Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlvorstandstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit
Leitsatz (amtlich)
Wahlvorstandsmitglieder haben für erforderliche Wahlvorstandstätigkeit, die aus betrieblichen Gründen außerhalb ihrer Arbeitszeit zu leisten war, Ausgleichsansprüche in entsprechender Anwendung des § 37 Abs. 3 BetrVG.
Normenkette
BetrVG 1972 § 20 Abs. 3 S. 2, § 37 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird – unter deren Zurückweisung im übrigen – das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 7. Juli 1994 – 4 Sa 88/94 – aufgehoben, soweit es den Zahlungsanspruch des Klägers für den 18. März 1993 und den 1. April 1993 abgewiesen hat.
Die Beklagte wird verurteilt, über den vom Landesarbeitsgericht zugesprochenen Betrag von 41,15 DM brutto nebst Zinsen hinaus weitere 117,88 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 4. Oktober 1993 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger begehrt Vergütung für seine Tätigkeit als Vorsitzender des Wahlvorstandes außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit bei Schichtarbeit und während angeordneter Kurzarbeit.
Am 11. März 1993 wurde der Kläger, der dem Betriebsrat angehört, zum Mitglied des dreiköpfigen Wahlvorstandes bestimmt und als dessen Vorsitzender gewählt. Die beiden anderen Wahlvorstandsmitglieder waren zuvor nie in einem Wahlvorstand tätig gewesen, während der Kläger im Jahre 1990 dem Wahlvorstand für die Wahl der Jugendvertretung im Betrieb der Beklagten angehört hatte. Der Kläger arbeitet im Schichtbetrieb zu einem Stundenverdienst von 27,43 DM bis März 1993 und 28,08 DM ab April 1993.
Am 12. März 1993 begann seine Frühschicht um 6.00 Uhr und endete um 14.27 Uhr. An diesem Tage schulte ein Vertreter der IG Metall die Mitglieder des Wahlvorstandes über das Wahlverfahren von 13.00 Uhr bis 15.00 Uhr. Dem Kläger wurde die Zeit seiner Teilnahme an der Schulung von der Beklagten nicht bezahlt.
Am 18. März 1993 fand von 12.15 Uhr bis 14.30 Uhr eine Wahlvorstandssitzung statt, an der neben dem Kläger auch die beiden anderen Wahlvorstandsmitglieder teilnahmen. An diesem Tag hatte der Kläger von 14.27 Uhr bis 22.39 Uhr Spätschicht, während die übrigen Wahlvorstandsmitglieder an diesem Tag in der Frühschicht von 6.00 Uhr bis 14.27 Uhr gearbeitet haben. Der Lohn für die Zeit von 12.15 Uhr bis 14.27 Uhr in der unstreitigen Höhe von 61,72 DM, der dem Kläger zunächst mit der Märzabrechnung ausgezahlt worden war, wurde ihm bei der Aprilabrechnung wieder abgezogen.
In der Woche vom 22. bis zum 26. März 1993 tagte der Wahlvorstand mehrfach, um die Wählerlisten am 25. März 1993 zu erstellen und auszulegen. In dieser Woche hatten der Kläger und die anderen Wahlvorstandsmitglieder wegen Anordnung von Kurzarbeit nicht zu arbeiten. Der Kläger macht für diese Zeit den Lohn für 6,5 Stunden geltend.
Am 1. April 1993 fand in der Zeit von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr die Abstimmung über die gemeinsame Wahl der Arbeiter und Angestellten statt. Der Kläger nahm Wahlvorstandsaufgaben in der Zeit von 12.15 Uhr bis 16.48 Uhr wahr. An diesem Tag hatte der Kläger in der Frühschicht bis 14.27 Uhr zu arbeiten. Der Lohn für die Zeit von 14.27 Uhr bis 16.48 Uhr in Höhe von 56,16 DM, der dem Kläger zunächst mit der Aprilabrechnung ausgezahlt worden war, wurde ihm bei der Maiabrechnung wieder abgezogen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe für die gesamte Zeit der Schulungsteilnahme am 12. März 1993 Arbeitsentgelt zu. Die Schulung sei erforderlich gewesen, da er Teile seines zuvor erworbenen Wissens als Wahlvorstandsmitglied für die Jugendvertretung im Jahre 1990 bereits wieder vergessen habe und die anderen Wahlvorstandsmitglieder noch nie in einem Wahlvorstand tätig gewesen seien.
