Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung wegen MfS-Tätigkeit
Orientierungssatz
Außerordentliche bzw hilfsweise ordentliche Kündigung einer Schaltwartin bei einem Fernmeldeamt nach dem Einigungsvertrag wegen Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit (Zurückweisung an LArbG).
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 10. Dezember 1997 - 3 Sa 750/96 - aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
V o n R e c h t s w e g e n !
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung und einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung, die die Beklagte jeweils mit der Tätigkeit der Klägerin für das frühere Ministerium für Staatssicherheit (MfS) begründet.
Die im Jahre 1950 geborene Klägerin war seit 1972 bei der Deutschen Post beschäftigt. Sie hatte als Schaltwart im Fernmeldeamt M Rangierungen und Schaltungen im Hauptverteiler herzustellen. Unter dem 19. November 1976 verpflichtete sie sich handschriftlich zur Zusammenarbeit mit dem MfS unter dem Decknamen "A W ". Vom 17. Februar 1977 bis zum 11. Oktober 1989 nahm sie Parallelaufschaltungen für das MfS vor, die zum Abhören von Telefongesprächen dienten.
Die Klägerin wurde am 3. Oktober 1990 von der Beklagten, der damaligen Deutschen Bundespost Telekom, übernommen. Seit dem 1. Dezember 1991 arbeitete sie im Geschäftskundenvertrieb der Beklagten. Hierbei handelt es sich um eine Anlaufstelle für Geschäftskunden, die persönlich oder telefonisch vorsprechen und etwas kaufen oder sich beraten lassen wollen. Die Klägerin hatte die Kunden zu beraten und ggf. an den zuständigen Kundenberater zu vermitteln.
Mit Schreiben vom 18. Januar 1996 unterrichtete der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (Gauck-Behörde) die Beklagte über die MfS-Tätigkeiten der Klägerin. Die Beklagte hörte die Klägerin am 9. Februar 1996 hierzu persönlich an. Nachdem der am 19. Februar 1996 unterrichtete Betriebsrat sich am 21. Februar 1996 abschließend geäußert hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 23. Februar 1996 außerordentlich gem. Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 Ziff. 2 Einigungsvertrag (künftig: Abs. 5 Ziff. 2 EV) und mit Schreiben vom 27. Februar 1996 hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 1996. Außerdem kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 13. Juni 1996 zum 30. September 1996 mit der Begründung, die Klägerin habe 1991 und 1992 ihre MfS-Tätigkeit auf Befragen wahrheitswidrig verneint.
Mit ihrer am 15. März 1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Kündigungen vom 23. und 27. Februar 1996 seien unwirksam. Mit der am 25. Juni 1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageerweiterung hat sie auch die Kündigung vom 13. Juni 1996 angegriffen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 23. Februar 1996 noch durch die ordentliche Kündigung vom 27. Februar 1996 noch durch die ordentliche Kündigung vom 13. Juni 1996 beendet worden sei,
2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Angestellte in der Dienststelle Geschäftskundenvertrieb weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die ausgesprochenen Kündigungen verteidigt. Aufgrund der MfS-Tätigkeit der Klägerin erscheine ein Festhalten am Arbeitsverhältnis unzumutbar. Durch eine Weiterbeschäftigung der Klägerin würde ihr Erscheinungsbild als Arbeitgeberin nachhaltig beeinträchtigt. Ein Vertrauen in die Gewährleistung des Fernmeldegeheimnisses seitens der Bürger, die ihre Dienstleistungen in Anspruch nähmen, würde kaum entstehen, wenn weiterhin dieselben Mitarbeiter beschäftigt würden, die, wie die Klägerin, das Fernmeldegeheimnis früher systematisch verletzt hätten. Die Klägerin sei aufgrund ihrer Belastung nicht geeignet, den Bürgern das erforderliche Vertrauen in die Dienstleistungen des Monopolunternehmens Telekom zu geben, sie sei damit keine geeignete Repräsentantin der Beklagten.
