Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Diplomsportlehrers (DHfK) nach BAT-O. Eingruppierung eines Diplomsportlehrers (DHfK) mit postgradualer Ausbildung und Prüfung in “Didaktik des Schulsports”
Leitsatz (amtlich)
Diplomsportlehrer (DHfK) mit postgradualer Ausbildung und Prüfung in “Didaktik des Schulsports” stehen den Diplomlehrern für Sport in der Regel gleich und können deshalb in die Besoldungsgruppe A 12 = VergGr. III BAT-O einzureihen sein.
Normenkette
BAT-O § 11 S. 2; ÄnderungsTV Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 § 2 Nr. 3; 2. BesÜV vom 21. Juni 1991, Anlage 1 Besoldungsgruppe A 12
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 07.04.1994; Aktenzeichen 5 Sa 49/93) |
ArbG Leipzig (Urteil vom 28.01.1993; Aktenzeichen 5 Ca 2831/92) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 7. April 1994 – 5 Sa 49/93 – aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 28. Januar 1993 – 5 Ca 2831/92 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß der beklagte Freistaat verpflichtet ist, den Kläger seit dem 1. Juli 1991 nach der Vergütungsgruppe III BAT-O zu vergüten.
Der beklagte Freistaat hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Eingruppierung des Klägers, insbesondere darüber, ob der Kläger ab 1. Juli 1991 Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O hat.
Der am 21. November 1958 geborene Kläger erhielt am 30. Juni 1978 das Reifezeugnis der Kinder- und Jugendsportschule “F… L…” des Bezirkes F… (polytechnische und erweiterte Oberschule) und studierte an der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig (DHfK) in der Studienrichtung Sportwissenschaften und erwarb dort am 25. Juli 1985 den akademischen Grad “Diplomsportlehrer” sowie den Hochschulabschluß in der Studienrichtung Sportwissenschaften und die Berechtigung, die Berufsbezeichnung “Diplomsportlehrer” zu führen. Das Thema der Diplomarbeit war “Untersuchungen zur Leistungsentwicklung junger Judokas im 4. und 5. TZ-Jahr”. Die Hauptprüfung fand in den Fächern Grundlagen des Marxismus-Leninismus, allgemeine Theorie und Methodik des Trainings, Leitung der Körperkultur sowie in der Spezialausbildung Judo statt. “Abschlußprüfungen und Belege” sind u. a. für Sportpädagogik, Sportpsychologie, Theorie und Methodik des Trainings der Sportarten – Grundausbildung sowie in elf einzelnen Sportarten vermerkt.
Seit 1. August 1985 ist der Kläger als Diplomsportlehrer und Fachberater Sport an der Betriebsberufsschule Galvanotechnik L…, jetzt Berufsschule 14 in L… beschäftigt und unterrichtet Sport und Deutsch. Mit Wirkung vom 1. September 1991 wurde er aus seiner Tätigkeit als Fachberater abberufen.
Mit Schreiben vom 2. März 1990 des Direktors der Betriebsberufsschule an die Deutsche Hochschule für Körperkultur wurde die Delegierung des Klägers zum externen Sonderlehrgang “Methodik des Schulsports” befürwortet.
Es heißt in diesem Schreiben u. a.:
“Der Kläger absolvierte 1985 erfolgreich Ihre Bildungsstätte und ist seit August 1985 an unserer Betriebsberufsschule.
Zur endgültigen Qualifizierung als Lehrer fehlt ihm ein Abschluß auf oben genannten Teilgebiet.
Wir wünschen eine Teilnahme ≪des Klägers≫ an einem solchen Weiterbildungslehrgang …”
Nach der auf den Kläger ausgestellten Urkunde der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig vom “Dezember 1990” hat der Kläger “die Prüfung in Didaktik des Schulsports nach externer Vorbereitung … abgelegt”. Es heißt dann weiter:
“In Verbindung mit der an der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig erworbenen fachlichen Qualifikation als Diplomsportlehrer gelten damit die Anforderungen für die Ausübung eines Lehramtes Unterricht im Fach Sport in der Sekundarstufe I und an Berufsschulen als erfüllt.”