Für den 18. März 1993 sei ihm der Betrag von 61,72 DM zu Unrecht bei der Aprilabrechnung einbehalten worden. Wegen seiner Spätschicht und der Frühschicht der anderen Wahlvorstandsmitglieder sei es nicht möglich gewesen, die Sitzung des Wahlvorstandes innerhalb seiner Arbeitszeit zu terminieren. Der Kläger behauptet, er habe für diesen Tag entsprechenden Freizeitausgleich bei seinem Schichtführer geltend gemacht und mit dessen Einverständnis den Betrieb früher verlassen.
Für die Wahlvorstandstätigkeit vom 22. bis 26. März 1993 folge sein Lohnanspruch aus § 20 Abs. 3 BetrVG in Verb. mit § 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG analog. Die Lage der Wahlvorstandsarbeit habe nicht anders organisiert werden können, da alle Wahlvorstandsmitglieder wegen Kurzarbeit von ihrer Arbeitsverpflichtung befreit gewesen seien. Die Wählerlisten hätten zuvor nicht erstellt werden können, weil der Wahlvorstand die Unterlagen für die Wählerlisten von der Beklagten erst am 25. März 1993 erhalten habe.
Am 1. April 1993 habe in der Zeit von 13.00 bis 16.00 Uhr die Abstimmung über die gemeinsame Wahl stattgefunden. Die Stimmauszählung habe bis 16.48 Uhr gedauert. Der Zeitraum für die Möglichkeit zur Stimmabgabe habe so gelegt werden müssen, daß sowohl die Arbeitnehmer aus der Frühschicht als auch die Arbeitnehmer aus der Spätschicht an der Abstimmung hätten teilnehmen können. Als Leiter des Abstimmungsverfahrens habe er wegen des Schichtbetriebs zwei Stunden außerhalb seiner Arbeitszeit tätig werden müssen. Hierfür habe er am nächsten Tag einen Freizeitausgleich erhalten; die Beklagte habe ihm aber deswegen bei der Maiabrechnung zwei Stunden abgezogen.
Während der Kläger vor dem Arbeitsgericht zunächst beantragt hatte, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 352,81 DM brutto abzüglich 82,87 DM netto (“gezahltes Kurzarbeitergeld für 6,5 Stunden à 12,75 DM während des Zeitraums vom 22. – 26.3.1993”) zuzüglich 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit dem 4. Oktober 1993 zu zahlen, hat der Kläger zweitinstanzlich im Wege der unselbständigen Anschlußberufung beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 331,84 DM brutto abzüglich 108,38 DM netto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 12,75 Stunden bezahlten Freizeitausgleich innerhalb eines Monats nach Rechtskraft des Urteils zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger könne keine Lohnfortzahlung für die Schulungszeit am 12. März 1993 verlangen. Für die 1,5 Stunden innerhalb der Arbeitszeit scheitere der Anspruch daran, daß eine Schulung des Klägers nicht erforderlich gewesen sei. Der Kläger gehöre dem Betriebsrat an und sei im Jahre 1990 Mitglied des Wahlvorstandes für die Jugendvertretung gewesen. Er habe nicht dargelegt, daß seine Kenntnisse über die Wahlvorschriften unzureichend seien und die Schulungsteilnahme zur Behebung dieses Mangels erforderlich gewesen sei. Für die Vergütung einer Schulung außerhalb der Arbeitszeit des Arbeitnehmers fehle es zudem an einer Anspruchsgrundlage.
Der Kläger könne auch keine Vergütung für die Wahlvorstandstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit vom 18. März 1993 verlangen. Eine analoge Anwendung des § 37 Abs. 3 BetrVG komme nicht in Betracht. Es fehle an einer Gesetzeslücke. Mit § 20 Abs. 3 BetrVG habe der Gesetzgeber die Vergütung für die Tätigkeit im Wahlvorstand abschließend geregelt. Von einer dem § 24 Abs. 2 Satz 3 BPersVG vergleichbaren Regelung habe er bewußt abgesehen. Dem Gesetzgeber habe es fern gelegen, die Kosten der Betriebsratswahl durch die Zubilligung von Ausgleichsansprüchen im Sinne des § 37 Abs. 3 BetrVG zu erhöhen. Schließlich sei die auf einen kurzen Zeitraum beschränkte Wahlvorstandstätigkeit mit einer kontinuierlichen mehrjährigen Betriebsratsarbeit nicht vergleichbar. Dem Kläger sei für den 18. März 1993 mangels Zuständigkeit des Schichtführers auch kein Freizeitausgleich gewährt worden.
