Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilzeitarbeit. Gleichbehandlung bei Urlaubsentgelt

 

Normenkette

BGB §§ 242, 134, 139, 366 Abs. 2, § 612 Abs. 2; BeschFG 1985 Art. 1 § 2 Abs. 1; BeschFG 1985 § 6 Abs. 1; BeschFG 1985 Art. 16 Abs. 1; BUrlG §§ 1, 11 Abs. 1; BAT § 3 Buchst.q, § 36 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LAG Köln (Urteil vom 30.08.1988; Aktenzeichen 4 Sa 634/88)

ArbG Siegburg (Urteil vom 13.04.1988; Aktenzeichen 5 H Ca 2490/87)

 

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 30. August 1988 – 4 Sa 634/88 – aufgehoben.

2. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit November 1982 als teilzeitbeschäftigte Lehrkraft an der Musikschule der Beklagten tätig. Am 1. Februar 1983 hat die Klägerin sich schriftlich damit einverstanden erklärt, daß die „Honorar- und Arbeitsordnung für die geringfügig beschäftigten Lehrkräfte am Konservatorium und der Musikschule der Kreisstadt S.” vom 10. Mai 1979 (im folgenden; Arbeitsordnung) Gegenstand des Arbeitsverhältnisses wird. Die Arbeitsordnung findet nach ihrem § 1 Anwendung auf „Lehrkräfte, für die der BAT nicht gilt (Lehrkräfte, die weniger als 14 Stunden wöchentlich unterrichten oder das 65. Lebensjahr vollendet haben)”. Nach § 2 Abs. 2 der Arbeitsordnung richtet sich die Vergütung nach der jeweils gültigen Fassung der Richtlinien der VKA über die Vergütung geringfügig beschäftigter Lehrkräfte an Musikschulen. Nach § 3 der Arbeitsordnung wird die Vergütung im Sinne der VKA-Richtlinien bei Beschäftigungsverhältnissen, die voraussichtlich länger als sechs Wochen dauern, nach Jahreswochenstunden gezahlt. Nach § 4 der Arbeitsordnung wird die Monatsvergütung ausgezahlt am 15. des laufenden Monats und ist für Dozenten, deren Vertragsverhältnis voraussichtlich länger als sechs Wochen dauert, auch während der Ferien zu zahlen. Nach § 5 wird die Zahl der zu erteilenden Wochenstunden von Fall zu Fall vom Leiter der Musikschule festgelegt; sie darf regelmäßig 13 Wochenstunden nicht überschreiten. Nach § 7 der Arbeitsordnung gelten für den Erholungsurlaub die Regelungen für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen.

