Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung wegen Betriebsstillegung. verspätete Urteilsabsetzung
Leitsatz (redaktionell)
Hinweise des Senats:
Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung (u. a. Senatsurteil vom 20. September 1984 – 2 AZR 73/83 – AP Nr. 1 zu § 28 BGB) im Hinblick auf den Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. April 1993 – GmS-OGB 1/92 – (ZIP 1993, 1341)
Normenkette
BGB § 613a; ZPO §§ 550, 551 Nr. 7
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 30.09.1992; Aktenzeichen 2 Sa 28/92) |
ArbG Reutlingen (Urteil vom 15.01.1992; Aktenzeichen 3 Ca 507/91) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 30. September 1992 – 2 Sa 28/92 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der S Maschinenbau GmbH (im folgenden: S /Alt), ausgesprochenen ordentlichen Kündigung wegen Betriebsstillegung.
Der Kläger (geboren am 1. Oktober 1957) war seit 2. Januar 1979 bei der S /Alt als gewerblicher Arbeitnehmer (Montagearbeit) beschäftigt. Die S /Alt stellte in ihrem Betrieb Maschinen für die chemische Reinigung, Luftreinigungseinrichtungen für chemische Reinigungsmaschinen und andere Einsatzgebiete sowie gewerbliche Waschschleudermaschinen her. Im Mai 1991 waren in dem Betrieb ca. 120 Arbeitnehmer tätig.
Am 6. Mai 1991 beantragte die S /Alt beim Amtsgericht Tübingen die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens, in welchem der Beklagte zu 1) zum vorläufigen Vergleichsverwalter bestellt wurde; (der frühere Beklagte zu 1) ist am Revisionsverfahren nicht beteiligt, wird aber aus Gründen der Übersichtlichkeit gegenüber den vorinstanzlichen Verfahren weiter als solcher bezeichnet). In einer Besprechung am 31. Mai 1991 einigten sich die Gesellschafter über die Stillegung des Betriebes und den Verkauf des Programms. Mit Schreiben vom 5. Juni 1991 bot die S / Alt mit Zustimmung des Beklagten zu 1) allen in der Bundesrepublik in Frage kommenden Unternehmen ihr vollständiges Programm zum Kauf an. Im Eingangssatz dieses Schreibens heißt es, die Gesellschaft habe beschlossen, den Geschäftsbetrieb mit Wirkung zum 30. Juni 1991 einzustellen. Am 21. Juni 1991 fanden Gespräche mit der T GmbH in V statt. Die S /Alt und der Betriebsrat vereinbarten mit Genehmigung des Beklagten zu 1) unter dem 20./27. Juni 1991 einen Interessenausgleich und Sozialplan. Darin heißt es, der Betrieb müsse aus wirtschaftlichen Gründen, beginnend mit dem 28. Juni 1991, mit Auslaufproduktion stillgelegt werden und danach würden nur noch Arbeitnehmer beschäftigt, deren Kündigungsfrist über diesen Zeitpunkt hinausreiche und für die im Rahmen von Abwicklungsarbeiten noch Beschäftigung vorhanden sei.
Mit Schreiben vom 27. Juli 1991 kündigte die S /Alt das Arbeitsverhältnis des Klägers mit ordentlicher Kündigungsfrist zum 31. Dezember 1991 auf; zur Begründung wurde ausgeführt, der Betrieb werde aus wirtschaftlichen Gründen, beginnend mit dem 28. Juni 1991, stillgelegt und nach dem 28. Juni 1991 werde nur noch eine Auslaufproduktion durchgeführt. In dem Schreiben heißt es weiter, für den Fall einer Gesamt- oder Teilbetriebsfortführung würden erneut Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufgenommen. Mit einem weiteren Schreiben vom 27. Juni 1991 wurde der Kläger mit sofortiger Wirkung von der Arbeit unter Verrechnung von gegenwärtigen und künftigen Urlaubsansprüchen freigestellt. Das Amtsgericht -Konkursgericht-Tübingen (Az. N 29/91) eröffnete am 1. Juli 1991 das Anschlußkonkursverfahren über das Vermögen der S /Alt. Der Beklagte zu 1) wurde zum Konkursverwalter bestellt. Am gleichen Tag kam es erneut zur Verhandlung mit der T GmbH V über den Kauf des Produktionsprogramms der S /Alt. Diese beabsichtigte, zunächst die Anlaufproduktion in R aufzunehmen und diese später nach M zu verlagern.