Auch für den 22. bis zum 26. März 1993 komme eine analoge Anwendung von § 37 Abs. 3 BetrVG nicht in Betracht, weil der Kläger während der Kurzarbeit Kurzarbeitergeld erhalten habe und für die ehrenamtliche Wahlvorstandsarbeit keine besondere Vergütung verlangen könne. Es sei auch nicht dargelegt worden, daß die Wahlvorstandstätigkeit in der arbeitsfreien Woche tatsächlich erforderlich gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat der Klage hinsichtlich der zweistündigen Wahlvorstandsschulung am 12. März 1993 und der Wahlvorstandstätigkeit in der Woche der Kurzarbeit vom 22. bis 26. März 1993 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 233,16 DM brutto abzüglich 55,25 DM netto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 4. Oktober 1993 zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein das erstinstanzliche Urteil abgeändert, die Klage im wesentlichen abgewiesen und die Beklagte nur zur Zahlung von 41,15 DM brutto nebst 4 % Zinsen für die 1 1/2 stündige Schulung des Klägers (13.00 – 14.27 Uhr) am 12. März 1993, die in seine Arbeitszeit fiel, verurteilt.
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seine Anträge weiter, soweit ihnen nicht bereits vom Landesarbeitsgericht entsprochen worden war. Die Beklagte, die selbst keine Revision eingelegt hat, beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist begründet, soweit er Zahlung der in der April- bzw. Maiabrechnung einbehaltenen Beträge für die Wahlvorstandstätigkeit am 18. März 1993 in Höhe von 61,72 DM brutto und vom 1. April 1993 in Höhe von 56,16 DM begehrt. Hinsichtlich der Vergütung für die außerhalb der Arbeitszeit liegende Schulungsteilnahme am 12. März 1993 sowie hinsichtlich der in der Kurzarbeitswoche vom 22. bis zum 26. März 1993 durchgeführten Wahlvorstandstätigkeit war die Revision zurückzuweisen, weil das Landesarbeitsgericht insoweit Ansprüche des Klägers zu Recht verneint hat.
I. Die Beklagte durfte die Lohnbeträge für den 18. März 1993 in Höhe von 61,72 DM brutto bzw. für den 1. April 1993 in Höhe von 56,16 DM brutto von der jeweils nachfolgenden Lohnabrechnung nicht einbehalten, weil ihr keine Aufrechnungsforderung zustand. Für die an diesen Tagen aus betriebsbedingten Gründen außerhalb seiner Arbeitszeit geleistete Wahlvorstandstätigkeit hatte der Kläger in entsprechender Anwendung des § 37 Abs. 3 BetrVG einen Anspruch auf Freizeitausgleich. Selbst wenn, wie die Beklagte meint, dessen zeitliche Lage nicht ordnungsgemäß festgelegt worden sein sollte, führt dies nicht zu einer Geldforderung der Beklagten gegen den Kläger, mit der sie gegen Lohnansprüche für tatsächlich geleistete Arbeitszeiten aufrechnen konnte.
1. Über die persönliche Rechtsstellung der Wahlvorstandsmitglieder bei Ausübung ihrer Amtstätigkeit enthält das Betriebsverfassungsgesetz nur die Vorschrift des § 20 Abs. 3 Satz 2. Danach berechtigt Versäumnis von Arbeitszeit, die zur Betätigung im Wahlvorstand erforderlich ist, den Arbeitgeber nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts. Eine dem § 37 Abs. 3 BetrVG entsprechende Regelung enthält das Gesetz nicht. Nach Satz 1 dieser Vorschrift hat das Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Nach Satz 2 des § 37 Abs. 3 BetrVG ist die Arbeitsbefreiung vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten.
a) Die Frage, ob die Vorschrift des § 37 Abs. 3 BetrVG auf Wahlvorstandsmitglieder entsprechend anzuwenden ist, die betriebsbedingt außerhalb ihrer persönlichen Arbeitszeit Wahlvorstandstätigkeiten leisten, ist vom Bundesarbeitsgericht bisher nicht entschieden worden. Im Schrifttum ist sie umstritten. Von der wohl ganz herrschenden Meinung wird sie bejaht (vgl. z.B. Dietz/Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 20 Rz 31; Kreutz, GK-BetrVG, 5. Aufl., § 20 Rz 58; Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 20 Rz 37; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG 4. Aufl., § 20 Rz 33). Verneint wird sie insbesondere von Hess/Schlochauer/Glaubitz (BetrVG, 4. Aufl., § 20 Rz 45) sowie von Stege/Weinspach (BetrVG, 7. Aufl., § 20 Rz 13a).
