Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzichtsklausel. Aufhebungsvertrag. equal pay
Leitsatz (amtlich)
Ein beiderseitiger Forderungsverzicht in einem auf Wunsch des Arbeitnehmers geschlossenen, vom Arbeitgeber formulierten Aufhebungsvertrag unterliegt als Nebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Im Sinne dieser Norm benachteiligt er den Arbeitnehmer nur dann unangemessen, wenn der Arbeitgeber die Situation des Arbeitnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben zur Durchsetzung eigener Interessen ausgenutzt hat.
Orientierungssatz
§ 9 Nr. 2 AÜG und Art. 5 RL 2008/104/EG steht einem Verzicht des Leiharbeitnehmers auf bereits entstandene Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt nicht entgegen.
Normenkette
AÜG § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4; BGB § 119 Abs. 1, § 123 Abs. 1, § 315 Abs. 1-2, § 307 Abs. 1 Sätze 1-2, § 310 Abs. 3; RL 2008/104/EG Art. 5
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 4. März 2014 – 6 Sa 264/12 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.
Die 1967 geborene Klägerin war vom 10. Juni 2008 bis zum 30. September 2011 bei der G GmbH & Co. KG (im Folgenden Schuldnerin), die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betrieb, als Helferin beschäftigt und im Beschäftigungszeitraum – jeweils mehrfach – der M GmbH, der V GmbH, der S mbH und der St GmbH überlassen. Sie erhielt einen Bruttostundenlohn von zunächst 5,77 Euro, ab September 2008 von 6,00 Euro, ab August 2009 von 6,15 Euro, ab August 2010 von 6,40 Euro und ab Juni 2011 von 6,89 Euro. Außerdem zahlte die Schuldnerin Zuschläge in unterschiedlicher Höhe für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sowie für Arbeit an Neujahr, 1. Weihnachtsfeiertag, Ostersonntag und 1. Mai.
Grundlage des Arbeitsverhältnisses war zunächst der Arbeitsvertrag vom 9. April 2008, der eine geringfügige Beschäftigung vorsieht und in dem es heißt, er werde „auf Grundlage der Regelungen des Tarifvertrages zwischen der AMP und der Christlichen Gewerkschaft” geschlossen. Am 21. August 2008 vereinbarten die Parteien – zunächst mehrfach befristet – einen Arbeitsvertrag über ein Vollzeitarbeitsverhältnis, der auszugsweise lautet:
„§ 1 Vertragsgegenstand/Tarifanwendung
1. |
Der Arbeitnehmer wird als Helfer eingestellt. Er verpflichtet sich, bei Kundenunternehmen des Arbeitgebers (Entleihern) an verschiedenen Orten im gesamten Bundesgebiet und ggf. im benachbarten Ausland tätig zu werden. |
… |
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4. |
Auf das Arbeitsverhältnis finden die für den Arbeitgeber fachlich einschlägigen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. Dies sind zurzeit die zwischen der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA und dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. abgeschlossenen Tarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifvertrag und Beschäftigungssicherungstarifvertrag). Im Falle eines Verbandswechsels des Arbeitgebers gelten die Bestimmungen der einschlägigen Tarifwerke in ihrer jeweiligen Fassung. Für den Fall, dass ein Firmentarifvertrag abgeschlossen wird, gilt dessen Inhalt. |
5. |
Soweit die nachfolgenden Regelungen mit den Bestimmungen der in Bezug genommenen Tarifverträge wörtlich übereinstimmen, dient dies der besseren Verständlichkeit dieses Vertrages; Wortlautwiederholungen tariflicher Bestimmungen sind demnach nur deklaratorisch. Ausgenommen hiervon ist § 12 (Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen) dieses Vertrages; diese Regelung wirkt konstitutiv. Soweit die Regelungen dieses Vertrages den in Bezug genommenen Tarifverträgen derzeit oder künftig widersprechen sollten, gelten vorrangig die jeweils maßgeblichen tariflichen Bestimmungen. Dies gilt nicht, soweit die Tarifverträge eine Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den Regelungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung ergibt. |
… |
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§ 3 Arbeitszeit, Arbeitszeitkonto
1. |
Festlegung der arbeitsvertraglichen Arbeitszeit – Monatsdurchschnitt |
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Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit des Arbeitnehmers beträgt 151,67 Stunden (tarifliche Mindestarbeitszeit). Dies entspricht einer durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von mindestens 35 Stunden. |
