Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung nach Einigungsvertrag Abs. 4 Ziff. 1. Ordnungsgemäße Personalratsanhörung
Leitsatz (amtlich)
- Ein Tätigwerden eines sonstigen Beauftragten im Sinne des § 7 PersVG-DDR/BPersVG setzt eine Verhinderung des Dienststellenleiters voraus.
- Rügt der Personalrat im Laufe des Beteiligungsverfahrens nach § 79 PersVG-DDR/BPersVG wegen einer vom öffentlichen Dienstherrn beabsichtigten Kündigung nicht, daß der sonstige Beauftragte ohne Verhinderung des Dienststellenleiters handele, so ist auch bei fehlender Verhinderung des Dienststellenleiters dieser Mangel im Verhältnis zum gekündigten Arbeitnehmer unbeachtlich (im Anschluß an BVerwG Beschluß vom 26. August 1987 – 6 P 11.86 – BVerwGE 78, 72, 76). Die gegenteilige Rechtsprechung im BAG Urteil vom 31. März 1983 (– 2 AZR 384/81 – BAGE 44, 37 = AP Nr. 1 zu § 8 LPVG Hessen) wird aufgegeben.
Normenkette
Einigungsvertrag Art. 20 Anlage I Kap. XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1; BPersVG §§ 7, 79; ArbGG § 72
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin (geb. am 5. Juli 1949) ist Lehrerin für Russisch und Geschichte und seit 1972 im Schuldienst tätig, zuletzt gegen eine monatliche Vergütung von 3.700,00 DM. Die Klägerin bekleidete folgende Funktionen:
1975 – 82 |
ehrenamtliche Parteisekretärin an der H…-Oberschule in G… |
1983 – 85 |
Direktorin an der Oberschule B… |
1985 – 90 |
Direktorin an der Oberschule W… |
1983 – 88 |
Mitglied der Schulparteileitung |
Die Klägerin hat 1974 die Kreisparteischule besucht und 1981 einen halbjährigen Kurs am Institut für Leitung und Organisation (ILO) in Potsdam absolviert. 1990 hatte sich die Klägerin erneut für den Posten eines Direktors beworben, wobei sich zwei Schulkonferenzen der Lehrer und des Elternbeirats mit einem Verhältnis von 11 zu 1 dafür aussprachen, die Klägerin solle weiterhin Direktorin sein; gleichwohl hat die Klägerin den Posten nicht angetreten.
Am 17. Februar 1992 ist dem Bezirkspersonalrat eine Kopie des an die Klägerin gerichteten Schreibens vom 31. Januar 1992 übersandt worden, worin der Klägerin mitgeteilt wurde, im Hinblick auf die Funktion als Parteisekretärin von 1975 bis 1982 sei beabsichtigt, das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1992 zu kündigen. Daraufhin fand eine Anhörung der Klägerin am 12. März 1992 statt. Die Parteien streiten darum, ob das Anhörungsverfahren beim Bezirkspersonalrat durch den bevollmächtigten Vertreter des Oberschulamts, Herrn L…, ordnungsgemäß eingeleitet und durchgeführt worden ist.
Mit Schreiben vom 11. Mai 1992 kündigte der Beklagte unter Berufung auf Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1 der Anl. I zum Einigungsvertrag (künftig: Abs. 4 Ziff. 1 EV) das Arbeitsverhältnis zum 31. Juli 1992 mit der Begründung, aufgrund der verschiedenen von der Klägerin ausgeübten Funktionen, des Besuchs der Parteischule und des Kurses am ILO sei die Klägerin nicht geeignet, die Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in der Schule glaubhaft zu vertreten.
Die Klägerin hat geltend gemacht, die vom Beklagten dargelegten Funktionen seien nicht ausreichend, um auf eine mangelnde persönliche Eignung zu schließen. Parteisekretärin sei sie nur geworden, weil ihr damaliger Vorgänger an eine andere Schule abgegangen sei; es sei ihr gesagt worden, sie solle als junges und kritisches Mitglied den Posten übernehmen. 1979 habe sie den Antrag gestellt, abgelöst zu werden, da sie die Arbeit als lästiges Anhängsel empfunden habe; es sei jedoch kein Nachfolger gefunden worden. Bei Westreisen habe sie kein Mitspracherecht gehabt und bei zwei Westreiseanträgen von Kolleginnen habe sie nur mitteilen müssen, ob der jeweilige Lehrer Verwandte ersten Grades in der BRD gehabt habe; beide Kolleginnen seien auch in die BRD gefahren. Als Parteisekretärin habe sie mit der Jugendweihe nichts zu tun gehabt, da dies über die Gemeinde erledigt worden sei.
