Durch die Kündigung der in der Form einer Betriebsvereinbarung abgeschlossenen Pensionsordnung vom 11. Juni 1976 zum 30. Juni 1989 ist auch der Versorgungsanspruch des Klägers unmittelbar betroffen worden. Sein erreichbarer Vollanspruch belief sich seither nicht mehr auf 130,00 DM; ihm stand vielmehr nach der Kündigung der Pensionsordnung und nach der Betriebsvereinbarung vom 15. Juni 1989 nur noch eine Besitzstandsrente in Höhe von 90,43 DM zu.
1. In seinem Urteil vom 11. Mai 1999 (– 3 AZR 21/98 – BAGE 91, 310 = AP BetrAVG § 1 Betriebsvereinbarung Nr. 6 mit insoweit zustimmender Anmerkung Käppler) hat der Senat seine Auffassung im Einzelnen begründet, durch die Kündigung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung werde ein Versorgungswerk nicht nur für die Zukunft, für Neueintretende, geschlossen; auch Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Kündigung durch die Betriebsvereinbarung begünstigt seien, seien von der Kündigung betroffen (aA Roßmanith DB 1999, 634). Mit dem Wegfall der unmittelbaren und zwingenden Wirkung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung entfällt die Rechtsgrundlage für die Entstehung eines Vollanspruchs bei allen betriebsangehörigen Arbeitnehmern, die noch nicht durch Erreichen des Versorgungsfalls im Betrieb einen Vollanspruch erdient haben. Der Anspruchserwerb setzt voraus, dass dessen Voraussetzungen unter der Geltung einer Versorgungszusage erworben werden. Wenn die Zusage aufgehoben ist, können deren Bedingungen nicht mehr erfüllt werden (11. Mai 1999 – 3 AZR 21/98 – BAGE 91, 310, 316 ff., zu III 1b der Gründe).
An dieser ständigen Rechtsprechung hält der Senat fest. In ihr ist zugleich festgeschrieben, dass die Kündigungswirkung im Wege der Rechtskontrolle nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zu beschränken ist. Der Arbeitgeber kann allein durch die Kündigung einer Betriebsvereinbarung nicht weiter in Besitzstände und Erwerbschancen eingreifen, als dies die Betriebsparteien übereinstimmend durch eine verschlechternde Betriebsvereinbarung könnten. Es gilt deshalb die vom Senat angewandte dreigestufte Eingriffskontrolle nach erdientem Besitzstand, in den nur aus zwingenden Gründen eingegriffen werden kann, erdienter Dynamik, die mit triftigen Gründen beeinträchtigt werden kann, und künftigen, durch weitere Betriebstreue noch zu erdienenden Steigerungen, in die bereits aus sachlichproportionalen Gründen eingegriffen werden kann (zuletzt ausführlicher 10. September 2002 – 3 AZR 635/01 – AP BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 37 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 34, zu II 1 der Gründe mwN).
2. Auf Grund der Kündigung der Pensionsordnung durch die Beklagte ist die Versorgungsanwartschaft des Klägers über den am 30. Juni 1989 erreichten Anwartschaftswert von 90,43 DM hinaus nicht weiter angewachsen.
a) Die Kündigung zum 30. Juni 1989 hat dem Betriebsrentenanspruch des Klägers zu diesem Zeitpunkt die rechtliche Grundlage entzogen.
Die Beklagte hätte die Wirkung ihrer Kündigung zwar auch auf einen Ausschluss der Neueintretenden aus dem betrieblichen Versorgungswerk beschränken können. Sie hat dies aber nicht getan. Sie hat vielmehr gemeinsam mit dem Betriebsrat in der Betriebsvereinbarung vom 15. Juni 1989 die Wirkung der Kündigung festgelegt auch zu Lasten von Versorgungsanwärtern wie dem Kläger. Die Betriebspartner haben übereinstimmend die Rechtsfolge der Kündigung der Pensionsordnung so bestimmt, wie sie ohne eine solche Erläuterung im Zweifel bei jeder Kündigung einer Betriebsvereinbarung über betriebliche Altersversorgung ohne weiteres eintritt, dass nämlich “jede Versorgung auf dem bis zum 30.06.1989 erreichten Stand der Anwartschaft ‘eingefroren’ wird.”
b) Diese in der ablösenden Betriebsvereinbarung beschriebene Wirkung ist jedenfalls im vorliegenden Fall hinreichend deutlich. Auf die von den Betriebsparteien ins Auge gefasste ergänzende “ausführliche Betriebsvereinbarung” auf der Grundlage des Entwurfs des Instituts von Prof. Dr. Heubeck, die später durch einseitige, nur von der Beklagten ausgehende Personalinformation als Leitlinie der Betriebsöffentlichkeit mitgeteilt worden ist, kommt es nicht an.
