Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichbehandlung in der betrieblichen Altersversorgung
Leitsatz (amtlich)
- Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist verletzt, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sachfremd schlechterstellt. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muß diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. zuletzt Senatsurteil vom 22. November 1994 – 3 AZR 349/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
- Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist immer dann anwendbar, wenn ein Arbeitgeber seine betriebliche Regelungs- und Ordnungsaufgabe eigenständig wahrnimmt. Dies kann auch dadurch geschehen, daß er mit einem Teil seiner Arbeitnehmer die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages und damit die Geltung der sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten vereinbart, ohne selbst tarifgebunden zu sein.
- Gegenstand der Prüfung, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt wurde, sind einzelne Ansprüche oder Rechte eines Arbeitnehmers.
Normenkette
BGB § 242; MTB II § 44; Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder § 17
Verfahrensgang
Tenor
- Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 2. Februar 1994 – 2 (5) Sa 267/93 – aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 11. Mai 1993 – 3 a Ca 1607/92 – wird mit der folgenden Maßgabe zurückgewiesen:
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsleistungen zu verschaffen, die er erhalten würde, wenn er seit Beginn seines Beschäftigungsverhältnisses am 1. April 1969 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder versichert gewesen wäre.
- Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger bei Eintritt des Versorgungsfalles eine Betriebsrente entsprechend ihrer Satzung zu zahlen.
Die Beklagte ist eine Anstalt öffentlichen Rechts mit Sitz in Karlsruhe, bei der die Arbeitnehmer des Bundes und der Länder entsprechend den jeweiligen Versorgungstarifverträgen mit dem Ziel versichert werden, ihnen eine Zusatzversorgung zu verschaffen.
In der Satzung der Beklagten heißt es u.a.:
Ҥ 17
Rechtsstellung der nicht dem Vorstand angehörenden Verwaltungsangehörigen der Anstalt
Das Arbeitsverhältnis der nicht in § 16 genannten Bediensteten wird durch Arbeitsvertrag zwischen der Anstalt und dem Arbeitnehmer geregelt. Auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer sind das Tarifrecht des Bundes und die sonstigen für die Bediensteten des Bundes geltenden Regelungen (z.B. Erlasse zum Reisekosten-, Beihilfe- und Wohnungsfürsorgerecht usw.) entsprechend anzuwenden. Abweichungen vom Tarifrecht, deren Notwendigkeit sich mit Rücksicht auf die Aufgaben der Anstalt ergibt, bedürfen der Zustimmung der Aufsichtsbehörde.”
Mit den Mitarbeitern ihrer Verwaltung in Karlsruhe vereinbarte die nicht tarifgebundene Beklagte in den jeweiligen Arbeitsverträgen die Geltung des Tarifrechtes des Bundes, also für Arbeiter die des Manteltarifvertrages für Arbeiter des Bundes (MTB II) und für Angestellte die des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT).
Die Beklagte ist Eigentümerin zahlreicher Liegenschaften, die über das Gebiet der alten Bundesländer verstreut sind. Sie beschäftigt zur Betreuung dieser Liegenschaften Hausmeister, darunter seit dem 1. April 1969 den Kläger, der zur Betreuung von Grundstücken in S…, T… und E… eingesetzt ist. Grundlage der Beschäftigung des Klägers ist ein “Hausmeister-Dienstvertrag” vom 20. April/9. Mai 1978, in welchem die Geltung eines Tarifvertrages nicht vereinbart wird. Durch Urteil vom 20. April 1990 (– 4 a Ca 220/90 –) hat das Arbeitsgericht Elmshorn festgestellt, daß zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Dieses Urteil ist nach Zurückweisung der hiergegen eingelegten Berufung rechtskräftig geworden.
