Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Sonderschullehrerin
Leitsatz (redaktionell)
Eingruppierung einer Lehrkraft an einer Sonderschule mit einer Ausbildung zum Freundschaftspionierleiter und einem zweijährigen Fernstudium in der Fachrichtung Pädagogik der Sprachgeschädigten, das zur Führung der Berufsbezeichnung „Lehrer für Sprachgeschädigte” berechtigt; Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats zur Bewertung von Direktstudium und Fernstudium (vgl. Urteil vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 925/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Normenkette
BAT §§ 22, 23 Lehrer; BAT-O § 11; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 § 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LAG Brandenburg (Urteil vom 26.09.1994; Aktenzeichen 6 Sa 146/94) |
ArbG Potsdam (Urteil vom 28.10.1993; Aktenzeichen 3 Ca 223/93) |
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Brandenburg vom 26. September 1994 – 6 Sa 146/94,– aufgehoben.
2. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Potsdam vom 28. Oktober 1993 – 3 Ca 223/93 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Klage wird abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin schloß im Jahr 1975 ein Fachschulstudium am Institut für Lehrerbildung in Potsdam ab und erlangte damit die Befähigung als Freundschaftspionierleiter und die Lehrbefähigung für den Unterricht in den unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule für die Fächer Deutsch und Wahlfach Musik. Danach war sie zehn Jahre als Lehrerin im Hilfsschulkinderheim H., Kreis G. tätig. 1985 wechselte sie an die Förderschule für Sprachbehinderte in P. Nach einem Fernstudium von 1987 bis 1989 an der Humboldt-Universität zu Berlin, Sektion Rehabilitationspädagogik und Kommunikationswissenschaft, in der Fachrichtung Pädagogik der Sprachgeschädigten, war sie berechtigt, die Berufsbezeichnung „Lehrer für Sprachgeschädigte” zu führen. Seither arbeitet die Klägerin als Lehrerin an der Förderschule für Sprachgeschädigte in P. und erteilt Unterricht in den Klassen 5 bis 8. In ihrem mit dem beklagten Land am 6. Mai 1991 abgeschlossenen Arbeitsvertrag heißt es:
„…
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem BAT-O und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung sowie nach den für Angestellte des Arbeitgebers im Gebiet nach Artikel 3 des Einigungsvertrages jeweils geltenden sonstigen Regelungen.
…
§ 4
Die Eingruppierung und die Vergütung richten sich bis zum Inkrafttreten neuer tariflicher Vorschriften nach den gemäß Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1. Abs. 1 zum Einigungsvertrag fortgeltenden Bestimmungen.
…”
Mit einem undatierten Schreiben teilte das Staatliche Schulamt für die Stadt P. der Klägerin mit, daß sie zunächst in die VergGr. IV a BAT-O eingruppiert werde. Unter dem Datum vom 28. Februar 1992 erhielt die Klägerin von diesem Schulamt folgendes Schreiben:
„…
Im Rahmen der Festsetzung und Zahlbarmachung Ihres Gehaltes habe ich der Zentralen Bezügestelle des Landes Brandenburg bei der OFD Cottbus (ZBB) mitgeteilt, daß Ihre Gehaltsgruppe mit Wirkung
vom 01.03.92 in VGr. V c korrigiert wird.
In Kürze erhalten Sie einen neuen Arbeitsvertrag, in dem Ihre Eingruppierung endgültig arbeitsvertraglich vereinbart wird.
…”
Die hiergegen erhobenen Widersprüche der Klägerin vom 10. März 1992 und vom 10. November 1992 blieben erfolglos.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe seit März 1992 einen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O, hilfsweise nach VergGr. IV b BAT-O. Sie erfülle die Voraussetzungen der Besoldungsgruppen A 11 und A 10 der Anlage 1 zur zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991, die nach § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O i.V.m. § 11 Satz 2 BAT-O für ihre Eingruppierung in die VergGr. IV a, hilfsweise IV b BAT-O maßgebend seien. Sie sei Lehrerin mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung für untere Klassen an einer allgemeinbildenden Schule und habe aufgrund ihres Fernstudiums eine zweijährige sonderpädagogische Zusatzausbildung nachgewiesen. Daß es sich hierbei um ein Fernstudium gehandelt habe, sei unschädlich, weil Fern- und Direktstudium gleichwertig seien. Ihre Eingruppierung richte sich entgegen der Ansicht des beklagten Landes nicht nach den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1 a zum BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 i.d.F. der Ersten Änderung vom 23. Januar 1992 (TdL-Richtlinien).
