Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsbedingte Kündigung. Unternehmerentscheidung. Sozialauswahl

 

Leitsatz (redaktionell)

  • Der Arbeitgeber ist – von Fällen der Willkür und des Missbrauchs abgesehen – frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig hält. Das dadurch beschriebene betriebliche Erfordernis berechtigt ihn zur Auflösung oder Umgestaltung der vorhandenen Arbeitsverhältnisse in eben dem Maße, in dem es zur Anpassung an die neue Organisation notwendig ist, sofern die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (z. B. Berücksichtigung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, Sozialauswahl).
  • Eine unternehmerische Organisationsentscheidung kann nicht nur in einer (Um-)Gestaltung der Arbeitsabläufe, sondern auch darin liegen, festzulegen, mit welcher Stärke der Belegschaft des Betriebs zukünftig das Unternehmensziel erreicht werden soll bzw. welche Kapazität an einzusetzenden Arbeitskräften und ihrer Arbeitszeit vorgehalten werden. Der Arbeitgeber muss in diesen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit (“Dauer”) verdeutlichen, damit das Gericht prüfen kann, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also missbräuchlich ausgesprochen worden ist.
  • Welcher Schlüssel zur Berechnung des Personalbedarfs zugrunde gelegt wird, ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, deren Beantwortung in den Bereich der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers fällt.
  • Ein Arbeitgeber, der sowohl das Beschäftigungsvolumen sowohl zeitlich verringern als auch inhaltlich verändern will, kann in einem Zug Änderungs- und Beendigungskündigungen aussprechen. Er ist nicht verpflichtet, die Reorganisationsmaßnahme in zeitlichen Stufen dergestalt vorzunehmen, dass er die Beendigungskündigungen erst ausspricht wenn klar ist, ob die von den Änderungskündigungen betroffenen Arbeitnehmer die angebotenen Arbeitsplätze annehmen.
  • Zur Darlegungslast bei der Sozialauswahl.
 

Normenkette

KSchG § 1; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 15.02.2005; Aktenzeichen 14 Sa 115/04)

ArbG Mannheim (Urteil vom 06.04.2004; Aktenzeichen 4 Ca 219/03)

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 15. Februar 2005 – 14 Sa 115/04 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine ordentliche, auf betriebsbedingte Gründe gestützte Kündigung. Außerdem macht der Kläger anteilige Urlaubsgeldansprüche für die Monate August bis Dezember 2003 geltend.

Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen und vertreibt deutschlandweit in über 90 Filialen Elektroartikel und Photogeräte.

Der 1970 geborene Kläger trat im Jahre 1995 in die Dienste der Beklagten. Als Verkäufer in der Filiale M… erhielt der Kläger zuletzt eine monatliche Bruttovergütung von 2.374,00 Euro. Im Arbeitsvertrag hat sich die Beklagte vorbehalten, den als Computer-Verkäufer eingestellten Kläger auch für andere zumutbare Arbeit innerhalb der Unternehmensgruppe einzusetzen, die seiner Stellung und seinen Fähigkeiten entspreche.

Am 13. Februar 2003 schlossen die Beklagte und der für die Filialen der Regionen Süd und Süd-West nach § 3 BetrVG gebildete und auch für die Filiale des Klägers zuständige Betriebsrat eine “Vereinbarung” ab, in der es ua. wie folgt heißt:

“Vorbemerkung

Beginnend seit 2001 hat das Unternehmen Umsatzrückgänge zu verzeichnen. Für das Jahr 2001 betrug der Rückgang 5,35 % im Verhältnis zum Jahr 2000. Dies entsprach einem Minus von 41,9 Mio. EUR. Aufgrund der damals bestehenden Personalkosten von durchschnittlich 9,5 Mio. EUR monatlich traten bereits zum damaligen Zeitpunkt Liquiditätsprobleme auf. Das Geschäftsjahr 2001 ist letztlich auch mit einem Jahresverlust in Höhe von 45 Mio. EUR abgeschlossen worden, den die K… Inc. als Muttergesellschaft ausgleichen musste, um ein Insolvenzverfahren zu vermeiden. Dies hatte zur Folge, dass Ende 2001 zur Ergebnisverbesserung im Personalbereich Kosten gesenkt wurden. Gleichwohl mussten für den Zeitraum Januar bis Oktober 2002 weitere Umsatzrückgänge von 8,68 % zum gleichen Zeitraum des Vorjahres hingenommen werden. Das entspricht einem Minus von 57,2 Mio. EUR. Dem stehen durchschnittlich 9,0 Mio. EUR monatlich für Personalkosten gegenüber. Den voraussichtlichen Jahresverlust in Höhe von 55 Mio. EUR muss die K… Inc., weil Betriebsmittelkredite nicht zu bekommen waren, abermals übernehmen.

Die wirtschaftliche Entwicklung der P-Gruppe seit 2001 hatte zur Folge, dass die K… Inc. sich Ende 2002 dazu entschieden hatte, ihr Engagement bei der P-Gruppe zu beenden. Die K… Inc. veräußerte am 16. Januar 2003 ihre Gesellschaftsanteile an der P… GmbH an die jetzigen Geschäftsführer M… und Mi W….