Am 6. Juli 1991 meldete sich erstmals die Beklagte zu 2) als Kaufinteressentin. Am 10. Juli 1991 gab die T ein befristetes Kaufangebot ab. Daraufhin teilte der Beauftragte der Beklagten zu 2), Rechtsanwalt R, mit, die Beklagte zu 2) werde den Betrieb am 15. August 1991 übernehmen. Mit Vertrag vom 16. Juli 1991 veräußerte der Beklagte zu 1) das gesamte vorhandene bewegliche Anlagevermögen der S /Alt an die Beklagte zu 2), und zwar von einigen Ausnahmen abgesehen, sämtliche Vorräte an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie an unfertigen Erzeugnissen und Kaufteilen, das know-how und die vorhandenen Warenzeichen. Als Übertragungsstichtag wurde der 15. August 1991 vereinbart. Rechtsanwalt R teilte mit Schreiben vom 7. August 1991 dem Betriebsrat der S /Alt mit, diese beende am 15. August 1991 ihre Geschäftstätigkeit und ab 16. August 1991 werde die von ihm neugegründete Gesellschaft die geschäftlichen Aktivitäten übernehmen und fortführen. Die Beklagte zu 2) hat ihre Rechte aus dem Kaufvertrag vom 16. Juli 1991 vor dem Übergabestichtag (15. August 1991) auf die Beklagte zu 3) übertragen. Am 15. August 1991 ließ der Beklagte zu 1) in den Geschäftsräumen der S /Alt Personallisten aufhängen, in welchen die Namen der Mitarbeiter aufgeführt waren, die mit Wirkung vom 19. August 1991 von der Beklagten zu 2) übernommen werden sollten. Der Name des Klägers war in der Liste aufgeführt. Die in den Listen benannten Arbeitnehmer erhielten von der Beklagten zu 3) ein auf den 15. August 1991 datiertes Schreiben, in dem es heißt, daß die neue S Maschinenfabrik GmbH am 19. August 1991 ihre faktische Tätigkeit aufnehme. Dem Schreiben war ein Exemplar eines Arbeitsvertrages mit der Bitte um Unterzeichnung und Rückgabe beigefügt. Der Kläger hat diesen Arbeitsvertrag nicht unterzeichnet, wird aber gleichwohl ab 19. August 1991 von der Beklagten zu 3) beschäftigt, die an diesem Tage die Produktion im Betrieb in R – aufnahm.
Der Kläger hat mit seiner Klage die Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 613 a Abs. 4 BGB geltend gemacht und vorgetragen, die Kündigung sei wegen des beabsichtigten Betriebsübergangs erfolgt und damit rechtsunwirksam. Eine ernsthafte Stillegungsabsicht habe zu keinem Zeitpunkt bestanden. Dafür spreche bereits der enge zeitliche Zusammenhang zwischen der Kündigung und dem Betriebsübergang. Das Angebot des Beklagten zu 1) vom 5. Juni 1991 sei, wie sich schon aus dem Wortlaut ergebe, auf die Übernahme des gesamten Betriebes gerichtet gewesen. Es umfasse alle zur Betriebsfortführung notwendigen sachlichen und immateriellen Betriebsmittel. Bereits am 15. Juni 1991 habe die Geschäftsleitung Verhandlungen mit der T über den Kauf des Betriebes aufgenommen, die im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs noch angedauert hätten. Nach dem 28. Juni 1991 habe es sich nicht um eine Auslaufproduktion gehandelt, sondern vielmehr um die uneingeschränkte Fortsetzung des Betriebszwecks der S /Alt, um eine nahtlose Produktion durch den möglichen Erwerber zu gewährleisten. Die Produktion sei weit über eine Auslaufproduktion hinausgegangen. Die Gemeinschuldnerin habe auch Teile zur Abwicklung der Aufträge zukaufen müssen, soweit diese im Lager nicht mehr vorhanden gewesen seien. Die Akquisition seien im vollen Umfang bis zum 16. Juni 1991 weitergelaufen, ebenso der gesamte Ersatzteildienst mit der hierfür notwendigen Produktion. Diese sei so umfangreich gewesen, daß Maschinen aus vorhandenen Aufträgen, die bis zum Übernahmestichtag nicht fertiggestellt werden konnten, von der Beklagten zu 3) fertiggestellt worden seien.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis mit der in Konkurs befindlichen S Maschinenbau GmbH durch Kündigungserklärung des Beklagten zu 1) vom 27. Juni 1991 nicht aufgelöst werde, sondern zu unveränderten Bedingungen, zunächst mit Wirkung zum 15. August 1991 auf die Beklagte zu 2) und im weiteren Verlauf zum 19. August 1991 auf die Beklagte zu 3) übergegangen ist,
- die Beklagte zu 3) zu verurteilen, ihn, den Kläger, zu den Bedingungen, wie sie in seinem Arbeitsverhältnis mit der im Konkurs befindlichen S Maschinenbau GmbH bestanden haben, als gewerblichen Arbeitnehmer fortzubeschäftigen.