Der Kläger hat den Standpunkt vertreten, nachdem nunmehr sein arbeitsrechtlicher Status geklärt sei, habe er auch einen Anspruch auf Zahlung einer Zusatzversorgungsrente wie ihn die übrigen Arbeitnehmer der Beklagten erhielten. Aus § 17 der Satzung ergebe sich, daß der Kläger Anspruch auf Anwendung des Tarifrechts des Bundes, in seinem Falle also des MTB II, habe, aus dem sich der Zusatzversorgungsanspruch ergebe. § 17 der Satzung gelte nicht nur für Verwaltungsangehörige der Beklagten in Karlsruhe, sondern für alle Arbeitnehmer der Beklagten bis auf die Vorstandsmitglieder.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, daß die Beklagte als Arbeitgeberin aufgrund des Arbeitsvertrages mit dem Kläger verpflichtet war, für den Kläger seit Beginn seiner Tätigkeit in ihren Diensten im Jahre 1969 Umlagebeiträge zur Zusatzversorgung (VBL) zu entrichten,
hilfsweise:
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem Eintritt des Versicherungsfalles eine Versorgungsrente in satzungsmäßiger Höhe zu zahlen,
weiter hilfsweise:
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Versorgungsrente in der Höhe zu zahlen, wie der Kläger sie erhalten würde, wenn die Beklagte für den Kläger seit Beginn seiner Tätigkeit in ihren Diensten im Jahre 1969 Umlagebeiträge zur Zusatzversorgung (VBL) entrichtet hätte.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat den Standpunkt vertreten, der Kläger habe keinen tarifvertraglichen Anspruch auf eine Zusatzversorgung. § 17 der Satzung begründe keinen Anspruch des Klägers, daß auf sein Arbeitsverhältnis das Tarifrecht des Bundes anzuwenden sei. Diese interne Vorschrift verpflichte die Beklagte lediglich, für die Verwaltungsangehörigen das Tarifrecht des Bundes zu vereinbaren. Verwaltungsangehörige seien nur die Arbeitnehmer, deren Tätigkeit in einem weiteren Sinne als “öffentliche Verwaltung” bezeichnet werden könne. Das sei beim Kläger nicht der Fall.
Ein Anspruch des Klägers ergebe sich auch nicht in Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes. Auch damit könne die Geltung des Manteltarifvertrages des Bundes nicht begründet werden. Im übrigen habe der Kläger auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarungen in der Vergangenheit eine höhere Vergütung erhalten, als sie ihm bei Anwendung des Lohngruppenverzeichnisses zum MTB II zugestanden hätte.
Das Arbeitsgericht hat unter Zurückweisung der Klage im übrigen festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab Eintritt des Versicherungsfalles eine Versorgungsrente in satzungsgemäßer Höhe entsprechend der Satzung der Beklagten zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht dieses Urteil durch die am 20. April 1994 zugestellte Entscheidung abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner am 25. Mai 1994 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen und mit einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verbundenen Revision fordert der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Durch Beschluß vom 30. August 1994 hat das Bundesarbeitsgericht dem Kläger wegen der Versäumung der Revisionsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Er hat nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch auf Verschaffung einer Altersversorgung.
A. Die Klage ist zulässig.
I. Der Kläger will festgestellt wissen, daß die Beklagte, seine Arbeitgeberin, ihm eine Versorgungsleistung verschaffen muß. Nach dem Wortlaut des in der Revisionsinstanz zu entscheidenden Feststellungsantrags verlangt der Kläger zwar nur, daß die Beklagte eine Versorgungsrente in satzungsmäßiger Höhe an den Kläger zahlt. Es kommt dem Kläger aber nicht darauf an, daß die Beklagte die satzungsgemäße Rente als Arbeitgeberin selbst zahlt. Wie sich aus der Klagebegründung ergibt und wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, will er lediglich erreichen, daß die Beklagte ihm eine entsprechende Rente verschafft. Wie die Beklagte dies verwirklicht, ob durch Selbsteintritt, durch Aufnahme in den Kreis der Versicherten oder durch Fremdversicherung, ist für das Rechtsschutzziel des Klägers nicht wesentlich.
II. Mit diesem Inhalt ist der Feststellungsantrag hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Zeitraum der Beschäftigung sowie die Art und der Umfang der Tätigkeit des Klägers, für die er Altersversorgung beansprucht, stehen fest.