In der Zeit vom 1. Januar 1985 bis zum 31. Dezember 1987 unterrichtete die Klägerin pro Woche von Januar bis April 1985 6,67 Stunden, von Mai bis September 1985 7,33 Stunden, von Oktober 1985 bis November 1986 6,67 Stunden, von Dezember 1986 bis November 1987 7,00 Stunden und im Dezember 1987 6,34 Stunden. Die Monatsvergütung je Wochenstunde belief sich 1985 auf 86,07 DM, 1986 auf 89,08 DM und 1987 auf 92,12 DM. Die Beklagte berechnete diese Monatsvergütung, indem sie die Vergütung für die Einzelstunde, die Musikschullehrer erhalten, deren Arbeitsverhältnis nicht länger als 6 Wochen dauert (§ 2 Abs. 1 Arbeitsordnung), mit 42 vervielfältigte und das Ergebnis durch 12 teilte. Die Monatsvergütung zahlte sie zwölfmal im Jahr. Die Klägerin erhielt so nicht nur während der 39 Unterrichtswochen, sondern auch während der weiteren 13 Ferienwochen des Jahres eine feste monatliche Vergütung.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die monatlichen Zahlungen enthielten nicht das ihr zustehende Urlaubsentgelt für den gesetzlichen Mindesturlaub. Die Vervielfältigung des Einzelstundensatzes mit 42 zeige, daß die Beklagte die Vergütung nur für 42 der 52 Wochen des Jahres leiste, nämlich nur für die 39 Unterrichtswochen und die Zeit des gesetzlichen Mindesturlaubs. Sie werde gegenüber vollzeitbeschäftigten Lehrkräften unterschiedlich behandelt. Für 1985 stehe ihr bei einem Einzelstundensatz von 24,47 DM und 7,33 Wochen stunden, die sie im Bezugszeitraum vor den großen Ferien geleistet habe, für 3 Wochen Mindesturlaub noch ein Urlaubsentgelt von 538,10 DM zu. Für 1986 und 1987 betrage das Urlaubsentgelt bei geleisteten 6,67 bzw. 7,00 Wochenstunden und Stundensätzen von 25,33 DM bzw. 26,19 DM 506,85 DM und 549,99 DM. Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.594,94 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 10. Juli 1987 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, sie habe den Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Urlaubsentgelts für die Jahre 1985 bis 1987 erfüllt. Der Klägerin seien die monatlichen Bezüge während der unterrichtsfreien Zeit, also auch während des Urlaubs, fortgezahlt worden. Die Berechnung der Vergütung sei nicht Vertragsinhalt geworden. Die Klägerin werde nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandelt.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin den Klageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Die Beklagte hat bei der Berechnung des Urlaubsentgelts für den gesetzlichen Mindesturlaub in den Jahren 1985 bis 1987 die Klägerin gegenüber vollzeitbeschäftigten Angestellten und gegenüber teilzeitbeschäftigten Angestellten, deren arbeitsvertraglich vereinbarte durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit mindestens die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines entsprechenden vollzeitbeschäftigten Angestellten betrug, unterschiedlich behandelt, ohne daß es dafür einen sachlichen Grund gab. Dadurch hat die Beklagte gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und außerdem gegen das seit 1. Mai 1985 geltende Differenzierungsverbot nach Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 verstoßen. Die Höhe des Anspruchs der Klägerin läßt sich aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht bestimmen.

I. Dem Landesarbeitsgericht ist allerdings darin zuzustimmen, daß die Klägerin für die Zeit des gesetzlichen Mindesturlaubs in den Jahren 1985 bis 1987 das Urlaubsentgelt in Höhe der von der Beklagten gewährten Monatswochenstundenvergütung erhalten hat. Der Anspruch auf Zahlung des Urlaubsentgelts (§ 1, § 11 Abs. 1 BUrlG) ist nicht als ein Wesenselement eines einheitlichen Urlaubsanspruchs anzusehen, der neben der unstreitig erfolgten Freizeitgewährung die Fortzahlung der Vergütung zum Inhalt hat. Der Urlaubsentgeltanspruch ist vielmehr nichts anderes als der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitslohns während der urlaubsbedingten Freistellung von der Arbeitspflicht (BAGE 45, 184, 188 = AP Nr. 14 zu § 3 BUrlG Rechtsmißbrauch, zu II 2 b der Gründe; seitdem ständige Rechtsprechung). Diesen Anspruch der Klägerin hat die Beklagte in Höhe der gewährten Monatswochenstundenvergütung erfüllt. Das Landesarbeitsgericht hat daher insoweit zu Recht die Auffassung der Klägerin zurückgewiesen, die Beklagte habe zwar ihren Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, nicht aber ihren Urlaubsentgeltanspruch erfüllt.

II. Allerdings läßt sich damit die Klage nicht als unbegründet abweisen. In der Leistung der Beklagten lag nur eine teilweise Erfüllung des Anspruchs, weil der für die Bemessung des Urlaubsentgelts maßgebende Lohnanspruch der Klägerin (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 BUrlG) höher war als die Monatswochenstundenvergütung, die die Beklagte gezahlt hat.

1. Die Beklagte hat die Monatswochenstundenvergütung in den Jahren 1985 bis 1987 nach einer Beschäftigungsdauer von 42 Wochen berechnet, obwohl sie die Klägerin 52 Wochen lang beschäftigt hat. Darin lag eine unterschiedliche Behandlung gegenüber den vollzeitbeschäftigten Musikschullehrern und den teilzeitbeschäftigten Musikschullehrern mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten. Bei Berechnung der Vergütung dieser Arbeitnehmer hat die Beklagte einen Abzug wegen der die Unterrichtszeit und die Zeit des gesetzlichen Mindesturlaubs übersteigenden unterrichtsfreien Beschäftigungszeit von 10 Wochen nicht vorgenommen.

