Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Unternehmerentscheidung. Sozialauswahl

 

Leitsatz (redaktionell)

  • Der Arbeitgeber ist – von Fällen der Willkür und des Missbrauchs abgesehen – frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig hält. Das dadurch beschriebene betriebliche Erfordernis berechtigt ihn zur Auflösung oder Umgestaltung der vorhandenen Arbeitsverhältnisse in eben dem Maße, in dem es zur Anpassung an die neue Organisation notwendig ist, sofern die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. Berücksichtigung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, Sozialauswahl).
  • Eine unternehmerische Organisationsentscheidung kann nicht nur in einer (Um-)Gestaltung der Arbeitsabläufe, sondern auch darin liegen, festzulegen, mit welcher Stärke der Belegschaft des Betriebs zukünftig das Unternehmensziel erreicht werden soll bzw. welche Kapazität an einzusetzenden Arbeitskräften und ihrer Arbeitszeit vorgehalten werden. Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit (“Dauer”) verdeutlichen, damit das Gericht prüfen kann, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also missbräuchlich ausgesprochen worden ist.
  • Welcher Schlüssel zur Berechnung des Personalbedarfs zugrunde gelegt wird, ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, deren Beantwortung in den Bereich der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers fällt.
  • Während die Möglichkeit der anderweitigen Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber unternehmensbezogen zu prüfen ist, ist die Sozialauswahl grundsätzlich auf alle vergleichbaren Arbeitnehmer eines Betriebes zu erstrecken.
 

Normenkette

KSchG § 1; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 29.10.2004; Aktenzeichen 16 Sa 82/04)

ArbG Mannheim (Urteil vom 31.03.2004; Aktenzeichen 10 Ca 322/03)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 29. Oktober 2004 – 16 Sa 82/04 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine ordentliche, auf betriebsbedingte Gründe gestützte Kündigung. Außerdem macht der Kläger Zahlungsansprüche aus dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs geltend.

Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen und vertreibt deutschlandweit in über 90 Filialen Elektroartikel und Photogeräte.

Der am 9. April 1976 geborene Kläger trat im Jahre 1996 in die Dienste der Beklagten. Als “Verkäufer UE” in der Filiale H… erhielt der Kläger zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 2.187,00 Euro.

In § 2 des Arbeitsvertrages vom 17. Juni 1997 heißt es wie folgt:

“§ 2

Tätigkeit und Arbeitsgebiet

1. Das Arbeitsgebiet umfaßt, soweit vorhanden, die in der Stellenbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten.

2. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers auch eine andere seiner Stellung und seinen Fähigkeiten entsprechende, zumutbare Tätigkeit innerhalb der ProMarkt-Unternehmensgruppe zu übernehmen.”

Am 13. Februar 2003 schlossen die Beklagte und der für die Filialen der Regionen Süd und Süd-West nach § 3 BetrVG gebildete und auch für die Filiale des Klägers zuständige Betriebsrat eine “Vereinbarung” ab, in der es ua. wie folgt heißt:

“Vorbemerkung

Beginnend seit 2001 hat das Unternehmen Umsatzrückgänge zu verzeichnen. Für das Jahr 2001 betrug der Rückgang 5,35 % im Verhältnis zum Jahr 2000. Dies entsprach einem Minus von 41,9 Mio. EUR. Aufgrund der damals bestehenden Personalkosten von durchschnittlich 9,5 Mio. EUR monatlich traten bereits zum damaligen Zeitpunkt Liquiditätsprobleme auf. Das Geschäftsjahr 2001 ist letztlich auch mit einem Jahresverlust in Höhe von 45 Mio. EUR abgeschlossen worden, den die K… Inc. als Muttergesellschaft ausgleichen mußte, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden. Dies hatte zur Folge, daß Ende 2001 zur Ergebnisverbesserung im Personalbereich Kosten gesenkt wurden. Gleichwohl mußten für den Zeitraum Januar bis Oktober 2002 weitere Umsatzrückgänge von 8,68 % zum gleichen Zeitraum des Vorjahres hingenommen werden. Das entspricht einem Minus von 57,2 Mio. EUR. Dem stehen durchschnittlich 9,0 Mio. EUR monatlich für Personalkosten gegenüber. Den voraussichtlichen Jahresverlust in Höhe von 55 Mio. EUR muß die K… Inc., weil Betriebsmittelkredite nicht zu bekommen waren, abermals übernehmen.

Die wirtschaftliche Entwicklung der P-Gruppe seit 2001 hatte zur Folge, daß die K… Inc. sich Ende 2002 dazu entschieden hatte, ihr Engagement bei der P-Gruppe zu beenden. Die K… Inc. veräußerte am 16. Januar 2003 ihre Gesellschaftsanteile an der P… GmbH an die jetzigen Geschäftsführer M… und Mi W….

