein (st. Rspr. BAG 30. Mai 1985 – 2 AZR 321/84 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 24 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36, zu B II 1 der Gründe). Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist (vgl. BAG 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Ist eine derartige unternehmerische Entscheidung getroffen worden, so ist sie nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 – BAGE 92, 71). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige des Kündigungszugangs (BAG 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 550; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 1 Rn. 406). Grundsätzlich muss zu diesem Zeitpunkt der Kündigungsgrund – Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit – vorliegen. In Fällen, in denen zwar bei Zugang der Kündigung noch die Möglichkeit der Beschäftigung besteht, aber die für den künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bereits getroffen sind, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann (BAG 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – aaO). Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber ist – von Fällen der Willkür und des Missbrauchs abgesehen – frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig hält. Das dadurch beschriebene betriebliche Erfordernis berechtigt ihn zur Auflösung oder Umgestaltung der vorhandenen Arbeitsverhältnisse in eben dem Maße, in dem es zur Anpassung an die neue Organisation notwendig ist, allerdings unter Beachtung der weiteren, sich aus dem Gesetz ergebenden Maßgaben (zB Berücksichtigung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, Sozialauswahl).
2. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, sie habe die Arbeit in der Filiale der Klägerin so umgestaltet, dass in Zukunft die bisherige Zuständigkeitsverteilung unter den Mitarbeitern – abgesehen vom Filialleiter – aufgehoben werden und die verbleibenden zwölf Mitarbeiter für alle anfallenden Arbeiten je nach Bedarf eingesetzt werden sollten.
a) Das Arbeitsgericht – und das Landesarbeitsgericht hat sich dem angeschlossen – hat dazu ausgeführt, es sei nicht nachvollziehbar dargetan, in welchem Umfang zukünftig noch Fachberatertätigkeiten anfielen. Folglich könne nicht festgestellt werden, dass der Arbeitsplatz der Klägerin als Fachberaterin entfallen sei. Damit hat das Landesarbeitsgericht den durch die Rechtsprechung des Senats beschriebenen Prüfungsrahmen überschritten.
b) Die unternehmerische Entscheidung betrifft im vorliegenden Fall ein Gesamtkonzept, das den Ausspruch von Beendigungs- und Änderungskündigungen umfasst. Dieses Gesamtkonzept setzt sich aus zwei gleichzeitig umgesetzten Veränderungen gegenüber der bisherigen Organisation zusammen. Zum einen wurde der bisherige Beschäftigungsbedarf reorganisiert, indem die Verteilung der anfallenden Aufgaben auf die Arbeitsplätze verändert wurde. Anstatt die Tätigkeiten wie bisher nach ihrer Art Spezialarbeitsplätzen zuzuweisen, sieht die neue Struktur die Zuständigkeit aller Arbeitnehmer für alle anfallenden Arbeiten vor (Allround-Arbeitsplätze). Außerdem – in einem zugleich mit dem ersten ins Werk gesetzten zweiten Schritt – hat die Beklagte eine Reduzierung der für die betrieblichen Aufgaben zur Verfügung gestellten Arbeitskapazität vorgenommen und vorgesehen, dass in Zukunft allein noch in dem Umfang die bisherigen Tätigkeiten ausgeführt werden, in dem die von der Beklagten festgelegte personelle Kapazität dies ermöglicht. Ein derartiges Gesamtkonzept ist als solches grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es nimmt an der nur auf Missbrauch beschränkten gerichtlichen Kontrolle teil. Weder kann dem Arbeitgeber vorgehalten werden, er müsse die verbliebene Arbeit auf alle Arbeitnehmer verteilen und deshalb allen Arbeitnehmern gegenüber Änderungskündigungen aussprechen, noch verlangt das Gesetz, dass der Arbeitgeber seine Reorganisation so gestaltet, dass er zunächst nach den Grundsätzen der Sozialauswahl die schutzwürdigsten Arbeitnehmer ermittelt, und die Reorganisation alsdann dem nach sozialen Gesichtspunkten verbleibenden Arbeitskräftepotential anpasst. Vielmehr bildet nach dem Gesetz – gerade umgekehrt – das betriebliche Bedürfnis die Grundlage für die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit und diese ihrerseits die Grundlage für die vorzunehmende soziale Auswahl.
c) Der Beklagten kann auch nicht vorgehalten werden, sie habe nicht ausreichend dargelegt, wie die reduzierte Mitarbeiterschaft die erforderlichen Arbeiten ohne überobligatorische Arbeit bewältigen könne, denn insoweit fehle es an einer Prognose, die “greifbare Formen” angenommen habe.
