Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitanteilige Rentenkürzung bei Versorgungsobergrenze
Leitsatz (amtlich)
Sieht eine Versorgungsordnung vor, daß die Betriebsrente zusammen mit der Sozialversicherungsrente eine bestimmte Obergrenze nicht übersteigen darf, so hängt vom Sinn und Zweck einer solchen Höchstbegrenzungsklausel ab, wie sie sich bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers auf die Berechnung der erdienten Teilrente auswirkt.
- Handelt es sich um eine Berechnungsvorschrift (z.B. im Rahmen eines Gesamtversorgungssystems), so muß zunächst die Gesamtversorgung an der Höchstgrenze gemessen und der entsprechend geminderte Betrag nochmals zeitanteilig gekürzt werden.
- Handelt es sich jedoch um eine Begrenzung, die von der eigentlichen Rentenberechnung unabhängig ist und nur dann korrigierend eingreifen soll, wenn eine unerwünschte “Überversorgung” auftritt, so bleibt die Höchstbegrenzungsklausel bei der Berechnung der Vollrente außer Betracht; nur wenn sogar die zeitanteilig gekürzte Teilrente zusammen mit der Sozialversicherungsrente eine überhöhte Gesamtversorgung ergibt, ist dann eine nochmalige Kürzung gerechtfertigt.
Normenkette
BetrAVG §§ 2, 6; SchwbG § 42; BGB §§ 133, 57
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 05.05.1981; Aktenzeichen 7 Sa 89/80) |
ArbG Mannheim (Urteil vom 27.08.1980; Aktenzeichen 2 Ca 139/80) |
Tenor
- Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 5. Mai 1981 – 7 Sa 89/80 – wird zurückgewiesen.
- Die Kosten der Revision hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der im Jahre 1919 geborene, schwerbehinderte Kläger schied nach rund 15-jähriger Tätigkeit mit dem 31. Januar 1980 aus den Diensten der Beklagten. Seit dem 1. Februar 1980 bezieht er vorgezogenes Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Im Rentenbescheid vom 17. Januar 1980 berechnete die Landesversicherungsanstalt Baden die Rente nach 538 anrechnungsfähigen Versicherungsmonaten bei einem Steigerungssatz von 1,5 % mit 67,245 % der jährlichen Rentenbemessungsgrundlage von 26.529,84 DM; das sind 1.486,-- DM monatlich.
Die Beklagte gewährt Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach einer Versorgungsordnung vom 23. Dezember 1976 i.d.F. vom 1. Januar 1979 (im folgenden: VO). Versorgungsberechtigt sind die Mitarbeiter der Beklagten, die nach einer Wartezeit von zehn Jahren wegen eines Versorgungsfalles aus den Diensten der Beklagten ausscheiden oder bei Eintritt des Versorgungsfalles nicht mehr in ihren Diensten stehen, aber eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft besitzen. Die Höhe der Versorgungsleistung richtet sich nach dem Versorgungsdienstalter und nach dem anrechnungsfähigen Einkommen. Die “Vollrente” beträgt nach § 5 Nr. 2 VO im Regelfall für jedes vollendete Dienstjahr 0,6 % des anrechnungsfähigen Einkommens. Wegen der Anrechnung anderweitiger Einkünfte heißt es in § 8 Abs. II Nr. 1 und Abs. V VO:
“1. Die Firma wird Versorgungsleistungen insoweit kürzen, als diese Leistungen nach Einzurechnung der von öffentlich-rechtlichen Versicherungsträgern oder Körperschaften (Landesversicherungsanstalten, Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte u.a.m.) oder aus einer sogenannten befreienden Lebensversicherung aufgrund einer Pflichtversicherung zu entrichtenden Renten folgende Obergrenze bei den nach dieser Versorgungsordnung zu zahlenden Vollrenten übersteigen:
bis zu 20 |
anrechnungsfähigen Dienstjahren |
75 % |
des anrechnungsfähigen Einkommens |
über 20 – 25 |
anrechnungsfähigen Dienstjahren |
76 % |
über 25 – 30 |
anrechnungsfähigen Dienstjahren |
77 % |
über 30 – 35 |
anrechnungsfähigen Dienstjahren |
78 % |
über 35 – 40 |
anrechnungsfähigen Dienstjahren |
79 % |
über 40 |
anrechnungsfähigen Dienstjahren |
80 % |
V. Mindestsätze bei Kürzung von Versorgungsleistungen
Bei Kürzung von Versorgungsleistungen unter Anwendung der vorstehend zu II. bis IV. bezeichneten Grundsätze wird als Vollrente eine Mindestpension in Höhe von einem Drittel der ungekürzten Vollrente gezahlt.”