Mit Schreiben vom 6. November 1990 bat der Kläger “zur Erweiterung ≪seiner≫ pädagogischen Einsatzvariabilität im Schuldienst” um Befürwortung seiner Teilnahme am externen Studium im Fach Deutsch an der PH L…, das im Januar 1991 beginnt und bei dem die Staatsprüfung nach vier Semestern erfolgt. Dieses Studium hat der Kläger aufgenommen.
Die tarifgebundenen Parteien schlossen am 20. September 1991 einen “Änderungsvertrag”.
In ihm heißt es u. a.:
Ҥ 1
Alle bisherigen Regelungen des Arbeitsvertrages vom 01.08.1985 einschließlich erfolgter Änderungen verlieren ihre Gültigkeit und werden durch die Regelungen des BAT-O ersetzt. Dies gilt insbesondere für die Zuordnung zu einer Gehaltsgruppe, für die Zahlung von Zulagen, Zuschlägen etc. Die Regelungen des Einigungsvertrages gelten uneingeschränkt weiter.
…
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
§ 3
Für die Eingruppierung gilt der zutreffende Abschnitt der Richtlinien der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder (TdL) für die von der Anlage 1a nicht erfaßten Angestellten, die unter den Geltungsbereich des BAT-O fallen, in der jeweiligen Fassung.
Danach ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe IVa eingruppiert.
§ 4
Herr E…, O… wird als vollbeschäftigter Angestellter weiterbeschäftigt.
§ 5
…”
Mit Schreiben vom 23. Oktober 1991 legte der Kläger Einspruch “gegen Gehaltseingruppierung” ein, den er mit Schreiben vom 9. Dezember 1991 begründete. Mit Schreiben vom 24. Januar 1992 wies das Oberschulamt den “Widerspruch” zurück. Mit der am 12. Mai 1992 beim Kreisgericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter, Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O ab 1. Juli 1991 zu erhalten.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeitsmerkmale der Besoldungsgruppe A 12 und damit der Vergütungsgruppe III BAT-O zu erfüllen. Er werde als Diplomsportlehrer für das Fach Sport mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung und Lehrbefähigung beschäftigt. Aus der Urkunde der Deutschen Hochschule für Körperkultur vom Dezember 1990 ergebe sich, daß er ein qualifizierendes Zusatzstudium (Didaktik des Schulsports) absolviert habe. Aus der Urkunde ergebe sich desweiteren, daß damit in Verbindung mit der an der Deutschen Hochschule für Körperkultur erworbenen fachlichen Qualifikation als Diplomsportlehrer die Anforderungen für die Ausübung eines Lehramtes für die Sekundarstufe I und die Berufsschulen als erfüllt gälten.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 1. Juli 1991 nach der Vergütungsgruppe III des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 in der letzten Fassung zu vergüten.
Der beklagte Freistaat hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei zutreffend in Vergütungsgruppe IVa BAT-O eingruppiert. Nach den TdL-Richtlinien seien Lehrer mit abgeschlossener Hochschulausbildung, die Unterricht in den Klassen 5 bis 10 einer allgemeinbildenden Schule erteilten, in Vergütungsgruppe IVa einzugruppieren, wobei nach der Fußnote 2) hierzu auch Diplomsportlehrer zählten. Im übrigen erfülle der Kläger nicht die Tätigkeitsmerkmale der Besoldungsgruppe A 12 und mithin der Vergütungsgruppe III BAT-O. Er verfüge über keine pädagogische Hochschulausbildung. Die Ausbildung an der Deutschen Hochschule für Körperkultur erfülle das Tatbestandsmerkmal der pädagogischen Hochschulausbildung nicht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Der beklagte Freistaat beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des landesarbeitsgerichtlichen Urteils und auf die Berufung des Klägers in Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zur Stattgabe der Klage des Klägers: Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O ab 1. Juli 1991.