Als Direktorin habe sie sich für die Schülerin A… E…-… trotz ihrer kirchlich starken Bindung eingesetzt, damit diese ein Studium am Institut für Lehrerbildung in Nossen beginnen konnte. Auch die Schülerin B… K… habe sie zur EOS vorgeschlagen, obwohl diese keine Jugendweihefeier absolviert habe. Schließlich habe sie eine Kollegin (CDU-Mitglied) als Fachberaterin für Deutsch vorgeschlagen. Im Zeitraum Dezember 1988 bis Mai 1989 habe sie wiederholt das Angebot abgelehnt, stellvertretende Kreisschulrätin zu werden, da sie auf diesem Posten befürchtet habe, politisch eingeengt zu werden.
Im übrigen hat die Klägerin die ordnungsmäße Anhörung des Personalrats bestritten; ihre ursprüngliche Behauptung, Herr L… sei nicht Bevollmächtigter des Oberschulamtes gewesen, hat sie nicht aufrechterhalten.
Die Klägerin hat beantragt,
- festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 11. Mai 1992 nicht beendet werde,
- für den Fall des Obsiegens den Beklagten zu verurteilen, sie bis zur rechtskräftigen Beendigung des Rechtsstreits zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.
Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag vorgetragen, die mangelnde persönliche Eignung der Klägerin ergebe sich aus ihrer individuellen beruflichen Lebensgeschichte; die Klägerin habe aufgrund ihrer Funktionen in der ehemaligen DDR eine herausgehobene Stellung innegehabt, wobei die Gesamtschau offenbare, daß sie sich mit den politisch-ideologischen Zielen der SED in hohem Maße identifiziert habe. Mit Nichtwissen werde bestritten, daß die Klägerin sich für eine christlich engagierte Schülerin eingesetzt und eine weitere Schülerin ohne Jugendweihe für den Besuch der EOS vorgeschlagen habe. Auch sei es unerheblich, daß die Klägerin ein Mitglied der sog. Blockparteien für die Position des Fachberaters Deutsch vorgeschlagen habe. Bestritten werde auch, daß die Klägerin es abgelehnt habe, stellvertretende Kreisschulrätin zu werden. Der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden; insbesondere sei Herr L… Bevollmächtigter des Oberschulamts gewesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht der Klage entsprochen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung (§ 565 ZPO), damit das Landesarbeitsgericht nunmehr materiell über die Kündigung entscheidet; diese ist nicht etwa wegen fehlerhafter Beteiligung des Personalrats unwirksam.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine – entgegenstehende – Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Kündigung sei schon nach § 79 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 4 PersVG-DDR unwirksam, weil Herr L… als bevollmächtigter Vertreter des Oberschulamtes das Mitwirkungsverfahren nicht habe wirksam einleiten können. Denn auch die sonstigen Beauftragten i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 4 PersVG-DDR könnten nur im Verhinderungsfall für den Dienststellenleiter des Oberschulamtes handeln. Der Beklagte habe indessen die Auffassung vertreten, daß in diesen Fällen ein Verhinderungsfall nicht erforderlich sei, demgemäß habe er einen Verhinderungsfall des Leiters der Dienststelle nicht behauptet. Nach dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 und 3 PersVG-DDR und nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung setze aber die Vertretung einen Verhinderungsfall voraus. Insofern sei es auch ohne Bedeutung, daß der Personalrat nachträglich der Kündigung zugestimmt habe.
II. Dem folgt der Senat nicht. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, Herr L… sei neben dem Dienststellenleiter ohne Prüfung eines Verhinderungsfalles tätig geworden, nachdem der Personalrat daran keinen Anstoß genommen hat.
1. Die Revision ist entgegen der Auffassung der Klägerin zulässig.
Es kann dahingestellt bleiben, ob schon dem durch Beschluß vom 15. November 1994 ergänzten und berichtigten Tenor des Berufungsurteils eine wirksame Revisionszulassung zu entnehmen ist (vgl. zu dieser Problematik GK-ArbGG/Ascheid, § 72 Rz 37; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 72 Rz 25 f.). Wird nämlich – wie vorliegend – ein vollständig abgefaßtes und unterschriebenes Urteil verkündet, in dessen Entscheidungsgründen die Revision zugelassen ist, so genügt dies für eine wirksame Revisionszulassung (BAG Urteil vom 30. September 1987 – 4 AZR 233/87 – BAGE 56, 179 = AP Nr. 33 zu § 611 BGB Bühnenengagementvertrag). Schon mit Verkündung dieses Urteils, das ausdrücklich auch eine Rechtsmittelbelehrung mit Zulassung der Revision für die Beklagte enthielt, ist nämlich die notwendige Klarheit geschaffen, in welchem Umfang die Entscheidung mit Rechtsmitteln anfechtbar ist. Es liegt daher nicht etwa eine nachträgliche, nach Verkündung des Urteils erfolgte, und deshalb evtl. unwirksame Revisionszulassung vor.