III. Für den Feststellungsantrag besteht auch das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Indem der Kläger fordert, die Beklagte müsse ihm Versorgungsansprüche verschaffen, macht er einen schon jetzt bestehenden Anspruch geltend. Dies ist ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis. An dessen alsbaldiger gerichtlicher Feststellung besteht ein schützenswertes Interesse. Der Kläger muß wissen, in welchem Umfang er im Versorgungsfall mit zusätzlichen Versorgungsleistungen rechnen kann. Ihm ist nicht zuzumuten, mit einer Klärung bis zum Eintritt des Versorgungsfalles zu warten.
B. Die Klage ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kann der Kläger verlangen, daß die Beklagte ihm im Versorgungsfall eine Zusatzversorgung entsprechend den Versorgungsbestimmungen der Satzung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder verschafft.
I. Das Landesarbeitsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, daß sich der Anspruch des Klägers weder aus dem Einzelarbeitsvertrag oder dem Tarifvertrag noch aus § 17 der Satzung der Beklagten herleiten läßt.
1. Die Hausmeisterdienstverträge, welche die Beklagte mit dem Kläger in den Jahren 1969 und 1978 abgeschlossen hat, enthalten keine eigenständige Bestimmung über eine betriebliche Altersversorgung. Sie nehmen auch nicht Bezug auf einen Tarifvertrag, der eine solche zusätzliche Leistung vorsieht.
2. § 44 MTB II, der eine Zusatzversorgung nach Maßgabe des Tarifvertrages über die Versorgung der Arbeitnehmer des Bundes und der Länder sowie von Arbeitnehmern kommunaler Verwaltungen und Betriebe begründet, ist auch nicht unmittelbar kraft Tarifrechts anwendbar. Der Kläger fällt zwar in den persönlichen Geltungsbereich dieses Tarifvertrages, weil er nach seiner Tätigkeitsbeschreibung in den Dienstverträgen und Dienstanweisungen im wesentlichen gewerbliche Tätigkeiten zu verrichten hat. Der Tarifvertrag findet jedoch gleichwohl keine Anwendung, weil die Beklagte nicht tarifgebunden ist.
3. § 44 MTB II ist auch nicht aufgrund der Bestimmung in § 17 Satz 2 der Satzung der Beklagten auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. Diese Satzungsbestimmung enthält nur eine Handlungsanweisung an die Organe der Beklagten, die Geltung der Tarifverträge des Bundes einzelvertraglich zu vereinbaren. Die arbeitsrechtlichen Beziehungen der Beklagten zu ihren Arbeitnehmern werden durch § 17 Satz 2 der Satzung nicht gestaltet.
Mit ihrer Satzung erläßt eine eigenständige, im Staat eingeordnete Einrichtung Regelungen ihrer eigenen Angelegenheiten im Rahmen der ihr verliehenen Autonomie für die ihr angehörigen oder unterworfenen Personen (Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 10. Aufl., § 25 Rz 46, m.w.N.). Es geht mithin um Bestimmungen zur Anstaltsverfassung und zur Anstaltsnutzung.
§ 17 Satz 2 der VBL-Satzung ist nach seiner systematischen Stellung und seinem Regelungsinhalt eine Bestimmung der Anstaltsverfassung, nicht der Anstaltsnutzung. Ein Anstaltsnutzungsverhältnis entsteht mit einem Arbeitnehmer erst dann, wenn er Pflichtversicherter ist. Dies setzt nach § 26 Abs. 1 Buchst. d VBL-Satzung u.a. voraus, daß für den Arbeitnehmer eines an der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder beteiligten Arbeitgebers aufgrund eines Tarifvertrages die Pflicht zur Versicherung besteht. § 17 Satz 2 der VBL-Satzung könnte damit allenfalls dazu führen, daß die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung eines Anstaltsnutzungsverhältnisses bestehen. Eine Regelung des Nutzungsverhältnisses selbst liegt darin nicht.
