Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz - entgangene Nutzung eines PKW
Leitsatz (redaktionell)
Ist der Arbeitnehmer berechtigt, einen PKW betrieblich und privat unbeschränkt nutzen zu können und entzieht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mit der betrieblichen die vertragsgemäß eingeräumte Privatnutzung, kann der Arbeitnehmer als Schadensersatz unter Beachtung seiner Schadensminderungspflicht mindestens den Geldbetrag verlangen, der aufzuwenden ist, um einen entsprechenden PKW privat nutzen zu können. Der Senat hatte nicht darüber zu entscheiden, ob der Wert der privaten Nutzung darüber hinaus an den Mietwagenkosten ausgerichtet werden kann.
Verfahrensgang
LAG Hamm (Entscheidung vom 13.07.1992; Aktenzeichen 17 Sa 1824/91) |
ArbG Hamm (Entscheidung vom 24.09.1991; Aktenzeichen 1 Ca 1261/90 L) |
Tatbestand
Die Parteien streiten noch darüber, ob die Beklagte dem Kläger Ersatz für den Entzug eines PKW schuldet.
Der im Jahre 1933 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 1. Juli 1977 als Chefredakteur für Lokales in der Redaktion L der Tageszeitung "Der P " angestellt. Im März 1981 forderte er eine finanzielle Verbesserung seiner Position, u.a. die Benutzung eines Redaktionswagens für Dienst- und Privatfahrten. Bis dahin wurden Dienstfahrten mit dem Privatfahrzeug mit 0,32 DM/km bis 1000 Kilometer monatlich abgerechnet. Die Beklagte teilte dem Kläger mit, sie sei bereit, ihm einen Golf D für Dienst- und Privatfahrten zur Verfügung zu stellen, wobei der lohnwerte Vorteil der Steuer unterliege. Der Kläger erhielt dann einen VW-Golf mit Benzinmotor, für den die Beklagte sämtliche Kosten einschließlich des Benzins trug. Dafür mußte sich der Kläger steuerlich einen geldwerten Vorteil in Höhe von 118,00 DM monatlich anrechnen lassen. Ein weiteres Fahrzeug unterhielt der Kläger privat nicht.
Nachdem die Beklagte den Kläger im Oktober 1989 wegen eines von ihm verfaßten und in der Zeitung veröffentlichten politischen Kommentars abgemahnt hatte, verhandelten die Parteien ohne Ergebnis über eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mit Schreiben vom 22. Juni 1990 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie ihn ab dem 1. Juli 1990 vom Dienst suspendiere, auf seinen Dienst verzichte und ihn als verantwortlichen Redakteur im Sinne von § 8 Landespressegesetz abberufe, da er ihr Vertrauen nicht mehr besitze, seine Aufgabe als Bindeglied zwischen Verleger und Redaktion nicht mehr wahrnehme und sie im Hinblick auf die seit Oktober 1989 geführten Verhandlungen keinen anderen Weg mehr sehe.
Die Beklagte forderte den Kläger auf, den ihm überlassenen Firmen-PKW zum 1. Juli 1990 zurückzugeben. Der Kläger kam diesem Verlangen nach. Er kaufte sich dann einen gebrauchten PKW Audi 80 mit 55 PS, für den er eine Versicherungsprämie von 327,80 DM und Steuern in Höhe von 242,00 DM zahlte. Für die Betankung des Fahrzeugs wendete er von Juli 1990 bis Februar 1991 866,80 DM auf.