Das Arbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag hinsichtlich der Kündigungen vom 23. und 27. Februar 1996 durch Teilurteil stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klagabweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat hinsichtlich der außerordentlichen Kündigung angenommen, das Sonderkündigungsrecht des Abs. 5 Ziff. 2 EV habe der Beklagten als privatrechtlich organisierter Arbeitgeberin nicht mehr zugestanden. Es setze voraus, daß der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung noch zum öffentlichen Dienst gehöre. Das sei bei der Beklagten ab dem 1. Januar 1995 nicht mehr der Fall, auch wenn sich deren Aufgaben durch die Neustrukturierung im Kern nicht geändert hätten; denn für den öffentlichen Dienst maßgebend sei die öffentlich-rechtliche Rechtsform. § 22 Halbsatz 2 Postpersonalrechtsgesetz erstrecke das Sonderkündigungsrecht nicht auf die Beklagte; seine Aussage besitze keinen eigenständigen Regelungsgehalt. Der gegenteilige Wille des Gesetzgebers habe im objektiven Gesetzeswortlaut und im systematischen Zusammenhang keinen Ausdruck gefunden.
Die außerordentliche Kündigung sei auch nicht nach § 626 BGB gerechtfertigt. Ein wichtiger Grund sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auf das Verschweigen der MfS-Verstrickung werde die Kündigung nicht gestützt. Hierzu sei auch der Betriebsrat nicht angehört worden.
II. Diese Ausführungen halten der revisionsgerichtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist Abs. 5 Ziff. 2 EV Prüfungsmaßstab für die Kündigung vom 23. Februar 1996.
1. Nach Art. 20 Abs. 1 EV gelten für die Rechtsverhältnisse der Angehörigen des öffentlichen Dienstes zum Zeitpunkt des Beitritts die in der Anlage I vereinbarten Übergangsregelungen (Senatsurteile vom 20. Januar 1994 - 8 AZR 502/93 - BAGE 75, 280, 282 = AP Nr. 11 zu Art. 20 Einigungsvertrag, zu II 1, 2 der Gründe, und - 8 AZR 274/93 - BAGE 75, 284, 289 = AP Nr. 10 zu Art. 20 Einigungsvertrag, zu B 2 der Gründe). Die Klägerin war als Arbeitnehmerin der Deutschen Post der ehemaligen DDR Angehörige des öffentlichen Dienstes. Am 3. Oktober 1990 wurde sie von der Deutschen Bundespost Telekom übernommen und weiterhin im öffentlichen Dienst beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis kam deshalb weiterhin auch Abs. 5 Ziff. 2 EV zur Anwendung.
2. Die Deutsche Bundespost Telekom wurde zum 1. Januar 1995 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Der Senat hat zu den Auswirkungen dieser Privatisierung im Hinblick auf vor dem 1. Januar 1995 wirksam gewordene Kündigungen ausgeführt, die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft habe auf den Prüfungsmaßstab der Kündigung keinen Einfluß, sie lasse das Sonderkündigungsrecht nicht rückwirkend entfallen (Senatsurteile vom 18. Juli 1996 - 8 AZR 228/94 -, n.v., zu I der Gründe und - 8 AZR 523/95 -, n.v., zu B I der Gründe; vom 11. September 1997 - 8 AZR 14/96 -, n.v., zu B I der Gründe).
3. Die Beklagte konnte auch noch nach dem 31. Dezember 1994 das Sonderkündigungsrecht des Abs. 5 Ziff. 2 EV in Anspruch nehmen, wie der Senat bereits mit Urteil vom 10. Dezember 1998 (- 8 AZR 9/98 - zur Veröffentlichung vorgesehen) entschieden hat.
a) Die Wirksamkeit der Kündigung beurteilt sich nach der Rechts- und Sachlage zum Zeitpunkt ihres Zugangs. Nach dem zutreffenden Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts ist die Beklagte gem. § 21 Abs. 1 Postpersonalrechtsgesetz am 1. Januar 1995 in die Rechte und Pflichten der Arbeitsverhältnisse der Deutschen Bundespost Telekom eingetreten. Wie das Landesarbeitsgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, gehörte das Arbeitsverhältnis der Parteien damit zum Kündigungszeitpunkt nicht mehr dem öffentlichen Dienst an, war vielmehr in ein Arbeitsverhältnis der Privatwirtschaft umgewandelt.
b) Die Regelung, welche gesetzlichen Bestimmungen auf ein solcherart umgewandeltes Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommen, obliegt dem Gesetzgeber.