Durch diesen Gesellschafterwechsel sind die wirtschaftlichen Probleme nicht beseitigt. Im Gegenteil, ohne Veräußerungen muss für das 2003 mit einem Fehlbetrag von 65 Mio. EUR gerechnet werden. Die K… Inc. wird zwar für das Jahr 2003 letztmalig einen Betriebsmittelkredit in Form eines rückzahlbaren Darlehens der P… Handels GmbH zur Verfügung stellen. Sollte es jedoch nicht bis Ende 2003 gelingen, die Verhältnisse umzukehren und zumindest mit einem ausgeglichenem Ergebnis abzuschließen, kann ein Insolvenzverfahren Anfang 2004 nicht ausgeschlossen werden.

Dies vorausgeschickt, vereinbaren die Betriebsparteien folgenden Interessenausgleich und Sozialplan gemäß §§ 112 f. BetrVG:

A) Allgemeine Vorschriften

§ 1 Geltungsbereich

Diese Vereinbarung gilt räumlich für die Filialen der P… Handels GmbH der Regionen Süd und Süd-West. Persönlich gilt diese Vereinbarung für alle Arbeitnehmer/innen (mit Ausnahme der leitenden Angestellten nach § 5 III und IV BetrVG), die während der Laufzeit dieser Vereinbarung von personellen Maßnahmen, die nachfolgend im Interessenausgleich (B…) abschließend geregelt sind, betroffen werden. Diese Vereinbarung gilt nicht für die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, und zwar deshalb nicht, weil alle begonnenen Ausbildungsverhältnisse unverändert zu Ende geführt werden.

§ 2 Zweck und Gegenstand

Zweck dieser Vereinbarung ist es, einen Interessenausgleich und einen Sozialplan gemäß § 112 BetrVG zu vereinbaren.

B) Interessenausgleich

§ 1 Betriebsänderung

Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat Planungen und sonstige Informationen zugänglich gemacht, die die Durchführung der nachfolgend beschriebenen Betriebsänderung und die damit verbundenen Maßnahmen betreffen. Der Betriebsrat bestätigt ausdrücklich, umfassend vor Abschluß dieser Vereinbarung durch den Arbeitgeber informiert worden zu sein, und zwar über folgende Änderungen:

1. Alle in der Anlage 1 aufgeführten Filialen werden zu reinen Abverkaufsstellen umgestaltet, und zwar voraussichtlich beginnend zu den dort jeweils genannten Zeitpunkten. Die Parteien sind sich dabei einig, dass eine Verschiebung der dort genannten Zeitpunkte von bis zu 4 (vier) Monaten keine wesentliche Abweichung darstellt. Angelieferte Ware wird zukünftig weitestgehend direkt vom LKW oder aus dem Lager unausgepackt auf Paletten in den Markt gefahren. Kunden müssen sich die Ware überwiegend direkt von der Palette/aus den Regalen entnehmen und zur Kasse befördern. Es findet nur noch eine eingeschränkte Kundenberatung/Serviceleistung in den einzelnen Filialen statt. Zur Durchführung dieser Maßnahme wird das bisherige Warensortiment an die neuen Verhältnisse angepaßt.

2. Aufgrund dieser Umgestaltung wird in einer durchschnittlichen Filiale nur noch ein Marktleiter sowie 9 Mitarbeiter beschäftigt. Allen diesen Mitarbeitern obliegt – je nach Bedarf – die Kassentätigkeit, die Pflege und das Nachfüllen der Waren, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Gewährleistung bzw. der Kulanz sowie Lagertätigkeit. Zusammen mit dem Marktleiter sind diese 9 Mitarbeiter notwendig, um das Funktionieren der Abverkaufsstelle innerhalb der täglichen Öffnungszeiten zu gewährleisten. Diese Tätigkeit ist im Verhältnis zu den bisherigen im Betrieb bestehenden Arbeitsplätzen neu. Eine Versetzung im Rahmen des arbeitsvertraglichen Direktionsrechtes ist deshalb nicht möglich. Alle Arbeitnehmer – mit Ausnahme des Marktleiters – werden deshalb gekündigt. 9 Arbeitnehmer erhalten nach den nachstehenden Regelungen keine Beendigungskündigung, sondern eine Änderungskündigung.

§ 2 Durchführung der Betriebsänderung

1. Die Umbauphase beträgt pro Filiale längstens 1 (einen) Monat. Alle Arbeitnehmer des jeweils betroffenen Marktes werden unter Einhaltung der individuellen Kündigungsfristen zum Zeitpunkt des Abschlusses des Umbaus gekündigt. Sofern die Beachtung von individuellen Kündigungsfristen dazu führt, dass einzelne Arbeitnehmer über diesen Zeitpunkt hinaus weiterbeschäftigt werden müßten, werden die hiervon betroffenen Arbeitnehmer ab diesem Zeitpunkt unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung etwaig noch nicht genommenen Urlaubs bzw. unter Verrechnung von Mehrarbeitsstunden unwiderruflich von der Arbeitspflicht freigestellt.

Alle zu kündigenden Arbeitnehmer sind grundsätzlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Arbeitsleistung verpflichtet. Dem Arbeitgeber bleibt aber das Recht vorbehalten, Arbeitnehmer von der Arbeit freizustellen, sofern der Beschäftigungsbedarf wegen der Umsetzung der Betriebsänderung vor Ablauf der individuellen Kündigungsfrist abläuft.

2. Der Arbeitgeber ist mit dem Betriebsrat einig, dass sich der in den bisherigen Arbeitsverträgen enthaltene Versetzungsvorbehalt nur auf eine Versetzung innerhalb einer Filiale, nicht jedoch auf eine Versetzung von einer Filiale in eine andere Filiale bezieht. Eine soziale Auswahl wird deshalb zwischen den Filialen im Zuge der Umgestaltung einer Filiale nicht erfolgen.