b) Der Senat folgt der herrschenden Ansicht. Das Betriebsverfassungsgesetz hat die Mitglieder des Wahlvorstandes den Betriebsratsmitgliedern in ihrer persönlichen Rechtsstellung weitgehend gleichgestellt, wie insbesondere die Kündigungsschutzregelung des § 15 KSchG und des § 103 BetrVG zeigt. Die einer fehlerfreien Wahldurchführung dienende Tätigkeit des Wahlvorstandes liegt mindestens ebenso im Interesse des Unternehmens wie die Betriebsratstätigkeit. Beide sind grundsätzlich während der Arbeitszeit durchzuführen. Hinsichtlich beider Tätigkeiten hatte allerdings der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes 1952 erkennbar übersehen, daß betriebsbedingte Gründe, wie insbesondere unterschiedliche Schichtarbeitszeiten, dazu führen können, daß Betriebsverfassungsorgane auch außerhalb ihrer individuellen Arbeitszeit tätig werden müssen. Dementsprechend hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts schon im Jahre 1969 die Möglichkeit eines Freizeitausgleichsanspruchs für außerhalb der Arbeitszeit geleistete Betriebsratstätigkeit bejaht (vgl. BAGE 22, 31, 36 = AP Nr. 11 zu § 37 BetrVG). Dieser Rechtsprechung hat der Gesetzgeber im Jahre 1972 bei der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes den neuen § 37 Abs. 3 BetrVG nachgebildet. Zwar hat der Gesetzgeber im Jahre 1972 nicht auch den § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG entsprechend geändert. Das läßt allerdings eine absichtliche Differenzierung nicht erkennen, sondern erklärt sich zwanglos daraus, daß für Wahlvorstandsmitglieder eine vergleichbare Rechtsprechung wie für Betriebsratsmitglieder nicht vorgelegen hatte. Auch aus der Einfügung des § 24 Abs. 2 Satz 3 BPersVG bei der Novellierung des BPersVG im Jahre 1974 kann nicht im Wege eines Umkehrschlusses hergeleitet werden, der Gesetzgeber habe eine vergleichbare Regelung im BetrVG absichtlich nicht treffen wollen, zumal das BetrVG im Jahre 1974 nicht Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens war.
Die damit in § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG 1972 entstandene unbeabsichtigte Gesetzeslücke ist angesichts der gleichgelagerten Sachverhalte dahin auszufüllen, daß § 37 Abs. 3 BetrVG für Wahlvorstandsmitglieder entsprechend gilt. Daß worauf die Beklagte zutreffend hinweist, Wahlvorstandsmitglieder in aller Regel wesentlich weniger Amtstätigkeit außerhalb ihrer Arbeitszeit leisten müssen als Betriebsratsmitglieder, bedeutet für die Bewertung, ob der Arbeitgeber hierfür einen Ausgleich zu leisten hat, keinen Unterschied. Denn wenn wesentlich weniger Freizeitopfer auszugleichen sind, verringern sich auch die Ausgleichsleistungen des Arbeitgebers in demselben Verhältnis.
2. Die Tatbestandsvoraussetzungen des mithin entsprechend anwendbaren § 37 Abs. 3 BetrVG hat der Kläger am 18. März 1993 und am 1. April 1993 erfüllt. Am 18. März 1993 nahm er von 12.15 Uhr bis 14.30 Uhr an einer Wahlvorstandssitzung teil, obwohl seine Spätschicht erst um 14.27 Uhr begann. Es war sinnvoll, die Sitzung in diesen Zeitraum zu legen, da dadurch die beiden anderen Wahlvorstandsmitglieder, die bis 14.27 Uhr in der Frühschicht zu arbeiten hatten, während ihrer Arbeitszeit an der Sitzung teilnehmen konnten. Da es mithin aufgrund des Schichtsystems der Beklagten unvermeidbar war, daß ein Teil der Wahlvorstandstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit zu leisten war, ist dies als betriebsbedingt anzusehen.