Als Teil der Anstaltsverfassung kann § 17 Satz 2 der VBL-Satzung die Rechtsbeziehungen der Anstalt zu ihren Arbeitnehmern nicht unmittelbar, also rechtsgestaltend, regeln. Die Arbeitnehmer sind nicht Teil der verfaßten Anstalt. Sie sind nicht deren Beteiligte (§ 19 der VBL-Satzung), sondern Dritte im Sinne der Satzung, die nicht normunterworfen sind. Damit scheidet auch die Annahme aus, mit der Satzungsbestimmung sei eine Regelung zugunsten Dritter beabsichtigt gewesen, die für die Arbeitnehmer unmittelbar rechtsbegründend wirken könnte (vgl. BAGE 25, 194 = AP Nr. 6 zu § 242 BGB Ruhegehalt-Unterstützungskassen). Als Regelung des Anstaltsverfassungsrechts kann § 17 Satz 2 der VBL-Satzung nur als Handlungsanweisung an die für die Beklagte handelnden Personen verstanden werden, die genannten tarifvertraglichen Regelungen durch einzelvertragliche Inbezugnahme zum Gegenstand der Arbeitsverhältnisse zu machen (ebenso BAGE 66, 106 = AP Nr. 9 zu § 611 BGB Lohnzuschläge).
II. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht dem Kläger die geltend gemachte Versorgungsanwartschaft aber nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu.
1. Im Recht der betrieblichen Altersversorgung ist der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz eine selbständige Anspruchsgrundlage (§ 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Verstößt der Ausschluß eines Arbeitnehmers aus einem betrieblichen Versorgungswerk gegen diesen Grundsatz, muß der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das Ruhegeld zahlen, das er einem vergleichbaren begünstigten Arbeitnehmer zahlt, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, den Verstoß zu beseitigen (BAGE 49, 346, 352 f. = AP Nr. 76 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu II 1 der Gründe; Senatsurteile vom 12. November 1991 – 3 AZR 489/90 – AP Nr. 17 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung; vom 22. November 1994 – 3 AZR 349/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
2. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist verletzt, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sachfremd schlechterstellt. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muß diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 22. November 1994 – 3 AZR 349/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Gegenstand der Prüfung, ob der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt wurde, sind einzelne Ansprüche oder Rechte eines Arbeitnehmers. Der Gleichbehandlungsgrundsatz will einer Ungleichbehandlung in der Sache selbst entgegenwirken. Die Antwort auf die Frage, ob Gleichbehandlung geboten ist, kann für verschiedene Rechte und Ansprüche verschieden ausfallen. Aus diesem Grund sagt die Anwendbarkeit eines Tarifvertrages noch nichts aus über die Besser- oder Schlechterstellung des Arbeitnehmers. Im Falle des Klägers kann es deshalb nur darum gehen, ob er zu Recht dadurch schlechtergestellt wurde, daß die Beklagte ihn aus dem Kreis der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer ausgeschlossen hat. Es geht nicht um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet war, mit ihm die Anwendbarkeit des MTB II zu vereinbaren.
Das schließt einen Gesamtvergleich der arbeitsrechtlichen Bestimmungen, die für die einander gegenüberstehenden Arbeitnehmer gelten, nicht aus. Er kann ergeben, daß die Nichtbegünstigung in einem Punkt durch einen Vorteil in einem anderen Punkt ausgeglichen wird, so daß die punktuelle Ungleichbehandlung nicht zu beanstanden ist. Ausgangspunkt für die Prüfung der Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bleiben aber einzelne Rechte und Ansprüche, bei denen eine Besser- oder Schlechterstellung festgestellt werden kann.
3. Der Kläger ist vergleichbar mit den in Karlsruhe beschäftigten Pförtnern und Hausmeistern. Diese haben – über die Anwendbarkeit des § 44 MTB II – einen Anspruch auf Verschaffung einer Altersversorgung. Nach § 3 Abs. 1 Buchst. k MTB II sind nur solche Hauswarte und Liegenschaftswarte aus dem Geltungsbereich des MTB II ausgeschlossen, die Liegenschaften nicht hauptberuflich wie der Kläger und die Hausmeister der Beklagten in Karlsruhe, sondern nebenberuflich betreuen (vgl. Scheuring/Steingen, Mantel-Tarifvertrag für die Arbeiter des Bundes, 2. Aufl., Stand: 1. November 1994, § 3 Rz 8).