Versorgungsfall ist das Erreichen der Altersgrenze. Diese ist bei Frauen auf das 60., bei Männern auf das 65. Lebensjahr festgelegt. Schwerbehinderte erhalten bereits mit dem 60. Lebensjahr Ruhegeld wenn sie ab diesem Zeitpunkt auch das vorgezogene Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen. Die Berechnung ist wie folgt geregelt (§ 10 Nr. 2 Satz 3 VO):
“In Falle der flexiblen bzw. vorzeitigen Altersrente wird die Vollrente nach Maßgabe der Berechnung einer unverfallbaren Anwartschaft im Sinne des § 17 berechnet.”
In § 17 VO heißt es zur Berechnung des Altersruhegeldes für solche Personen, die mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausgeschieden sind:
“Unter diesen Voraussetzungen hat der Mitarbeiter bei Eintritt des Versorgungsfalles nach Ausscheiden aus der Firma Anspruch auf diejenigen Leistungen, die er gemäß der bei seinem Ausscheiden geltenden Versorgungsordnung erhalten hätte, wenn er bis zum Eintritt des Versorgungsfalles in der Firma geblieben wäre; diese Leistung wird gekürzt und nur in der Höhe gewährt, die dem Verhältnis der Dauer der effektiven Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum vollendeten 65. Lebensjahr – bei Frauen bis zum vollendeten 60. Lebensjahr – entspricht. Höchstens wird jedoch im Falle der Invalidität oder des Todes vor Erreichen der Altersgrenze diejenige Leistung gewährt, die sich ergeben hätte, wenn bereits im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Firma der Versorgungsfall eingetreten wäre und die sonstigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt gewesen wären. Wegen der Einzelheizen wird auf die §§ 1 bis 4 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung verwiesen.”
Die Beklagte berechnete mit Schreiben vom 27. Februar 1980 für den Kläger ein betriebliches Ruhegeld von 66,-- DM. Sie ging davon aus, daß der Kläger bei Vollendung des 65. Lebensjahres, wenn er in ihren Diensten verblieben wäre, einen Ruhegeldanspruch von (19 × 0,6 % =) 11,4 % des anrechnungsfähigen Einkommens von 2.277,-- DM gehabt hätte, so daß monatlich 260,-- DM zu zahlen wären, wenn nicht die Obergrenze der vorgesehenen Gesamtversorgung überschritten würde. Die fiktive Sozialversicherungsrente berechnete die Beklagte, indem sie bis zum 65. Lebensjahr des Klägers 49,58 Versicherungsjahre zu einem Steigerungssatz von 1,5 % zugrunde legte. Bei einem Prozentsatz von 74,37 % der Bemessungsgrundlage von 26.529,84 DM ergibt sich eine fiktive Versichertenrente von 1.644,19 DM monatlich. Da diese zusammen mit dem betrieblichen Ruhegeld die Versorgungsobergrenze nach § 8 Abs. 2 (75 % von 2.277,-- DM = 1.708,-- DM) überschreitet, ergäbe sich ein gekürztes Ruhegeld von 64,-- DM. Weil aber die Mindestrente ein Drittel der ungekürzten Vollrente betragen muß, errechnete die Beklagte die bei Eintritt des 65. Lebensjahres zu zahlende Rente mit 86,-- DM. Diesen Betrag kürzte sie im Verhältnis der zurückgelegten zur zurückzulegenden Dienstzeit auf 66,-- DM.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die von der Beklagten vorgenommene Ruhegeldberechnung sei falsch. Die Beklagte habe sein Ruhegeld bei 15 Dienstjahren auf 204,93 DM berechnen müssen (15 × 0,6 % = 9 % von 2.277,-- DM). Des weiteren habe die Beklagte nur von der ihm tatsächlich gewährter Sozialversicherungsrente in Höhe von 1.486,-- DM ausgehen dürfen. Bei dieser Berechnungsweise überstiegen seine Einkünfte nicht die Versorgungsobergrenze, so daß das Ruhegeld ungekürzt auszuzahlen sei. Die Versorgungsordnung der Beklagten sei unklar gefaßt. Beide Berechnungen seien denkbar; aber die Beklagte müsse die für die Versorgungsberechtigten günstigere Auslegung gegen sich gelten lassen. Im übrigen sei die Berechnung der Beklagten unbillig. Sie benachteilige Arbeitnehmer, die vorzeitig in den Ruhestand träten, und verstoße gegen den Gleichberechtigungssatz, da männliche Arbeitnehmer gegenüber Frauen benachteiligt würden.