Der Kläger hat Schadensersatz für den Entzug des PKW in Höhe von 6.721,00 DM brutto nebst Zinsen geltend gemacht. Er hat vorgetragen, die Beklagte habe schuldhaft den Vertrag verletzt. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, ihn so zu stellen, als hätte ihm nach dem 30. Juni 1990 weiter ein PKW der Beklagten zur Verfügung gestanden. Er habe den PKW überwiegend selbst dienst- lich und privat genutzt. Seine Ehefrau habe den PKW selten gefahren, ihm lediglich öfters das Tanken abgenommen. Für den Zeitraum von Juli 1990 bis einschließlich Juli 1991 stehe ihm ein Schadensersatz von monatlich 517,00 DM zu. Bei diesem Betrag handele es sich um den Gesamtaufwand für einen Audi 80 nach der Kostentabelle des ADAC. Diese monatlichen Kosten wären ihm erspart geblieben, wäre ihm der PKW der Beklagten weiterhin unentgeltlich zur privaten Nutzung überlassen worden.
Der Kläger hat - soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 6.721,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus den sich aus 517,00 DM brutto ergebenden Nettobeträgen monatlich jeweils ab 1. Juli 1990 fortlaufend bis zum 1. Juli 1991 zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Kläger habe den Dienstwagen in der Vergangenheit fast nie selbst benutzt, sondern ständig Test- und andere Dienstwagen gefahren. Der dem Kläger zur Verfügung gestellte PKW sei fast ausschließlich von dessen Ehefrau gefahren worden, was sich insbesondere darin zeige, daß sie das Fahrzeug regelmäßig betankt habe. Schon wegen dieser mißbräuchlichen Verwendung des Dienstwagens sei dessen Einziehung gerechtfertigt gewesen. Zudem hätte es einen Verstoß gegen steuerrechtliche Vorschriften bedeutet, wenn der PKW dem Kläger nach seiner Suspendierung von der Arbeitsleistung weiterhin ausschließlich zur privaten Nutzung überlassen worden wäre. Die Richtlinien der Finanzbehörden, die Privatnutzung eines Dienstwagens mit 1 % vom Anschaffungswert pro Monat als Sachbezug zu versteuern, dürfe nämlich nur der für sich in Anspruch nehmen, der den PKW lediglich zur privaten Nebennutzung freigebe. Schließlich hätte eine Überlassung zur ausschließlich privaten Nutzung einen Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag bedeutet. Die Aufwendungen des Klägers für den von ihm erworbenen Audi 80 stünden in keinem Zusammenhang mit der Rücknahme des Dienstwagens. Davon abgesehen könne dem Kläger ein Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe schon deshalb nicht zustehen, weil er mit dem ihm zur Verfügung gestellten VW-Golf unstreitig durchschnittlich nur 792 km im Monat gefahren sei.
Das Arbeitsgericht hat dem Kläger einen Betrag von 2.902,56 DM brutto nebst Zinsen zugesprochen (12 x 241,88 DM) und die Klage im übrigen abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, dem Kläger auf seine Anschlußberufung weitere 2.687,44 DM brutto nebst Zinsen, insgesamt also einen Schadensersatzanspruch von 5.590,00 DM (13 x 430,00 DM), zuerkannt und die weitergehende Anschlußberufung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, es könne dahinstehen, ob die Beklagte den Kläger wirksam von der Arbeitsleistung ab dem 1. Juli 1990 freigestellt habe, denn der Kläger habe einen Vergütungsanspruch während des Zeitraums seiner Freistellung sowohl im Falle der berechtigten Suspendierung (gemäß § 611 BGB) als auch im Falle der unberechtigten Suspendierung (gemäß den §§ 615, 611 BGB). Bei der Gestellung des PKW Golf habe es sich um eine Naturalvergütung gehandelt. Durch den Entzug des PKW sei der Beklagten diese Hauptleistung unmöglich geworden, da sie das Fahrzeug nicht mehr für die Vergangenheit zur Verfügung stellen könne. Nach § 276 Abs. 1 BGB habe sie die Unmöglichkeit zu vertreten. Daher könne der Kläger gem. § 325 Abs. 1 BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, der