aa) Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine unternehmerische Organisationsentscheidung nicht nur in einer (Um-)Gestaltung der Arbeitsabläufe, sondern auch darin liegen, festzulegen, mit welcher Stärke der Belegschaft des Betriebs zukünftig das Unternehmensziel erreicht werden soll bzw. welche Kapazität an einzusetzenden Arbeitskräften und ihrer Arbeitszeit vorgehalten werden muss (Senat 2. Juni 2005 – 2 AZR 480/04 – DB 2006, 110, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Erschöpft sich eine solche Reorganisationsentscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so rückt sie nahe an den Kündigungsentschluss heran. Da die Kündigungsentscheidung selbst nach dem Gesetz nicht frei, sondern an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit (“Dauer”) verdeutlichen, damit das Gericht prüfen kann, ob sie im Sinne der oben gekennzeichneten Rechtsprechung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also missbräuchlich ausgesprochen worden ist (BAG 17. Juni 1999 – 2 AZR 522/98 – BAGE 92, 61). Dass der Arbeitgeber zur organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit der unternehmerischen Entscheidung vortragen muss, ist weder Selbstzweck noch darf es dazu dienen, dass die Gerichte in die betrieblichen Organisationsabläufe eingreifen. Der Sinn besteht darin, einen Missbrauch des Kündigungsrechts auszuschließen. Vermieden werden sollen betriebsbedingte Kündigungen, die zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führen (Rost in Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83). Vermieden werden soll außerdem, dass die unternehmerische Entscheidung lediglich als Vorwand benutzt wird, um Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeit fortbestehen und lediglich die Arbeitsvertragsinhalte und die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen als zu belastend angesehen werden (BAG 26. September 2002 – 2 AZR 636/01 – BAGE 103, 31).
bb) Die Beklagte hat außerbetriebliche Ursachen, nämlich die erheblichen Verluste in den Jahren 2001 und 2002 zum Anlass für die Personalreduzierung und die gleichzeitig vorgenommene Reorganisation genommen. Diese Entscheidung ist nicht offenkundig unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. Die Beklagte hat ihre Entscheidung hinsichtlich der organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit hinreichend dargelegt. Für eine missbräuchliche Ausübung des Kündigungsrechts sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.
cc) Es ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, welchen Schlüssel zur Berechnung des Personalbedarfs der Arbeitgeber zugrunde legt. Die Beantwortung dieser Frage fällt in den Bereich der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers. Dass die Beklagte einen willkürlich gegriffenen Personalbedarfsschlüssel angewandt hätte oder dass bei dem von der Beklagten geplanten reduzierten Service mehr als die vorgesehenen 14 Arbeitskräfte gebraucht würden, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die Beklagte Ersatzarbeitskräfte eingestellt hätte oder eine Überforderung der verbliebenen Arbeitnehmer vorläge.
dd) Selbst wenn man – mit den Vorinstanzen – der Auffassung wäre, die Beklagte habe darlegen müssen, auf Grund welcher Annahmen sie von der für die Zukunft vorgesehenen Personalstärke ausgegangen ist, hätte das Landesarbeitsgericht die Annahme der Unwirksamkeit der Kündigung auf diesen Gesichtspunkt nicht stützen dürfen, ohne der Beklagten Gelegenheit zu ergänzendem Vorbringen zu geben.
3. Auch der weiteren Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei wegen anderweitiger Möglichkeit der Weiterbeschäftigung unwirksam, kann der Senat nicht beitreten.
a) Unzutreffend ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe ihre Reorganisationsmaßnahme in zeitlichen Stufen dergestalt vornehmen müssen, dass sie zunächst die Änderungskündigungen aussprach, abwartete, wie die hiervon betroffenen Arbeitnehmer reagieren würden, alsdann die etwa abgelehnten Arbeitsplätze den nach dem ursprünglichen Konzept zur Beendigungskündigung vorgesehenen Arbeitnehmern anbieten und erst danach die dann noch notwendigen Beendigungskündigungen hätte aussprechen dürfen.
b) Wie ausgeführt fällt es in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers, seinen Betrieb nach seinen Vorstellungen zu organisieren. Er muss im Rahmen der Kündigungsfristen auch darüber entscheiden können, zu welchem Zeitpunkt er eine Reorganisation vornehmen und dementsprechend die notwendigen Kündigungen aussprechen will. Erfordert sein Konzept den Ausspruch von Änderungskündigungen und Beendigungskündigungen, so verlangt das Kündigungsschutzgesetz die Berücksichtigung freier Arbeitsplätze ebenso wie die Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich – auch auf Grund des Verhaltens der Arbeitnehmer – die tatsächlichen Grundlagen der Reorganisationsentscheidung ändern können. Gleichwohl muss für die Frage der Wirksamkeit der Kündigung der Zeitpunkt des Kündigungszugangs maßgeblich bleiben.