3. Bei der Besetzung der nach dem Umbau neu entstehenden Arbeitsplätze werden jedoch alle in der jeweiligen Filiale beschäftigten Mitarbeiter – mit Ausnahme des Marktleiters – mitberücksichtigt. Vor Durchführung dieser Auswahl werden denjenigen Mitarbeitern – ohne Änderung der Vergütung – die neu zu schaffenden Arbeitsplätze angeboten, die Mitglied des Betriebsrates sind. Der Betriebsrat stimmt den damit verbundenen personellen Einzelmaßnahmen (Versetzung etc.) gemäß § 99 BetrVG bereits jetzt schon zu. Ansonsten erfolgt die Auswahl unter Zugrundelegung der in C) § 1 geregelten Auswahlrichtlinie sowie der in C) § 2 zur Erhaltung der Altersstruktur festgelegte Gruppenbildung.

C) Auswahlrichtlinie

§ 1 Auswahlkriterien

1. Die Auswahlrichtlinie ist nur für die Auswahl der Mitarbeiter anzuwenden, denen im Zuge der Umgestaltung einer Filiale zur reinen Abverkaufstelle die in diesem Zusammenhang neu zu bildenden Stellen angeboten werden.

2. Vergleichbar sind dabei alle bislang in der Filiale tätigen Arbeitnehmer, unabhängig davon, auf welcher betriebshierarchischen Ebene sie vormals beschäftigt wurden.

3. Die Parteien vereinbaren, dass die Auswahl der neu zu besetzenden Arbeitsplätze nach folgenden Maßgaben erfolgt:

a) In einem ersten Schritt ist nach folgenden Punkteschema zu verfahren:

Betriebszugehörigkeit: Mitarbeiter erhalten maximal 75 Punkte, und zwar bis zum 10 Dienstjahren je Jahr 1 Punkt und ab dem 11. Dienstjahr je 2 Punkte.

Das Lebensalter der Arbeitnehmer wird bis maximal 55 Punkte bewertet, und zwar bis zum 20. Lebensjahr insgesamt 1 Punkt und für jedes weitere Lebensjahr jeweils 1 Punkt.

Die Unterhaltspflichten werden mit maximal 55 Punkte bewertet, wobei verheiratete Mitarbeiter mit einem vollberufstätigen Partner keinen Punkt erhalten, allein stehende Mitarbeiter erhalten 5 Punkte, verheiratete Mitarbeiter mit einem nicht bzw. nicht voll berufstätigen Partner erhalten 8 Punkte. Je weitere unterhaltsberechtigte Person erhalten die Mitarbeiter jeweils 5 Punkte.

b) Haben Arbeitnehmer die gleiche Punktzahl, so sind in einem zweiten Schritt die Zeiten der Betriebszugehörigkeit, bei gleicher Betriebszugehörigkeit das Lebensalter und bei gleichem Alter die Anzahl der unterhaltspflichtigen Personen maßgeblich.

c) Im Anschluß an die Bewertung der Sozialkriterien nach den vorstehenden Maßgaben hat der Arbeitgeber abschließend individuelle Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen, um Härten, die sich aus der Anwendung des Punktesystems ergeben, zu verhindern. Zu berücksichtigen sind hier zum Beispiel Arbeitsmarktchancen, Berufsunfälle etc.

4. Für die Feststellungen der Betriebszugehörigkeit wird auf den Tag des Eintritts in das Unternehmen abgestellt. Für die Feststellung der Unterhaltspflichten sind die Angaben auf der Lohnsteuerkarte maßgeblich, sofern nicht Besonderheiten dem Betriebsrat oder dem Arbeitgeber bekannt sind und spätestens bei der Anhörung des Betriebsrates mitgeteilt werden.

§ 2 Bildung von Altersgruppen zur Erhaltung der Altersstruktur

Zwischen den Betriebsparteien besteht Einvernehmen, dass zur Erhaltung einer ausgewogenen Altersstruktur Altersgruppen gebildet werden. Innerhalb dieser Gruppen ist die Auswahl zur Besetzung der neuen Arbeitsplätze vorzunehmen. Die Altersgruppen gliedern sich wie folgt:

1. Gruppe

Mitarbeiter bis 25

2. Gruppe

Mitarbeiter bis 35

3. Gruppe

Mitarbeiter bis 45

4. Gruppe

Mitarbeiter bis 55

5. Gruppe

Mitarbeiter bis 65

Die Betriebsparteien sind sich darüber einig, dass die Neubesetzung entsprechend der Gruppenbildung und innerhalb der Gruppe unter Zugrundelegung der Auswahlrichtlinie (C. § 1) durchzuführen ist. Die Auswahl der den einzelnen Gruppen zustehenden neuen Arbeitsplätze wird unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Stärke an der Gesamtbelegschaft der Filiale ermittelt. Sofern in einer Filiale ein Betriebsratsmitglied beschäftigt wird, vermindert sich die Anzahl von Arbeitsplätzen der Gruppe, zu der das Betriebsratsmitglied gehört.

§ 3 Beteiligungsrechte des Betriebsrates

Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, insbesondere die Rechte aus §§ 99, 102 BetrVG werden beachtet.

D) Sozialplan

Aufgrund der bekannten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens und zur Vermeidung einer Insolvenz stimmen die Parteien überein, dass auf den Abschluß eines Sozialplans für die oben näher beschriebene Betriebsänderung dauerhaft verzichtet wird.”