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, über die anerkannten 66,-- DM monatlich hinaus weitere 138,95 DM ab dem 1. Februar 1980 monatlich als betriebliches Altersruhegeld zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, daß sie nach der Versorgungsordnung zunächst die bei Eintritt des 65. Lebensjahres erreichbare Gesamtversorgung errechnen müsse und die sich daraus ergebende Betriebsrente zeitanteilig kürzen könne. Bei der Berechnungsmethode des Klägers würden diejenigen Arbeitnehmer begünstigt, die vorzeitig aus den Diensten schieden.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet sei, über den Betrag von 66,-- DM hinaus weitere 90,25 DM an den Kläger zu zahlen. Hiergegen richtet sich die Revision der Beklagten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger Ruhegeld von der Beklagten beanspruchen kann. Versorgungsberechtigt sind alle Arbeitnehmer der Beklagten, die nach einer Wartezeit von zehn Jahren wegen eines Versorgungsfalles aus den Diensten der Beklagten scheiden. Versorgungsfall ist bei Schwerbehinderten der Eintritt des 60. Lebensjahres. Diese Voraussetzungen hat der Kläger erfüllt. Er ist nach über 15-jähriger Beschäftigung im 61. Lebensjahr als Schwerbehinderter in den Ruhestand getreten.
II. Dem Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis auch darin zu folgen, daß dem Kläger nach der Versorgungsordnung der Beklagten über den bereits ab 1. Februar 1980 gezahlten Betrag hinaus ein weitergehender Anspruch in Höhe von monatlich mindestens 90,25 DM zusteht.
1. Ein Mitarbeiter der Beklagten, der vorgezogenes Altersruhegeld in Anspruch nimmt, muß im Vergleich zu demjenigen, der mit dem 65. Lebensjahr die volle Rente erhält, eine Minderung seiner Versorgungsbezüge in Kauf nehmen. Das gilt auch für den Kläger, wie alle Prozeßbeteiligten richtig erkannt haben.
a) Scheidet ein männlicher Arbeitnehmer nach Erreichen der Versorgungsvoraussetzungen mit dem 65. Lebensjahr aus den Diensten der Beklagten, so erhält er die sogenannte Vollrente als Altersrente (§ 10 Nr. 1 VO). Die Höhe der Vollrente richtet sich nach dem Versorgungsdienstalter, dem anrechnungsfähigen Einkommen und dem Steigerungssatz von grundsätzlich 0,6 % des anrechnungsfähigen Einkommens für jedes vollendete Dienstjahr (§ 5 Nr. 2 VO).
Macht der Arbeitnehmer dagegen von der Möglichkeit Gebrauch, vorgezogenes Altersruhegeld in Anspruch zu nehmen, so muß er sich Abschläge gefallen lassen. Nach § 10 Nr. 2 Satz 3 VO wird die Vollrente so berechnet wie eine unverfallbare Anwartschaft im Sinne von § 17 Abs. 2 VO.
b) Diese Regelung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ein Arbeitnehmer, der neben vorgezogenem Altersruhegeld aus der gesetzlichen Sozialversicherung vorzeitig die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in Anspruch nimmt (§ 6??* Satz 1 BetrAVG), muß Kürzungen wegen des vorzeitigen und längeren Bezuges hinnehmen. Aus dem Gesetz ergeben sich für die Berechnung des gekürzten Ruhegeldes keine Bestimmungen. Der Arbeitgeber hat insoweit Gestaltungsfreiheit. Die vorgenommenen Kürzungen dürfen nur nicht unbillig sein. Eine zeitanteilige Kürzung, wie sie für unverfallbare Versorgungsanwartschaften gilt, entspricht der Billigkeit (BAG 30, 333, 336 f. = AP Nr. 1 zu § 6 BetrAVG, zu 2 der Gründe; BAG vom 11. September 1980 – 3 AZR 1??*5/80 – AP Nr. 3 zu § 6 BetrAVG, zu I 2 der Gründe).