Die Vergütung der Klägerin richtete sich nach der jeweils gültigen Fassung der Richtlinien der VKA über die Vergütung geringfügig beschäftigter Lehrkräfte an Musikschulen (§ 2 Abs. 2 der Arbeitsordnung). Bis zum 30. September 1987 galt somit Abschn. C der Musikschullehrer-Richtlinien der VKA vom 14. November 1980, ab 1. Oktober 1987 galten die Musikschullehrer-Richtlinien der VKA vom 18. September 1987. Danach konnte mit dem Angestellten entweder eine Einzelstundenvergütung vereinbart werden, die nur für angeordnete und tatsächlich geleistete Unterrichtsstunden gezahlt wurde, oder die Monatsstundenvergütung, die die Klägerin erhielt, weil ihr Beschäftigtungsverhältnis länger als 6 Wochen dauerte (§ 3 Arbeitsordnung). Das mit der Klägerin vereinbarte System der Vergütung nach Monatswochenstunden hat, ebenso wie das der Vergütung als teilzeitbeschäftigte Angestellt nach dem BAT, mit der Bezahlung der vollzeitbeschäftigten Lehrer gemeinsam, daß die Vergütung entsprechend § 36 BAT für den Kalendermonat berechnet wird und spätestens am 15. des folgenden Monats zu zahlen ist (vgl. Abschn. C II 1 der Richtlinien vom 14. November 1980 und III 1 e der Richtlinien vom 18. September 1987). Ebenso wie die Vergütung der vollzeitbeschäftigten Lehrer wird die Monatswochenstundenvergütung auch während der Ferien gewährt (vgl. Richtlinien vom 14. November 1980 a.a.O., Richtlinien vom 18. September 1987 Abschn. III 1 b), also auch während der 13 unterrichtsfreien Wochen im Jahr. Anders als bei den vollzeitbeschäftigten Lehrern und den teilzeitbeschäftigten Lehrern nach BAT macht die Beklagte jedoch von den Bezügen der Klägerin einen Abzug, indem sie 10 Wochen der vergütungspflichtigen unterrichtsfreien Zeit für die Berechnung der Vergütung unberücksichtigt läßt. Dies wäre nur dann zu verneinen, wenn die Stundensätze so hoch bemessen wären, daß dadurch die Nachteile, die der geringere Zeitfaktor (42 statt 52) verursacht, aufgewogen werden. Dies hat die Beklagte nicht vorgetragen.

2. Durch die unterschiedliche Behandlung der Klägerin hat die Beklagte gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen.

Bei der Festlegung der Vergütung gilt zwar für das Verhältnis von vergleichbaren Teilzeitarbeitnehmern zueinander der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Dieser galt bis zum Inkrafttreten des Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 am 1. Mai 1985 (vgl. Art. 16 Abs. 1 BeschFG 1985) auch für das Verhältnis von vergleichbaren Vollzeit- und Teilzeitarbeitnehmern; er hatte vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Vorrang (GK-TzA Lipke, Art. 1 § 2 Rz 121; BAG Urteil vom 10. April 1973 – 4 AZR 180/72 – AP Nr. 38 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; Urteil vom 30. Mai 1984 – 4 AZR 146/82 – AP Nr. 2 zu § 21 MTL II, zu IV der Gründe). Der Anspruch der Klägerin auf Gleichbehandlung scheitert aber nicht an diesem Vorrang. Dieser gilt nur für individuell vereinbarte Löhne und Gehälter (BAG, a.a.O.). Wenn der Arbeitgeber, was ihm die Vertragsfreiheit erlaubt, einzelne Arbeitnehmer besser stellt, so können daraus andere Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten. Anders ist es aber, wenn der Arbeitgeber die Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt (BAGE 45, 66, 73 = AP Nr. 66 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu I 3 b der Gründe; Urteil vom 27. Juli 1988 – 5 AZR 244/87 – AP Nr. 83 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 2 b der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Das ist hier der Fall, denn die Beklagte gewährt den vollzeitbeschäftigten und den mit mindesten der Hälfte der Arbeitszeit teilzeitbeschäftigten Musikschullehrern Vergütung nach BAT, auch wenn sie nicht tarifgebunden sind.

