Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzungsausfall privat genutzten Kraftfahrzeugs. Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers wegen Entzug des Gebrauchsvorteils
Leitsatz (amtlich)
Der Entzug des Gebrauchsvorteils eines PKW ist ein ersatzfähiger Vermögenswert. Eine Schadensersatzverpflichtung des Arbeitgebers kann entgegen höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht davon abhängen, ob der Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Nutzung eines Zweitwagens hat.
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Urteil vom 11.10.1995; Aktenzeichen 5 Ca 2955/95) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 11.10.1995 – 5 Ca 2955/95 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 458,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 18.07.1995 zu zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 4/5, die Beklagte 1/5.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger den Nutzungsausfall eines privat zur Verfügung gestellten dienstlichen Kraftfahrzeugs zu entschädigen hat.
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 26.10.1994 fristlos gekündigt, hilfsweise fristgerecht zum 30.11.1994. Sie hat dem Kläger im Zusammenhang mit der fristlosen Kündigung das ihm dienstlich und privat zur Verfügung gestellte Fahrzeug BMW 318 i entzogen. Der Kläger verlangt Nutzungsausfallentschädigung für den Monat November 1994 und berechnet seinen Schaden nach der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch mit 71,– DM pro Tag.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.130,– DM nebst 9 % Zinsen seit dem 01.12.1994 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie hat die fristlose Kündigung zurückgenommen, nachdem sich deren Begründung als unhaltbar erwies, hat aber die fristgemäße Kündigung aus anderen Gründen aufrecht erhalten und hat gestützt auf § 9.2 des Kraftfahrzeugbenutzervertrages der Parteien die Auffassung vertreten, sie sei berechtigt gewesen, dem Kläger das Fahrzeug während der Kündigungsfrist entschädigungslos zu entziehen.
§ 9.2 der Vereinbarung der Parteien (Bl. 49 d.A.) lautet wie folgt: Während der Laufzeit einer arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist ist die Firma berechtigt, die vorzeitige Rückkehr des Fahrzeuges zu verlangen, wenn keine Dienstfahrten mit dem Pkw mehr angeordnet werden.
Die Beklagte hat vorgetragen, unabhängig von der fristlosen Kündigung, die der Kläger durch eine Verweigerung einer Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen provoziert habe, sei beabsichtigt gewesen, das Arbeitsverhältnis des Klägers fristgerecht zu beendigen. Während der Freistellung für die Dauer der Kündigungsfrist werde üblicherweise von dem Recht Gebrauch gemacht, daß dienstlich und privat genutzte Kraftfahrzeug zurückzufordern.
Allenfalls könne der Kläger 458,– DM brutto fordern, da dies der Betrag sei, der in der Gehaltsabrechnung als geldwerter Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens ausgewiesen sei. Bei der Entscheidung müsse auch berücksichtigt werden, daß der Kläger während der Woche den Dienstwagen kaum privat nutzen konnte.
Das Arbeitsgericht Wuppertal hat durch Urteil vom 11.10.1995 die Klage abgewiesen. Auf die Begründung seiner Entscheidung wird Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.
Er verweist darauf, daß er entgegen der Annahme der Vorinstanz vorgetragen habe, ihm habe während des Arbeitsverhältnisses zu der Beklagten kein weiterer Pkw zur Verfügung gestanden. Der Kläger meint, auf die Auslegung der Bestimmung des § 9 Abs. 2 des Kraftfahrzeugbenutzervertrages könne die Abweisung seiner Forderung nicht gestützt werden. Das Arbeitsgericht habe ausgeführt, daß in diesem Fall wenigstens der steuerlich zu berücksichtigende Teil zu zahlen wäre. Das Arbeitsgericht verkenne, daß der Nutzungsvorteil Bestandteil der auch während der Freistellung in der Kündigungsfrist fortzuzahlenden Vergütung sei. Des weiteren mache das Arbeitsgericht Ausführungen, die sowohl hinsichtlich der Folgen der „versehentlichen” fristlosen Entlassung wie auch hinsichtlich seiner von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Auffassung fehlsam seien.
Der Kläger beantragt nunmehr,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die gegnerische Berufung zurückzuweisen.
Sie bestreitet mit Nichtwissen, daß dem Kläger kein anderes Fahrzeug zur Verfügung gestanden habe. Im übrigen sei dem Arbeitsgericht darin zuzustimmen, daß die Überlassung des Pkws an den Kläger für Privatfahrten keine im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptleistungspflicht in Form einer Naturalvergütung, sondern lediglich einen „Reflex” der Kfz-Überlassung für Dienstfahrten darstelle, da die Beklagte den Wagen außerhalb der Arbeitszeit ohnehin nicht habe nutzen können. Die Vereinbarung des Kfz-Benutzervertrages zeige eindeutig, daß dem Kläger nur deshalb der Pkw für Privatfahrten überlassen wurde...