Durch diesen Gesellschafterwechsel sind die wirtschaftlichen Probleme nicht beseitigt. Im Gegenteil, ohne Veräußerungen muß für das 2003 mit einem Fehlbetrag von 65 Mio. EUR gerechnet werden. Die K… Inc. wird zwar für das Jahr 2003 letztmalig einen Betriebsmittelkredit in Form eines rückzahlbaren Darlehens der P… Handels GmbH zur Verfügung stellen. Sollte es jedoch nicht bis Ende 2003 gelingen, die Verhältnisse umzukehren und zumindest mit einem ausgeglichenem Ergebnis abzuschließen, kann ein Insolvenzverfahren Anfang 2004 nicht ausgeschlossen werden.

Dies vorausgeschickt, vereinbaren die Betriebsparteien folgenden Interessenausgleich und Sozialplan gemäß §§ 112 f. BetrVG:

A) Allgemeine Vorschriften

§ 1 Geltungsbereich

Diese Vereinbarung gilt räumlich für die Filialen der P… Handels GmbH der Regionen Süd und Süd-West. Persönlich gilt diese Vereinbarung für alle Arbeitnehmer/innen (mit Ausnahme der leitenden Angestellten nach § 5 III und IV BetrVG), die während der Laufzeit dieser Vereinbarung von personellen Maßnahmen, die nachfolgend im Interessenausgleich (B…) abschließend geregelt sind, betroffen werden. Diese Vereinbarung gilt nicht für die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, und zwar deshalb nicht, weil alle begonnenen Ausbildungsverhältnisse unverändert zu Ende geführt werden.

§ 2 Zweck und Gegenstand

Zweck dieser Vereinbarung ist es, einen Interessenausgleich und einen Sozialplan gemäß § 112 BetrVG zu vereinbaren.

B) Interessenausgleich

§ 1 Betriebsänderung

Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat Planungen und sonstige Informationen zugänglich gemacht, die die Durchführung der nachfolgend beschriebenen Betriebsänderung und die damit verbundenen Maßnahmen betreffen. Der Betriebsrat bestätigt ausdrücklich, umfassend vor Abschluß dieser Vereinbarung durch den Arbeitgeber informiert worden zu sein, und zwar über folgende Änderungen:

1. Alle in der Anlage 1 aufgeführten Filialen werden zu reinen Abverkaufsstellen umgestaltet, und zwar voraussichtlich beginnend zu den dort jeweils genannten Zeitpunkten. Die Parteien sind sich dabei einig, daß eine Verschiebung der dort genannten Zeitpunkte von bis zu 4 (vier) Monaten keine wesentliche Abweichung darstellt. Angelieferte Ware wird zukünftig weitestgehend direkt vom LKW oder aus dem Lager unausgepackt auf Paletten in den Markt gefahren. Kunden müssen sich die Ware überwiegend direkt von der Palette/aus den Regalen entnehmen und zur Kasse befördern. Es findet nur noch eine eingeschränkte Kundenberatung/Serviceleistung in den einzelnen Filialen statt. Zur Durchführung dieser Maßnahme wird das bisherige Warensortiment an die neuen Verhältnisse angepaßt.

2. Aufgrund dieser Umgestaltung wird in einer durchschnittlichen Filiale nur noch ein Marktleiter sowie 9 Mitarbeiter beschäftigt. Allen diesen Mitarbeitern obliegt – je nach Bedarf – die Kassentätigkeit, die Pflege und das Nachfüllen der Waren, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Gewährleistung bzw. der Kulanz sowie Lagertätigkeit. Zusammen mit dem Marktleiter sind diese 9 Mitarbeiter notwendig, um das Funktionieren der Abverkaufsstelle innerhalb der täglichen Öffnungszeiten zu gewährleisten. Diese Tätigkeit ist im Verhältnis zu den bisherigen im Betrieb bestehenden Arbeitsplätzen neu. Eine Versetzung im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes ist deshalb nicht möglich. Alle Arbeitnehmer – mit Ausnahme des Marktleiters – werden deshalb gekündigt. 9 Arbeitnehmer erhalten nach den nachstehenden Regelungen keine Beendigungskündigung, sondern eine Änderungskündigung.

§ 2 Durchführung der Betriebsänderung

1. Die Umbauphase beträgt pro Filiale längstens 1 (einen) Monat. Alle Arbeitnehmer des jeweils betroffenen Marktes werden unter Einhaltung der individuellen Kündigungsfristen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Umbaus gekündigt. Sofern die Beachtung von individuellen Kündigungsfristen dazu führt, daß einzelne Arbeitnehmer über diesen Zeitpunkt hinaus weiterbeschäftigt werden müßten, werden die hiervon betroffenen Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung etwaig noch nicht genommenen Urlaubs bzw. unter Verrechnung von Mehrarbeitsstunden unwiderruflich von der Arbeitspflicht freigestellt.

Alle zu kündigenden Arbeitnehmer sind grundsätzlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Arbeitsleistung verpflichtet. Dem Arbeitgeber bleibt aber das Recht vorbehalten, Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen, sofern der Beschäftigungsbedarf wegen der Umsetzung der Betriebsänderung vor Ablauf der individuellen Kündigungsfrist abläuft.