Die Klägerin hat beantragt,
- es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin nach der VergGr. IV a BAT-O ab März 1992 zu vergüten;
- hilfsweise, es wird festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet ist, die Klägerin nach der VergGr. IV b BAT-O ab März 1992 zu vergüten.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt. Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin erfülle nicht die Voraussetzungen der Besoldungsgruppe A 10 der Anlage 1 zur 2. BesÜV, da sie aufgrund ihrer Ausbildung zur Freundschaftspionierleiterin keine Lehrerin für untere Klassen i.S. dieser Besoldungsgruppe sei. Das sonderpädagogische Fernstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin könne nicht der pädagogischen Fachschulausbildung zum Lehrer für untere Klassen gleichgesetzt werden. Sei eine Eingruppierung unter Anwendung der 2. BesÜV nicht möglich, seien nach den tariflichen Bestimmungen die TdL-Richtlinien zur Eingruppierung heranzuziehen. Da ein zweijähriges Fernstudium nicht mit einem für die Eingruppierung nach VergGr, IV a, hilfsweise IV b BAT-O erforderlichen mindestens zweijährigen Direktstudium gleichgestellt werden könne, komme nur ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. V c BAT-O in Betracht.
Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß das beklagte Land verpflichtet sei, die Klägerin ab März 1992 nach VergGr. IV b BAT-O zu vergüten. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des beklagten Landes zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt das beklagte Land seinen Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin hat mit Zustimmung des beklagten Landes die Klage zurückgenommen, soweit sie die Zeit ab dem 1. Juli 1995 betrifft; im übrigen bittet sie um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts zur Abweisung der Klage.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, daß die Klägerin die Voraussetzungen für die Besoldungsgruppe A 10 erfülle, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der VergGr. IV b BAT-O entspricht. Es könne dahingestellt bleiben, ob die am Institut für Lehrerbildung absolvierte Ausbildung zum Freundschaftspionierleiter der Ausbildung zum Unterstufenlehrer entspreche, jedenfalls verfüge die Klägerin nach dem Zeugnis über den Hochschulabschluß der Humboldt-Universität zu Berlin über eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung im Sinne der Fußnote 1 zur Besoldungsgruppe A 10 der Anlage 1 zur 2. BesÜV. Die Klägerin sei auch als Lehrerin im Unterricht an einer Sonderschule eingesetzt. Da die Eingruppierung der Klägerin nach der Anlage 1 zur 2. BesÜV vorgenommen werden könne, komme es auf eine Eingruppierung nach den TdL-Richtlinien nicht mehr an.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen.
II. Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund vertraglicher Vereinbarung der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 Anwendung. Damit richtet sich die Eingruppierung der Klägerin nach folgenden Bestimmungen:
a) § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991
„…
3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die
…
als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 1 I fallen,
beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. …”
b) Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 2 1 I BAT-O)
„Nr. 1
Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich – Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).
…
Protokollnotiz:
Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.
Nr. 3 a
Zu §§ 22 bis 25 – Eingruppierung – Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.
…”
Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.
c) Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach der Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl. I S. 1345)
„§ 7
Besoldungsordnungen
(1) Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung. Nimmt ein Beamter die Funktion des Leiters einer Schule oder des ständigen Vertreters des Leiters einer Schule wahr, erhält er für die Dauer der Wahrnehmung eine Zulage. Die Zulage wird in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Grundgehalt für seine Besoldungsgruppe und dem Grundgehalt für die Besoldungsgruppe gewährt, der das höherwertige Amt zugeordnet ist. Die Zulage gehört unter den Voraussetzungen des § 46 Abs. 3 des Bundesbesoldungsgesetzes zu den ruhegehaltfähigen Dienstbezügen.
…
Anlage 1
Besoldungsgruppe A 10
Lehrer 1) 2) 3)
…
– als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule –
…
1) Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.
2) Als Eingangsamt.
3) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A II.”
d) In den Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der nicht von der Anlage 1 a BAT-O erfaßten Angestellten vom 24. Juni 1991 in der Fassung der Ersten Änderung vom 23. Januar 1992 (TdL-Richtlinien) heißt es:
„E. Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis:
I. Eingruppierung
Die Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis sind nach den nachstehenden Tätigkeitsmerkmalen einzugruppieren. Soweit in den Tätigkeitsmerkmalen auf Lehrbefähigungen abgestellt wird, entscheiden die Länder darüber, ob eine in der ehemaligen DDR erworbene Lehrbefähigung als solche im Sinne dieses Abschnitts anerkannt werden kann.
a) Allgemeinbildende Schulen
…
Vergütungsgruppe IV b
1. …
2. …
3. Lehrer mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung als Lehrer für untere Klassen, die Unterricht an einer Sonderschule erteilen 4)
4. Angestellte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung als Erzieher, Kindergärtnerin, Hortnerin, Kinderdiakon oder mit erfolgreich abgeschlossener entsprechender Ausbildung und mit einer mindestens zweijährigen sonderpädagogischen Zusatzausbildung
in der Tätigkeit von Lehrern an Sonderschulen
…
4) Hierunter fallen auch Lehrer mit mindestens zweijähriger sonderpädagogischer Ausbildung mit dem Abschluß „Diplomlehrer für Hilfsschulen”.