Der Kürzung der Vollrente steht auch nicht § 42 SchwbG i.d.F. der Bekanntmachung vom 29. April 1974 (BGBl I, 1006) entgegen. Hiernach dürfen bei der Bemessung des Arbeitsentgelts und der Dienstbezüge Renten und vergleichbare Leistungen, die wegen der Behinderung bezogen werden, nicht berücksichtigt werden. Vor allem ist es unzulässig, sie ganz oder teilweise auf das Arbeitsentgelt oder die Dienstbezüge anzurechnen. Nach dem Schutzzweck des § 42 SchwbG soll der Arbeitgeber daran gehindert werden, gesetzliche Sozialleistungen zur Abgeltung und Vergütung der Arbeit zu verwenden und damit ihrem Zweck zu entziehen. Zum Arbeitsentgelt im Sinne von § 42 SchwbG gehören aber nicht betriebliche Versorgungsleistungen, die in ihrer Zweckbestimmung den anzurechnenden gesetzlichen Sozialleistungen entsprechen, also den gleichen Versorgungsbedarf decken sollen (BAG vom 19. Juli 1983 – 3 AZR 88/81 – zu III 1 der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen).
2. Die Beklagte hat die zeitanteilig gekürzte Betriebsrente des Klägers zutreffend berechnet, wenn man zunächst einmal die Obergrenze der Gesamtversorgung außer Betracht läßt.
Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 VO hat der vorzeitig ausscheidende Mitarbeiter bei Eintritt des Versorgungsfalles Anspruch auf diejenigen Leistungen, die er gemäß der bei seinem Ausscheiden geltenden Versorgungsordnung erhalten hätte, wenn er bis zum Eintritt des Versorgungsfalles in der Firma geblieben wäre. Diese Leistungen werden zeitanteilig gekürzt, also nur in der Höhe gewährt, die dem Verhältnis der Dauer der effektiven Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum vollendeten 65. Lebensjahr entspricht. Nach Wortlaut und Zweck der Vorschrift soll der vorzeitig aus den Diensten der Beklagten scheidende Arbeitnehmer im Versorgungsfall einen Rentenanspruch erhalten, der nach der Dauer einer Beschäftigung bemessen ist. Dabei stellt die Versorgungsordnung denjenigen, der mit einer unverfallbaren Versorgungsanwartschaft ausscheidet, und denjenigen, der wegen einer vorgezogenen Altersgrenze in den Ruhestand tritt, vollkommen gleich.
Nach den Berechnungsgrundsätzen der Versorgungsordnung ist demnach zu ermitteln, welche Altersrente der Kläger bei Erreichen der normalen Altersgrenze erdient hätte. Bei Vollendung des 65. Lebensjahres hätte der Kläger eine Dienstzeit von 19 Jahren zurückgelegt. Er hätte demnach einen Anspruch für 19 Jahre mit einem Steigerungsbetrag von jeweils 0,6 %, insgesamt also 11,4 % des anrechnungsfähigen Einkommens von 2.270,-- DM erworben. Diese fiktive Betriebsrente beträgt 260,-- DM, wie auch die Beklagte festgestellt hat. Bei ratierlicher Kürzung ergibt sich ein Anspruch von (15,2 : 19,7 = 77,15 % von 260,-- DM) = 200,59 DM.
3. Die Beklagte kann die Betriebsrente des Klägers nicht deshalb kürzen, weil § 8 Abs. II VO eine Höchstbegrenzung der Gesamtversorgung vorsieht. Ob diese Höchstgrenze schon bei der Berechnung der fiktiven Vollrente eingreift oder nur für die tatsächlich ausgezahlten Rentenbeträge gilt, ist nach der Versorgungsordnung zumindest unklar. Das Landesarbeitsgericht ist daher zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beklagte die für sie ungünstigere Auslegungsmöglichkeit gegen sich gelten lassen muß (BAG vom 25. Mai 1973 – 3 AZR 405/??*2 – AP Nr. 160 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu II 4 der Gründe; vom 25. Januar 1979 – 3 AZR 1096/77 – AP Nr. 2 zu § 1 BetrAVG, zu II 1 der Gründe).