auf das positive Interesse gerichtet sei. Die Differenz zwischen der Vermögenslage, die eingetreten wäre, wenn die Beklagte ordnungsgemäß erfüllt hätte, und der durch die Nichterfüllung tatsächlich entstandenen Vermögenslage bestehe in der Einbuße der Nutzungsmöglichkeit des PKW. Der konkret entstandene Schaden sei nicht nach den Tabellen von Sanden/Danner/Küppersbusch, sondern nach den Betriebskosten des gleichwertigen Ersatzwagens zu bemessen. Zur Feststellung dieser Kosten sei im Rahmen der Schadensschätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO die jährlich erscheinende PKW-Kostentabelle des ADAC heranzuziehen. Danach habe der Halter eines VW-Golf mit Benzinmotor und 60 PS bei einer Fahrleistung von 15.000,00 km jährlich im Jahre 1990 monatlich 430,00 DM für sein Fahrzeug aufbringen müssen. Hierauf müsse sich der Kläger nichts dafür anrechnen lassen, daß ihm der PKW auch für Dienstfahrten zur Verfügung gestellt worden sei; denn er habe das Fahrzeug uneingeschränkt auch privat nutzen dürfen, so daß er bis zu seiner Freistellung auf die Anschaffung eines eigenen PKW habe verzichten können und diese Kosten erspart habe. Die Nutzung eines PKW auch während der Dienstzeit bedeute keine Reduzierung der tatsächlichen Kosten für einen Privatwagen. Wieviele Kilometer der Kläger in der Vergangenheit mit dem ihm überlassenen VW-Golf gefahren sei, sei unerheblich, da die Parteien keine Kilometerbegrenzung vereinbart hätten. Die Nutzung des Fahrzeugs auch durch die Ehefrau sei weder untersagt noch rechtsmißbräuchlich gewesen. Die Beklagte sei auch nicht aus steuerrechtlichen Gründen verpflichtet gewesen, dem Kläger den PKW zu entziehen. Ein eventueller Verstoß gegen den Gesellschaftsvertrag der Beklagten habe keinen Einfluß auf das Verhältnis zwischen den Parteien.
II. Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts treffen im Ergebnis und weitgehend auch in der Begründung zu. Dem Kläger steht für die 13 Monate von Juli 1990 bis einschließlich Juli 1991 der Ersatzbetrag von 5.590,00 DM brutto nebst den vom Landesarbeitsgericht zuerkannten Prozeßzinsen aus Nettobeträgen zu.
1. Die Beklagte war arbeitsvertraglich verpflichtet, dem Kläger den für Dienst- und Privatfahrten überlassenen PKW auch während der Freistellung weiterhin für Privatfahrten zur Verfügung zu stellen.
a) Das Arbeitsverhältnis bestand während der Freistellung im Anspruchszeitraum unstreitig fort. Wie das Landesarbeitsgericht zu Recht ausführt, kommt es nicht darauf an, ob die Freistellung berechtigt war (mit anderen Worten: ob ein Beschäftigungsanspruch bestand). Der Vergütungsanspruch des Klägers blieb nach den §§ 611 Abs. 1, 615 Satz 1 BGB in jedem Falle bestehen. Hiergegen wendet sich auch die Beklagte grundsätzlich nicht.
Auch Naturalvergütungen sind, wenn die zugrunde liegende Parteivereinbarung nichts anderes ergibt, während der Freistellung des Arbeitnehmers weiterhin zu erbringen. Die Überlassung des PKW an den Kläger war eine derartige arbeitsvertragliche Vergütung, die die Beklagte nicht einseitig verändern durfte. Die Möglichkeit, einen Firmen-PKW im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auch für Privatfahrten nutzen zu können, ist eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete Arbeitsleistung. Das Halten eines PKW ist heute allgemein üblich und stellt einen nicht unbedeutenden Geldwert dar; dementsprechend fließt nach der Verkehrsanschauung die - auch steuerpflichtige - PKW-Nutzung in die Gehaltsbemessung ein (vgl. nur Schaub, Arbeitsrechts-Hand- buch, 7. Aufl., § 68 I 1, S. 419; Hanau, Münchner Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 1, 1992, § 68 Rz 2, Rz 10; Marschner, AR-Blattei SD, Sachbezüge Rz 1; Peter, AR-Blattei D, Sachbezüge I, unter I 1 a, 2, II 3 a; Gruss, BB 1994, 71).