Im April 2003 – vor der Kündigung – bot die Beklagte in der regionalen Presse und gegenüber der Bundesagentur für Arbeit Stellen für mehrere ihrer Filialen in Südund Südwestdeutschland an.

Die Beklagte erstellte für die Filiale des Klägers auf Grund der in der Vereinbarung vom 13. Februar 2003 festgelegten Kriterien eine Liste, aus der sich die Namen der Arbeitnehmer ergaben, die entweder eine Beendigungskündigung oder eine Änderungskündigung erhalten oder ungekündigt bleiben sollten. Dementsprechend hörte die Beklagte den Betriebsrat zu den beabsichtigten Kündigungen an, im Falle des Klägers, der zur Beendigungskündigung vorgesehen war, am 9. April 2003. Die Beklagte teilte dem Betriebsrat mit, sie wolle auf Grund der Reorganisation künftig neben dem Filialleiter nur noch 11 Arbeitnehmer in der Filiale des Klägers beschäftigen.

Nachdem verschiedene Arbeitnehmer das ihnen im Zusammenhang mit der ihnen gegenüber ausgesprochenen Änderungskündigung unterbreitete Änderungsangebot nicht oder nur unter Vorbehalt angenommen hatten bzw. dies für die Beklagte absehbar war, bot die Beklagte einigen der zur Beendigungskündigung vorgesehenen Arbeitnehmer an, “nachzurücken”. Diese Angebote wurden zum Teil angenommen, zum Teil – so auch vom Kläger – abgelehnt.

Mit Schreiben vom 22. April 2003 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. Juli 2003.

Der Kläger hält die Kündigung für sozialwidrig. Das Bedürfnis für seine Beschäftigung sei nicht entfallen. Die bisher ausgeübten Tätigkeiten fielen weiter an. Warum die Beklagte nun ausgerechnet 12 Arbeitnehmer in der Filiale beschäftige und ob mit dieser Anzahl von Beschäftigten die Arbeit ohne überobligatorische Leistungen bewältigt werden könne, sei nicht dargelegt. Es habe auch die Möglichkeit der Weiterbeschäftigung bestanden. Bei Ausspruch der Kündigung habe die Beklagte das Schicksal der Änderungsangebote noch nicht absehen können. Auch die Sozialauswahl sei fehlerhaft durchgeführt worden. Die Beklagte habe die bei Anwendung einer Punktetabelle vorgeschriebene individuelle Abschlussprüfung unterlassen. Da die Kündigung unwirksam sei, stehe ihm Urlaubsgeld für das ganze Jahr 2003 zu.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 22. April 2003 nicht aufgelöst worden sei;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn Urlaubsgeld in Höhe von 957,00 Euro brutto nebst 5 % Zinsen p. a. über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit 2. Juli 2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat den Urlaubsgeldanspruch für die Monate Januar bis Juli 2003 in Höhe von 558,54 Euro brutto anerkannt und im Übrigen Klageabweisung beantragt.

Die Beklagte hat vorgetragen, ihr Unternehmen habe bereits im Jahre 2001 einen Jahresverlust in Höhe von 45 Mio. Euro hinnehmen müssen. Im folgenden Jahre seien die Umsätze weiterhin rückläufig gewesen. Für das Geschäftsjahr 2003 sei mit einem Fehlbetrag von 65 Mio. Euro zu rechnen gewesen. Sie habe sich daher gezwungen gewesen, zur Sanierung ihres Unternehmens neben einem Gehaltsverzicht der Führungskräfte, der Restaurierung von Vertrieb und Verkauf ca. 1.800 Kündigungen auszusprechen. Sie habe beschlossen, alle Filialen in reine Abverkaufsstellen umzuwandeln. Auf Grund dieses Konzeptes würden in der Filiale nur noch ein Marktleiter und 11 Mitarbeiter beschäftigt. Allen Beschäftigten oblägen in Zukunft je nach Bedarf Kassentätigkeit, Pflege und Nachfüllen der Ware, die Annahme von Kundengeräten im Rahmen der Kulanz und der Gewährleistung, sowie Lagertätigkeiten. Nach den im Interessenausgleich vereinbarten Regeln habe der Kläger zur Kündigung angestanden. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem freien Arbeitsplatz gebe es nicht. Die Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden.

Das Arbeitsgericht hat – in Höhe des anerkannten Betrages durch Teilanerkenntnisurteil, im Übrigen durch Schlussurteil – nach den Klageanträgen erkannt. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im jetzt noch streitigen Umfang abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Schlussurteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Kündigung sei nicht sozial ungerechtfertigt, sondern durch dringende betriebliche Gründe iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Die Beklagte habe eine gestaltende unternehmerische Entscheidung dahin getroffen, die bisherige Verkaufspraxis in der im Interessenausgleich niedergelegten Weise abzuändern. Die Entscheidung zur Umgestaltung ihrer Filialen sei weder unsachlich, unvernünftig noch willkürlich. Sie habe auch greifbare Formen angenommen und sei zum 25. April 2003 beschlossen worden. Damit sei der Beschäftigungsbedarf für den Kläger bei Ablauf der Kündigungsfrist entfallen gewesen. Eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit habe sich auch nicht aus den Stellenangeboten der Beklagten ergeben. Sie seien vorsorglich erfolgt, weil das Schicksal der Änderungsangebote nicht absehbar gewesen sei. Die Sozialauswahl sei nicht zu beanstanden gewesen.