a) Die Beklagte stützt ihre Rechtsauffassung auf § 17 VO. Danach ist bei der Berechnung des zeitanteilig zu kürzenden Rentenbetrages von denjenigen Leistungen auszugehen, die der Versorgungsberechtigte bei Eintritt des Versorgungsfalles erhalten hätte. Da die Höchstbegrenzung der Gesamtversorgung bei Eintritt des Versorgungsfalles nach § 8 Abs. II VO zu beachten wäre, muß nach Ansicht der Beklagten auch bei vorzeitigem Ausscheiden fiktiv ermittelt werden, wie sich die Höchstbegrenzung ausgewirkt hätte. Das würde bedeuten, daß nicht nur die Betriebsrente, sondern auch die Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung “hochzurechnen” und beide Bestandteile der Gesamtversorgung zusammen an der Obergrenze des § 8 Abs. II VO zu messen wären. Diese Begründung ist jedoch nicht zwingend. Sie vernachlässigt, daß Höchstbegrenzungsklauseln ganz unterschiedliche Ziele verfolgen und nicht immer schon bei der Berechnung der fiktiven Vollrente anzuwenden sind, bevor eine zeitanteilige Kürzung in Betracht kommt.
(1) Der Beklagten ist zuzugeben, daß die Höchstbegrenzung der Gesamtversorgung ein unselbständiger Teil der Betriebsrentenberechnung sein kann. Das ist vor allem bei Gesamtversorgungssystemen der Fall, wie sie z.B. aus beamtenähnlichen Versorgungszusagen geläufig sind. Hier verspricht der Arbeitgeber von vornherein nur die Differenz zwischen der zu erwartenden Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung und einer darüber liegenden Gesamtversorgungsgrenze, z.B. 75 % der ruhegeldfähigen Bezüge. Die Betriebsrente kann also ohne Feststellung der Sozialversicherungsrente und ohne Berücksichtigung der Gesamtversorgungsobergrenze gar nicht berechnet werden. Deshalb muß hier auch bei der zeitanteiligen Kürzung aus Anlaß einer vorzeitigen Vertragsbeendigung die Gesamtversorgung ermittelt werden, die sich bei Erreichen des Versorgungsfalles ergeben hätte. Bei einer solchen Versorgungsordnung wäre die Berechnung der Beklagten korrekt.
Ganz anders wirken jedoch solche Höchstbegrenzungsklauseln, die von der eigentlichen Rentenberechnung unabhängig sind und nur dann eingreifen sollen, wenn unerwünschte “Überversorgungen” auftreten. Solche Regelungen wollen nur vermeiden, daß Arbeitnehmer nach ihrer Pensionierung höhere Gesamtversorgungen beziehen, als sie durch aktive Arbeit verdienen könnten. Hier kommt es allein auf die tatsächlichen Bezüge an, weil eine fiktive Gesamtversorgung die unerwünschten Folgen einer “Überversorgung” nicht bewirkt. Bei vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmern führt eine Höchstbegrenzungsklausel dieser Art erst dann zu einer Versorgungsminderung, wenn sogar die zeitanteilig gekürzte Betriebsrente zusammen mit der Sozialversicherungsrente über die vorgesehene Obergrenze hinausragt.
(2) Im vorliegenden Fall enthält die maßgebende Regelung Merkmale beider Formen von Höchstbegrenzungsklauseln. Für eine Berechnungsvorschrift, wie sie die Beklagte annimmt, scheint auf den ersten Blick die Tatsache zu sprechen, daß die Obergrenze nach Dienstjahren mehrfach abgestuft ist, also nicht nur korrigierend eingreift, sondern auch dem Gedanken der Betriebstreue Rechnung trägt. Aber diese Abstufung erweist sich bei näherem Zusehen als nur geringfügige Abmilderung einer im wesentlichen starren Übergrenze. Bis zu 20 anrechnungsfähigen Dienstjahren, also für die meisten Arbeitnehmer, ist die Gesamtversorgung begrenzt auf 75 % des durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelts in den letzten zwölf Kalendermonaten (§ 6 Nr. 1 VO). Arbeitnehmer, die diese Grenze überschreiten, werden regelmäßig im Nettovergleich höhere Bezüge erhalten als in ihrer letzten aktiven Dienstzeit. Wenn die Versorgungsordnung die Obergrenze dennoch für Arbeitnehmer bis zu 40 Dienstjahren auf bis zu 80 % anhebt, so kann darin eine gewollte “Überversorgung” liegen, die aber nur bei ungewöhnlich langer Betriebstreue zugestanden wird. Deshalb liegt es nahe, daß § 8??* Abs. 1 VO nur eingreifen soll, wenn selbst die zeitanteilig gekürzte “Vollrente” eine überhöhte Gesamtversorgung ergibt, Dafür spricht schließlich auch, daß der Begriff der “Vollrente” in § 5 Nr. 2 VO definiert wird, ohne daß dabei auf die Höchstbegrenzung des § 8 Abs. II VO verwiesen würde.