b) Eine Vereinbarung über die Nutzung des PKW bei Ausfall der Arbeit ist zwischen den Parteien nicht ausdrücklich getroffen worden. Es bedarf daher keiner Entscheidung darüber, ob die Vereinbarung einer entschädigungslosen Rücknahmemöglichkeit zulässig gewesen wäre. Allenfalls kann mit der Revision eine Ersetzungsbefugnis der Beklagten erwogen werden. Im Einzelfall mag in der Überlassung eines PKW für Dienst- und Privatfahrten die stillschweigende Abrede der Parteien gesehen werden, daß der Arbeitgeber den Firmen-PKW bei einem (dauernden) Ausfall der Dienstfahrten unter finanziellem Ausgleich der Privatnutzung zurücknehmen darf. Das kann etwa für die Dauer der Kündigungsfrist gelten. Im Streitfalle bestehen dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte.
Abgesehen davon hat die Beklagte von einer etwaigen Ersetzungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht. Bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis hätte die Beklagte ersatzweise gerade den Nutzwert vergüten müssen, den der Kläger hier unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes verlangt.
c) Für eine Anrechnung auf die geschuldete Naturalvergütung nach § 615 Satz 2 BGB hat die Beklagte nichts vorgetragen.
2. Die Beklagte ist ihrer Leistungspflicht im Anspruchszeitraum nicht nachgekommen. Sie hat den Firmenwagen zurückverlangt, die Nutzung also nicht gewährt. Daraus folgt ihre Verpflichtung zum Schadensersatz nach § 325 Abs. 1 Satz 1 oder §§ 286 Abs. 1, 284 Abs. 2 Satz 1 BGB unabhängig davon, ob Unmöglichkeit oder Verzug anzunehmen ist. Die Beklagte hat die Unmöglichkeit der Leistung bzw. das Unterbleiben der Leistung auch zu vertreten. Allenfalls lag ein Rechtsirrtum vor, der jedoch vermeidbar war (§ 276 BGB). Sofern sie angenommen haben sollte, sie sei aus steuerrechtlichen oder gesellschaftsrechtlichen Gründen gehindert, die Leistung zu erbringen, hat sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt verletzt. Denn eine solche Rechtsauffassung findet im geltenden Recht keinerlei Stütze. Es begründet kein Mitverschulden des Klägers, daß er dem Rückgabeverlangen der Beklagten nachgekommen ist. Daher kann dahinstehen, wie bei einem beiderseitigen Vertretenmüssen zu entscheiden wäre.
3. Das Landesarbeitsgericht hat die Höhe des Schadens zutreffend bemessen. Der Nichterfüllungsschaden nach § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB beträgt ebenso wie der Verzögerungsschaden nach § 286 Abs. 1 BGB mindestens 430,00 DM brutto monatlich im Anspruchszeitraum.
a) Nach § 249 Satz 1 BGB hat derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger gem. § 251 Abs. 1 BGB in Geld zu entschädigen. Ob es sich um anfängliche oder nachträgliche Unmöglichkeit handelt, ist unerheblich. Wird angenommen, die Herstellung sei trotz der Ersatzbeschaffung durch den Kläger nicht geglückt, also unmöglich geworden (vgl. z. B. Staudinger/Medicus, BGB, 12. Aufl., § 251 Rz 8), besteht ein Anspruch auf Geldentschädigung nach § 251 Abs. 1 BGB. Ist die Herstellung nicht unmöglich geworden, ergibt sich der Anspruch aus § 250 Satz 2 BGB, nachdem die Beklagte die Ersatzleistung durch ihr Rücknahmeverlangen ernsthaft und endgültig verweigert hatte (vgl. BGH Urteil vom 29. April 1992 - VIII ZR 77/91 -, NJW 1992, 2221, 2222).