2. |
Die vom Arbeitnehmer tatsächlich zu leistende Arbeitszeit sowie ihre Lage und Verteilung richtet sich nach den im Kundenbetrieb vorhandenen betrieblichen Regelungen bzw. nach den Anforderungen des Kundenbetriebes unbeschadet von tariflicher Mindestarbeitszeit und arbeitsvertraglicher Arbeitszeit. |
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Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, ggf. auch an Samstagen, Sonn- und Feiertagen, sowie nachts zu arbeiten. |
4. |
Zum Ausgleich der monatlichen Abweichungen zwischen der nach Abs. 1 oder Abs. 2 vereinbarten Arbeitszeit des Arbeitnehmers und der tatsächlichen Arbeitszeit nach Abs. 3 wird ein Arbeitszeitkonto eingerichtet. Soweit nachstehend nichts anderes vereinbart ist, gelten für die Führung des Arbeitszeitkontos die Regelungen des Manteltarifvertrages, derzeit Ziff. 3.7. |
9. |
Bei Ausscheiden des Mitarbeiters werden Guthabenstunden ausgezahlt. Minusstunden werden mit Entgeltansprüchen nur dann verrechnet bzw. sind zurückzuzahlen, wenn und soweit sie auf Veranlassung des Arbeitnehmers entstanden sind. Anderenfalls sind sie zu streichen. |
§ 4 Vergütung
6. |
Die Vergütung wird monatlich nachträglich bis spätestens zum 20. des Folgemonats auf ein von dem Arbeitnehmer anzugebendes Konto überwiesen. |
… |
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§ 13 Vertragsstrafe
1. |
Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, eine Vertragsstrafe bis zur Höhe eines Bruttolohnes zu zahlen, wenn er das Arbeitsverhältnis vertragswidrig vorzeitig beendet. (…) Gleiches gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis wegen vertragswidrigem Verhalten beendet wird und bei Verstößen gegen die Meldepflicht. |
2. |
Im Falle des unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit (Blaumachen) an einzelnen Tagen oder zusammenhängend verpflichtet sich der Arbeitnehmer zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe des Bruttoentgelts, das er bei tatsächlicher Ausführung der Arbeit erhalten hätte. |
3. |
Mit der Vertragsstrafe kann unter Beachtung der Lohnpfändungsbestimmungen gegen ausstehende oder künftige Lohnforderungen aufgerechnet werden. |
§ 14 Geltendmachung und Ausschluss von Ansprüchen
1. |
Beide Arbeitsvertragsparteien können sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nur schriftlich innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten ab Fälligkeit geltend machen (Ziff. 19.2 MTV). |
2. |
Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Frist geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen, es sei denn, dass der Anspruchsberechtigte trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutender Sorgfalt verhindert war, diese Frist einzuhalten. Diese Ausschlussfrist gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. |
3. |
Lehnt die Gegenpartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.” |
Eine undatierte Änderungsvereinbarung sieht ua. vor:
„1. |
Mit Wirkung vom 01.01.2010 erhält § 2 Absatz 1 des Arbeitsvertrages folgende Fassung: |
Auf das Arbeitsverhältnis finden die zwischen dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) einerseits und der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP), der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM), der DHV – Die Berufsgewerkschaft e.V. (DHV), dem Beschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung (BIGD), dem Arbeitnehmerverband land- und ernährungswirtschaftliche Berufe (ALEB), medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) andererseits abgeschlossenen Tarifverträge, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag, Manteltarifvertrag für die Auszubildenden, Entgeltrahmentarifvertrag, Entgelttarifverträge West und Ost sowie Beschäftigungssicherungstarifvertrag in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung.”
Schließlich wurde mit Änderungsvertrag vom 28. Februar 2011 die regelmäßige monatliche Arbeitszeit ab März 2011 auf 120 Stunden reduziert.
Mit Anwaltsschreiben vom 6. und 18. Juli 2011 sowie vom 4. November 2011 ließ die Klägerin die Entleiherinnen zu Auskünften nach § 13 AÜG auffordern. Die Entleiherinnen kamen dem mit Schreiben vom 21. Juni 2011, 28. Juli 2011, 25. Juli 2011 und 11. November 2011 nach.