2. Die Klägerin ist Lehrkraft i.S.d. tariflichen Bestimmungen, da sie an einer Sonderschule des beklagten Landes Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes vermittelt. Deshalb ist für ihre Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O die Anlage 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden.
Die Eingruppierung erfolgt gem. § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vielmehr in die Vergütungsgruppe, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingruppiert wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Dabei verweisen die Tarifvertragsparteien in Nr. 3 a Unterabs. 1 SR 2 1 I BAT-O auf die Vorschriften der 2. BesÜV.
a) Diese tarifliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften ist zulässig. Die Tarifvertragsparteien tragen damit dem Umstand Rechnung, daß Angestellte und Beamte als Lehrer oft nebeneinander an derselben Schule und unter weitgehend gleichen äußeren Arbeitsbedingungen tätig sind. Dies rechtfertigt, Lehrkräften, die nach ihrer fachlichen Qualifikation und den Tätigkeitsmerkmalen als gleichwertig anzusehen sind, annähernd die gleiche Vergütung unabhängig davon zu gewähren, ob sie Beamte oder Angestellte sind. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Vierten Senats (BAG Urteil vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 – AP Nr. 1 zu § 2 BAT-O; Urteile des erkennenden Senats vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 972/94 – AP Nr. 9 zu § 11 BAT-O und – 6 AZR 360/95 – nicht veröffentlicht).
b) Nach den aufgrund der tariflichen Verweisung anzuwendenden Vorschriften der 2. BesÜV kommt ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O ab März 1992 nicht in Betracht.
Der Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O entspricht nach § 11 Satz 2 BAT-O eine Besoldung nach Besoldungsgruppe A 10. In diese Besoldungsgruppe können als Lehrer im Unterricht an einer Sonderschule nur Lehrer eingruppiert werden, die über eine abgeschlossene pädagogische Fachschulausbildung verfügen. Diese besitzt die Klägerin nicht, da sie ihr Fachschulstudium am Institut für Lehrerbildung in Potsdam als Freundschaftspionierleiter abgeschlossen hat. Die Klägerin ist deshalb nicht als „Lehrer” i.S.d. Vorschriften der 2. BesÜV anzusehen.
Freundschaftspionierleiter mit der Lehrbefähigung in einem Hauptfach und einem Wahlfach unterschieden sich nach ihrer Bezeichnung, den Einstellungsvoraussetzungen, den Ausbildungsinhalten und -zielen sowie ihren Aufgaben von den Lehrern für untere Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule in der ehemaligen DDR. Dies hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 26. April 1995 (– 4 AZR 905/93 – AP Nr. 6 zu § 11 BAT-O, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) unter Berücksichtigung des Ausbildungsziels, des Inhalts der Ausbildung in den Fächern Pädagogik, Erziehungstheorie, Psychologie und diagnostische Tätigkeit, insbesondere auch im Hinblick auf die Ausbildung für den Unterricht im Fach Mathematik und im Fach berufspraktische Ausbildung sowie die unterschiedlichen Voraussetzungen für die Bewerbung und Zulassung zum Studium im einzelnen ausgeführt. Dieser Beurteilung hat sich der erkennende Senat angeschlossen (vgl. Urteile vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 972/94 – AP Nr. 9 zu § 11 BAT-O und – 6 AZR 925/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Sie wird dadurch bestätigt, daß in der ehemaligen DDR auch nach der Berufsbezeichnung zwischen „Lehrern für die unteren Klassen” einerseits und „Freundschaftspionierleitern” andererseits unterschieden wurde.
c) Ob die von der Klägerin als Freundschaftspionierleiterin erworbene Qualifikation in Verbindung mit ihrer langjährigen praktischen Erfahrung in der Unterrichtserteilung an der Förderschule für Sprachgeschädigte in P. mit der in der Besoldungsgruppe A 10 geforderten Ausbildung gleichwertig ist, kann dahinstehen. Die für die Eingruppierung maßgebenden beamtenrechtlichen Vorschriften sehen Ämter für Lehrer, die über die geforderte Ausbildung nicht verfügen, aber gleichwertige Fähigkeiten und Erfahrungen besitzen, nicht vor.
d) Für die Einstufung in die Besoldungsgruppe A 10 ist das von der Klägerin an der Humboldt-Universität zu Berlin absolvierte Fernstudium ohne Bedeutung. Die Klägerin könnte aufgrund dieser Ausbildung, wäre sie Beamtin, mangels einer pädagogischen Fachschulausbildung als Lehrer nicht in Besoldungsgruppe A 10 eingestuft und damit in die Vergütungsgruppe IV b BAT-O eingruppiert werden.