B. Dem stimmt der Senat im Ergebnis und in wesentlichen Teilen der Begründung zu.

I. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger sei entfallen und die Kündigung deshalb durch dringende betriebliche Erfordernisse, die der Beschäftigung des Klägers entgegenstehen, bedingt.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. ua. 7. Dezember 1978 – 2 AZR 155/77 – BAGE 31, 157; 20. Februar 1986 – 2 AZR 212/85 – AP KSchG 1969 § 1 Nr. 11 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37; 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61; 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 – BAGE 92, 71) entsteht das inner- oder außerbetrieblich veranlasste Erfordernis für eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 KSchG in aller Regel nicht unmittelbar und allein durch bestimmte wirtschaftliche Entwicklungen (Produktionsrückgang usf.), sondern auf Grund einer durch wirtschaftliche oder technische Entwicklungen veranlassten Entscheidung des Arbeitgebers (unternehmerische Entscheidung). Diese Entscheidung begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn sie sich konkret auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein (st. Rspr. BAG 30. Mai 1985 – 2 AZR 321/84 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 24 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36, zu B II 1 der Gründe). Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist (vgl. BAG 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Ist eine derartige unternehmerische Entscheidung getroffen worden, so ist sie nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder ihre Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 17. Juni 1999 – 2 AZR 141/99 – BAGE 92, 71). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige des Kündigungszugangs (BAG 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 120 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 118; KR-Etzel 7. Aufl. § 1 KSchG Rn. 550; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 13. Aufl. § 1 Rn. 406). Grundsätzlich muss zu diesem Zeitpunkt der Kündigungsgrund – Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit – vorliegen. In Fällen, in denen zwar bei Zugang der Kündigung noch die Möglichkeit der Beschäftigung besteht, aber die für den künftigen Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses maßgeblichen Entscheidungen bereits getroffen sind, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer bis zum Kündigungstermin voraussichtlich entbehrt werden kann (BAG 12. April 2002 – 2 AZR 256/01 – aaO). Mit anderen Worten: Der Arbeitgeber ist – von Fällen der Willkür und des Missbrauchs abgesehen – frei, die betrieblichen Abläufe so zu organisieren, wie er es für zweckmäßig hält. Das dadurch beschriebene betriebliche Erfordernis berechtigt ihn zur Auflösung oder Umgestaltung der vorhandenen Arbeitsverhältnisse in eben dem Maße, in dem es zur Anpassung an die neue Organisation notwendig ist, allerdings unter Beachtung der weiteren, sich aus dem Gesetz ergebenden Maßgaben (zB Berücksichtigung anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, Sozialauswahl).

2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beklagte habe die Arbeit in der Filiale des Klägers so umgestaltet, dass in Zukunft die bisherige Zuständigkeitsverteilung unter den Mitarbeitern – abgesehen vom Filialleiter – aufgehoben, verschiedene Tätigkeiten (insbesondere Beratung, Warenpräsentation) eingeschränkt werden und die verbleibenden Mitarbeiter für alle danach noch anfallenden Arbeiten je nach Bedarf eingesetzt werden sollten. Ein Beschäftigungsbedarf des bis dahin mit dem Kläger vereinbarten Tätigkeitszuschnitts sei damit entfallen. Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden.

a) Die unternehmerische Entscheidung betrifft im vorliegenden Fall ein Gesamtkonzept, das den Ausspruch von Beendigungs- und Änderungskündigungen umfasst. Dieses Gesamtkonzept setzt sich aus zwei gleichzeitig umgesetzten Veränderungen gegenüber der bisherigen Organisation zusammen. Zum einen wurde der bisherige Beschäftigungsbedarf reorganisiert, indem die Verteilung der anfallenden Aufgaben auf die Arbeitsplätze verändert wurde. Anstatt die Tätigkeiten wie bisher nach ihrer Art Spezialarbeitsplätzen zuzuweisen, sieht die neue Struktur die Zuständigkeit aller Arbeitnehmer für alle anfallenden Arbeiten vor (Allround-Arbeitsplätze). Außerdem – in einem zugleich mit dem ersten ins Werk gesetzten zweiten Schritt – hat die Beklagte eine Reduzierung der für die betrieblichen Aufgaben zur Verfügung gestellten Arbeitskapazität vorgenommen und vorgesehen, dass in Zukunft allein noch in dem Umfang die bisherigen Tätigkeiten ausgeführt werden, in dem die von der Beklagten festgelegte personelle Kapazität dies ermöglicht. Ein derartiges Gesamtkonzept ist als solches grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es nimmt an der nur auf Missbrauch beschränkten gerichtlichen Kontrolle teil. Weder kann dem Arbeitgeber vorgehalten werden, er müsse die verbliebene Arbeit auf alle Arbeitnehmer verteilen und deshalb allen Arbeitnehmern gegenüber Änderungskündigungen aussprechen, noch verlangt das Gesetz, wie die Revision meint, dass der Arbeitgeber seine Reorganisation so gestaltet, dass er zunächst nach den Grundsätzen der Sozialauswahl die schutzwürdigsten Arbeitnehmer ermittelt, und die Reorganisation alsdann dem nach sozialen Gesichtspunkten verbleibenden Arbeitskräftepotential anpasst. Vielmehr bildet nach dem Gesetz – gerade umgekehrt – das betriebliche Bedürfnis die Grundlage für die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit und diese ihrerseits die Grundlage für die vorzunehmende soziale Auswahl.