b) Der Kläger muß sich nicht auf eine konkrete Schadensberechnung in dem Sinne des Ersatzes von tatsächlich erbrachten Aufwendungen (anteilige Kosten der Fahrzeugbeschaffung, Kfz-Steuern, Kfz-Versicherung, Wartung, Reparaturkosten, Benzinkosten, sonstige Betriebsmittel) verweisen lassen. Die Nutzungsentschädigung kann bei dem Entzug von Gebrauchsvorteilen eines PKW abstrakt, d. h. ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Ausgleich berechnet werden (vgl. auch BGHZ 85, 11, 13 ff.; 98, 212, 213 ff.; 101, 325, 330 ff., jeweils m.w.N.; anders zuletzt Nägele/Schmidt, BB 1993, 1797, 1798 f.). Der Kläger muß sich dabei nicht mit dem Ersatz des steuerlichen Sachbezugswerts (hier: 118,00 DM monatlich) begnügen. Die Arbeitsvertragsparteien haben keineswegs Einigkeit darüber erzielt, daß der geldwerte Vorteil des PKW sich im Rahmen des Arbeitsverhältnisses entsprechend der steuerlichen Bewertung darstellt. Dieser Wert wird allein aus steuerlichen Gründen gewählt. Für einen Schadensersatzanspruch ist nach den §§ 249 ff. BGB der wirkliche Wert der Sachleistung zugrunde zu legen (Schroeder, NZA 1994, 342, 344).
c) Demnach kann der Kläger unter Beachtung seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB den Geldbetrag verlangen, der aufzuwenden ist, um einen vertragsgemäßen PKW privat nach den bis zur Freistellung geschuldeten und in Anspruch genommenen Bedingungen nutzen zu können. Wenn das Landesarbeitsgericht insoweit von der ADAC-Tabelle ausgeht, ist das revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn diese Tabelle drückt den Wert der PKW-Nutzung nach den hierfür erforderlichen Aufwendungen aus. Da vertragsgemäß die Überlassung eines VW-Golf geschuldet war, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht die entsprechenden Kosten als erstattungsfähig angesehen.
Die in der Literatur vielfach erörterte Frage, ob der Schadensersatz weitergehend nach der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch berechnet werden kann (vgl. Gruss, BB 1994, 71 ff.; Becker-Schaffner, DB 1993, 2078, 2080 f.; Schroeder, NZA 1994, 342, 344 f.; Nägele/Schmidt, BB 1993, 1797, 1798; Peter, AR-Blattei D, Sachbezüge I, unter IV 2 c, d aa, 3 b, c aa; Hanau aaO, § 68 Rz 11), bedarf keiner Entscheidung. Der Kläger hat diese zu höheren Ersatzansprüchen führende Berechnungsweise selbst nicht geltend gemacht; gegen die Schadensbemessung durch das Landesarbeitsgericht hat er keine Einwände erhoben.
d) Der Schaden ist nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen oder begrenzt.
aa) Der Kläger hat nicht gegen die Schadensminderungspflicht des § 254 Abs. 2 BGB verstoßen. Bei längerer Vorenthaltung eines PKW mag zwar die konkrete Ersatzbeschaffung billiger sein. Diese kann nach § 254 Abs. 2 BGB geboten sein, wenn der Arbeitnehmer die dafür erforderlichen Mittel besitzt oder leicht beschaffen kann und ihm die voraussichtlich längere Dauer einer vertragswidrigen Vorenthaltung klar sein muß. Die Beklagte hat aber keine derartige Schadensminderungspflicht geltend gemacht und keine Tatsachen hierfür vorgetragen. Dementsprechend hat das Landesarbeitsgericht nichts festgestellt, was die Verletzung einer Schadensminderungspflicht begründet.