3. Die Klägerin hat auch nach den TdL-Richtlinien keinen Anspruch auf die begehrte VergGr. IV b BAT-O.
a) Die Richtlinien sehen Vergütung nach VergGr. IV b BAT-O für Lehrer, die, wie die Klägerin, Unterricht an einer Sonderschule erteilen, nur bei abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung vor (Fallgruppe 3). Wie oben ausgeführt, fehlt der Klägerin eine solche Ausbildung.
Unter Fußnote 4 zur Vergütungsgruppe IV b Fallgr. 3 der TdL-Richtlinien i.d.F. der Ersten Änderung vom 23. Januar 1992 fallen zwar auch Lehrer mit mindestens zweijähriger sonderpädagogischer Ausbildung mit dem Abschluß „Diplomlehrer für Hilfsschulen”. Einen solchen Abschluß weist die Klägerin jedoch ebenfalls nicht auf. Das Zeugnis über den Hochschulabschluß vom 24. August 1989 berechtigt die Klägerin nur, die Berufsbezeichnung „Lehrer für Sprachgeschädigte” zu führen. Den Abschluß „Diplomlehrer für Hilfsschulen” besitzt sie nicht.
b) Die Klägerin fällt auch nicht unter die Fallgr. 4 der VergGr. IV b der TdL-Richtlinien. Zu dieser Fallgruppe gehören Angestellte mit erfolgreich abgeschlossener Ausbildung als Erzieher, Kindergärtnerin, Hortnerin, Kinderdiakon oder mit erfolgreich abgeschlossener entsprechender Ausbildung und mit einer mindestens zweijährigen sonderpädagogischen Zusatzausbildung in der Tätigkeit von Lehrern an Sonderschulen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Ausbildung zur Freundschaftspionierleiterin eine im Sinne der TdL-Richtlinien „erfolgreich abgeschlossene entsprechende Ausbildung” darstellt (der Vierte Senat neigt dazu, vgl. BAG Urteil vom 26. April 1995 – 4 AZR 905/93 – AP Nr. 6 zu § 11 BAT-O, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), denn die Klägerin verfügt nicht über eine mindestens zweijährige sonderpädagogische Zusatzausbildung im Sinne der TdL-Richtlinien. Ihr zweijähriges Fernstudium an der Humboldt-Universität zu Berlin von 1987 bis 1989 erfüllt dieses Tätigkeitsmerkmal nicht. Dies hat der Senat mit Urteil vom 13. Juni 1996 (– 6 AZR 925/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen) in einem insoweit gleichliegenden Fall bereits entschieden. Soweit in den Tätigkeitsmerkmalen eine sonderpädagogische Zusatzausbildung gefordert wird, bezieht sich diese auf die Zeiten eines Direktstudiums bzw. einer Ausbildung in Vollzeit; bei einem Fernstudium bzw. einer berufsbegleitenden Ausbildung ist die doppelte Zeit anzusetzen. Dies ergibt eine Auslegung der TdL-Richtlinien aus ihrem Sinn und Zweck und ihrem Gesamtzusammenhang.
Der Richtliniengeber hat den Begriff der „mindestens zweijährigen sonderpädagogigschen Zusatzausbildung” nicht näher erläutert und insbesondere nicht ausdrücklich geregelt, ob die geforderte Mindestausbildungszeit im Rahmen eines Direktstudiums absolviert sein muß, oder ob ein Fernstudium, das die Mindestausbildungszeit erreicht, genügt. Er hat aber durch diese Regelung – das folgt aus ihrem Zweck – ein bestimmtes qualitatives Niveau der sonderpädagogischen Zusatzausbildung sicherstellen wollen. Daraus ergibt sich, daß ein Fernstudium nur dann einem Direktstudium gleichgesetzt werden kann, wenn es die gleichen qualitativen Anforderungen beinhaltet wie dieses. Das ist aber nur der Fall, wenn das Fernstudium doppelt so lange gedauert hat wie ein Direktstudium, das zu dem gleichen Studienabschluß führt. Dies wird nicht nur dadurch bestätigt, daß der Richtliniengeber es für die Zeit ab dem 1. August 1993 durch Änderung des Abschnitts E Unterabschnitt I der TdL-Richtlinien ausdrücklich klargestellt hat. Die in dieser Weise unterschiedliche Bewertung von Direkt- und Fernstudium läßt sich bereits den Ausbildungsvorschriften der ehemaligen DDR entnehmen, an die die TdL-Richtlinien anknüpfen. Die Nichtbeachtung der dort getroffenen Unterscheidungen zwischen beiden Studienarten würde bei Anwendung der TdL-Richtlinien zu Wertungswidersprüchen führen.