2. Der Arbeitgeber ist mit dem Betriebsrat einig, daß sich der in den bisherigen Arbeitsverträgen enthaltene Versetzungsvorbehalt nur auf eine Versetzung innerhalb einer Filiale, nicht jedoch auf eine Versetzung von einer Filiale in eine andere Filiale bezieht. Eine soziale Auswahl wird deshalb zwischen den Filialen im Zuge der Umgestaltung einer Filiale nicht erfolgen.

3. Bei der Besetzung der nach dem Umbau neu entstehenden Arbeitsplätze werden jedoch alle in der jeweiligen Filiale beschäftigten Mitarbeiter – mit Ausnahme des Marktleiters – mitberücksichtigt. Vor Durchführung dieser Auswahl werden denjenigen Mitarbeitern – ohne Änderung der Vergütung – die neu zu schaffenden Arbeitsplätze angeboten, die Mitglied des Betriebsrates sind. Der Betriebsrat stimmt den damit verbundenen personellen Einzelmaßnahmen (Versetzung etc.) gemäß § 99 BetrVG bereits jetzt schon zu. Ansonsten erfolgt die Auswahl unter Zugrundelegung der in C) § 1 geregelten Auswahlrichtlinie sowie der in C) § 2 zur Erhaltung der Altersstruktur festgelegte Gruppenbildung.

C) Auswahlrichtlinie

§ 1 Auswahlkriterien

1. Die Auswahlrichtlinie ist nur für die Auswahl der Mitarbeiter anzuwenden, denen im Zuge der Umgestaltung einer Filiale zur reinen Abverkaufstelle die in diesem Zusammenhang neu zu bildenden Stellen angeboten werden.

2. Vergleichbar sind dabei alle bislang in der Filiale tätigen Arbeitnehmer, unabhängig davon, auf welcher betriebshierarchischen Ebene sie vormals beschäftigt wurden.

3. Die Parteien vereinbaren, daß die Auswahl der neu zu besetzenden Arbeitsplätze nach folgenden Maßgaben erfolgt:

a) In einem ersten Schritt ist nach folgenden Punkteschema zu verfahren:

Betriebszugehörigkeit: Mitarbeiter erhalten maximal 75 Punkte, und zwar bis zum 10 Dienstjahren je Jahr 1 Punkt und ab dem 11. Dienstjahr je 2 Punkte.

Das Lebensalter der Arbeitnehmer wird bis maximal 55 Punkte bewertet, und zwar bis zum 20. Lebensjahr insgesamt 1 Punkt und für jedes weitere Lebensjahr jeweils 1 Punkt.

Die Unterhaltspflichten werden mit maximal 55 Punkte bewertet, wobei verheiratete Mitarbeiter mit einem vollberufstätigen Partner keinen Punkt erhalten, allein stehende Mitarbeiter erhalten 5 Punkte, verheiratete Mitarbeiter mit einem nicht bzw. nicht voll berufstätigen Partner erhalten 8 Punkte. Je weitere unterhaltsberechtigte Person erhalten die Mitarbeiter jeweils 5 Punkte.

b) Haben Arbeitnehmer die gleiche Punktzahl, so sind in einem zweiten Schritt die Zeiten der Betriebszugehörigkeit, bei gleicher Betriebszugehörigkeit das Lebensalter und bei gleichem Alter die Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen maßgeblich.

c) Im Anschluß an die Bewertung der Sozialkriterien nach den vorstehenden Maßgaben hat der Arbeitgeber abschließend individuelle Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen, um Härten, die sich aus der Anwendung des Punktesystems ergeben, zu verhindern. Zu berücksichtigen sind hier zum Beispiel Arbeitsmarktchancen, Berufsunfälle etc.

4. Für die Feststellungen der Betriebszugehörigkeit wird auf den Tag des Eintritts in das Unternehmen abgestellt. Für die Feststellung der Unterhaltspflichten sind die Angaben auf der Lohnsteuerkarte maßgeblich, sofern nicht Besonderheiten dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber bekannt sind und spätestens bei der Anhörung des Betriebsrates mitgeteilt werden.

§ 2 Bildung von Altersgruppen zur Erhaltung der Altersstruktur

Zwischen den Betriebsparteien besteht Einvernehmen, daß zur Erhaltung einer ausgewogenen Altersstruktur Altersgruppen gebildet werden. Innerhalb dieser Gruppen ist die Auswahl zur Besetzung der neuen Arbeitsplätze vorzunehmen. Die Altersgruppen gliedern sich wie folgt:

1. Gruppe

Mitarbeiter bis 25

2. Gruppe

Mitarbeiter bis 35

3. Gruppe

Mitarbeiter bis 45

4. Gruppe

Mitarbeiter bis 55

5. Gruppe

Mitarbeiter bis 65

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass die Neubesetzung entsprechend der Gruppenbildung und innerhalb der Gruppe unter Zugrundelegung der Auswahlrichtlinie (C. § 1) durchzuführen ist. Die Auswahl der den einzelnen Gruppen zustehenden neuen Arbeitsplätze wird unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Stärke an der Gesamtbelegschaft der Filiale ermittelt. Sofern in einer Filiale ein Betriebsratsmitglied beschäftigt wird, vermindert sich die Anzahl von Arbeitsplätzen der Gruppe, zu der das Betriebsratsmitglied gehört.