Nachdem der Beklagte zu 1) schon am Berufungsverfahren nicht mehr beteiligt war, haben nur noch die Beklagten zu 2) und 3) beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben geltend gemacht, die S /Alt habe das Arbeitsverhältnis des Klägers gekündigt, weil im Zeitpunkt der Kündigung tatsächlich die Stillegung des Betriebes beschlossen gewesen sei. Zu dieser Zeit seien sämtliche Sanierungs- und Verkaufsbemühungen gescheitert gewesen. Es hätte keine ernsthaften Verhandlungen über die Veräußerung des gesamten Betriebes gegeben. Eine betriebswirtschaftliche Prognose habe nur noch eine Stillegung zugelassen. Die später erfolgte Veräußerung des Betriebes sei weder vorhersehbar noch nach den vorausgegangenen vergeblichen Verkaufsbemühungen erwartet gewesen. Mit Schreiben vom 5. Juni 1991 sei lediglich das Produktionsprogramm zum Verkauf angeboten worden, nicht hingegen die für die Produktion notwendigen Maschinen.
Diese hätten durch Versteigerung verwertet werden sollen. Eine Auslaufproduktion sei nur noch in dem Rahmen und dem Umfang geplant und weitergeführt worden, wie dies für eine wirtschaftlich sinnvolle Verarbeitung noch vorhandener Vorräte notwendig gewesen sei. Darüber hinaus seien keine Aufträge angenommen oder Materialien hinzugekauft worden. Es seien lediglich Restaufträge abgewickelt worden. Der Interessenausgleich und Sozialplan habe die gesamte Belegschaft betroffen.
Die Beklagte zu 2) hat weiter eingewandt, der Betrieb der S /Alt sei nicht auf sie übergegangen. Das Verpflichtungsgeschäft allein stelle keinen Betriebsübergang dar.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 15. Januar 1992 festgestellt, das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der S /Alt werde durch die Kündigung vom 27. Juni 1991 nicht aufgelöst, sondern habe bis zum 14. August 1991 fortbestanden. Weiter hat es das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) vom 15. August bis 18. August 1991 und zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3) ab dem 19. August 1991 festgestellt. Außerdem hat es die Beklagte zu 3) verurteilt, den Kläger weiterzubeschäftigen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen, nämlich soweit der Kläger einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen erstrebte, weil der Kläger insofern nicht dargetan habe, zu welchen Bedingungen er bei der S /Alt beschäftigt gewesen sei. Gegen dieses Urteil haben nur die Beklagte zu 2) und die Beklagte zu 3) Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat nach Vernehmung des Zeugen R. das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und festgestellt, zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 3) habe seit dem 19. August 1991 ein Arbeitsverhältnis bestanden, hinsichtlich des darüber hinausgehenden Klagebegehrens – auch gegenüber der Beklagten zu 2) – hat es die Klage abgewiesen und im übrigen die Berufung der Beklagten zu 3) zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das von allen Richtern unterschriebene Urteil des Landesarbeitsgerichts ist nach einer Mitteilung seiner Geschäftsstelle erst am 10. Mai 1993 zur Geschäftsstelle gelangt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht, § 565 ZPO.
Der Kläger rügt mit seiner Revision, das Berufungsurteil sei ihm nicht vor dem 12. Mai 1993, also ca. 7 1/2 Monate nach Urteilsverkündung (30. September 1992) zugestellt worden; es könne im Hinblick auf seine Ausfertigung vom 11. Mai 1993 nicht innerhalb der 5-Monatsfrist – gemeint ist offensichtlich die Frist des § 552 ZPO – zur Geschäftsstelle gelangt sein. Damit sei das Urteil so zu behandeln, als wenn es nicht mit Gründen versehen sei, § 551 Nr. 7 ZPO.
1. Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAGE 38, 55, 57 bis 59 = AP Nr. 1 zu § 68 ArbGG 1979; Urteil vom 15. August 1984 – 7 AZR 228/82 – AP Nr. 8 zu § 1 KSchG 1969, zu I der Gründe; BAGE 44, 329 = AP Nr. 82 zu §§ 22, 23 BAT 1975; Senatsurteile vom 20. September 1984 – 2 AZR 73/83 – AP Nr. 1 zu § 28 BGB, zu A der Gründe und vom 30. April 1992 – 2 AZR 548/91 – nicht veröffentlicht) ist ein Urteil erst dann als nicht mit Gründen versehen zu betrachten, wenn zwischen seiner Verkündung und der Zustellung mehr als ein Jahr liegt; ist die Zeit kürzer, liegt allenfalls dann ein absoluter Revisionsgrund vor, wenn sich aus besonderen Umständen ergibt, daß die Entscheidungsgründe nicht das eigentliche Beratungsergebnis wiedergeben. In der zuletzt genannten Entscheidung vom 30. April 1992 hat der Senat noch ausdrücklich an dieser Rechtsprechung festgehalten; er hat sie allerdings inzwischen im Urteil vom 7. Oktober 1993 (– 2 AZR 293/93 – nicht veröffentlicht) aufgegeben, und zwar aus den nachfolgenden Gründen.