Die Betriebsparteien haben verbindlich festgelegt, dass der Anwartschaftswert auf das festgeschrieben werden soll, was die begünstigten Arbeitnehmer bis zum 30. Juni 1989 “erreicht”, also erdient, hatten. Dabei kann dahinstehen, ob der Begriff des Einfrierens, den die Betriebspartner, deren Vereinbarungen nicht nach der Unklarheitenregel zu bewerten sind, in diesem Zusammenhang verwendet haben, für sich genommen hinreichend klar und eindeutig ist. Möglicherweise ließe er auch eine Auslegung in dem vom Kläger verfolgten Sinne zu, wonach die bis zum Stichtag erreichten Steigerungssätze im Versorgungsfall ungekürzt zustehen sollten. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall ausgeschlossen, berücksichtigt man zusätzlich, dass es um ein Einfrieren des bis zum 30. Juni 1989 erreichten Standes der “Anwartschaft”, nicht des Versorgungsanspruchs gehen sollte. Für die Berechnung des Anwartschaftswerts zu einem bestimmten Zeitpunkt kommt es nämlich – vorbehaltlich einer günstigeren Regelung in der Versorgungsordnung – nicht darauf an, welchen Vollanspruch der Arbeitnehmer erhielte, wenn er zum Stichtag in den Ruhestand getreten wäre, wie dies der Kläger verlangt, sondern darauf, den Teil des erreichbaren Vollanspruchs zu ermitteln, der dem Verhältnis der bis zum Stichtag zurückgelegten Beschäftigungszeit zu der bis zur festen Altersgrenze erreichbaren Beschäftigungszeit entspricht (§ 2 Abs. 1 BetrAVG).
Dass eine solche Berechnungsweise der “eingefrorenen” Versorgungsanwartschaft dem übereinstimmenden tatsächlichen Willen der Betriebsparteien entspricht, ergibt sich weiter daraus, dass diese ausdrücklich auf die Entwürfe des Instituts Prof. Dr. Heubeck Bezug nehmen, in denen eben diese Berechnung des Anwartschaftswerts ausdrücklich vorgesehen ist, die die Beklagte dann am 24. Oktober 1991 in der Personalinformation Nr. 4.5 auch für den Kläger im Betrieb bekannt gemacht hat. Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, dass die ursprünglich mit diesem Inhalt geplante ausführliche Betriebsvereinbarung nicht zustande gekommen ist. Die Betriebspartner haben den Willen, dass auf Grund der Kündigung der Versorgungsordnung die zum 30. Juni 1989 “eingefrorene” Versorgungsanwartschaft entsprechend § 2 BetrAVG berechnet werden soll, bereits in ihrer Betriebsvereinbarung mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, in der sie auf die ihnen vorliegenden, dementsprechenden Entwürfe des Instituts Prof. Dr. Heubeck verwiesen und sich lediglich deren “redaktionelle” Überprüfung vorgenommen haben.
Die Frage, inwieweit Kündigung und Betriebsvereinbarung vom 15. Juni 1989 mit der gebotenen Sicherheit zu entnehmen ist, ob der erdiente Besitzstand, der erhalten bleiben soll, die erdiente Dynamik mit umfasst, ob also zur Besitzstandsfeststellung § 2 Abs. 1 mit oder ohne Abs. 5 BetrAVG anzuwenden ist, muss nicht abschließend beantwortet werden. Zwar enthält die Pensionsordnung – allerdings stark eingeschränkt – eine Inbezugnahme der letzten Bezüge zur Ermittlung der Höhe des Versorgungsanspruchs: Die Arbeitnehmer können als Betriebsrenten Festbeträge erdienen, die der Höhe nach danach gestaffelt sind, in welche Lohn- oder Gehaltsgruppe sie in den letzten zehn Jahren ihrer Beschäftigung eingruppiert waren. Es kann dahinstehen, ob das Einfrieren des Standes der Anwartschaft auch so verstanden werden könnte, dass der Besitzstand einschließlich der erdienten Dynamik aufrechterhalten bleiben sollte, so dass die erreichbare “Werksrente” nach dem Durchschnitt der Versorgungsgruppenbeträge der letzten zehn Beschäftigungsjahre vor dem Austritt aus dem Beschäftigungsverhältnis, nicht vor dem Ablösungsstichtag zu ermitteln wäre. Die von den Betriebspartnern gewählten Begriffe könnten in die entgegengesetzte Richtung deuten. Darauf kommt es aber nicht an, weil der Kläger nach eigenem Vorbringen seit dem 1. Januar 1966 der Lohngruppe 9 angehört und auch nur den dieser Vergütungsgruppe zugeordneten Festbetrag von 130,00 DM geltend macht.
c) Kündigung und erläuternde Betriebsvereinbarung führen für den Kläger, obwohl er beim Ablösungsstichtag mehr als 25 anrechnungsfähige Dienstjahre zurückgelegt hatte, nur zu der von der Beklagten berechneten Betriebsrente von 90,43 DM. Der Kläger kann nicht die Vollrente von 130,00 DM verlangen.