I. Die Klage ist zulässig. Es handelt sich um eine im öffentlichen Dienst allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage, bei der nach ständiger Rechtsprechung des Senats das nach § 256 ZPO erforderliche besondere rechtliche Interesse an der Feststellung zu bejahen ist (Senatsurteile vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975; vom 20. April 1994 – 4 AZR 312/93 – AP Nr. 1 zu § 11 BAT-O, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
II. Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat ab 1. Juli 1991 Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O.
1. Im vorliegenden Fall sind die Tätigkeitsmerkmale der Anlage 1a zum BAT-O nicht heranzuziehen. Nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O ist die Anlage 1a auf Lehrkräfte nicht anzuwenden.
2. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifbindung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst und damit u. a. auch der Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O Anwendung, der für die Eingruppierung der Lehrkräfte auf die für beamtete Lehrkräfte geltenden Besoldungsvorschriften verweist.
a) Damit kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits zunächst auf die folgenden Bestimmungen an:
Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl I S. 1345)
…
§ 7
Besoldungsordnungen
- Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung. Nimmt ein Beamter die Funktion des Leiters einer Schule oder des ständigen Vertreters des Leiters einer Schule wahr, erhält er für die Dauer der Wahrnehmung eine Zulage. Diese Zulage wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Grundgehalt für seine Besoldungsgruppe und dem Grundgehalt für die Besoldungsgruppe gewährt, der das höherwertige Amt zugeordnet ist. Die Zulage gehört unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen.
- …
Anlage 1
Besoldungsgruppe A 12
Lehrer
- als Diplomlehrer im Unterricht der Klassen 5 bis 10 an einer allgemeinbildenden Schule –
- als Diplomlehrer im Unterricht nach der Klasse 10 an einer allgemeinbildenden Schule oder im allgemeinbildenden Unterricht an einer beruflichen Schule –
…
b) Stünde der Kläger im Beamtenverhältnis, so wäre er nach Anlage 1 zu § 7 Abs. 1 Satz 1 2. BesÜV in Besoldungsgruppe A 12 eingruppiert, da er Diplomsportlehrer ist, der über postgraduale Zusatzausbildung auch Ausbildung und Prüfung in Didaktik des Schulsports nachgewiesen hat und im allgemeinbildenden Unterricht an einer beruflichen Schule eingesetzt ist. Damit ist er Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung, der als Diplomlehrer im allgemeinbildenden Unterricht an einer beruflichen Schule tätig ist, im Sinne der Besoldungsgruppe A 12, der als Eingangsamt in Besoldungsgruppe A 12 eingestuft ist. Der Besoldungsgruppe entspricht nach § 11 Satz 2 BAT-O die Vergütungsgruppe III BAT-O. Diese Diplomsportlehrer waren nach DDR-Recht den Diplomlehrern für Sport gleichgestellt.
aa) Der wegen der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Tarifbindung der Parteien zwingend geltende BAT-O verdrängt die von den Parteien arbeitsvertraglich vereinbarten TdL-Richtlinien insoweit als diese Richtlinien eine ungünstigere Regelung enthalten (sollten).
Der Senat hat wiederholt entschieden, daß gegen die Wirksamkeit der in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O für die Eingruppierung angestellter Lehrer enthaltenen Verweisung auf beamtenrechtliche Besoldungsvorschriften keine Bedenken bestehen (Urteil vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 – AP Nr. 1 zu § 2 BAT-O; Urteil vom 20. April 1994 – 4 AZR 312/93 – AP Nr. 1 zu § 11 BAT-O, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; BAG Urteil vom 13. Juli 1994 – 4 AZR 692/93 –, n.v.; Urteil vom 28. September 1994 – 4 AZR 717/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Der Senat hat weiter entschieden, daß die Regelung des § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O in Verb. mit der Anlage 1a zu § 7 Abs. 1 der 2. BesÜV für eine zum Nachteil des Arbeitnehmers abweichende Festlegung der Eingruppierung durch TdL-Richtlinien keinen Raum läßt, soweit sie abschließend ist (BAG Urteil vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 – AP, aaO; Urteil vom 20. April 1994 – 4 AZR 312/93 – AP, aaO). Der Hinweis auf Lehrerrichtlinien erlaubt nur noch eine Ergänzung, wenn die für Beamte geltenden Besoldungsgruppen nicht ausreichen (Urteil vom 28. September 1994 – 4 AZR 717/93 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Daran hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest.