2. Mit Beschluß vom 27. April 1993 – GmS-OGB 1/92 – (ZIP 1993, 1341) hat der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes entschieden, ein bei Verkündung noch nicht vollständig abgefaßtes Urteil sei im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO als nicht mit Gründen versehen anzusehen, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden seien.
Der Senat ist zwar an die Entscheidung des Gemeinsamen Senates der obersten Gerichtshöfe gemäß § 16 Rechtsprechungseinheitsgesetz nicht gebunden, da er nicht „erkennendes Gericht” im Sinne dieser Vorschrift ist; er müßte jedoch gemäß § 2 Abs. 1 Rechtsprechungseinheitsgesetz die gleiche Rechtsfrage erneut dem Gemeinsamen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn er von dem Beschluß des Gemeinsamen Senats abweichen will. Dies erweist sich als völlig unpraktikabel, wenn nicht sinnlos, da der Gemeinsame Senat seine Entscheidung auch im Hinblick auf die Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens (§ 9 Abs. 5 Satz 3 ArbGG), wonach die Einlegung eines Rechtsmittels innerhalb eines Jahres nach Zustellung der Entscheidung zulässig ist, begründet hat. Im Hinblick hierauf hat inzwischen der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts durch Urteil vom 4. August 1993 (– 4 AZR 501/92 – zur Veröffentlichung vorgesehen) seine frühere (entgegenstehende) Rechtsprechung aufgegeben und sich ausdrücklich der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe angeschlossen. Dem ist der Zweite Senat mit dem erwähnten Urteil vom 7. Oktober 1993 (– 2 AZR 293/93 – nicht veröffentlicht) inzwischen gefolgt. Daran ist auch für den vorliegenden Fall festzuhalten.
3. Da das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg am 30. September 1992 verkündet worden ist, lief die 5-Monatsfrist des auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren geltenden § 552 ZPO (§ 72 Abs. 5 ArbGG) am 28. Februar 1993 ab. Ausweislich der Mitteilung der Geschäftsstelle des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg ist ihr das Urteil erst am 10. Mai 1993 von den ehrenamtlichen Richtern unterschrieben und damit bis dahin noch nicht von allen Richtern unterzeichnet zugeleitet worden. In § 69 ArbGG ist bestimmt, das Urteil sei nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. Durch die Bezugnahme in § 69 Abs. 1 Satz 2 ArbGG auf § 60 Abs. 4 ArbGG ist ferner bestimmt, könne ein Urteil nicht vor Ablauf von drei Wochen seit der Verkündung vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle übergeben werden, dann sei ausnahmsweise das unterschriebene Urteil ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe der Geschäftsstelle zu übergeben und in diesem Fall seien Tatbestand und Entscheidungsgründe alsbald nachträglich anzufertigen und vom Vorsitzenden – im Falle des § 69 ArbGG von sämtlichen Mitgliedern der Kammer – zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übergeben. Da dies nicht geschehen und alsdann auch die 5- Monatsfrist des § 552 ZPO verstrichen ist, ohne daß das Urteil zur Geschäftsstelle gelangt ist, greift die Revisionsrüge des Klägers durch, das Urteil sei wie ein solches ohne Gründe zu behandeln, § 551 Nr. 7 ZPO. Dies führt in Anwendung der Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe ohne weiteres zur Aufhebung und Zurückverweisung, wie der Gemeinsame Senat am Ende seines Beschlusses ausdrücklich festgehalten hat.
In eben diesem Sinne hat der Senat im Urteil vom 7. Oktober 1993 (– 2 AZR 293/93 – nicht veröffentlicht) entschieden, und zwar ohne jegliche weitere Stellungnahme zu den Revisionsrügen, weil er dies nicht nur als überflüssig, sondern auch als verfehlt angesehen hat: Äußert sich nämlich der Senat zu den Aussichten der eingelegten Revision, so handelt es sich dabei um rechtlich unerhebliche Ausführungen (obiter dictum), an die das Landesarbeitsgericht ohnehin nicht gebunden wäre. Außerdem würde sich der Senat gegebenenfalls einem Befangenheitsgesuch (§§ 42 f. ZPO) aussetzen, wenn nach der Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht und einer entsprechenden neuen Entscheidung dieses Gerichts und alsdann wiederum eingelegter Revision derselbe Senat über die gleiche Rechtsfrage erneut zu entscheiden hätte.
Unterschriften
Hillebrecht, Bitter, Bröhl, Jansen, Dr. Roeckl
Fundstellen