Ein sachlicher Grund, die Klägerin gegenüber diesen Arbeitnehmern unterschiedlich zu behandeln, bestand nicht.

Eine unterschiedliche Behandlung ist nur zulässig, wenn sachliche Gründe dies rechtfertigen. Hierzu werden gerechnet Arbeitsleistung, Qualifikation, Berufserfahrung, soziale Lage oder unterschiedliche Arbeitsplatzanforderungen (vgl. die Beispielaufzählung im Regierungsentwurf des Beschäftigungsförderungsgesetzes 1985, BT-Drucks. 10/2102, S. 24). Der unterschiedliche Umfang der Arbeitsleistung allein ist kein ausreichender sachlicher Grund für eine unterschiedliche Behandlung (so bereits BAG Urteil vom 6. April 1982, BAGE 38, 232, 241 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung, zu III 1 b der Gründe; an diese Entscheidung lehnt sich die gesetzliche Regelung an, vgl. BAG Urteil vom 25. Januar 1989 – 5 AZR 161/88 – AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985, zu II 1 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Andere Unterscheidungsmerkmale als den unterschiedlichen Umfang der Arbeitsleistung hat die Beklagte jedoch nicht vorgetragen.

3. Die Beklagte hat dadurch, daß sie die Klägerin gegenüber den Vollzeitbeschäftigten bei der Gewährung der Urlaubsvergütung unschiedlich behandelt hat, in der Zeit seit dem 1. Mai 1985 gegen Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 verstoßen.

Nach dieser Bestimmung darf der Arbeitgeber einen teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nicht wegen der Teilzeitarbeit gegenüber Vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern unterschiedlich behandeln, es sei denn, daß sachliche Gründe dies rechtfertigen. Die Bestimmung findet vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an (1. Mai 1985) auf den Arbeitsvertrag der Parteien Anwendung (vgl. GK-TzA Lipke, Art. 1 § 2 BeschFG 1985 Rz 122; BAG Urteil vom 25. Januar 1989 – 5 AZR 161/88 – AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985, zu II 1 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Sie gilt nicht nur für einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers, sondern auch für Arbeitsverträge, durch die teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteiligt werden (vgl. BAG, a.a.O.).

Die Beklagte kann sich für die unterschiedliche Behandlung der Klägerin nicht auf Art. 1 § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 berufen, wonach von Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 durch Tarifvertrag auch zuungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden kann. § 3 Buchst. q BAT (in der bis zum 31. Dezember 1987 geltenden Fassung, die hier maßgeblich ist), der bestimmt, der BAT gelte nicht für Angestellte mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit eines vollzeitbeschäftigten Angestellten, ist keine abweichende tarifliche Bestimmung i. S. des Art. 1 § 6 Abs. 1 BeschFG 1985, sondern nimmt die unterhälftig teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ganz aus dem Geltungsbereich einer tariflichen Regelung aus (vgl. BAG, a.a.O., zu III der Gründe). Dahinstehen kann somit, ob die Öffnungsklausel des Art. 1 § 6 Abs. 1 BeschFG 1985 für das in Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 enthaltene Differenzierungsverbot gilt (bejahend: BAG Urteil vom 25. Januar 1989 – 5 AZR 161/88 – AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; Urteil vom 9. Februar 1989 – 6 AZR 174/87 – AP Nr. 4 zu § 2 BeschFG 1985, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; verneinend: BAG Beschluß vom 29. August 1989 – 3 AZR 370/88 – zur Veröffentlichung vorgesehen).