b) Die Beklagte hält eine Klarstellung für entbehrlich, weil sich ihre Berechnungsweise schon aus dem Gesetz ergebe. Nach § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG seien Teilrenten stets in der Weise zu ermitteln, wie auch die umstrittene Versorgungsordnung auszulegen sei. Alle denkbaren Zweifel seien dadurch beseitigt worden, daß § 17 VO ausdrücklich auf die §§ 1 bis 4 BetrAVG verweise.
Diese Begründung beruht auf dem gleichen Fehler, den die Beklagte auch bei der Auslegung ihrer Versorgungsordnung macht. § 2 BetrAVG enthält ebenso wie § 17 VO lediglich Grundsätze für eine zeitanteilig Kürzung der zuvor ermittelten Vollrente. Für die Auslegung von Höchstbegrenzungsklauseln und deren Bedeutung für die Betriebsrentenberechnung besagt das Gesetz nichts.
§ 2 Abs. 5 BetrAVG erwähnt allerdings in den beiden ersten Sätzen anrechenbare Versorgungsbezüge und Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Aber die Berücksichtigung solcher Bezüge wird nicht vorgeschrieben. Vielmehr soll die Regelung nur für den Fall eingreifen, daß die maßgebende Versorgungszusage eine Berücksichtigung solcher Bezüge vorsieht; für die denn auftretenden praktischen Schwierigkeiten bietet das Gesetz vereinfachende Berechnungsmethoden. Aber im vorliegenden Fall kann sich die Beklagte darauf nicht berufen, weil ihre Versorgungsordnung nicht eindeutig zum Ausdruck bringt, daß sonstige Versorgungsbezüge schon bei der Berechnung der zeitanteilig zu kürzenden Vollrente berücksichtigt werden sollen.
c) Danach wird der Versorgungsanspruch des Klägers von der Höchstbegrenzungsklausel des § 8 Abs. II VO nicht erfaßt. Nach rund 15-jähriger Betriebszugehörigkeit beträgt die Versorgungsobergrenze im falle des Klägers 75 % von 2.277,-- DM, also 1.707,75 DM. Diese Obergrenze würde von einer Sozialversicherungsrente in Höhe von 1.486,-- DM zuzüglich einer betrieblichen Teilrente von 200,69??* DM, insgesamt also 1.686,59 DM, nicht überschritten.
Das Landesarbeitsgericht hat die Betriebsrente des Klägers auf 156,25 DM bekürzt. Dagegen hat der Kläger Revision nicht eingelegt, so daß der Senat keine Veranlassung hat, die Erwägungen des Landesarbeitsgerichts zu überprüfen.
III. Soweit der Kläger eine höhere Betriebsrente mit der Begründung zu erreichen steht, die Rentenberechnung der bei der Beklagten vorzeitig ausscheidenden Mitarbeiter sei ungünstiger als die bei Frauen gleicher Beschäftigungszeit und seine Rente müsse entsprechend den für Frauen geltenden Grundsätzen berechnet werden, kommt es hierauf nicht mehr an. Der vom Kläger in der Revisionsinstanz allein noch geforderte Betrag ergibt sich unmittelbar aus der Versorgungsordnung der Beklagten.
Unterschriften
Dr. Dieterich, Dr. Gehring, Schaub, Lichtenstein, Fieberg
Fundstellen
Haufe-Index 1766799 |
BAGE, 176 |
JR 1985, 484 |
ZIP 1984, 356 |