Die Klägerin wollte ab 1. Oktober 2011 ein neues Arbeitsverhältnis eingehen und sprach am 15. September 2011 den Geschäftsführer der Schuldnerin wegen einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. In einem Vier-Augen-Gespräch unterhielten sie sich – zumindest – über die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die Abwicklung von Urlaub und den Ausgleich des Arbeitszeitkontos. Im Anschluss daran ließ der Geschäftsführer der Schuldnerin von seiner Sekretärin einen schriftlichen Aufhebungsvertrag fertigen, den er und die Klägerin nach handschriftlicher Hinzufügung von Ort und Datum unterschrieben und der lautet:
Auf Wunsch von Frau K, geboren 1967, wird der mit der Firma G GmbH & Co. KG geschlossene Arbeitsvertrag im gegenseitigen Einvernehmen zum 30.09.2011 beendet.
Frau K erhält bis zum 30.09.2011 ihren Urlaub. Der restliche Urlaubsanspruch gilt als genommen.
Überstunden aus dem Arbeitszeitkonto werden mit der letzten ordentlichen Lohnzahlung zum 20.10.2011 abgerechnet und bezahlt.
Frau K beräumt ihren Schrank und gibt ihre Arbeitssachen, ein Messer sowie den Spindschlüssel vom Milchwerk bis zum 20.10.2011 ab.
Beiden Parteien verzichten auf darüberhinausgehende Forderungen.”
Mit der am 9. Dezember 2011 anhängig gemachten Klage hat die Klägerin unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG für die Zeiträume der Überlassungen an die Entleiherinnen die Differenz zwischen der von der Schuldnerin erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherinnen jeweils vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben sollen, verlangt. Sie hat geltend gemacht, dem stehe der Aufhebungsvertrag nicht entgegen. Die darin enthaltene Verzichtsklausel beziehe sich nur auf die vorangestellten Regelungen des Aufhebungsvertrags, jedenfalls halte sie einer Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht stand. Die Klausel sei überraschend, unklar und benachteilige sie unangemessen. Zudem habe sie die Verzichtserklärung wegen Irrtums und den Aufhebungsvertrag wegen arglistiger Täuschung in Form des Unterlassens einer Aufklärung wirksam angefochten.
Die Klägerin hat – soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist – in den Tatsacheninstanzen sinngemäß beantragt,
die Schuldnerin zu verurteilen, an die Klägerin 21.206,31 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen.
Die Schuldnerin hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, etwaige Ansprüche der Klägerin seien jedenfalls aufgrund des Verzichts im Aufhebungsvertrag erloschen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision hat die Klägerin zunächst ihren Klageantrag weiterverfolgt. Über das Vermögen der Schuldnerin ist am 1. Januar 2015 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Revisionsbeklagte zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser hat eine von der Klägerin zur Tabelle angemeldete Forderung über 25.866,00 Euro bestritten mit der Begründung „es liegt kein Urteil vor”. Daraufhin hat die Klägerin den Rechtsstreit gegen den Insolvenzverwalter aufgenommen und begehrt nunmehr die Feststellung der bestrittenen Forderung zur Tabelle.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.
I. Die Klage ist zulässig.
1. Die Klägerin hat den durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin nach § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreit wirksam gegen den Insolvenzverwalter aufgenommen, § 87 iVm. § 179 Abs. 1, § 180 Abs. 2 InsO. Bei der ursprünglich eingeklagten Differenzvergütung handelt es sich um eine Insolvenzforderung iSd. § 38 InsO. Sie resultiert aus der Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
2. Der Übergang von dem ursprünglichen Leistungsantrag zum Antrag auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle ist keine in der Revisionsinstanz unzulässige Klageänderung (§ 263 ZPO), sondern gemäß § 264 Nr. 3 ZPO statthaft (BAG 19. März 2014 – 5 AZR 299/13 (F) – Rn. 14).
II. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat auf die streitgegenständlichen Ansprüche wirksam verzichtet.
1. Die Klägerin hat für jede Überlassung für deren jeweilige Dauer Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG. Eine nach § 9 Nr. 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Der Arbeitsvertrag vom 9. April 2008 nimmt keinen bestimmten oder bestimmbaren Tarifvertrag in Bezug, § 1 Nr. 4 des Arbeitsvertrags vom 21. August 2008 verweist in seiner ursprünglichen Fassung auf wegen der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP unwirksame Tarifverträge. In ihrer geänderten Fassung ist die Bezugnahmeklausel intransparent (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB), weil es an einer Kollisionsregel hinsichtlich der mehreren in Bezug genommenen eigenständigen Tarifwerke fehlt (st. Rspr. seit BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 26 ff., BAGE 144, 306).