§ 3 Beteiligungsrechte des Betriebsrates

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, insbesondere die Rechte aus §§ 99, 102 BetrVG werden beachtet.

D) Sozialplan

Aufgrund der bekannten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und zur Vermeidung einer Insolvenz stimmen die Parteien überein, daß auf den Abschluß eines Sozialplans für die oben näher beschriebene Betriebsänderung dauerhaft verzichtet wird.”

Am 8. April 2003 – vor der streitbefangenen Kündigung – übermittelte die Beklagte dem Arbeitsamt M… ein Stellenangebot, mit welchem sie insgesamt zehn Verkäufer/innen für ihre Filiale M… suchte. Am 9. April 2003 veröffentlichte sie eine “Innerbetriebliche Stellenausschreibung”, mit welcher sie für die Standorte L…, K…, St…, D…, P…, B…, H…, N…, S…, M…, Lu…, W… und V… Verkäufer/innen in Voll- oder Teilzeitbeschäftigung zu folgenden Bedingungen suchte:

“– Fixgehalt € 1.650,00,

– variable Zielprämie bis zu 24 % vom Fixgehalt,

– Übernahme der Umzugskosten,

– Übernahme der Unterbringungskosten für die ersten drei Monate,

– Übernahme der Kosten für Familienheimfahrten (14-tägig) während der ersten drei Monate (kostengünstigste Reisemöglichkeit)

– Integrationsprämie von € 300,00 monatlich für die ersten drei Monate.”

Am 19. April 2003 inserierte die Beklagte in der regionalen “Rhein-Neckar-Zeitung” wie folgt:

“Für unseren Makromarkt in S… und unsere beiden Makromärkte in H… suchen wir Verkäufer/innen.”

Die Beklagte erstellte für die Filiale des Klägers auf Grund der in der Vereinbarung vom 13. Februar 2003 festgelegten Kriterien eine Liste, aus der sich die Namen der Arbeitnehmer ergaben, die entweder eine Beendigungskündigung oder eine Änderungskündigung erhalten oder ungekündigt bleiben sollten. Der Kläger ist in dieser Liste in der zweiten Altersgruppe mit 18 Punkten aufgeführt. Die geringste Punktzahl der in dieser Gruppe nicht zur Beendigungskündigung vorgesehenen Arbeitnehmer hat ein Arbeitnehmer mit 25 Punkten. Dementsprechend hörte die Beklagte den Betriebsrat zu den beabsichtigten Kündigungen an, im Falle des Klägers, der zur Beendigungskündigung vorgesehen war, am 9. April 2003. Sie führte ua. aus, es würden in Zukunft neben dem Marktleiter nur noch 12 Arbeitnehmer beschäftigt.

Nachdem verschiedene Arbeitnehmer das ihnen im Zusammenhang mit der ihnen gegenüber ausgesprochenen Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht oder nur unter Vorbehalt angenommen hatten bzw. dies für die Beklagte absehbar war, bot die Beklagte einigen der zur Beendigungskündigung vorgesehenen Arbeitnehmern an, “nachzurücken”. Diese Angebote wurden zum Teil angenommen, zum Teil abgelehnt.

Mit Schreiben vom 22. April 2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. Mai 2003.

Der Kläger hält die Kündigung für sozialwidrig. Das Bedürfnis für seine Beschäftigung sei nicht entfallen. Die bisher ausgeübten Tätigkeiten, darunter insbesondere auch seine eigene, fielen weiter an. Es gebe Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten, wie sich aus den von der Beklagten vorgenommenen Ausschreibungen bzw. Stellenanzeigen ergebe. Auch die Sozialauswahl sei nicht ordnungsgemäß.

Der Kläger hat beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22. April 2003 nicht aufgelöst ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.187,88 Euro brutto (Vergütung Juni 2003) abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 204,89 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 1. Juli 2003 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.187,88 Euro brutto (Vergütung Juli 2003) abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 907,37 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2003 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, ihr Unternehmen habe bereits im Jahre 2001 einen Jahresverlust in Höhe von 45 Mio. Euro hinnehmen müssen. Im folgenden Jahre seien die Umsätze weiterhin rückläufig gewesen. Für das Geschäftsjahr 2003 sei mit einem Fehlbetrag von 65 Mio. Euro zu rechnen. Die Beklagte sei daher gezwungen gewesen, zur Sanierung ihres Unternehmens neben einem Gehaltsverzicht der Führungskräfte und weiteren Maßnahmen ca. 1.800 Kündigungen auszusprechen. Sie habe beschlossen, alle Filialen in reine Abverkaufsstellen umzuwandeln. Auf Grund dieses Konzeptes würden in der Filiale nur noch ein Marktleiter und zwölf Mitarbeiter beschäftigt. Allen Beschäftigten oblägen in Zukunft je nach Bedarf Kassentätigkeit, Pflege und Nachfüllen der Ware, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Kulanz und der Gewährleistung, sowie Lagertätigkeiten. Nach den im Interessenausgleich vereinbarten Regeln habe der Kläger zur Kündigung angestanden. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz gebe es nicht. Die Stellenausschreibungen seien nur vorsorglich bzw. zu Werbezwecken erfolgt. Die Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden.