aa) Dabei ist dem Kläger zuzugeben, dass das Landesarbeitsgericht zu Unrecht annimmt, er könne auch von seinem Rechtsstandpunkt ausgehend allenfalls eine auf 100,42 DM gekürzte Betriebsrente verlangen: er sei im Zuge der Vorruhestandsvereinbarung vorzeitig ausgeschieden, weshalb die erreichbare Vollrente nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitanteilig auf den Zeitpunkt des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis zu kürzen sei. Das Landesarbeitsgericht übersieht hierbei, dass der Kläger mit seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum 31. Oktober 1999 unmittelbar in die vorgezogene gesetzliche Vollrente wegen Schwerbehinderung gewechselt ist. Für diesen Fall – allerdings nicht für die Berechnung des Anwartschaftswerts – ordnet die Pensionsordnung eine aufsteigende Berechnung des Anspruchs nach dem bis dahin erreichten Prozentsatz des durchschnittlichen Versorgungsgruppenbetrages ohne weitere Kürzungsmöglichkeiten an.
Da der Kläger zum Zeitpunkt der vorgezogenen Inanspruchnahme der Betriebsrente nach § 6 BetrAVG bereits die für den Vollanspruch von 100 % erforderlichen Dienstjahre zurückgelegt hatte, hätte er ohne die Kündigung der Pensionsordnung die von ihm im Prozess verfolgte Vollrente in Anspruch nehmen können.
bb) Einem solchen Anspruch steht aber die durch die Betriebsvereinbarung vom 15. Juni 1989 in ihrer Wirkung erläuterte Kündigung der Pensionsordnung entgegen, die zur Berechnung des Versorgungsanspruchs eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG erfordert, so als wäre der Kläger zum Zeitpunkt der Festschreibung vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Der Kläger verkennt die Bedeutung eines Festschreibens des Anwartschaftswerts auf einen bestimmten Stichtag im bestehenden Arbeitsverhältnis.
Dies hängt damit zusammen, dass entgegen seiner Auffassung das in der Pensionsordnung genannte Erreichen der festen Altersgrenze nicht lediglich ein Fälligkeitszeitpunkt ist. Die Pensionsordnung schreibt vor, dass die Werksrente gezahlt wird, wenn der “Mitarbeiter wegen Erreichens der Altersgrenze … aus dem Unternehmen ausscheidet”. Die Betriebstreue bis zum Erreichen der festen Altersgrenze oder einem anderen Versorgungsfall ist damit nach dem Willen der Pensionsordnung Voraussetzung dafür, dass der Arbeitnehmer überhaupt die ihm in Aussicht gestellte Werksrente erhält. Daraus folgt, dass die Zahl der nach der Pensionsordnung anrechnungsfähigen Dienstjahre unmittelbar nur den bei einer Betriebstreue bis zum Versorgungsfall erreichbaren Vollanspruch steigert. Die anrechnungsfähigen Dienstjahre sind ausschließlich Berechnungsfaktoren des Vollanspruchs. Wer eine bestimmte Zahl von Jahren bis zum Versorgungsfall zurückgelegt hat, erhält nur im Versorgungsfall, wenn er bis dahin im Betrieb geblieben ist, den für diese Dienstjahre vorgesehenen Prozentsatz des Festbetrags.
Eine eigenständige Regelung für die Betriebsrentenberechnung nach vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, dem das “Einfrieren” des Anwartschaftswerts auf einen bestimmten Stichtag entspricht, enthält die Pensionsordnung nicht. Die Berechnungsbestimmung der Pensionsordnung für den Fall der vorgezogenen Inanspruchnahme der gesetzlichen und betrieblichen Rente ist unanwendbar, weil es dort nicht um ein vorzeitiges Ausscheiden, sondern um den Fall einer Betriebstreue bis zum vorgezogenen besonderen Versorgungsfall des § 6 BetrAVG geht.
Daraus ergibt sich, dass der Kläger auch nach Maßgabe der Pensionsordnung als zum Stand 30. Juni 1989 “eingefrorene” Anwartschaft nur einen entsprechend § 2 Abs. 1 BetrAVG berechneten Teilbetrag erdient hatte. Er hätte auch unter Berücksichtigung der am 30. Juni 1989 bereits zurückgelegten mehr als 25 Dienstjahre mehr als diesen zeitanteilig errechneten Betrag nur bekommen, wenn er über das Wirksamwerden der Kündigung der Pensionsordnung hinaus unter Fortgeltung der betrieblichen Versorgungszusage im Betrieb verblieben wäre. Hierzu kam es nicht, weil der Kläger zwar weiter im Betrieb der Beklagten verblieben ist, seine Beschäftigungszeit nach dem 30. Juni 1989 aber nicht mehr von einer Versorgungszusage begleitet war.