b) Auch aus dem Umstand, dass die von der Beklagten im Zusammenhang mit den Kündigungen gegenüber einer Reihe von Arbeitnehmern ausgesprochenen Änderungsangebote der Sache nach sozial ungerechtfertigt iSd. §§ 1, 2 KSchG waren (vgl. BAG 23. Juni 2005 – 2 AZR 7/05 –), kann nicht geschlossen werden, die unternehmerische Reorganisationsentscheidung sei offenbar unsachlich, willkürlich oder missbräuchlich. Denn die Sozialwidrigkeit der Änderungskündigungen ergab sich nicht aus einer negativen Bewertung des unternehmerischen Konzepts, sondern daraus, dass die Beklagte sich nicht darauf beschränkt hat, diejenigen Änderungsvorschläge zu unterbreiten, die zur Umsetzung dieses Konzepts notwendig waren.

c) Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Beklagten zum Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit zu Recht als ausreichend angesehen.

aa) Die Beklagte hat hinreichend konkrete Angaben zum Zustandekommen der Reorganisationsentscheidung sowie zu dem bisherigen Aufgabenbereich des Klägers und der jetzigen Aufgabenverteilung gemacht.

bb) Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:

(1) Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Parteien ersichtlich vollständig zur Kenntnis genommen und widerspruchsfrei gewürdigt. Es hat sich auf den in der Vereinbarung vom 13. Februar 2003 festgelegten Katalog von Maßnahmen bezogen, die alle das Ziel verfolgen, eben die von der Beklagten beschriebene Reorganisation betrieblich umzusetzen. Dort ist auch niedergelegt, dass die von der Beklagten getroffene Entscheidung spätestens am 13. Februar 2003 vollständig und von den zu ihrer Durchsetzung berufenen Personen getroffen war. Dass derart einschneidende und konkret festgelegte rechtliche und tatsächliche Schritte in Gestalt einer detaillierten Betriebsvereinbarung als “greifbare Formen” einer beabsichtigten Reorganisation anzusehen sind – der im Übrigen auch unstreitig “Taten”, nämlich Beendigungskündigungen, Änderungskündigungen und Umbaumaßnahmen gefolgt sind –, kann nicht mit Aussicht auf Erfolg in Abrede gestellt werden.

(2) Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine unternehmerische Organisationsentscheidung nicht nur in einer (Um-)Gestaltung der Arbeitsabläufe, sondern auch darin liegen, festzulegen, mit welcher Stärke der Belegschaft des Betriebs zukünftig das Unternehmensziel erreicht werden soll bzw. welche Kapazität an einzusetzenden Arbeitskräften und ihrer Arbeitszeit vorgehalten werden muss (Senat 2. Juni 2005 – 2 AZR 480/04 – DB 2006, 110, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 22. Mai 2003 – 2 AZR 326/02 – AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 128 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 126). Erschöpft sich eine solche Reorganisationsentscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so rückt sie nahe an den Kündigungsentschluss heran. Da die Kündigungsentscheidung selbst nach dem Gesetz nicht frei, sondern an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit (“Dauer”) verdeutlichen, damit das Gericht prüfen kann, ob sie im Sinne der oben gekennzeichneten Rechtsprechung offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich, also missbräuchlich ausgesprochen worden ist (BAG 17. Juni 1999 – 2 AZR 522/98 – BAGE 92, 61). Dass der Arbeitgeber zur organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit der unternehmerischen Entscheidung vortragen muss, ist weder Selbstzweck noch darf es dazu dienen, dass die Gerichte in die betrieblichen Organisationsabläufe eingreifen. Der Sinn besteht darin, einen Missbrauch des Kündigungsrechts auszuschließen. Vermieden werden sollen betriebsbedingte Kündigungen, die zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führen (Rost in Jahrbuch des Arbeitsrechts Bd. 39 S. 83). Vermieden werden soll außerdem, dass die unternehmerische Entscheidung lediglich als Vorwand benutzt wird, um Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeit fortbestehen und lediglich die Arbeitsvertragsinhalte und die gesetzlichen Kündigungsschutzbestimmungen als zu belastend angesehen werden (BAG 26. September 2002 – 2 AZR 636/01 – BAGE 103, 31).

(3) Die Beklagte hat außerbetriebliche Ursachen, nämlich die erheblichen Verluste in den Jahren 2001 und 2002 zum Anlass für die Personalreduzierung und die gleichzeitig vorgenommene Reorganisation genommen. Diese Entscheidung ist nicht offenkundig unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. Die Beklagte hat ihre Entscheidung hinsichtlich der organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit hinreichend dargelegt. Für eine missbräuchliche Ausübung des Kündigungsrechts sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

(4) Es ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, welchen Schlüssel zur Berechnung des Personalbedarfs der Arbeitgeber zugrunde legt. Die Beantwortung dieser Frage fällt in den Bereich der Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers. Dass die Beklagte einen willkürlich gegriffenen Personalbedarfsschlüssel angewandt hätte oder dass bei dem von der Beklagten geplanten reduzierten Service mehr als die vorgesehenen Arbeitskräfte gebraucht würden, hat das Landesarbeitsgericht nicht festgestellt. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die Beklagte Ersatzarbeitskräfte eingestellt hätte oder eine Überforderung der verbliebenen Arbeitnehmer vorläge. Der Kläger trägt nicht vor, die jetzt noch im Betrieb eingesetzten Arbeitnehmer seien nicht in der Lage, das verbliebene Arbeitspensum zu bewältigen.