aa) Der Gesetzgeber des Einigungsvertrages hat in Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 die Arbeitsverhältnisse erfaßt, die am 2. Oktober 1990 zum öffentlichen Dienst der DDR gehörten und ab dem 3. Oktober 1990 im öffentlichen Dienst der Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt wurden. Die Frage einer späteren Privatisierung der öffentlichen Verwaltung wurde hier nicht ausdrücklich behandelt. Freilich läßt sich nicht annehmen, daß schon nach den Bestimmungen des Einigungsvertrages die einmal erfaßten Arbeitsverhältnisse ohne Rücksicht auf ihre spätere Qualifizierung dauerhaft den genannten Sonderregelungen unterliegen sollten; denn Nr. 1 Abs. 1 - 7 EV betrifft die "Rechtsverhältnisse der Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst". Damit wird nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung abgestellt, wie die Absätze 2 und 4 zeigen; die dort behandelten Maßnahmen Überführung bzw. Kündigung beziehen sich gerade auf die öffentliche Verwaltung. Auch wenn diese in Abs. 5 EV nicht extra genannt wird, ist von einer einheitlichen Regelung auszugehen.
bb) Die arbeitsrechtlichen Folgen der Privatisierung bleiben damit dem Gesetzgeber der Privatisierung zur Regelung überlassen. Solche Regelungen sind aus verschiedenen Gründen geboten, weil gegen abrupte Übergänge Bedenken bestehen können. Es ist zu prüfen, ob die formale Änderung der Qualifizierung des Arbeitsverhältnisses in jedem Falle mit einer inhaltlichen Änderung des Arbeitsverhältnisses verbunden sein soll. Eine Ausweitung der Sondervorschriften des Einigungsvertrags findet damit in keinem Falle statt. Der Einigungsvertrag wird auch nicht materiell geändert.
c) Das Sonderkündigungsrecht des Abs. 5 Ziff. 2 EV blieb der Beklagten gem. § 22 Postpersonalrechtsgesetz erhalten.
aa) Diese Bestimmung lautet wie folgt:
"Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den bisherigen oder den neuen Arbeitgeber wegen des Übergangs des Betriebes oder eines Betriebsteils ist unzulässig; das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen, insbesondere aus den in Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 des Einigungsvertrages vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885) genannten Gründen bleibt unberührt."
bb) Schon der Gesetzeswortlaut spricht gegen die Auffassung des Landesarbeitsgerichts: Nicht die Kündigung oder deren Wirksamkeit bleibt unberührt, sondern "das Recht zur Kündigung". Es geht also um die Befugnis zu kündigen. Eine zeitliche Einschränkung wird dabei nicht gemacht. Die bisherige Rechtslage im Hinblick auf die Kündigungsbefugnis der Beklagten soll nicht angetastet werden, d.h. auch nach dem 31. Dezember 1994 bestehen bleiben. Damit bleibt es nicht nur bei der Wirksamkeit bisher ausgesprochener Kündigungen.
Der erste Halbsatz von § 22 Postpersonalrechtsgesetz, der mit dem zweiten Halbsatz eng zusammenhängt, nennt zudem ausdrücklich Kündigungen durch den bisherigen und durch den neuen Arbeitgeber. Damit liegt die Annahme nahe, daß insgesamt nicht nur Kündigungen bis zum 31. Dezember 1994 gemeint sind. Die Kündigungen nach Abs. 5 des Einigungsvertrages sind nach dem Zusammenhang des Gesetzes nur ein Teil der Kündigungen "aus anderen Gründen", die damit - sowohl für den bisherigen wie für den neuen Arbeitgeber - zulässig sein sollen. Insofern kommt der Formulierung "bleibt unberührt" im vorliegenden Zusammenhang nicht eine rein deklaratorische Bedeutung zu. Sie drückt aus, daß sich an dem Kündigungsrecht für die Beklagte gegenüber dem früheren Rechtszustand nichts ändern soll. Die ausdrückliche Hervorhebung des Abs. 5 EV verbietet es, eine bloße Klarstellung entsprechend der Vorschrift des § 613 a Abs. 4 Satz 2 BGB anzunehmen.
Diese Auslegung entspricht dem Sinn und Zweck des Gesetzes, wie er auch im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommen ist. Der Gesetzgeber hat den Kündigungsgrund nach Abs. 5 EV nachträglich in den Text eingefügt (vgl. BT-Drucks. 12/8060, S. 84). Es ist kaum anzunehmen, damit sollte nur ein Hinweis auf die bisher geltende Gesetzeslage oder deren bloße Bestätigung verbunden sein. So heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 12/8060, S. 195):
"Mit dieser Regelung wird der Notwendigkeit Rechnung getragen, Kündigungen gegenüber Beschäftigten, die in weiterhin bis 1998 bestehenden Monopolbereichen der aus dem Sondervermögen der Deutschen Bundespost hervorgegangenen Aktiengesellschaften tätig sind und die Tatbestandsmerkmale aus dem Einigungsvertrag in Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt II Nr. 1 Abs. 5 wegen früherer Tätigkeit für das ehemalige Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit erfüllen, auch noch so lange vornehmen zu können, wie die Monopole bei den Aktiengesellschaften bestehen. Hierdurch soll sichergestellt werden, daß das Vertrauen der Bevölkerung in die Dienstleistungen der Monopolbetriebe nicht gefährdet wird."