bb) Das Landesarbeitsgericht hat den Anspruch des Klägers auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O für unbegründet gehalten, weil der Kläger über eine pädagogische Hochschulausbildung nicht verfüge. Der Kläger habe nicht an einer pädagogischen Hochschule studiert, sondern an einer Sporthochschule. Das Tatbestandsmerkmal der pädagogischen Hochschulausbildung sei daher nicht erfüllt. Die vom Kläger mit dem Sportlehrerdiplom am 25. Juli 1985 erworbene Qualifikation beinhalte auch in der ehemaligen DDR keine Lehrerbefähigung für den Schuldienst. Zwar habe der Kläger die in der ehemaligen DDR erforderliche Zusatzqualifikation für eine Verwendung als Lehrer im Schuldienst seinem Vortrag zufolge noch erworben, und zwar mit dem Bestehen der Prüfung in “Didaktik des Schulsports” an der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig im Dezember 1990. Diese Zusatzqualifikation sei im Rahmen des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 EV jedoch nicht relevant, da sie nicht in der Deutschen Demokratischen Republik erworben sei, sondern bereits nach dem Beitritt und damit in der Bundesrepublik Deutschland.
Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
Es ist zwar richtig, daß der Kläger kein Studium der Sportwissenschaft an der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig (DHfK) als Diplomsportlehrer mit der Berufsbezeichnung “Sportlehrer mit Hochschulabschluß” abgeschlossen hat, wobei Leistungen in Methodik des Schulsports, Pädagogik und Psychologie nachzuweisen waren, und aufgrund der abgelegten Prüfung die “Lehrbefähigung zur Erteilung des Fachunterrichts im Fach Körpererziehung der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen der DDR” erteilt wurde, womit nach dem rechtskräftigen Urteil des Landesarbeitsgerichts Chemnitz vom 27. April 1994 – 2 Sa 1/94 – alle Merkmale für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 12 erfüllt sind.
Es ist auch richtig, daß der Kläger kein Absolvent der Deutschen Hochschule für Körperkultur in Leipzig ist, der den Abschluß eines “Sportlehrers mit Hochschulabschluß” erworben und eine Zusatzprüfung an einer Pädagogischen Hochschule abgelegt hat und deswegen die Berufsbezeichnung “Diplomlehrer für Sport” führen darf, womit nach dem rechtskräftigen Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 6. Dezember 1993 – 5 (4) Sa 399/93 – ZTR 1994, 426 in Anwendung der 2. BesÜV i.V.m. § 2 Nr. 3 des ÄnderungsTV Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 die Voraussetzungen für den Anspruch auf Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT-O gegeben sind.
Der Kläger steht aber einem solchen Diplomsportlehrer der Sache nach gleich.
Der Kläger hat zwar nicht mit der grundständigen Ausbildung auch Ausbildung und Prüfung in Methodik des Sportunterrichts nachgewiesen, sondern über eine postgraduale Zusatzausbildung. Diese Diplomsportlehrer waren nach DDR-Recht den Diplomlehrern für Sport gleichgestellt.