cc) Soweit die Revision rügen will, das Landesarbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Beklagte nicht im Einzelnen dargelegt habe, wie die verbleibende Arbeit auf die verbliebenen Beschäftigten aufgeteilt sei und dass der bisherige Tätigkeitsbereich des Klägers auch unter Berücksichtigung des erweiterten Direktionsrechts entfallen sei, kann sie keinen Erfolg haben.

dd) Die Rüge kann im Rahmen der Prüfung der Betriebsbedingtheit der Kündigung keinen Erfolg haben. Der Kläger übersieht bei seiner Rüge, dass die Beklagte nicht lediglich das Volumen des Beschäftigungsbedarfs verringert, sondern diesen auch inhaltlich verändert hat. Damit entfiel der Beschäftigungsbedarf zu den bisherigen Bedingungen für alle Arbeitnehmer mit Ausnahme des Filialleiters. Die Frage, welche Arbeitnehmer zu geänderten Bedingungen weiterbeschäftigt werden, ist nach dem zweistufigen, jedoch in einem Zug verwirklichten Konzept der Beklagten eine Frage der sozialen Auswahl, nicht jedoch der Betriebsbedingtheit. Nach dem Konzept der Beklagten bestand für keinen Arbeitnehmer eine Möglichkeit der Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen. Davon waren alle Arbeitsverhältnisse berührt. Wie viele Arbeitnehmer die Beklagte zu geänderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen kann, hat sie nach ihren vom Gericht nur eingeschränkt nachprüfbaren Zweckmäßigkeitserwägungen festgelegt. Welche Arbeitnehmer dies sind, ist für die Betriebsbedingtheit der Kündigung nicht maßgeblich.

d) Nicht zu folgen vermag der Senat der Revision auch insoweit, als sie meint, die Beklagte habe ihre Reorganisationsmaßnahme in zeitlichen Stufen dergestalt vornehmen müssen, dass sie zunächst die Änderungskündigungen aussprach, alsdann abwartete, wie die hiervon betroffenen Arbeitnehmer reagieren würden, nunmehr die etwa abgelehnten Arbeitsplätze den nach dem ursprünglichen Konzept zur Beendigungskündigung vorgesehenen Arbeitnehmern anbot und erst danach die dann noch notwendigen Beendigungskündigungen aussprach. Eine Verpflichtung des Arbeitgebers zu einem solchen abgestuften Vorgehen folgt weder aus dem Gesetz noch könnte sie die erwünschte Klarheit alsbald herstellen. Verbindliche Erklärungen der betroffenen Arbeitnehmer zu Änderungsangeboten kann die Beklagte außerhalb des Verfahrens nach § 2 KSchG nicht erzwingen (vgl. BAG 21. April 2005 – 2 AZR 132/04 – BB 2005, 2691, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Der Ausgang etwaiger Prozesse ist nicht sicher vorhersehbar. Die rechtlichen Rahmendaten der Auswahlentscheidung (Sozialdaten, Sonderkündigungsschutz) können sich im Übrigen während der Zeit des vom Berufungsgericht verlangten Zuwartens ändern (vgl. BAG 21. April 2005 – 2 AZR 241/04 – BB 2005, 2471, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Soll eine Vielzahl von Kündigungsentscheidungen, die auf Grund eines auf einen bestimmten Zeitpunkt bezogenen Konzepts erfolgen, verlässlich überprüfbar sein, muss die rechtliche Überprüfung auch auf einen bestimmten einheitlichen Zeitpunkt bezogen werden. Das ist der vom Arbeitgeber bis zur Grenze der Willkür frei zu bestimmende Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Andernfalls entstünde wegen unterschiedlicher zeitlicher Bezugspunkte eine unbeherrschbare Inkohärenz der für die Kündigungsentscheidung maßgeblichen Grunddaten.

3. Nicht zu beanstanden ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung seien keine anderweitigen Arbeitsplätze frei gewesen, die die Beklagte dem Kläger gegebenenfalls durch Ausspruch einer Änderungskündigung hätte anbieten müssen.

a) Dringende betriebliche Erfordernisse, die zum Wegfall eines Arbeitsplatzes geführt haben, sind nur dann zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung geeignet, wenn keine Möglichkeit einer anderweitigen Beschäftigung besteht (st. Rspr. BAG 29. März 1990 – 2 AZR 369/89 – BAGE 65, 61; 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – AP BGB § 626 Nr. 148 = EzA BGB § 626 Unkündbarkeit Nr. 3; 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 104; 15. August 2002 – 2 AZR 195/01 – BAGE 102, 197). Im Kündigungsschutzprozess gilt insoweit eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast: Der Arbeitgeber genügt zunächst seiner Darlegungslast, wenn er allgemein vorträgt, eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers sei nicht möglich. Auf nähere Darlegungen des Arbeitnehmers, wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt, muss der Arbeitgeber dann eingehend erläutern, aus welchem Grund eine Beschäftigung auf einem entsprechenden Arbeitsplatz nicht möglich gewesen sei (st. Rspr. vgl. BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – BAGE 42, 151; 17. September 1998 – 2 AZR 419/97 – aaO; 24. Februar 2000 – 8 AZR 167/99 – aaO). Dabei genügt es für die Darlegungen des Arbeitnehmers, wenn er angibt, welche Art der Beschäftigung gemeint ist (vgl. BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – aaO; ebenso für eine personenbedingte Kündigung: 5. August 1976 – 3 AZR 110/75 – AP KSchG 1969 § 1 Krankheit Nr. 1 = EzA KSchG § 1 Krankheit Nr. 2). Der Arbeitnehmer muss im Allgemeinen keinen konkreten freien Arbeitsplatz benennen (BAG 6. November 1997 – 2 AZR 253/97 – NZA 1998, 833; 15. August 2002 – 2 AZR 195/01 – BAGE 102, 197).