c) Verbindliche Erklärungen der betroffenen Arbeitnehmer auf die Änderungsangebote kann die Beklagte außerhalb des Verfahrens nach § 2 KSchG nicht erzwingen (vgl. BAG 21. April 2005 – 2 AZR 132/04 –). Die rechtlichen Rahmendaten der Auswahlentscheidung (Sozialdaten, Sonderkündigungsschutz) können sich im Übrigen während der Zeit des vom Berufungsgericht verlangten Zuwartens ändern (vgl. BAG 21. April 2005 – 2 AZR 241/04 –). Soll eine Mehrheit von Kündigungsentscheidungen verlässlich überprüfbar sein, muss die Überprüfung deshalb auf einen bestimmten einheitlichen Zeitpunkt bezogen werden. Das ist der vom Arbeitgeber bis zur Grenze der Willkür frei zu bestimmende Zeitpunkt des Kündigungszugangs.
d) Nicht beipflichten kann der Senat auch der Würdigung des Landesarbeitsgerichts, zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung seien mehrere Arbeitsplätze frei gewesen, die die Beklagte der Klägerin habe anbieten müssen.
aa) Dringende betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes geführt haben, sind nur dann zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung geeignet, wenn keine Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung besteht (st. Rspr. BAG 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61; 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – AP BGB § 626 Nr. 148 = EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 3; 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 104; 15. August 2002 – 2 AZR 195/01 – BAGE 102, 197).
bb) Ohne Erfolg macht die Revision insoweit geltend, die Beklagte habe der Klägerin schon deshalb keinen der nach Behauptung des Klägerin freien Arbeitsplätze anbieten müssen, weil die Klägerin vor Ausspruch der Kündigung abgelehnt habe, ein solches Angebot anzunehmen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass sich die Ablehnung des Änderungsangebots auch auf die Möglichkeit der Vorbehaltsannahme bezog. Allein die Ablehnung eines der Kündigung vorangegangenen Angebots auf einvernehmliche Abänderung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer enthebt den Arbeitgeber jedoch grundsätzlich nicht der Verpflichtung, das Änderungsangebot mit einer nachfolgenden Beendigungskündigung erneut zu verbinden (BAG 21. April 2005 – 2 AZR 132/04 –; 7. Dezember 2000 – 2 AZR 391/99 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 113 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 108; KR-Rost 7. Aufl. § 2 KSchG Rn. 105). Denn die Ablehnung der einverständlichen Abänderung schließt nicht aus, dass der Arbeitnehmer bereit ist, zu den geänderten Bedingungen weiterzuarbeiten, wenn sich in einem Änderungsschutzverfahren die Berechtigung der Änderung herausstellt (BAG 7. Dezember 2000 – 2 AZR 391/99 – aaO; LAG Hamm 4. Februar 2003 – 7 Sa 1624/02 – NZA-RR 2003, 357, zu I der Gründe; APS/Kiel 2. Aufl. § 1 KSchG Rn. 628). Deshalb ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, trotz der Ablehnung einer freiwilligen Änderung eine Änderungskündigung auszusprechen. Nur für den Fall, dass der Arbeitnehmer bei der Ablehnung des Änderungsangebots unmissverständlich zu erkennen gibt, dass er unter gar keinen Umständen – auch nicht unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung – bereit ist, zu den geänderten Arbeitsbedingungen zu arbeiten, kann der Arbeitgeber eine Beendigungskündigung aussprechen (BAG 7. Dezember 2000 – 2 AZR 391/99 – aaO; KREtzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 230; KR-Rost 7. Aufl. § 2 KSchG Rn. 18c und 105, jeweils mit weiteren Nachweisen).
cc) Zu Recht rügt jedoch die Revision, dass das Landesarbeitsgericht den Vortrag der Beklagten, freie Arbeitsplätze seien nicht vorhanden, als nicht ausreichend angesehen hat. Im Kündigungsschutzprozess gilt insoweit eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast: Der Arbeitgeber genügt zunächst seiner Darlegungslast, wenn er allgemein vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Auf nähere Darlegungen des Arbeitnehmers, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber dann eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei (st. Rspr. vgl. BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – BAGE 42, 151; 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – AP BGB § 626 Nr. 148 = EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 3; 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 104). Dabei genügt es für die Darlegungen des Arbeitnehmers, wenn er angibt, welche Art der Beschäftigung gemeint ist (vgl. BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – BAGE 42, 151; ebenso für eine personenbedingte Kündigung: 5. August 1976 – 3 AZR 110/75 – AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 2). Der Arbeitnehmer muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen (BAG 6. November 1997 – 2 AZR 253/97 – NZA 1998, 833; 15. August 2002 – 2 AZR 195/01 – BAGE 102, 197). Trägt – auf entsprechende Erklärungen des Arbeitnehmers hin – der Arbeitgeber vor, aus welchem Grund eine den Vorstellungen des Arbeitnehmers entsprechende Beschäftigung nicht möglich ist, muss, wie die Revision zu Recht rügt, hierüber Beweis erhoben werden.