2. Die Ansprüche der Klägerin sind nicht aufgrund von Ausschlussfristen verfallen.
a) Die Klägerin musste Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen Tarifverträgen nicht beachten. Derartige „tarifliche” Ausschlussfristenregelungen sind auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (vgl. BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 34 f., BAGE 144, 306; 19. Februar 2014 – 5 AZR 1046/12 – Rn. 19).
b) Ob § 14 Arbeitsvertrag eine eigenständige, bei Unwirksamkeit der in Bezug genommenen „Tarifverträge” zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfristenregelung (zu den Voraussetzungen BAG 28. Januar 2015 – 5 AZR 122/13 – Rn. 16 f. mwN) enthält, kann dahingestellt bleiben. Als solche würde sie einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Die Kürze der Fristen auf beiden Stufen benachteiligte die Klägerin entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. BAG 25. Mai 2005 – 5 AZR 572/04 – BAGE 115, 19; 28. September 2005 – 5 AZR 52/05 – BAGE 116, 66).
3. Die Ansprüche der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG sind durch die Verzichtsklausel im Aufhebungsvertrag vom 15. September 2011 erloschen.
a) Diese Klausel ist wie eine Allgemeine Geschäftsbedingung anhand von § 305c Abs. 2, §§ 306, 307 bis 309 BGB zu beurteilen. Die Beklagte hat unstreitig die Verzichtsklausel vorformuliert, der Klägerin in dieser Form angeboten und damit im Rechtssinne gestellt. Ob es sich dabei um eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingung handelte (§ 305 Abs. 1 BGB) bedarf keiner weiteren Aufklärung, denn wie der Arbeitsvertrag ist auch der zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses geschlossene Aufhebungsvertrag Verbrauchervertrag iSd. § 310 Abs. 3 BGB (BAG 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 – Rn. 13; Schaub/Linck Arbeitsrechts-Handbuch 16. Aufl. § 122 Rn. 13; Däubler in Däubler/Bonin/Deinert AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht 4. Aufl. Einl. Rn. 156; Krause in Clemenz/Kreft/Krause AGB-Arbeitsrecht Einf. Rn. 110, jeweils mwN). Die Klägerin hat die Verzichtsklausel unstreitig nicht in den Auflösungsvertrag eingeführt (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB), dass sie auf deren Inhalt Einfluss nehmen konnte (§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB), hat die Schuldnerin nicht substantiiert dargelegt.
aa) Die Möglichkeit der Einflussnahme, die sich auf die konkrete Klausel beziehen muss, ist nur gegeben, wenn der Verwender einer Allgemeinen Geschäftsbedingung deren Kerninhalt ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verwendungsgegner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen einräumt. Dies setzt zumindest voraus, dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt und dies dem Verwendungsgegner bei Abschluss des Vertrags bewusst war. Ist die Möglichkeit der Einflussnahme streitig, muss der Verwender nach den Grundsätzen der abgestuften Darlegungslast den Vortrag des Verwendungsgegners, er habe keine Einflussmöglichkeit gehabt, qualifiziert bestreiten, indem er konkret darlegt, wie er die Klausel zur Disposition gestellt hat und aus welchen Umständen darauf geschlossen werden kann, der Verwendungsgegner habe die in Streit stehende Klausel freiwillig akzeptiert (BAG 19. August 2015 – 5 AZR 500/14 – Rn. 17 mwN).
bb) Gemessen daran hat die Schuldnerin unzureichend vorgetragen. Sie hat noch nicht einmal behauptet, dass in dem Gespräch über die Konditionen des Aufhebungsvertrags die Verzichtsklausel zur Sprache gekommen sei, geschweige denn dargelegt, dass und in welcher Weise sie die von ihr in den Aufhebungsvertrag eingeführte Klausel zur Disposition der Klägerin gestellt habe.
b) Die Verzichtsklausel umfasst auch Ansprüche auf equal pay. Das ergibt ihre Auslegung.
aa) Für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kommt es darauf an, wie die Klausel – ausgehend vom Vertragswortlaut – nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Dabei unterliegt die Auslegung der uneingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (st. Rspr., BAG 16. Dezember 2015 – 5 AZR 567/14 – Rn. 12 mwN).
bb) Ausgehend von ihrem Wortlaut hat die Verzichtsklausel als Bestandteil des Aufhebungsvertrags rechtsgeschäftlichen Erklärungswert, denn die Parteien wollten mit dem Aufhebungsvertrag ihr Arbeitsverhältnis konstitutiv beenden und die Modalitäten dieser Beendigung regeln.