4. Die Vergütungsabrede ist somit nach § 134 BGB insoweit nichtig, als sie bestimmt, daß die Klägerin bei der Berechnung des Arbeitslohns und damit des Urlaubsentgelts für den gesetzlichen Mindesturlaub gegenüber dem vollzeitbeschäftigten und den mindestens hälftig teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern Einbußen erleidet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ist § 139 BGB, wonach die Teilnichtigkeit eines Rechtsgeschäfts in aller Regel zu seiner völligen Nichtigkeit führt, dann nicht anwendbar, wenn es sich um Arbeitnehmerschutzvorschriften handelt (vgl. BAGE 31, 67, 75 = AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung, zu III 3 der Gründe; BAG Urteil vom 4. Oktober 1978 – 5 AZR 886/77 – AP Nr. 11 zu § 611 BGB Anwesenheitsprämie, zu 4 der Gründe; BAGE 53, 161, 174 = AP Nr. 11 zu Art. 119 EWG-Vertrag; Wiedemann/Stumpf, TVG, 5. Aufl., § 4 Rz 202). Ist der Ausschluß der Teilzeitbeschäftigten von der Leistung rechtsunwirksam, kann der zu Unrecht übergangene Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelung behandelt zu werden (vgl. BAG Urteil vom 11. September 1985 – 7 AZR 371/83 – AP Nr. 76 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 1 der Gründe m.w.N.). Für die Verletzung des Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 gilt dies ebenfalls (vgl. z.B. GK-TzA Lipke, Art. 1 § 2 Rz 94 und 98; BAG Urteil vom 14. März 1989 – 3 AZR 490/87 – zu III 1 der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen).

5. Bei der Feststellung der Höhe der restlichen Urlaubsvergütung wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, daß an die Stelle der im Arbeitsvertrag getroffenen Lohnvereinbarung, soweit diese nichtig ist, die übliche Vergütung (§ 612 Abs. 2 BGB) tritt. Übliche Vergütung ist der anteilige Tariflohn (z.B. ×/27 der Vergütungsgruppe eines vollzeitbeschäftigten Musikschullehrers; vgl. dazu z.B. BAG Urteil vom 25. Januar 1989 – 5 AZR 161/88 – AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985, zu IV der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Dabei muß das Landesarbeitsgericht von der Vergütungsgruppe ausgehen, die dem von der Klägerin gespielten Instrument entspricht und beachten, daß es dabei die Tarifmerkmale der Klägerin zugrundelegt und nicht die „Eckmannvergütung”, die die Beklagte zur Bildung des Einzelstundensatzes, auf dem die Berechnung der Monatswochenstundenvergütung aufbaut, offensichtlich heranzieht.

6. Die nach § 11 Abs. 1 BUrlG für die Höhe des Urlaubsentgelts der Klägerin maßgeblichen Bezugszeiträume wird das Landesarbeitsgericht feststellen müssen. Dabei wird es folgendes zu beachten haben:

Nach § 7 der Honorar- und Arbeitsordnung gelten für den Erholungsurlaub die Regelungen für Lehrer an allgemeinbildenden Schulen, d.h., der Anspruch auf Erholungsurlaub wird durch Dienstbefreiung während der für die Schule geltenden Ferien abgegolten. Da die Beklagte nicht bestimmt hat, durch welchen Abschnitt der 13-wöchigen Ferien der gesetzliche Mindesturlaub der Klägerin in den Jahren 1985 bis 1987 jeweils abgegolten wurde, ist in entsprechender Anwendung des Rechtsgedankens des § 366 Abs. 2 BGB davon auszugehen, daß die Erfüllung des Urlaubsanspruchs am 1. Werktag der Ferien eines jeden Jahres, also am 1. Werktag des Jahres (Weihnachtsferien), begann und sich über die folgenden Ferien (Ostern usw.) fortsetzte, bis der Urlaub abgegolten war. Bezugszeitraum für die in den Januar fallenden Urlaubstage, die durch die restlichen Weihnachtsferien abgegolten wurden, waren also die letzten 13 Wochen des Vorjahres. Für durch spätere Ferien abgegoltene Urlaubstage gilt entsprechendes.

 

Unterschriften

Michels-Holl, Dr. Peifer, Dr. Wittek, Mache, Dr. Pühler

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1015725

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