bb) Der Kläger hätte dann keinen Schaden, wenn er das Fahrzeug in der Vergangenheit nicht privat genutzt hätte oder wenn er im Anspruchszeitraum ohnehin keine Nutzungsmöglichkeit oder keinen Nutzungswillen besessen hätte. Beides war nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht der Fall. Die private Nutzung durch die Ehefrau wurde jedenfalls von der Beklagten hingenommen und war unabhängig von ihrem Umfang Privatnutzung des Klägers. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, der Kläger habe auch nach seiner Freistellung noch Testfahrzeuge in ausreichendem Umfang zur Verfügung gehabt. Von einem Verzicht auf die Nutzung kann entgegen der Auffassung der Revision keine Rede sein.
cc) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Wert der Nutzung sei nicht deswegen geringer, weil es nur um die Privatnutzung neben einer dienstlichen Nutzung gehe, trifft zu. Der Arbeitnehmer benutzt seinen Privat-PKW regelmäßig nur außerhalb der Arbeitszeit selbst. Ansonsten wird dieser nicht oder z. B. von Angehörigen gefahren. Die Kosten sind davon unabhängig, hängen vielmehr von dem Umfang der Nutzung ab. Die Auslegung der arbeitsvertraglichen Vereinbarung der Parteien ergibt hier keine Beschränkung. Zwar mag eine übermäßige Nutzung ausgeschlossen gewesen sein, eine solche wird vom Kläger aber auch jetzt nicht verlangt.
dd) Der Wert der Nutzung ist auf der Basis einer Fahrleistung von 15.000 km/Jahr angemessen bewertet. Zwar kann der Auffassung des Landesarbeitsgerichts, es komme nicht auf den tatsächlichen Umfang der Nutzung in der Vergangenheit an, nicht gefolgt werden. Zu bewerten ist die konkret entgangene Nutzung. Könnte der Kläger die Freistellung zum Anlaß nehmen, sein Fahrzeug ganz anders als vorher zu nutzen, so stünde er durch das Verhalten der Beklagten besser. Andererseits kann die Benutzung eines PKW in bestimmtem Rahmen nur pauschaliert bewertet werden. Die Inanspruchnahme des PKW konnte schwanken, die Nutzungsmöglichkeit war grundsätzlich nicht begrenzt. Der Kläger mußte sich wieder eine entsprechende Nutzungsmöglichkeit verschaffen können, die im Rahmen der von ihm bisher gezogenen Nutzung lag. Wenn er vor der Freistellung durchschnittlich 792 km im Monat gefahren ist, so liegt das durchaus in dem Bereich dessen, was er seinem Anspruch zugrunde legt.
4. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger überwiegend nur Prozeßzinsen aus einzelnen Schadensersatzbeträgen gem. den §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zugesprochen. Das haben weder der Kläger noch die Beklagte im Revisionsverfahren gerügt. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
Die Beklagte hat gemäß den §§ 97 Abs. 1, 515 Abs. 3 Satz 1, 566 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Dr. Ascheid Dr. Wittek Dr. Mikosch
Plenge Hickler
Fundstellen
Haufe-Index 441662 |
BB 1994, 2276 |
BB 1994, 2276-2277 (LT1) |
DB 1994, 2239-2240 (LT1) |
NJW 1995, 348 |
NJW 1995, 348-349 (LT) |
BuW 1994, 876 (T) |
BuW 1995, 177-179 (KT) |
EBE/BAG 1994, 173-175 (LT1) |
AiB 1995, 196-197 (LT1) |
ARST 1995, 9-12 (LT1) |
JR 1995, 264 |
NZA 1994, 1128 |
VersorgW 1995, 68 (K) |
WM IV 1995, 2192-2195 (LT) |
ZAP, EN-Nr 1000/94 (L) |
AP § 249 BGB (LT1), Nr 34 |
AR-Blattei, ES 1400 Nr 65 (LT1) |
AuA 1995, 286-287 (LT1) |
DAR 1995, 119-120 (LT) |
EzA-SD 1994, Nr 23, 5-7 (LT1) |
EzA § 249 BGB, Nr 20(LT1) |