Der Kläger hat nach dem Abitur in der Studienrichtung Sportwissenschaft studiert und den Hochschulabschluß und die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Diplomsportlehrer zu führen, erworben. Dieser Abschluß wurde in der DDR in der Tat nicht als “endgültige Qualifizierung als Lehrer” angesehen, wie das Schreiben der Betriebsberufsschule an die DHfK vom 2. März 1990 zeigt. Deswegen waren Absolventen der Diplomsportlehrerausbildung an der DHfK ohne Abschluß im Lehrgebiet “Methodik des Sportunterrichts” nach den “Entscheidungen” des Ministeriums für Volksbildung vom 15. Juli 1985 nur unter der Voraussetzung als Lehrer einzustellen, daß mit ihnen gleichzeitig mit dem Arbeitsvertrag ein Qualifizierungsvertrag abgeschlossen wurde gemäß §§ 153 ff. AGB-DDR. Sie wurden als Lehrer ohne abgeschlossene Ausbildung eingruppiert, und zwar in Gehaltsgruppe 2 “Lehrkräfte des theoretischen Unterrichts ohne abgeschlossene pädagogische Ausbildung” (vgl. § 6 Abs. 1 Gehaltsgruppe 2 und Anlage 1 “Entlohnung der Lehrkräfte des theoretischen Unterrichts …” zum Rahmen-Kollektivvertrag über die Arbeits- und Lohnbedingungen der Lehrkräfte des theoretischen Unterrichts und der Erzieher in den betrieblichen Einrichtungen der Berufsbildung – RKV betriebliche Einrichtung der Berufsbildung – registriert beim Staatssekretariat für Arbeit und Löhne unter Nr. 88/84). Allerdings konnte “bei erfolgreicher pädagogischer Arbeit” bereits eine Einstufung in die Gehaltsgruppe 4 erfolgen, bevor die Qualifikation abgeschlossen war. In die Gehaltsgruppe 4 waren nach § 6 RKV Lehrkräfte des theoretischen Unterrichts und Erzieher sowie Berufsberater mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung eingruppiert und dem entsprechend nach Anlage 1 Lehrkräfte des theoretischen Unterrichts mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung. § 7 Abs. 2 RKV sieht vor, daß der Leiter des Betriebes mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung und des Leiters der Abteilung Berufsbildung und Berufsberatung des Rates des Kreises entscheiden kann, daß Absolventen, die den Abschluß als Lehrer … noch nicht nachweisen, nach der Gehaltsgruppe entlohnt werden, auf die nach dem Abschluß der Fach- oder Hochschulausbildung Anspruch besteht. Voraussetzung ist, daß … der Absolvent bisher sehr gute bis gute Leistungen gezeigt hat. Dementsprechend wurde der Kläger in Gehaltsgruppe 4 eingestuft. Nach den genannten “Entscheidungen” bestand allerdings kein Rechtsanspruch auf diese Vergütung “ohne den erfolgreichen Abschluß dieser Qualifikation”. Es heißt in den “Entscheidungen” weiter, daß den bereits in der Volksbildung oder in der Berufsbildung tätigen Absolventen “der externe Erwerb der erforderlichen Qualifikation anzubieten” ist.
Vom 23. bis 25. Juli 1987 fand die Jahrestagung der zentralen Fachkommission “Methodik des Sportunterrichts” beim Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen und Ministerium für Volksbildung statt. Laut Protokoll wurde am 25. Juni 1987 für das Jahr 1990/91 als “Ausbildungseinrichtung” “für die Qualifizierung der Absolventen der DHfK in der Methodik des Sportunterrichts” u. a. die Deutsche Hochschule für Körperkultur Leipzig festgelegt.
Nach dem Lehrprogramm für das Lehrgebiet Methodik des Sportunterrichts der DHfK vom 1. Mai 1988 basiert die Ausbildung der Studenten der DHfK in “Methodik des Sportunterrichts” auf dem “Lehrprogramm für die Ausbildung von Diplomlehrern der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen in Methodik des Sportunterrichts an Universitäten und Hochschulen der DDR” sowie auf dem “Rahmenprogramm der schulpraktischen Ausbildung … im fünften Studienjahr für die Ausbildung von Diplomsportlehrern der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschulen und von Freundschaftspionierleitern an Universitäten und Hochschulen der DDR”. Die Ausbildung geht von den schulpolitischen Aufgabenstellungen für den Sportunterricht und dem außerunterrichtlichen Sport aus, nutzt Ergebnisse und Erfahrungen der fortgeschrittenen Schulpraxis sowie Erkenntnisse der methodischen, pädagogischen, psychologischen und sportwissenschaftlichen Forschung. Der Ausbildungsweg im dritten und vierten Studienjahr umfaßt folgende Bestandteile:
- Vorlesungen und Seminare im sechsten und achten Semester
- schulpraktische Ausbildung mit schulpraktischen Übungen im sechsten Semester und der schulpraktischen Tätigkeit im siebten Semester.