cc) Da der Wille des Gesetzgebers in der Regelung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, ist nicht maßgebend, ob etwa nur eine entsprechende Klarstellung beabsichtigt war. Unerheblich, weil im Gesetz nicht zum Ausdruck gekommen, ist ferner, daß sich der Gesetzgeber offenbar eine Übergangsregelung für die Zeitdauer des Fortbestands der Monopole vorgestellt hat. Insoweit mag er eine Änderung des Gesetzes vornehmen, wenn der Gesetzeszweck aus seiner Sicht erreicht ist. Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 Abs. 1 GG bestehen derzeit jedenfalls nicht. Ebenso kommt eine Verletzung des Bestimmtheitsgebots entgegen den Bedenken des Landesarbeitsgerichts nicht in Betracht.
4. Der Senat kann nicht selbst in Anwendung von Abs. 5 Ziff. 2 EV abschließend entscheiden.
Das Landesarbeitsgericht hat eine Prüfung der Kündigung nach Abs. 5 Ziff. 2 EV gänzlich unterlassen. Es hat zu Inhalt, Umfang, Umständen und Bedeutung der MfS-Tätigkeit der Klägerin keine näheren Feststellungen getroffen und keine Einzelfallprüfung vorgenommen. Die Würdigung der Unzumutbarkeit eines Festhaltens am Arbeitsverhältnis ist in erster Linie Aufgabe des Tatrichters. Das Landesarbeitsgericht wird dies nach den Grundsätzen der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Urteil vom 16. Juli 1998 - 8 AZR 317/97 - n.v., zu II der Gründe; Urteil vom 3. September 1998 - 8 AZR 449/97 - n.v., zu III der Gründe) nachholen müssen. Dabei ist der besonderen Bedeutung des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 GG) Rechnung zu tragen (vgl. Senatsurteil vom 10. Dezember 1998, aaO, zu III 2 der Gründe, m.w.N.). Die jahrelange Mitwirkung an der Verletzung des Fernmeldegeheimnisses wiegt entgegen den mißverständlichen Ausführungen im Urteil des Arbeitsgerichts schwer.
III. Die außerordentliche Kündigung ist nicht gem. § 102 BetrVG unwirksam.
1. Es erscheint zweifelhaft, ob die Klägerin eine mangelhafte Anhörung des Betriebsrats vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung überhaupt noch rügt. Zwar hat sie erstinstanzlich pauschal geltend gemacht, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Nachdem das Arbeitsgericht die Kündigung aus anderen Gründen als unwirksam angesehen und sich mit der Betriebsratsanhörung nicht befaßt hat, hat die Klägerin in der Berufungsinstanz Fehler nur noch hinsichtlich der beiden ordentlichen Kündigungen behauptet. In der Revisionsinstanz ist sie auf diesen Punkt nicht mehr zurückgekommen, obwohl das Landesarbeitsgericht hierzu nichts ausgeführt hat.
2. Jedenfalls zeigt die Klägerin Fehler bei der Betriebsratsanhörung nicht auf. Solche Fehler liegen nach dem nicht bestrittenen Vorbringen der Beklagten auch nicht vor. Die Beklagte hat den Betriebsrat ausweislich des vorgelegten Anhörungsschreibens vom 19. Februar 1996 vollständig über die Person der Klägerin, die beabsichtigte Maßnahme und den Grund für die Kündigung unterrichtet. Mit den Anlagen zum Anhörungsschreiben hat die Beklagte sogar alles mitgeteilt, was sie im Prozeß zur Rechtfertigung der auf Abs. 5 Ziff. 2 EV gestützten Kündigung vorgetragen hat. Unstreitig hat sie erst nach Abschluß des Anhörungsverfahrens gekündigt.