Mit dem Gebrauch des Verbs „verzichten” halten die Parteien – anders als bei einer anlässlich der Herausgabe von Arbeitspapieren unterzeichneten „Ausgleichsquittung” (dazu BAG 23. Oktober 2013 – 5 AZR 135/12 – Rn. 16 ff., BAGE 146, 217) oder einer anlässlich des Abschlusses eines neuen Arbeitsvertrags vereinbarten „Erledigungsklausel” (vgl. BAG 28. Januar 2015 – 5 AZR 122/13 – Rn. 21; 27. Januar 2016 – 5 AZR 277/14 – Rn. 13) – nicht lediglich eine übereinstimmende Auffassung darüber fest, alle Ansprüche seien nunmehr „erledigt” oder „abgegolten”. Vielmehr machen sie – entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch – deutlich, dass sie sich dessen begeben, auf was sie verzichten. Zu Recht hat deshalb das Landesarbeitsgericht der streitgegenständlichen Verzichtsklausel die Bedeutung eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses beigemessen.
Die Formulierung „darüberhinausgehende Forderungen” nimmt Bezug auf die der Klausel voranstehenden Vereinbarungen der Parteien zu den Konditionen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und erfasst alle Ansprüche, die dort keiner Regelung zugeführt wurden.
Auf die Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB kann deshalb nicht zurückgegriffen werden, es bestehen keine nicht behebbaren Zweifel an der richtigen Auslegung (vgl. BAG 16. Dezember 2015 – 5 AZR 567/14 – Rn. 28 mwN). Allein die entfernte Möglichkeit, auch zu einem anderen Auslegungsergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung von § 305c Abs. 2 BGB nicht (BAG 15. April 2015 – 4 AZR 796/13 – Rn. 80 mwN).
c) Auf § 305c Abs. 1 BGB verweist § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB nicht (zu Überlegungen, die Norm im Wege richtlinienkonformer Auslegung anzuwenden vgl. Palandt/Grüneberg 75. Aufl. § 310 BGB Rn. 18; Deinert in Däubler/Bonin/ Deinert 4. Aufl. § 310 BGB Rn. 20; ErfK/Preis 16. Aufl. §§ 305 – 310 BGB Rn. 23, jeweils mwN). Selbst wenn – woran es an Feststellungen fehlt – die Verzichtsklausel zur Mehrfachverwendung bestimmt gewesen wäre, scheiterte ihre Einbeziehung in den Aufhebungsvertrag nicht an § 305c Abs. 1 BGB.
Nach dieser Vorschrift werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Dieses setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte (BAG 16. Mai 2012 – 5 AZR 331/11 – Rn. 16 mwN, BAGE 141, 324).
Gemessen an diesen Anforderungen ist eine Verzichtsklausel in einem Aufhebungsvertrag nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB. Die Vereinbarung derartiger Klauseln in Aufhebungsverträgen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben (vgl. nur HWK/Gotthardt 6. Aufl. § 305c BGB Rn. 5; Hoefs in Clemens/Kreft/Krause § 305c BGB Rn. 32) und trägt dem Bedürfnis der Parteien Rechnung, mit dem Aufhebungsvertrag – ähnlich wie bei außergerichtlichen und gerichtlichen Vergleichen (zu letzteren BAG 27. Mai 2015 – 5 AZR 137/14 – Rn. 21)– ihre Rechtsbeziehungen abschließend zu regeln und umfassend zu bereinigen (vgl. BAG 22. Oktober 2008 – 10 AZR 617/07 – Rn. 30). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im – kurzen – Aufhebungsvertrag versteckten Stelle, sondern schließt diesen unmittelbar vor der Unterschriftenzeile ab.
d) Die Verzichtsklausel ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Die Klausel regelt klar und deutlich, dass die Vertragsschließenden auf alle Forderungen, die über das im Aufhebungsvertrag Geregelte hinausgehen, verzichten; ungerechtfertigte Spielräume können für den Verwender nicht entstehen (vgl. BAG 17. August 2011 – 5 AZR 406/10 – Rn. 13 ff., BAGE 139, 44). Die Rechtsfolge hat die Klägerin auch verstanden, sie war sich allenfalls über die Reichweite ihres Verzichts im Unklaren.