a) Der Anwendbarkeit des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes steht nicht entgegen, daß die Versorgungsansprüche der begünstigten Arbeitnehmer auf der Anwendung des BAT und des MTB II beruhen. Rechtsgrund für die Einräumung des Zusatzversorgungsanspruchs ist nicht eine tarifrechtliche Pflicht der Beklagten, einen für sie geltenden Tarifvertrag anzuwenden, sondern deren freie Entscheidung als tarifungebundene Arbeitgeberin, mit ihren Arbeitnehmern arbeitsvertraglich die Geltung bestimmter Tarifverträge zu vereinbaren, aus denen sich dann ein Anspruch auf Zusatzversorgung ergibt. Damit hat die Beklagte ihre betriebliche Gestaltungsaufgabe eigenständig wahrgenommen und unterliegt insoweit auch der Überprüfung anhand des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.
b) Ein Vergleich des Kläges mit den Arbeitnehmern der Beklagten, die einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung haben, ist schließlich auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die begünstigten Arbeitnehmer in der Verwaltung der Beklagten in Karlsruhe beschäftigt werden, während der Kläger in Schleswig-Holstein für die Beklagte tätig ist.
Es bedarf in diesem Zusammenhang keiner Entscheidung der Streitfrage, ob der Arbeitgeber eine Pflicht zur Gleichbehandlung nur im Verhältnis zu den Arbeitnehmern desselben Betriebes hat, oder ob sich diese Pflicht bei einem Unternehmen mit mehreren Betrieben auf alle unternehmensangehörigen Arbeitnehmer bezieht (vgl. hierzu Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 7. Aufl., § 112 II 1c, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung; MünchArbR/Richardi, Bd. I, § 14 Rz 9, mit Literaturnachweisen). Der Kläger ist dem Betrieb der Beklagten in Karlsruhe zuzuordnen und hat deshalb einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den dort beschäftigten Arbeitnehmern. Der Kläger übt mit der Betreuung des Anlagevermögens der Beklagten eine dem Betriebszweck der Verwaltung der Beklagten dienende Tätigkeit aus. Er ist auch trotz der räumlich weiten Entfernung von Karlsruhe in die Betriebsorganisation der Verwaltung eingebunden und bildet keinen eigenen Nebenbetrieb im Sinne von § 4 BetrVG. Die Zentrale der Beklagten in Karlsruhe hat den Arbeitsvertrag mit dem Kläger abgeschlossen und die zugehörige Dienstanweisung erstellt. Zwar muß der Kläger nach den dort getroffenen Regelungen auch den Anweisungen der örtlichen Hausverwaltung Folge leisten. Dieser Umstand führt aber schon deshalb nicht zu der Bildung eines eigenständigen Nebenbetriebes in Schleswig-Holstein, weil es sich bei der von der Beklagten vor Ort eingesetzten Hausverwaltung nicht um deren eigene Einrichtung handelt. Als Hausverwalter wird für die Beklagte vielmehr ein selbständiger Gewerbetreibender im Rahmen eines freien Geschäftsbesorgungsvertrages tätig, der nicht in die Unternehmensorganisation der Beklagten eingebunden ist.
4. Für den Ausschluß des Klägers aus dem Kreis der Arbeitnehmer der Beklagten, die eine betriebliche Altersversorgung erhalten, gibt es keinen billigenswerten sachlichen Grund.
a) Als sachlicher Grund reicht eine mehr oder weniger große Nähe der einzelnen Beschäftigungsverhältnisse zur Erledigung der öffentlich-rechtlich begründeten Versorgungsaufgabe der Beklagten nicht aus. Die Beklagte hat ihren Arbeitnehmern unabhängig davon eine Zusatzversorgung eingeräumt, welche konkrete Tätigkeit sie auszuüben haben. Die funktionale Nähe der Tätigkeit zur öffentlich-rechtlichen Aufgabenerfüllung hat mithin keine Rolle gespielt. Sie kann auch keine Rolle im Verhältnis zum Kläger spielen.
b) Auch besondere Bedingungen, unter denen der Kläger seine Tätigkeit für die Beklagte zu verrichten hat, können es nicht sachlich rechtfertigen, den Kläger aus dem Kreis der von einer Zusatzversorgung begünstigten Arbeitnehmer herauszunehmen.