Das Arbeitsgericht hat nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei nicht sozial ungerechtfertigt, sondern durch dringende betriebliche Gründe iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Die Beklagte habe eine gestaltende unternehmerische Entscheidung dahin getroffen, die bisherige Verkaufspraxis in der im Interessenausgleich niedergelegten Weise abzuändern. Im Interessenausgleich sei auch die zwingende Vorgabe des neuen Personalbedarfs enthalten, der nach einer unter Beachtung betriebswirtschaftlicher Kriterien erstellten Prognose festgelegt worden sei. Diese im Einvernehmen mit dem Betriebsrat getroffene und inzwischen auch unstreitig umgesetzte Entscheidung sei nicht lediglich auf Personalreduzierung gerichtet. Sie sei wirtschaftlich nachvollziehbar und weder willkürlich noch sachwidrig. Ein freier Arbeitsplatz sei bei Kündigung nicht vorhanden gewesen. Die Sozialauswahl und die ihr zugrunde liegende Auswahlrichtlinie begegneten keinen Bedenken.

B. Dem stimmt der Senat im Ergebnis und in Teilen der Begründung zu.

I. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger sei entfallen und die Kündigung deshalb durch dringende betriebliche Erfordernisse, die der Beschäftigung des Klägers entgegenstehen, bedingt.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. ua. 7. Dezember 1978 – 2 AZR 155/77 – BAGE 31, 157; 20. Februar 1986 – 2 AZR 212/85 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37; 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61; 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 – BAGE 92, 71) entsteht das inner- oder außerbetrieblich veranlasste Erfordernis für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG in aller Regel nicht unmittelbar und allein durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktionsrückgang usf.), sondern auf Grund einer durch wirtschaftliche oder technische Entwicklungen veranlassten Entscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung). Diese Entscheidung begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein (st. Rspr. BAG 30. Mai 1985 – 2 AZR 321/84 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 24 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36, zu B II 1 der Gründe). Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist (vgl. BAG 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Ist eine derartige unternehmerische Entscheidung getroffen worden, so ist sie nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 – BAGE 92, 71). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige des Kündigungszugangs (BAG 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 550; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 1 Rn. 406). Grundsätzlich muss zu diesem Zeitpunkt der Kündigungsgrund – Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit – vorliegen. In Fällen, in denen zwar bei Zugang der Kündigung noch die Möglichkeit der Beschäftigung besteht, aber die für den künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bereits getroffen sind, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann (BAG 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – aaO). Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber ist – von Fällen der Willkür und des Missbrauchs abgesehen – frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig hält. Das dadurch beschriebene betriebliche Erfordernis berechtigt ihn zur Auflösung oder Umgestaltung der vorhandenen Arbeitsverhältnisse in eben dem Maße, in dem es zur Anpassung an die neue Organisation notwendig ist, allerdings unter Beachtung der weiteren, sich aus dem Gesetz ergebenden Maßgaben (zB Berücksichtigung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, Sozialauswahl).

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe die Arbeit in der Filiale des Klägers so umgestaltet, dass in Zukunft die bisherige Zuständigkeitsverteilung unter den Mitarbeitern – abgesehen vom Filialleiter – aufgehoben, verschiedene Tätigkeiten (insbesondere Beratung, Warenpräsentation) eingeschränkt werden und die verbleibenden Mitarbeiter für alle danach noch anfallenden Arbeiten je nach Bedarf eingesetzt werden sollten. Ein Beschäftigungsbedarf des bis dahin mit dem Kläger vereinbarten Tätigkeitszuschnitts sei damit entfallen. Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden.