e) Die Klausel hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand. Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Diese Voraussetzung liegt im Streitfall nicht vor.
aa) Die Verzichtsklausel ist kontrollfähig. Zwar sind formularmäßige Abreden zu den Hauptleistungspflichten aus Gründen der Vertragsfreiheit gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB regelmäßig von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgenommen (st. Rspr., vgl. nur BAG 27. November 2003 – 2 AZR 135/03 – zu B IV 3 der Gründe mwN, BAGE 109, 22). Deshalb unterliegt in einem Aufhebungsvertrag die Beendigungsvereinbarung als solche ebenso wenig einer Angemessenheitskontrolle (BAG 8. Mai 2008 – 6 AZR 517/07 – Rn. 22) wie eine als Gegenleistung für die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses vorgesehene Abfindung (BAG 12. März 2015 – 6 AZR 82/14 – Rn. 23 mwN).
Bei der Verzichtsklausel im Aufhebungsvertrag vom 15. September 2011 handelt es sich jedoch um eine kontrollfähige Nebenabrede, denn sie ist keine irgendwie geartete Gegenleistung, steht also nicht in einem Synallagma zur vereinbarten Aufhebung des Arbeitsverhältnisses. Sie regelt lediglich eine im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stehende Frage und unterliegt damit als Nebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, bei der die Besonderheiten des Arbeitsrechts gemäß § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB angemessen zu berücksichtigen sind (BAG 21. Juni 2011 – 9 AZR 203/10 – Rn. 42, BAGE 138, 136; 12. März 2015 – 6 AZR 82/14 – Rn. 24, jeweils mwN; zur Kontrollfähigkeit des Verzichts auf eine Kündigungsschutzklage vor Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG unabhängig von der Einordnung als Haupt- oder Nebenabrede s. BAG 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 – Rn. 15 mwN).
bb) Eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wird angenommen, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zu gewähren (vgl. BAG 21. Juni 2011 – 9 AZR 203/10 – Rn. 46, BAGE 138, 136; 19. Februar 2014 – 5 AZR 920/12 – Rn. 20; ErfK/Preis 16. Aufl. §§ 305 – 310 BGB Rn. 45; HWK/Gotthardt 6. Aufl. § 307 BGB Rn. 22, jeweils mwN). Welche Anforderungen danach konkret an die Angemessenheit einer Verzichtsklausel in einem vom Arbeitnehmer angestrebten Aufhebungsvertrag zu stellen sind, ist nicht abschließend geklärt.
(1) Vielfach wird – anknüpfend an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur unangemessenen Benachteiligung einseitiger Ausschlussfristen (BAG 31. August 2005 – 5 AZR 545/04 – zu I 5 b dd der Gründe, BAGE 115, 372) – angenommen, ein einseitiger Verzicht des Arbeitnehmers bzw. dessen Verzicht ohne angemessene Gegenleistung benachteilige ihn unangemessen (etwa BAG 21. Juni 2011 – 9 AZR 203/10 – Rn. 48 ff., BAGE 138, 136; 19. Februar 2014 – 5 AZR 920/12 – Rn. 24; 27. Mai 2015 – 5 AZR 137/14 – Rn. 28; ebenso für den Verzicht auf eine Kündigungsschutzklage: BAG 25. September 2014 – 2 AZR 788/13 – Rn. 22, 24; 24. September 2015 – 2 AZR 347/14 – Rn. 16 ff.). Im Streitfall führte dies nicht zur Unangemessenheit der Klausel, denn es haben beide Vertragspartner auf weitergehende Ansprüche verzichtet. Als Gegenleistung hat die Klägerin zudem für ihren Wunsch, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu beenden, die Zustimmung der Schuldnerin und damit den Verzicht auf eine etwaige Vertragsstrafe erhalten.
(2) Ein beiderseitiger Forderungsverzicht schließt aber nicht von vornherein eine unangemessene Benachteiligung iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB aus. Denn der Verzicht des Klauselverwenders kann ein „Scheinverzicht” sein, etwa, wenn er keine Forderungen gegen den Arbeitnehmer (mehr) hat oder solche nur „auf dem Papier stehen”, weil sie rechtlich nicht durchsetzbar sind.