dd) Soweit die Revision geltend macht, es sei im Prozess Sache des Arbeitnehmers darzulegen, dass es freie Stellen gebe, verkennt sie die vorstehend wieder gegebene Rechtsprechung. Wie ausgeführt, gehört die fehlende Beschäftigungsmöglichkeit zum Kündigungsgrund und ist deshalb vom Arbeitgeber darzulegen, der dieser Last allerdings regelmäßig durch die allgemeine Darlegung gerecht wird, eine Beschäftigungsmöglichkeit bestehe nicht.
ee) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist die Beklagte jedoch ihrer Darlegungslast nachgekommen. Sie hatte mit der Klageerwiderung vorgetragen, einen freien Arbeitsplatz gebe es nicht. Daraufhin hat die Klägerin die Stellenausschreibungen vorgelegt, womit sie ihre Vorstellung von einer anderweitigen Beschäftigung ausreichend dargetan hatte. Die Beklagte hatte hierzu ua darauf hingewiesen, es habe sich herausgestellt, dass die erforderliche Mitarbeiterzahl durch die Änderungskündigungen (zB infolge Ablehnung von Änderungsangeboten) nicht erreicht werden könne. Insoweit habe sie vorsorglich Stellen ausgeschrieben. Mit dieser – bei näherer Betrachtung des wechselseitigen Vorbringens sehr nahe liegenden Darstellung – hatte die Beklagte nachvollziehbar erklärt, dass und warum die Stellenausschreibungen keine auf der Grundlage der Reorganisation freien Arbeitsplätze betrafen, sondern solche Stellen, die auf Grund eines etwaigen teilweisen Fehlschlags der geplanten Reorganisation (Nichtannahme von Änderungsangeboten) möglicherweise vakant werden konnten.
ff) Das Landesarbeitsgericht hat den vorstehend gekennzeichneten Vortrag nicht gewürdigt. Dies kann entweder darauf beruhen, dass es das Vorbringen der Beklagten übersehen hat. Dann verstößt die Nichtberücksichtigung gegen § 286 Abs. 1 ZPO. Die Außerachtlassung des Vorbringens der Beklagten kann andererseits darauf beruhen, dass das Landesarbeitsgericht der Auffassung war, die eventuell – durch Ablehnung von Änderungsangeboten – frei werdenden Arbeitsplätze seien als bereits im Zeitpunkt der Kündigung frei anzusehen. Dass diese Auffassung nicht mit § 1 Abs. 2 KSchG in Übereinstimmung steht, wurde oben bereits ausgeführt.
III. Da sich die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO), muss das angefochtene Urteil aufgehoben werden (§ 562 ZPO).
C. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Sie ist deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Bei der erneuten Überprüfung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung wird das Berufungsgericht die oben niedergelegten Grundsätze anzuwenden haben. Sollte sich ergeben – wofür der bisherige Sach- und Streitstand spricht –, dass im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs hinreichend greifbare Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Beklagte zum Ablauf der Kündigungsfrist die Beschäftigung in der Filiale der Klägerin derart umgestaltet haben würde, dass mit Ausnahme des Filialleiters alle verbleibenden Arbeitnehmer nicht mehr – wie bisher – je unterschiedliche Spezialaufgaben wahrnehmen, sondern für sämtliche Tätigkeiten eingesetzt werden sollten, sollten sich ferner – wie bisher – keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass diese Entscheidung nach den oben niedergelegten Grundsätzen als missbräuchlich anzusehen wäre, sollte sich ferner – was ebenfalls nahe liegt – bei erneuter Würdigung des Sachvortrags der Parteien und ggf. durchzuführender Beweisaufnahme herausstellen, dass freie Arbeitsstellen nicht zur Verfügung standen, so wird die Frage der ordnungsgemäßen Sozialauswahl und uU die Frage der ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats zu prüfen sein.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Schmitz-Scholemann, Heise, Pitsch
Fundstellen