a) Die unternehmerische Entscheidung betrifft im vorliegenden Fall ein Gesamtkonzept, das den Ausspruch von Beendigungs- und Änderungskündigungen umfasst. Dieses Gesamtkonzept setzt sich aus zwei gleichzeitig umgesetzten Veränderungen gegenüber der bisherigen Organisation zusammen. Zum einen wurde der bisherige Beschäftigungsbedarf reorganisiert, indem die Verteilung der anfallenden Aufgaben auf die Arbeitsplätze verändert wurde. Anstatt die Tätigkeiten wie bisher nach ihrer Art Spezialarbeitsplätzen zuzuweisen, sieht die neue Struktur die Zuständigkeit aller Arbeitnehmer für alle anfallenden Arbeiten vor (Allround-Arbeitsplätze). Außerdem – in einem zugleich mit dem ersten ins Werk gesetzten zweiten Schritt – hat die Beklagte eine Reduzierung der für die betrieblichen Aufgaben zur Verfügung gestellten Arbeitskapazität vorgenommen und vorgesehen, dass in Zukunft allein noch in dem Umfang die bisherigen Tätigkeiten ausgeführt werden, in dem die von der Beklagten festgelegte personelle Kapazität dies ermöglicht. Ein derartiges Gesamtkonzept ist als solches grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es nimmt an der nur auf Missbrauch beschränkten gerichtlichen Kontrolle teil. Weder kann dem Arbeitgeber vorgehalten werden, er müsse die verbliebene Arbeit auf alle Arbeitnehmer verteilen und deshalb allen Arbeitnehmern gegenüber Änderungskündigungen aussprechen, noch verlangt das Gesetz, dass der Arbeitgeber seine Reorganisation so gestaltet, dass er zunächst nach den Grundsätzen der Sozialauswahl die schutzwürdigsten Arbeitnehmer ermittelt, und die Reorganisation alsdann dem nach sozialen Gesichtspunkten verbleibenden Arbeitskräftepotential anpasst. Vielmehr bildet nach dem Gesetz – gerade umgekehrt – das betriebliche Bedürfnis die Grundlage für die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit und diese ihrerseits die Grundlage für die vorzunehmende soziale Auswahl.

b) Entgegen der Auffassung der Revision kann auch aus dem Umstand, dass die von der Beklagten im Zusammenhang mit den Kündigungen gegenüber einer Reihe von Arbeitnehmern ausgesprochenen Änderungsangebote der Sache nach sozial ungerechtfertigt iSd. §§ 1, 2 KSchG waren (vgl. BAG 23. Juni 2005 – 2 AZR 7/05 –), nicht geschlossen werden, die unternehmerische Reorganisationsentscheidung sei offenbar unsachlich, willkürlich oder missbräuchlich. Denn die Sozialwidrigkeit der Änderungskündigungen ergab sich nicht aus einer negativen Bewertung des unternehmerischen Konzepts, sondern daraus, dass die Beklagte sich nicht darauf beschränkt hat, diejenigen Änderungsvorschläge zu unterbreiten, die zur Umsetzung dieses Konzepts notwendig waren.

c) Die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe außer Acht gelassen, dass der Vortrag der Beklagten zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bereits nicht ausreichend gewesen sei, wie noch das Arbeitsgericht richtig erkannt habe.

d) Diese Rüge hat keinen Erfolg.

aa) Soweit damit die tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts angegriffen werden soll, ist die Rüge jedenfalls unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Parteien ersichtlich vollständig zur Kenntnis genommen und widerspruchsfrei gewürdigt. Es hat sich auf den in der Vereinbarung vom 13. Februar 2003 festgelegten Katalog von Maßnahmen bezogen, die alle das Ziel verfolgen, eben die von der Beklagten beschriebene Reorganisation betrieblich umzusetzen. Dort ist auch niedergelegt, dass die von der Beklagten getroffene Entscheidung spätestens am 13. Februar 2003 vollständig und von den zu ihrer Durchsetzung berufenen Personen getroffen war. Dass derart einschneidende und konkret festgelegte rechtliche und tatsächliche Schritte in Gestalt einer detaillierten Betriebsvereinbarung als “greifbare Formen” einer beabsichtigten Reorganisation anzusehen sind – der im Übrigen auch unstreitig “Taten”, nämlich Beendigungskündigungen, Änderungskündigungen und Umbaumaßnahmen gefolgt sind –, kann nicht mit Aussicht auf Erfolg in Abrede gestellt werden.

bb) Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine unternehmerische Organisationsentscheidung nicht nur in einer (Um-)Gestaltung der Arbeitsabläufe, sondern auch darin liegen, festzulegen, mit welcher Stärke der Belegschaft des Betriebs zukünftig das Unternehmensziel erreicht werden soll bzw. welche Kapazität an einzusetzenden Arbeitskräften und ihrer Arbeitszeit vorgehalten werden muss (Senat 2. Juni 2005 – 2 AZR 480/04 – DB 2006, 110, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Erschöpft sich eine solche Reorganisationsentscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so rückt sie nahe an den Kündigungsentschluss heran. Da die Kündigungsentscheidung selbst nach dem Gesetz nicht frei, sondern an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit (“Dauer”) verdeutlichen, damit das Gericht prüfen kann, ob sie im Sinne der oben gekennzeichneten Rechtsprechung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also missbräuchlich ausgesprochen worden ist (BAG 17. Juni 1999 – 2 AZR 522/98 – BAGE 92, 61). Dass der Arbeitgeber zur organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit der unternehmerischen Entscheidung vortragen muss, ist weder Selbstzweck noch darf es dazu dienen, dass die Gerichte in die betrieblichen Organisationsabläufe eingreifen. Der Sinn besteht darin, einen Missbrauch des Kündigungsrechts auszuschließen. Vermieden werden sollen betriebsbedingte Kündigungen, die zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führen (Rost in Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83). Vermieden werden soll außerdem, dass die unternehmerische Entscheidung lediglich als Vorwand benutzt wird, um Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeit fortbestehen und lediglich die Arbeitsvertragsinhalte und die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen als zu belastend angesehen werden (BAG 26. September 2002 – 2 AZR 636/01 – BAGE 103, 31).