Andererseits lässt sich der „Wert”, den die jeweilige Vertragspartei einem pauschalen Forderungsverzicht im Zeitpunkt des Abschlusses eines Aufhebungsvertrags beimisst, weder ex post objektiv ermitteln, geschweige denn irgendwie gewichten (ähnlich – für den formularmäßigen Verzicht auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage – HWK/Gotthard 6. Aufl. Anh. §§ 305 – 310 BGB Rn. 58, wenn er darauf hinweist, dass für einen solchen Klageverzicht jeder Maßstab dafür fehle, welche Kompensation angemessen ist).
(3) § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verbietet dem Klauselverwender nicht die Verfolgung eigener Interessen und verpönt nicht jede Benachteiligung des Vertragspartners. Mit dem Verweis auf die Gebote von Treu und Glauben und dem Gebrauch des Adjektivs „unangemessen” macht das Gesetz – unterhalb der Schwelle der Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB – ein Unwerturteil zur Voraussetzung und verbietet (erst) die Benachteiligung, der ein verwerflicher Charakter anhaftet. Dementsprechend hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts bei der Beurteilung der Unangemessenheit des Klageverzichts in einem Aufhebungsvertrag, der zur Vermeidung einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers geschlossen wurde, darauf abgestellt, ob ein verständiger Arbeitgeber die angedrohte Kündigung ernsthaft in Erwägung ziehen durfte (BAG 12. März 2015 – 6 AZR 82/14 – Rn. 27 ff.).
In einem auf Wunsch des Arbeitnehmers zustande gekommenen Aufhebungsvertrag ist daher eine Verzichtsklausel – unter der nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB gebotenen Mitberücksichtigung der Begleitumstände – unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Arbeitgeber die Situation des Arbeitnehmers entgegen den Geboten von Treu und Glauben zur Durchsetzung eigener Interessen ausgenutzt hat.
cc) Gemessen daran hat die Schuldnerin die Klägerin nicht unangemessen benachteiligt.
Die Schuldnerin hat zwar mit der Verzichtsklausel primär eigene Interessen verfolgt, sie konnte und wollte auf diese Weise verhindern, von der Klägerin auf Differenzvergütung nach § 10 Abs. 4 AÜG in Anspruch genommen zu werden. Der Sachvortrag der für die Tatbestandsmerkmale des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin (vgl. Deinert in Däubler/ Bonin/Deinert 4. Aufl. § 307 BGB Rn. 72; Klumpp in Clemenz/Kreft/Krause § 307 BGB Rn. 91, jeweils mwN) bietet aber keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dieser Interessenverfolgung verwerflichen Charakter beizumessen.
(1) Die Klägerin hatte nach ihrem Vorbringen die Schuldnerin bereits geraume Zeit vor dem Gespräch über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags davon in Kenntnis gesetzt, sie beabsichtige, Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt zu verfolgen. Sie musste damit rechnen, dass die Schuldnerin den von der Klägerin angestrebten Aufhebungsvertrag zum Anlass einer „Gesamtbereinigung” nehmen würde. Eine Pflicht der Schuldnerin, darauf hinzuweisen, bestand im Streitfall nicht, weil die Klägerin über das Bestehen ihrer Ansprüche nicht im Unklaren war.
(2) Der Sachvortrag der Klägerin rechtfertigt auch nicht den Schluss, sie sei bei Abschluss des Aufhebungsvertrags in einer Situation gewesen, in der sie zur Herbeiführung der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichsam alles ihr Angesonnene hinnehmen musste. Es ist schon nicht ersichtlich, dass das neue Arbeitsverhältnis nicht zustande gekommen wäre, wenn die Klägerin selbst kündigen und die ordentliche Kündigungsfrist hätte einhalten müssen. Zudem war das neue Arbeitsverhältnis, worauf die Klägerin selbst aufmerksam gemacht hat, wiederum ein solches in der Leiharbeitsbranche und nur geringfügig besser dotiert als das mit der Schuldnerin.
f) Die Wirkungen des Verzichts sind nicht durch Anfechtung entfallen.