Entsprechendes gilt für den 1. April 1993, an dem in der Zeit von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr die Abstimmung über die gemeinsame Wahl der Arbeiter und Angestellten stattfand. Nach allgemeiner Auffassung war es zweckmäßig und entsprach den Interessen des Unternehmens an einem möglichst geringen Arbeitsausfall, die Abstimmung in diesen Zeitraum des Schichtwechsels zu terminieren. Auch das vom Kläger als Wahlvorstandsmitglied dadurch geforderte Freizeitopfer beruhte auf dem Schichtsystem der Beklagten und war damit betriebsbedingt. Da dem Kläger mithin für beide Tage ein Anspruch auch auf Freizeitausgleich zustand, durfte die Beklagte allein mit der Begründung, der vom Kläger genommene Freizeitausgleich sei ihm nicht wirksam gewährt worden, den Lohn des Klägers nicht kürzen. Die Beklagte hat dem Kläger deshalb den einbehaltenen Betrag von insgesamt 117,88 DM brutto nachzuzahlen.
II. Dagegen steht dem Kläger für die Zeit seiner Schulung am 12. März 1993 ein weiterer Anspruch nicht zu. Für die in seine Arbeitszeit fallende Schulungszeit hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte zutreffend nach dem Lohnausfallprinzip des § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG zur Zahlung von 41,15 DM brutto verurteilt. Hiergegen hat die Beklagte kein Rechtsmittel eingelegt. Für die außerhalb der Arbeitszeit des Klägers liegende Schulungsteilnahme steht ihm auch auf der Grundlage des für Wahlvorstandsmitglieder entsprechend geltenden § 37 Abs. 3 BetrVG kein Anspruch zu. Denn die entsprechende Anwendung dieser Vorschrift auf Wahlvorstandsmitglieder kann keine Besserstellung gegenüber den Betriebsratsmitgliedern zur Folge haben. Für Betriebsratsmitglieder aber verweist die Vorschrift des § 37 Abs. 6 BetrVG nur auf den Absatz 2 des § 37 BetrVG, nicht aber auch auf dessen Absatz 3. Dies bedeutet nach ständiger Senatsrechtsprechung (vgl. zuletzt BAG Beschluß vom 20. Oktober 1993 – 7 AZR 581/92 (A) – AP Nr. 90 zu § 37 BetrVG 1972, auch zum Abdruck in der Amtlichen Sammlung des Gerichts bestimmt, m.w.N.), daß für die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG nur das Lohnausfallprinzip gilt, nicht aber Ausgleichsansprüche für über den Umfang der persönlichen Arbeitszeit hinausgehende Schulungszeiten entstehen können.
III. Unbegründet sind schließlich auch die Ansprüche des Klägers für seine Wahlvorstandstätigkeit in der Kurzarbeitswoche vom 22. bis zum 26. März 1993. Unmittelbar aus § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG kann der Kläger schon deshalb keinen Anspruch haben, weil er durch seine Betätigung im Wahlvorstand keine Arbeitszeit versäumt hat. Er war schon aufgrund der Kurzarbeit von jeder Arbeitspflicht befreit. Auch im übrigen besteht kein Anlaß, ein Wahlvorstandsmitglied während einer Kurzarbeitsperiode besserzustellen als ein Betriebsratsmitglied, für das in dieser Zeit auch nur das Lohnausfallprinzip gilt (vgl. z.B. BAG Urteil vom 31. Juli 1986 – 6 AZR 298/84 – AP Nr. 55 zu § 37 BetrVG 1972). Der Kläger hat auch nicht, wie es die Anwendung des § 37 Abs. 3 BetrVG voraussetzt (BAG Urteil vom 15. Februar 1989 – 7 AZR 193/88 – AP Nr. 70 zu § 37 BetrVG 1972), durch seine Amtstätigkeit ein über seine normale Arbeitsleistung hinausgehendes Freizeitopfer erbracht. Auch das Amt des Wahlvorstands ist ein unentgeltliches Ehrenamt; ehrenamtliche Tätigkeit beinhaltet regelmäßig auch nicht ausgleichspflichtige Freizeitopfer. Nach § 37 Abs. 3 BetrVG aber ist ein Freizeitopfer nur dann ausgleichspflichtig, soweit aus betriebsbedingten Gründen die während der Freizeit geleistete Amtstätigkeit zu der normalen Arbeitsleistung hinzukommt (Senatsurteil vom 15. Februar 1989, aaO).
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92, 97 ZPO.
Unterschriften
Steckhan, Schmidt, Bröhl, Stappert, Metzinger
Fundstellen
Haufe-Index 870910 |
BAGE, 54 |
NZA 1996, 160 |