cc) Die Beklagte hat außerbetriebliche Ursachen, nämlich die erheblichen Verluste in den Jahren 2001 und 2002 zum Anlass für die Personalreduzierung und die gleichzeitig vorgenommene Reorganisation genommen. Diese Entscheidung ist nicht offenkundig unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. Die Beklagte hat ihre Entscheidung hinsichtlich der organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit hinreichend dargelegt. Für eine missbräuchliche Ausübung des Kündigungsrechts sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

dd) Es ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, welchen Schlüssel zur Berechnung des Personalbedarfs der Arbeitgeber zugrunde legt. Die Beantwortung dieser Frage fällt in den Bereich der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers. Dass die Beklagte einen willkürlich gegriffenen Personalbedarfsschlüssel angewandt hätte oder dass bei dem von der Beklagten geplanten reduzierten Service mehr als die vorgesehenen Arbeitskräfte gebraucht würden, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die Beklagte Ersatzarbeitskräfte eingestellt hätte oder eine Überforderung der verbliebenen Arbeitnehmer vorläge. Der Kläger trägt nicht vor, die jetzt noch im Betrieb eingesetzten Arbeitnehmer seien nicht in der Lage, das verbliebene Arbeitspensum zu bewältigen. Abgesehen davon hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, das geänderte Konzept der Beklagten sei inzwischen umgesetzt worden (vgl. zur Berücksichtigung von Tatsachen, durch die die Prognose des Beschäftigungswegfalls bestätigt wird: BAG 27. November 2003 – 2 AZR 48/03 – BAGE 109, 40).

e) Die Revision rügt, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht ergebe, inwieweit sich die unternehmerische Maßnahme gerade auf seinen bisherigen Beschäftigungsbereich ausgewirkt habe; auch fehle seitens der Beklagten eine nachvollziehbare, zahlenmäßig fassbare Darlegung der Reduzierung des Beschäftigungsbedarfs.

f) Die Rüge kann im Rahmen der Prüfung der Betriebsbedingtheit der Kündigung keinen Erfolg haben. Der Kläger übersieht bei seiner Rüge, dass die Beklagte nicht lediglich das Volumen des Beschäftigungsbedarfs verringert, sondern diesen auch inhaltlich verändert hat. Damit entfiel der Beschäftigungsbedarf zu den bisherigen Bedingungen für alle Arbeitnehmer mit Ausnahme des Filialleiters. Die Frage, welche Arbeitnehmer zu geänderten Bedingungen weiterbeschäftigt werden, ist nach dem zweistufigen, jedoch in einem Zug verwirklichten Konzept der Beklagten eine Frage der sozialen Auswahl, nicht jedoch der Betriebsbedingtheit. Nach dem Konzept der Beklagten bestand für keinen Arbeitnehmer eine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen. Davon waren alle Arbeitsverhältnisse berührt. Wie viele Arbeitnehmer die Beklagte zu geänderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen kann, hat sie nach ihren vom Gericht nur eingeschränkt nachprüfbaren Zweckmäßigkeitserwägungen festgelegt. Welche Arbeitnehmer dies sind, ist für die Betriebsbedingtheit der Kündigung nicht maßgeblich.

3. Nicht zu beanstanden ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung seien keine anderweitigen Arbeitsplätze frei gewesen, die die Beklagte dem Kläger gegebenenfalls durch Ausspruch einer Änderungskündigung hätte anbieten müssen.

a) Dringende betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes geführt haben, sind nur dann zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung geeignet, wenn keine Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung besteht (st. Rspr. BAG 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61; 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – AP BGB § 626 Nr. 148 = EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 3; 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 104; 15. August 2002 – 2 AZR 195/01 – BAGE 102, 197). Im Kündigungsschutzprozess gilt insoweit eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast: Der Arbeitgeber genügt zunächst seiner Darlegungslast, wenn er allgemein vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Auf nähere Darlegungen des Arbeitnehmers, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber dann eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei (st. Rspr. vgl. BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – BAGE 42, 151; 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – aaO; 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – aaO). Dabei genügt es für die Darlegungen des Arbeitnehmers, wenn er angibt, welche Art der Beschäftigung gemeint ist (vgl. BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – aaO; ebenso für eine personenbedingte Kündigung: 5. August 1976 – 3 AZR 110/75 – AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 2). Der Arbeitnehmer muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen (BAG 6. November 1997 – 2 AZR 253/97 – NZA 1998, 833; 15. August 2002 – 2 AZR 195/01 – BAGE 102, 197).

b) Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend und ohne, dass die Revision insoweit eine zulässige Verfahrensrüge erhoben hätte, festgestellt, dass freie Arbeitsplätze bei Zugang der Kündigung nicht vorhanden waren. Danach dienten die verschiedenen Stellenausschreibungen der Beklagten im April 2003 lediglich dazu, solche Vakanzen auffüllen zu können, die sich etwa aus ablehnenden Reaktionen der bisher beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich der “Nachrücker” auf Änderungsangebote ergeben würden. Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht der Beklagten das Recht zugebilligt, das von ihr erstrebte Personalkonzept zu einem bestimmten Zeitpunkt insgesamt durch Ausspruch der erforderlichen Beendigungskündigungen und Änderungskündigungen durchzusetzen. Wenn die Beklagte zur Abstützung dieses Konzepts Vorsorge für den Fall traf, dass Änderungsangebote nicht in dem erforderlichen Maß angenommen würden, so wird dadurch das Konzept nicht in Frage gestellt, sondern der Unsicherheit jedweder Planung in vernünftiger Weise Rechnung getragen.

II. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam. Die Beklagte hat bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt.

1. Unabhängig davon, dass der Kläger bereits nicht der ihm obliegenden prozessualen Last nachgekommen ist, Namen vergleichbarer und sozial weniger schützenswerter Arbeitnehmer in den Tatsacheninstanzen zu benennen, hat die Beklagte auch der Sache nach bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt. Die soziale Auswahl betraf im vorliegenden Fall nicht – wie meist – die Frage, wie unverändert bestehen gebliebene Arbeitsplätze auf die Arbeitnehmer aufgeteilt werden sollten. Die Beklagte hatte – wie ausgeführt – bei ihrer Reorganisation zwei Maßnahmen miteinander verbunden, nämlich die Umgestaltung aller Arbeitsplätze und die Reduzierung des – umgestalteten – Beschäftigungsvolumens. In einem solchen Fall entscheidet die Sozialauswahl darüber, welchen Arbeitnehmern die verbliebenen geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten angeboten werden müssen.

2. Nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG ist vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Sozialauswahl durchzuführen. Die soziale Auswahl ist grundsätzlich auf alle vergleichbaren Arbeitnehmer eines Betriebes zu erstrecken. Im Unterschied zu der Möglichkeit der anderweitigen Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber, die nach § 1 Abs. 2 KSchG auch unternehmensbezogen ausgestaltet ist, fehlt es an einer entsprechenden Regelung für den Bereich der sozialen Auswahl. Auf Grund dieser gesetzlichen Wertung ist für den Bereich der sozialen Auswahl von der grundsätzlichen Betriebsbezogenheit des individuellen Kündigungsschutzes auszugehen (st. Rspr. vgl. BAG 22. Mai 1986 – 2 AZR 612/85 – AP KSchG 1969 § 1 Konzern Nr. 4 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 22 mwN; 28. Oktober 2004 – 8 AZR 391/03 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 69 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 56, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

3. Die Sozialauswahl war nicht auf alle Arbeitnehmer im Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats zu erstrecken, sondern auf die Filiale des Klägers zu begrenzen. Dies hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen.

a) Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Parteien dahingehend gewürdigt, dass es sich bei der Filiale des Klägers um einen Betrieb handelt. Die Revision hat diese Würdigung nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffen. Sie ist auch ersichtlich nicht zu beanstanden, denn die Beklagte hatte in den Vorinstanzen im Einzelnen vorgetragen, dass die Filialen weitestgehend selbständig durch den Filialleiter geführt werden.

b) Nichts Anderes ergibt sich daraus, dass die Filialen im Raum Süd/Südwest der Beklagten einen gemeinsamen Betriebsrat – offenbar nach § 3 Abs. 1 Nr. 1a) BetrVG – gebildet hatten. Die Zusammenfassung von Betrieben nach dieser Vorschrift erfolgt jedoch lediglich zur Erleichterung der Bildung von Betriebsräten oder zur sachgerechten Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen durch den Betriebsrat. Sie ändert an der Zuordnung der einzelnen Arbeitnehmer zu den jeweiligen Beschäftigungsbetrieben nichts. Wie der Gesetzestext zeigt, der die Bildung eines solchen gemeinsamen Betriebsrates in Unternehmen mit “mehreren Betrieben” ermöglicht, ist das Vorhandensein mehrerer Betriebe sogar Voraussetzung für die Wahl des gemeinschaftlichen Betriebsrates (vgl. Fitting BetrVG 22. Aufl. Rn. 29 zu § 3 BetrVG; HWK/Gaul § 3 BetrVG Rn. 3 mwN). Außerdem regelt § 3 Abs. 5 Satz 1 BetrVG ausdrücklich, dass die Organisationseinheiten, für die Betriebsräte nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BetrVG gewählt werden, nur als Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten (ErfK-Eisemann 5. Aufl. § 3 BetrVG Rn. 12; HWK/Gaul § 3 BetrVG Rn. 3 mwN).

4. Soweit der Kläger bemängelt, es sei ihm ein Punkt zu wenig zugemessen worden, ist seine Rüge unerheblich. Selbst dann nämlich hätte er noch weniger Punkte erhalten als der Arbeitnehmer seiner Altersgruppe, der unter den nicht Gekündigten die geringste Punktzahl erreicht hat.

C. Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

 

Unterschriften

Rost, Bröhl, Schmitz-Scholemann, Heise, Pitsch

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1508752

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