In der Gemeinsamen Anweisung des Ministers für Volksbildung und des Ministers für Hochschul- und Fachschulwesen zur Ausbildung von Pädagogen für Einrichtungen des Sonderschulwesens vom 1. August 1984 (VuM Nr. 8/84 S. 117 ff.; fortan: Anweisung) wird bei Regelung der Ausbildungsgänge zwischen Direkt- und Fernstudium unterschieden. Für die Ausbildung zu Diplomlehrern bzw. Diplomerziehern und Diplomvorschulerziehern (§ 3 Abs. 1 u. Abs. 2 der Anweisung) sowie zu Diplomlehrern, Diplomerziehern und Diplomvorschulerziehern in den in § 4 Abs. 1 genannten Fachrichtungen wird jedoch ein zweijähriges Direktstudium verlangt, wenn man einmal von dem nicht auf einer Fach- oder Hochschulausbildung, sondern auf der Hochschulreife aufbauenden vierjährigen Direktstudium nach § 3 Nr. 1 Buchst. c der Anweisung absieht.
Demgegenüber wird für die Ausbildung von Lehrern und Erziehern in der Fachrichtung Pädagogik der Sprachgeschädigten (§ 4 Abs. 2 der Anweisung), wie sie die Klägerin absolviert hat, nur ein zweijähriges Fernstudium verlangt.
Aus der vergütungsmäßigen Bewertung der sonderpädagogischen Ausbildung im Rahmen der Vergütungsgruppe IV b folgt, daß in den TdL-Richtlinien, und zwar auch in der die Klarstellung noch nicht beinhaltenden Fassung, mit einer mindestens zweijährigen sonderpädagogischen Zusatzausbildung nur ein Direktstudium gemeint sein kann. Würde ein zweijähriges Fernstudium ausreichen, könnte die Klägerin mit ihrer Ausbildung in der Fachrichtung Pädagogik der Sprachgeschädigten die Voraussetzungen der Vergütungsgruppe IV b Fallgr. 4 der TdL-Richtlinien erfüllen, während nach Fußnote 4 die Fallgr. 3 dieser Vergütungsgruppe von ausgebildeten Lehrern nur erreicht werden könnte, wenn diese eine mindestens zweijährige sonderpädagogische Ausbildung mit dem Abschluß „Diplomlehrer für Hilfsschulen” aufweisen, welcher nur in einem mindestens zweijährigen Direktstudium zu erreichen war (§ 3 Abs. 1 der Anweisung). Diese Auslegung der Richtlinien würde damit nicht zu einem sachgerechten Ergebnis führen. Verstärkt würde dieser innere Widerspruch in den Fällen, in denen als sonderpädagogische Zusatzausbildung im Sinne von Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 4 die in § 3 Abs. 3 der Anweisung geregelte Ausbildung zum Lehrer oder Erzieher für Hilfsschulen in der Fachrichtung Pädagogik der intellektuell Geschädigten zur Diskussion stünde. Diese ebenfalls auf einer Fach- oder Hochschulausbildung aufbauende Ausbildung konnte entweder in einem zweijährigen Fernstudium oder in einem einjährigen Direktstudium erfolgen. Nach dem eindeutigen Richtlinienwortlaut scheidet das einjährige Direktstudium, obwohl es dem zweijährigen Fernstudium gleichwertig ist, jedoch als Eingruppierungsmerkmal i.S.d. Vergütungsgruppe IV b Fallgruppe 4 aus. Auch daraus folgt, daß die mindestens zweijährige sonderpädagogische Zusatzausbildung als Direktstudium erfolgt sein muß (vgl. auch Urteil des Senats vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – AP Nr. 45 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen – zu Fn. 6 zur BesGr. A 11 nach Anl. 1 zur 2. BesÜV).
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 und § 269 Abs. 3 ZPO.
Unterschriften
Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, Gebert, Bruse
Fundstellen