In Verbindung mit anderen Ausbildungsbestandteilen hat die Methodik des Sportunterrichts das Ziel, Diplomsportlehrer für den Sportunterricht der allgemeinbildenden polytechnischen und berufsbildenden Oberschulen auszubilden. Der Beitrag der Methodik besteht vor allem darin, die Studierenden zu befähigen, den Unterrichtsprozeß im Fach Sport wissenschaftlich zu führen sowie die Potenzen des außerunterrichtlichen Sports für die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler zu erschließen. Dabei wird in der schulpraktischen Ausbildung die körperlich-sportliche Grundausbildung der Schüler in Anwendung des theoretischen Wissens zunehmend selbständiger geplant, zielklar, effektiv, unter Einbeziehung der Schüler geführt und systematisch ausgewertet. Das Wissen und Können der Studierenden, das im Studium der … Sportwissenschaft erworben wurde, ist aus schulmethodischer Sicht zusammenzuführen und im Unterricht anzuwenden. Die Aneignung neuen Wissens, das Streben nach Erkenntnissen, das Kennenlernen der Schulpraxis, die eigenständige Vorbereitung und Durchführung von Unterrichtsstunden festigen … Verantwortungsbewußtsein, Zielstrebigkeit und Durchsetzungsvermögen. Die Liebe zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und die Mitgestaltung des Schulsports, die auf die Einbeziehung sportlicher Aktivitäten in die Lebensweise der Schüler gerichtet ist, soll das Berufsethos der zukünftigen Sportlehrer vertiefen. Die Ausbildung im Lehrgebiet Methodik des Sportunterrichts wird auf wesentliche pädagogisch-methodische Anforderungen an einen Sportlehrer konzentriert. Das sind: Zielkonkretisierungen und Zielorientierungen, Stoffauswahl und Stoffaufbereitung, Anwendung effektiver Methoden und Organisationsformen, exakte Erfassung und Nutzung der Bedingungen sowie die Befähigung und Motivierung der Schüler zur Mitgestaltung im Sportunterricht und im außerunterrichtlichen und außerschulischen Sport. Die Ausbildung befähigt die Studierenden zur kritischen Einschätzung ihrer Arbeit als Sportlehrer sowie zur gezielten fachlichen und methodischen Weiterbildung.
Die Gleichstellung von Diplomsportlehrern (DHfK) mit postgradualer Ausbildung und Prüfung in Methodik des Sportunterrichts ergibt sich auch daraus, daß Diplomsportlehrer (DHfK) mit dem Abschluß im Lehrgebiet “Methodik des Sportunterrichts” nach den “Entscheidungen” vom 15. Juli 1985 “die vollständige Qualifikation gemäß § 3 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Versorgungsordnung” als Voraussetzung für den Anspruch auf zusätzliche Versorgung nachweisen können.
Diese Bestimmung der “Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Versorgung der Pädagogen – Versorgungsordnung – vom 27. Mai 1976 (GBl DDR I Nr. 18 S. 256 ≪257≫) lautet:
Ҥ 3
- Als staatlich anerkannte pädagogische Ausbildung gilt der Hoch- oder Fachschulabschluß als Lehrer, Erzieher, Kindergärtnerin, Freundschaftspionierleiter, Jugendfürsorger sowie als pädagogischer Psychologe.
- Als staatlich anerkannte pädagogische Ausbildung gilt auch ein abgeschlossenes Zusatzstudium zu einem abgeschlossenen Hoch- oder Fachschulstudium oder die staatliche Zuerkennung.”
Nach den “Entscheidungen” vom 15. Juli 1985 ist “bei der Beantragung der Aufnahme in die Versorgungsordnung der Pädagogen (Versorgungsordnung vom 27. Mai 1976, GBl DDR I Nr. 18 S. 253 ff.) für Absolventen einer Diplomsportlehrerausbildung an der DHfK ohne Abschluß im Lehrgebiet “Methodik des Schulunterrichts”, die die externe Qualifikation abgeschlossen haben, auf dem Antrag unter g (Ausbildung) “Diplomsportlehrer der DHfK mit Abschluß im Lehrgebiet Methodik des Sportunterrichts” einzutragen. Daraus folgt, daß dieser Ausbildungsgang dem Diplomsportlehrer (DHfK) mit Nachweis der Ausbildung und Prüfung in Methodik des Sportunterrichts in der grundständigen Ausbildung gleichgestellt war und beide Ausbildungsgänge dem Diplomlehrer für Sport gleichgestellt waren.