Zu Unrecht weist die Beklagte in diesem Zusammenhang daraufhin, der Kläger habe aufgrund der mit ihm getroffenen Vergütungsvereinbarung für seine Tätigkeit eine höhere laufende Vergütung erhalten, als sie ihm zugestanden hätte, wenn mit ihm die Geltung des MTB II und des Lohngruppenverzeichnisses hierzu vereinbart worden wäre.
Dieser Einwand knüpft an der unrichtigen Vorstellung an, der Versorgungsanspruch des Klägers hänge davon ab, ob in Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes auf sein Arbeitsverhältnis der MTB II insgesamt angewendet werden müsse. Im Ergebnis ist der Beklagten allerdings zuzugeben, daß die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht dazu führen kann, daß ein Arbeitnehmer, auf dessen Arbeitsverhältnis ein ansonsten allgemein zugrunde gelegtes Regelwerk keine Anwendung findet, sich nur die besonders günstigen Rechtspositionen aus diesem Regelwerk zueigen macht. Dieser Gefahr ist durch einen Gesamtvergleich der einander gegenüberstehenden arbeitsrechtlichen Vereinbarungen zu begegnen. Wird beispielsweise ein Arbeitnehmer aus der betrieblichen Altersversorgung ausgenommen, erhält er aber ein wesentlich höheres laufendes Arbeitsentgelt, kann dies im Einzelfall seine Schlechterbehandlung bei der betrieblichen Altersversorgung sachlich rechtfertigen.
Darauf, wie ein solcher Gesamtvergleich im einzelnen durchzuführen ist, kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Die Entgeltunterschiede, auf welche die Beklagte sich beruft, sind gering. Die Beklagte errechnet für das Jahr 1980 eine “Bruttoüberzahlung” um 4,47 %, für das Jahr 1991 sogar nur um 2,1 %. Eine solche Differenz bei der laufenden Vergütung kann es in keinem Falle rechtfertigen, den Kläger von der betrieblichen Altersversorgung insgesamt auszuschließen. Hinzu kommt, daß die Beklagte für die geringfügig höhere Vergütung, die sie dem Kläger gezahlt hat, nach dem Wortlaut des Dienstvertrages nicht nur eine Mitarbeitspflicht der Ehefrau des Klägers erreicht hat, sondern darüber hinaus dem Kläger auch Pflichten auferlegt hat, die an sich aufgrund seiner Arbeitnehmerstellung nicht bestanden. Die im Arbeitsvertrag vorgesehene Verpflichtung des Klägers, bei vorübergehender Verhinderung wegen Urlaub oder Krankheit selbst für eine geeignete Vertretung zu sorgen, steht im Widerspruch zu den zwingenden Vorschriften des Urlaubs- und Lohnfortzahlungsrechts.
Auch sonstige Besonderheiten in der Tätigkeit des Klägers rechtfertigen dessen Schlechterbehandlung bei der betrieblichen Altersversorgung gegenüber den Arbeitnehmern in Karlsruhe, insbesondere den dort beschäftigten Hausmeistern, nicht. Was die eigentliche Arbeitsleistung angeht, hat der Kläger nichts anderes zu tun als die in Karlsruhe beschäftigten Hausmeister. Unterschiede ergeben sich allenfalls dadurch, daß der Kläger seine Hausmeistertätigkeit in verschiedenen Objekten der Beklagten durchführen muß, und daß er dabei in geringerem Umfang als die Hausmeister in Karlsruhe überprüft werden kann, und daß er bei der Einteilung seiner Arbeitszeit freier ist. Die Behauptung der Beklagten, sie könne vom Kläger keine Überstunden verlangen, erscheint rechtlich zweifelhaft. Jedenfalls können die von der Beklagten angesprochenen Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses den Ausschluß des Klägers von Versorgungsansprüchen nicht rechtfertigen. Da der Kläger ebenso wie die in Karlsruhe beschäftigten Hausmeister seine Tätigkeit hauptberuflich, also vollschichtig zu erledigen hat, sind keine Gesichtspunkte dafür erkennbar, warum ihm hierfür das besondere Arbeitsentgelt in Form der betrieblichen Altersversorgung ausnahmsweise sollte vorenthalten werden können.