IV. Sofern das Landesarbeitsgericht im erneuten Berufungsverfahren die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung gem. Abs. 5 Ziff. 2 EV verneint, kommt es auf die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27. Februar 1996 an.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die Sozialwidrigkeit der ordentlichen Kündigung wie folgt begründet: Auf eine etwaige persönliche Nichteignung der Klägerin lasse sich die Kündigung schon deshalb nicht stützen, weil die Beklagte den Betriebsrat zu diesem Grund nicht angehört habe. Die Beklagte habe dem Betriebsrat lediglich mitgeteilt, sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis der Klägerin durch Kündigung gem. Abs. 5 Ziff. 2 EV wegen deren näher dargelegten Tätigkeit für das MfS zu beenden. Davon abgesehen habe sie die mangelnde persönliche Eignung der Klägerin für eine Tätigkeit im Geschäftskundenvertrieb nicht dargelegt. Zwar möge die Befürchtung, die Klägerin biete auch künftig keine hinreichende Gewähr für die Einhaltung des Fernmeldegeheimnisses, aufgrund ihrer spezifischen MfS-Vergangenheit nicht abwegig erscheinen. Zweifel an ihrer persönlichen Eignung für einen Einsatz außerhalb des Bereiches, in dem die Gefahr der Verletzung des Fernmeldegeheimnisses bestehe, ergäben sich hieraus aber nicht. Bei einer Beschäftigung der Klägerin außerhalb dieses sensiblen Bereichs wäre ein Ansehens- oder Vertrauensverlust der Beklagten in der Öffentlichkeit nicht zu befürchten. Das gelte jedenfalls so lange, wie die Klägerin auch keine sonstige Vertrauensstellung einnehme, für die eine besondere Integrität erforderlich sei.
2. a) Prüfungsmaßstab der auf eine MfS-Tätigkeit gestützten ordentlichen Kündigung ist allein § 1 Abs. 2 KSchG. Die Voraussetzungen des Abs. 5 Ziff. 2 EV müssen nicht vorliegen. Andererseits kann dem nach § 1 Abs. 2 KSchG darzulegenden Kündigungstatbestand eine andere Qualität und eine andere Zielrichtung zukommen (vgl. BAG Urteil vom 13. März 1997 - 2 AZR 506/96 - n.v., zu II 1, 2 der Gründe; Senatsurteil vom 3. September 1998 - 8 AZR 129/97 - n.v., zu II 1 der Gründe, m.w.N.; Senatsurteil vom 10. Dezember 1998 - 8 AZR 594/97 - n.v., zu II 2 a der Gründe).
b) Die Beklagte hat die ordentliche Kündigung weder auf personenbedingte noch auf verhaltensbedingte Kündigungsgründe im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG gestützt. Sie hat stets ausschließlich auf den Tatbestand des Abs. 5 Ziff. 2 EV verwiesen und geltend gemacht, die vorsorgliche ordentliche Kündigung sei hier als "mildere Maßnahme" gerechtfertigt. Daran muß sich die Beklagte festhalten lassen. Ihr erstmals im Revisionsverfahren "ausschließlich hilfsweise" geleisteter - zudem ganz unsubstantiierter - Vortrag, es liege "unter den besonderen Bedingungen, die für die Beklagte als Monopolunternehmen zu gelten haben", eine mangelnde Eignung der Klägerin gem. § 1 KSchG vor, kann nicht berücksichtigt werden (§ 561 ZPO).
Das bedeutet, daß auch die ordentliche Kündigung allenfalls unter den Voraussetzungen des Abs. 5 Ziff. 2 EV gerechtfertigt sein kann. Da die Beklagte aber in erster Linie eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen hat, für die es ohnehin auf Abs. 5 Ziff. 2 EV ankommt, ist die ordentliche Kündigung praktisch wirkungslos; denn sie ist entweder gegenstandslos oder ohne weiteres rechtsunwirksam.
c) Das Landesarbeitsgericht weist weiter zutreffend auf die eingeschränkte Unterrichtung des Betriebsrats hin. Die Beklagte kann deshalb im erneuten Berufungsverfahren personen- oder verhaltensbedingte Kündigungsgründe nicht mehr geltend machen. Diesen käme eine andere Qualität als dem Kündigungsgrund nach Abs. 5 Ziff. 2 EV zu (vgl. BAG Urteil vom 13. März 1997, aaO).
3. § 102 BetrVG ist nicht verletzt. Maßgebender Kündigungsgrund war für die Beklagte auch hier die MfS-Tätigkeit der Klägerin und die nach ihrer Ansicht daraus resultierende Unzumutbarkeit eines weiteren Festhaltens am Arbeitsverhältnis. Sie hat also den Betriebsrat zutreffend und vollständig über ihren Kündigungsgrund unterrichtet.
Ascheid
Bott
Mikosch
Morsch
Hickler
Fundstellen