Dem steht nicht entgegen, daß Diplomlehrer für Sport in einer Zweifächerkombination ausgebildet wurden (Sport/Geographie, Sport/Geschichte, Sport/Biologie). Denn es gab auch die zum Abschluß Diplomlehrer führende Ausbildung für 1 Unterrichtsfach, nämlich Polytechnik (Die Lehrerbildung in der DDR, Eine Sammlung der wichtigsten Dokumente und gesetzlichen Bestimmungen für die Ausbildung der Lehrer, Erzieher und Kindergärtnerinnen, 4. Aufl., Berlin 1983, S. 10, 12).
Jedenfalls waren die so ausgebildeten Diplomsportlehrer (DHfK) den Diplomlehrern für Sport gleichgestellt.
Der Diplomlehrer für Sport ist, wäre er Beamter, in Besoldungsgruppe A 12 einzureihen. Er ist Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Hochschulausbildung als Diplomlehrer im allgemeinbildenden Unterricht an einer beruflichen Schule.
Dem entspricht die Bewertung in der “Übersicht über die in der ehemaligen DDR erworbenen Abschlüsse bzw. Befähigungen im Lehrerbereich”, Anlage 1 zur Vereinbarung über die Anerkennung und Zuordnung der Lehrerausbildungsgänge der ehemaligen DDR zu herkömmlichen Laufbahnen, Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 7. Mai 1993, Bundesanzeiger Nr. 183a vom 27. September 1994. In der Tabelle 3.2 (S. 50, aaO) ist dargestellt, daß Diplomsportlehrer (DHfK), soweit mit der grundständigen Ausbildung oder über postgraduale Zusatzausbildung auch Ausbildung und Prüfung in Methodik des Sportunterrichts nachgewiesen wurde, nach DDR-Recht den Diplomlehrern für Sport gleichgestellt waren. Sind sie in der Regel im Unterricht in einer Schulart in der Sekundarstufe 1 oder im Unterricht im Gymnasium oder im allgemeinbildenden Unterricht an einer beruflichen Schule verwendet worden, haben sie unter Zugrundelegung der 2. BesÜV ein Lehramt, Eingangsamt nach Besoldungsgruppe A 12. Wenn es dann weiter heißt, bei bestehender Bundesbesoldungsordnung A ist eine Zuordnung nicht möglich, und als Lösung die Änderung der Bundesbesoldungsordnung A durch Einfügung des Amtes “Lehrer an allgemeinbildenden Schulen mit einer Lehrbefähigung nach dem Recht der ehemaligen DDR für ein Fach für die Klassen 5 bis 10” (Fußnote kw) – A 12 – vorgeschlagen wird, so wird deutlich, daß ein solcher Lehrer, wäre er Beamter, die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 12 erfüllt und damit Anspruch auf Vergütung aus der dieser Besoldungsgruppe entsprechenden Vergütungsgruppe BAT III-O hat.
Nun hat der Kläger allerdings nicht eine Ausbildung und Prüfung in “Methodik des Sportunterrichts”, sondern in “Didaktik des Schulsports” nachgewiesen. Das vermag entgegen der Auffassung des beklagten Freistaats zu einer anderen Betrachtungsweise nicht zu führen. Die Ausbildung und Prüfung in “Didaktik des Schulsports” ist der Ausbildung und Prüfung in “Methodik des Sportunterrichts” als gleichwertig anzusehen, nachdem der beklagte Freistaat nicht substantiiert vorgetragen hat, daß sich Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel der vom Kläger absolvierten “Didaktik des Schulsports” von Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel der “Methodik des Sportunterrichts” wesentlich unterscheiden, so daß beides nicht gleichgestellt werden kann. Zu einer derartigen detaillierten Widerlegung des Vortrags des Klägers bestand um so mehr Veranlassung, als zum einen in der ehemaligen DDR selbst nicht streng zwischen “Methodik des Sportunterrichts” einerseits und “Didaktik des Schulsports” andererseits unterschieden wurde, zum anderen sich die Begriffe von ihrem Inhalt her nur geringfügig unterscheiden.