c) Schließlich können es auch die besonderen Liquiditätsbedürfnisse der der Versicherungsaufsicht unterliegenden Beklagten nicht sachlich rechtfertigen, den Kläger aus dem Kreis der Arbeitnehmer mit einer Versorgungsanwartschaft herauszunehmen.
Die in diesem Zusammenhang von der Beklagten und im Anschluß daran vom Landesarbeitsgericht angestellten Überlegungen sind schon insoweit zweifelhaft, wie sie an § 54 Abs. 1 VAG anknüpfen: In dieser Vorschrift heißt es, das Vermögen eines Versicherungsunternehmens sei so anzulegen, daß eine möglichst große Sicherheit und Rentabilität bei jederzeitiger Liquidität der Versicherungsunternehmung und Wahrung angemessener Mischung und Streuung erreicht werde. Dies bedeutet aber nicht, daß das in Immobilien angelegte Grundvermögen jederzeit liquidierbar sein muß. Wie das Rundschreiben des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen R 2/75, Ziff. 4 (zitiert nach Prölss/Schmidt, VAG, 10. Aufl., vor § 54 Rz 9), deutlich macht, geht es vielmehr darum, daß der Gesamtbestand der Vermögensanlagen so zusammengesetzt sein muß, daß zu jeder Zeit ein betriebsnotwendiger Betrag an liquiden oder ohne Schwierigkeiten liquidierbaren Anlagen vorhanden ist. Es müssen deshalb zum Gesamtvermögen eines der Versicherungsaufsicht unterliegenden Unternehmens so viele Wertpapiere und wertpapierähnliche Rechte gehören, daß mit ihnen eine überraschend hohe Abforderung von Versicherungsleistungen finanziert werden kann. Es ändert aber nichts daran, daß Grundvermögen auch in der Hand eines Versicherungsunternehmens grundsätzlich zum längerfristig angelegten Vermögen gehört, das nicht jederzeit liquidierbar ist. Wäre es anders, bedürfte es der Mischungs- und Streuungsanordnung des VAG nicht.
Auch soweit die Beklagte für sich aufgrund ihrer besonderen Versicherungsentwicklung das Problem sieht, sich immer stärker von Immobilien trennen zu müssen, kann dies die Herausnahme des Klägers aus der betrieblichen Altersversorgung nicht sachlich rechtfertigen. Dieser Umstand kann zu einer Gefährdung des Arbeitsplatzes des Klägers führen. Es ist aber nicht erkennbar, warum diese aktuelle Entwicklung bei der Beklagten es rechtfertigen sollte, den seit 26 Jahren für die Beklagte als Hausmeister tätigen Kläger aus der betrieblichen Zusatzversorgung auszunehmen.
5. Die Beklagte muß den Kläger ebenso stellen, wie er stünde, wenn die Beklagte ihn wie die übrigen in Karlsruhe beschäftigten Arbeitnehmer versichert hätte. Soweit ihr dies aufgrund der Versorgungsbestimmungen ihrer Satzung nicht mehr möglich sein sollte, muß sie dem Kläger eine der Satzung entsprechende Versorgung auf anderem Wege, gegebenfalls auch durch Selbsteintritt, verschaffen. Insoweit handelt es sich um einen aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz fließenden Erfüllungsanspruch. Die Verpflichtung, eine Zusatzversorgung zu verschaffen, umfaßt nicht notwendig auch den Versorgungsweg (Senatsurteil vom 7. März 1995 – 3 AZR 499/94 – zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Mit einer dementsprechenden Klarstellung war auf die Revision des Klägers das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.
Unterschriften
Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Michels, O. Hofmann
Fundstellen
Haufe-Index 870887 |
BB 1995, 2009 |
NZA 1996, 84 |