aa) Es kann dahingestellt bleiben, ob die im Aufhebungsvertrag vom 15. September 2011 enthaltene Verzichtsklausel überhaupt isoliert anfechtbar ist und die Klägerin – wie das Landesarbeitsgericht meint – die Anfechtungsfrist des § 121 Abs. 1 BGB versäumt hat. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen des Inhaltsirrtums nach § 119 Abs. 1 BGB nicht vor. Danach kann eine Willenserklärung anfechten, wer bei der Abgabe über deren Inhalt im Irrtum war und sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde. Die Klägerin wollte den erklärten Verzicht, sie war sich – folgt man ihrem Vorbringen – lediglich über die Tragweite des Verzichts im Unklaren. Eine Fehlvorstellung über die Rechtsfolgen berechtigt aber nicht zur Anfechtung nach § 119 Abs. 1 BGB (vgl. BAG 24. April 2014 – 8 AZR 429/12 – Rn. 22).
bb) Auch die Anfechtung nach § 123 Abs. 1 BGB greift nicht durch. Die Schuldnerin hat die Klägerin nicht im Sinne dieser Norm durch Unterlassen arglistig getäuscht.
Grundsätzlich hat innerhalb eines Vertrags jede Partei für die Wahrnehmung ihrer Interessen selbst zu sorgen (BAG 22. Januar 2009 – 8 AZR 161/08 – Rn. 28; BGH 19. Juli 2012 – III ZR 71/12 – Rn. 21 mwN). Inwieweit der Arbeitgeber aufgrund der Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) gehalten sein kann, dem Arbeitnehmer zur Vermeidung von Rechtsnachteilen geeignete Hinweise zu geben (dazu BAG 13. November 2014 – 8 AZR 817/13 – Rn. 22), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn die Schuldnerin durfte wegen der Kenntnis der Klägerin von dem Anspruch auf equal pay davon ausgehen, die Klägerin werde insoweit ihre Interessen selbst wahrnehmen. Über die Tragweite der Verzichtsklausel musste die Schuldnerin schon wegen deren Transparenz keine weiteren Hinweise geben oder sich vergewissern, ob sich die Klägerin über die Reichweite der Klausel im Klaren war.
4. § 9 Nr. 2 AÜG steht der Vereinbarung einer Verzichtsklausel in einem vom Arbeitnehmer veranlassten Aufhebungsvertrag nicht entgegen.
Die Vorschrift verbietet es, durch rechtsgeschäftliche Vereinbarung die Entstehung des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt auszuschließen oder zu beschränken. Ist der Anspruch entstanden, bildet er einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers über das er frei verfügen (BAG 27. Mai 2015 – 5 AZR 137/14 – Rn. 26; Böhm Anm. AP AÜG § 10 Nr. 53) und auch durch Verzicht zum Erlöschen bringen kann. Das AÜG enthält keine Bestimmung wie zB in § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG, § 4 Abs. 4 Satz 1 TVG, der zufolge ein Verzicht auf bereits entstandene Ansprüche auf equal pay unzulässig oder nur unter Einschränkungen möglich wäre.
5. Der Senat kann die Sache entscheiden, ohne nach Art. 267 AEUV den Gerichtshof der Europäischen Union einschalten zu müssen.
Für den Rechtsstreit ist keine Frage des Unionsrechts entscheidungserheblich, was Voraussetzung für eine Vorlage wäre (vgl. BVerfG 2. Februar 2015 – 2 BvR 2437/14 – Rn. 23). Keine Bestimmung der RL 2008/104/EG oder sonstigen Unionsrechts untersagt Vereinbarungen, die zum Erlöschen bereits entstandener Ansprüche auf gleiches Arbeitsentgelt führen. Auch stehen derartige Vereinbarungen nicht im Widerspruch zu dem mit Art. 5 RL 2008/104/EG verfolgten Ziel, sicherzustellen, dass dem Leiharbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis zumindest die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gewährt werden, die für ihn gelten würden, wenn er vom Entleiher für eine vergleichbare Tätigkeit eingestellt worden wäre (vgl. BAG 27. Mai 2015 – 5 AZR 137/14 – Rn. 31 ff.).
III. Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Biebl, Volk, A. Christen, Ernst Bürger
Fundstellen
Haufe-Index 9454439 |
BAGE 2017, 178 |
DB 2016, 7 |
DStR 2016, 14 |
NJW 2016, 10 |
EWiR 2016, 477 |
NZA 2016, 762 |
ZIP 2016, 1180 |
EzA-SD 2016, 5 |
EzA 2016 |
MDR 2016, 833 |
AUR 2016, 297 |
ArbRB 2016, 197 |
ArbR 2016, 317 |
RdW 2016, 501 |
AP-Newsletter 2016, 138 |
SPA 2016, 131 |