In dem Schreiben vom 2. März 1990 des Direktors der Betriebsberufsschule Galvanotechnik L…, an der der Kläger seit August 1985 tätig war, an die DHfK wird um “Delegierung” des Klägers “zum externen Sonderlehrgang 'Methodik des Schulsports'” gebeten, weil dem Kläger “zur endgültigen Qualifizierung als Lehrer … ein Abschluß auf dem genannten Teilgebiet” “fehlt”, womit ersichtlich die geschilderte Qualifikation angesprochen war. Der Begriff “Methodik” bezeichnet die Lehre vom planmäßigen, geschickten Unterrichten. Unter “Didaktik” wird die Wissenschaft vom Lehren und Lernen von den Inhalten der Bildung und ihrer Auswahl im Lehrplan verstanden und entspricht damit den Begriffen Unterrichtslehre, Unterrichtskunde, womit der Bezug zur Methodik gegeben ist. Wenn der Kläger sich mit “Didaktik des Schulsports” befaßt hat, so vermag das einerseits umfassender sein und ist andererseits enger als “Methodik des Sportunterrichts”. Denn “Didaktik” dürfte umfassender sein als “Methodik”, während Sportunterricht weiter gefaßt ist als Schulsport. Diese nur graduellen Unterschiede vom Begrifflichen her vermögen nicht dazu zu führen, eine postgraduale Ausbildung und Prüfung in “Didaktik des Schulsports” anders zu bewerten als eine postgraduale Ausbildung und Prüfung in “Methodik des Sportunterrichts”, jedenfalls solange nicht widerlegt ist, daß Ausbildungsinhalte und Ausbildungsziele im Wesentlichen identisch sind. Der beklagte Freistaat hat nicht deutlich gemacht, worin die Unterschiede in der Ausbildung und Prüfung in “Methodik des Sportunterrichts” und in der Ausbildung und Prüfung in “Didaktik des Schulsports” liegen sollen.
Mit seiner postgradualen Zusatzausbildung war der Kläger einem Diplomsportlehrer mit Hochschulabschluß und Lehrbefähigung gleichgestellt. Das ergibt sich aus der “Urkunde” vom Dezember 1990, nach der für den Kläger “in Verbindung mit der an der Deutschen Hochschule für Körperkultur Leipzig erworbenen fachlichen Qualifikation als Diplomsportlehrer” mit der bestandenen Prüfung in Didaktik des Schulsports “die Anforderungen für die Ausübung eines Lehramtes Unterricht im Fach Sport in der Sekundarstufe I und an Berufsschulen als erfüllt” “gelten”. Damit war er dem Diplomlehrer für Sport gleichgestellt.
Dabei kann es schlechterdings keinen Unterschied machen, daß der Kläger seine postgraduale Zusatzausbildung erst nach dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, so daß der Kläger sich nicht mit Erfolg auf Art. 37 EV berufen kann. Denn wenn dem Kläger der Abschluß der Zusatzausbildung auch noch nach dem Beitritt ermöglicht worden ist, verstößt die Berufung darauf, daß dieser Abschluß nicht mehr anerkannt werde, gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) in seiner rechtstheoretischen Präzisierung des Verbots des Verstoßes gegen widersprüchliches Verhalten (venire contra factum proprium). Der Beklagte Freistaat muß diesen Abschluß gegen sich gelten lassen, auch wenn er nach dem Beitritt erfolgt ist.
Der Kläger hat sonach Anspruch auf Vergütung aus Vergütungsgruppe III BAT-O.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Schneider, Friedrich, Fieberg, Schamann
Fundstellen
Haufe-Index 870899 |
NZA 1995, 1059 |