b) Das Landesarbeitsgericht hat für den Senat bindend und ohne, dass die Revision insoweit eine zulässige Verfahrensrüge erhoben hätte, festgestellt, dass freie Arbeitsplätze bei Zugang der Kündigung nicht vorhanden waren. Danach dienten die verschiedenen Stellenausschreibungen der Beklagten im April 2003 lediglich dazu, solche Vakanzen auffüllen zu können, die sich etwa aus ablehnenden Reaktionen der bisher beschäftigten Arbeitnehmer einschließlich der “Nachrücker” auf Änderungsangebote ergeben würden. Diese Würdigung ist nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht der Beklagten das Recht zugebilligt, das von ihr erstrebte Personalkonzept zu einem bestimmten Zeitpunkt insgesamt durch Ausspruch der erforderlichen Beendigungskündigungen und Änderungskündigungen durchzusetzen. Wenn die Beklagte zur Abstützung dieses Konzepts Vorsorge für den Fall traf, dass Änderungsangebote nicht in dem erforderlichen Maß angenommen würden, so wird dadurch das Konzept nicht in Frage gestellt, sondern der Unsicherheit jedweder Planung in vernünftiger Weise Rechnung getragen.

II. Die Kündigung ist nicht nach § 1 Abs. 3 KSchG unwirksam. Die Beklagte hat bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt.

1. Hiervon ist bereits deshalb auszugehen, weil der Kläger nicht der ihm obliegenden prozessualen Last nachgekommen ist, Namen vergleichbarer und sozial weniger schützenswerter Arbeitnehmer, denen gegenüber keine Beendigungskündigungen ausgesprochen wurden, zu benennen.

a) Nach § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG obliegt die Darlegungs- und objektive Beweislast für die Tatsachen, aus denen sich die Unrichtigkeit der Sozialauswahl ergibt, zunächst dem Arbeitnehmer. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. ua. 15. Juni 1989 – 2 AZR 580/88 – BAGE 62, 116) ist dabei aber von einer abgestuften Darlegungslast auszugehen. Es ist danach zunächst Sache des Arbeitnehmers, die Fehlerhaftigkeit der Sozialauswahl darzulegen, sofern er über die hierzu erforderlichen Informationen verfügt. Soweit der Arbeitnehmer hierzu nicht in der Lage ist und er deswegen den Arbeitgeber zur Mitteilung der Gründe auffordert, die ihn zu der Auswahl veranlasst haben, hat der Arbeitgeber als Folge seiner materiellen Auskunftspflicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KSchG auch im Prozess substantiiert vorzutragen. Diese sich aus der Mitteilungspflicht ergebende Vortragslast ist allerdings auf die subjektiven, vom Arbeitgeber tatsächlich angestellten Überlegungen beschränkt. Der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die vollständige Auflistung der Sozialdaten aller objektiv vergleichbaren Arbeitnehmer (BAG 24. März 1983 – 2 AZR 21/82 – BAGE 42, 151; 21. Dezember 1983 – 7 AZR 421/82 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 4 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 29). Gibt der Arbeitgeber keine oder keine vollständige Auskunft, so kann der Arbeitnehmer bei fehlender eigener Kenntnis seiner aus § 1 Abs. 3 KSchG iVm. § 138 Abs. 1 ZPO herzuleitenden Substantiierungspflicht, die Namen sozial stärkerer Arbeitnehmer zu nennen, nicht genügen. In diesen Fällen ist der der fehlenden Kenntnis des Arbeitnehmers entsprechende Vortrag, es seien sozial stärkere Arbeitnehmer als er vorhanden, schlüssig und ausreichend (BAG 21. Juli 1988 – 2 AZR 75/88 – AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 17 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 26). Gleiches gilt, wenn dem Vortrag des Arbeitgebers zu entnehmen ist, dass er die Sozialauswahl nicht unter Berücksichtigung des Vortrages des Arbeitnehmers auf aus dessen Sicht vergleichbare Arbeitnehmer erstreckt hat und wenn er es unterlässt, seinen Vortrag im Prozess zu ergänzen (st. Rspr., vgl. zuletzt BAG 5. Dezember 2002 – 2 AZR 697/01 – BAGE 104, 138).

b) Im vorliegenden Fall waren dem Kläger die Namen der weiter beschäftigten Arbeitnehmer bekannt. Spätestens durch die Anlage B 6 zum erstinstanzlichen Schriftsatz der Beklagten vom 21. August 2003 (Bl. 65 der Akte des Arbeitsgerichts), deren Erhalt der Kläger auch mit der Revision nicht in Abrede stellt, wurde der Kläger über die Sozialdaten sämtlicher Arbeitnehmer seines Betriebs unterrichtet.

2. Im Übrigen macht der Kläger lediglich geltend, die Beklagte habe es an einer individuellen abschließenden Prüfung der Sozialauswahl fehlen lassen. Inwiefern sich bei Durchführung dieser Prüfung ein ihm günstigeres Ergebnis der Sozialauswahl gezeigt hätte, legt der Kläger nicht dar.

C. Aus der Unbegründetheit des Feststellungsantrags folgt die Unbegründetheit des Zahlungsantrags.

D. Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels fallen dem Kläger nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

 

Unterschriften

Rost, Bröhl, Schmitz-Scholemann, Heise, Pitsch

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1508749

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