2. Die Kündigung ist nicht schon wegen nicht ordnungsgemäßer Einleitung des Anhörungsverfahrens gegenüber dem Personalrat unwirksam, § 79 Abs. 4, § 7 Abs. 1 PersVG-DDR, § 79 Abs. 4, § 7 BPersVG.
a) Die Personalvertretungsregelungen und damit die Beteiligungsrechte des Personalrates gemäß § 79 Abs. 1 PersVG-DDR/BPersVG finden auch auf Kündigungen nach dem Einigungsvertrag Anwendung (vgl. BAG Urteil vom 23. September 1993 – 8 AZR 262/92 – AP Nr. 9 zu Art. 20 Einigungsvertrag). Die gesetzlichen Bestimmungen des PersVG-DDR bzw. BPersVG sind keine eigenständigen oder abweichenden Regelungen i.S. der Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 zum Einigungsvertrag. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das PersVG-DDR vom 22. Juli 1990 (GBl I S. 1014) oder – wegen EV Anlage I Kap. XIX Sachgeb. A Abschnitt III Ziff. 15c – das BPersVG Anwendung findet, weil die Regelungen – soweit nachfolgend angesprochen – inhaltsgleich sind (im folgenden nur noch BPersVG).
b) Richtig ist, daß die Einleitung des Beteiligungsverfahrens fehlerhaft sein könnte, wenn der Dienststellenleiter (Präsident des Oberschulamtes) bei dessen Einleitung und Durchführung nicht verhindert war. Ein etwaiger Mangel in dieser Hinsicht ist jedoch dann unbeachtlich, wenn der Personalrat daran keinen Anstoß nimmt. Der Schutzzweck der Norm des § 79 Abs. 4 BPersVG, wonach eine Kündigung unwirksam ist, wenn der Personalrat nicht beteiligt worden ist, erfordert es nicht, auch dann eine Unwirksamkeit der Kündigung anzunehmen, wenn der Personalrat – bei im übrigen ordnungsgemäßer Information – das Vorliegen eines Verhinderungsfalles nicht in Zweifel gezogen hat.
Der unstreitig mit der Einleitung und Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens vom Präsidenten des Oberschulamts beauftragte Referent L…, konnte nach § 7 BPersVG grundsätzlich nur im Verhinderungsfalle den Präsidenten wirksam vertreten. Das folgt für “sonstige Beauftragte” aus § 7 Satz 1 i.V.m. Satz 2 und 4 BPersVG.
c) Die Bestimmung des § 7 BPersVG lautet wie folgt:
Ҥ 7
Vertretung der Dienststelle
Für die Dienststelle handelt ihr Leiter. Er kann sich bei Verhinderung durch seinen ständigen Vertreter vertreten lassen. Bei obersten Dienstbehörden kann er auch den Leiter der Abteilung für Personal- und Verwaltungsangelegenheiten, bei Oberbehörden ohne nachgeordnete Dienststellen und bei Behörden der Mittelstufe auch den jeweils entsprechenden Abteilungsleiter zu seinem Vertreter bestimmen. Das gleiche gilt für sonstige Beauftragte, sofern der Personalrat sich mit dieser Beauftragung einverstanden erklärt.”
Die Vorschrift bestimmt also, daß regelmäßig der Leiter der Dienststelle handelt und nur im Verhinderungsfall durch seinen ständigen Vertreter vertreten wird. Daneben kann der Dienststellenleiter nach Satz 3 u.a. auch den Personalleiter zu seinem Vertreter bestimmen und alsdann wird geregelt (Satz 4), das gleiche gelte für sonstige Beauftragte. Die Sätze 3 und 4 des § 7 BPersVG erweitern damit nur die Vertretungsmöglichkeiten für den in Satz 2 genannten ständigen Vertreter. Deren Vertretung setzt ebenfalls eine Verhinderung des Dienststellenleiters voraus (Besgen/Jüngst, Die Beteiligung des Personalrats bei Kündigungen, 2. Aufl., Rz 251; Grabendorff/Windscheidt/Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 8. Aufl., § 7 Rz 1, 3, 15; Lorenzen/Haas/Schmitt, BPersVG, Stand: Oktober 1990, § 7 Rz 10, 11, 13a; a.A. Altvater/Bacher/Hörter/Sabottig/Schneider, BPersVG, 3. Aufl., § 7 Rz 6). Demnach ist eine beliebige Delegation der Pflichten des Dienststellenleiters auf untergeordnete Ebenen nicht zulässig. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der Norm.
aa) § 7 Satz 4 BPersVG wurde durch das Gesetz zur Änderung des BPersVG vom 10. Juli 1989 angefügt. Nach dem Aufbau beziehen sich die Sätze 1 bis 4 des § 7 jeweils aufeinander, wobei Satz 1 den Grundsatz festlegt, daß der Dienststellenleiter als Repräsentant des Dienstherrn handelt und in dieser Eigenschaft Partner der Personalvertretung ist. Für dessen Verhinderung eröffnet § 7 Satz 2 die Möglichkeit der Vertretung durch seinen ständigen Vertreter. Nach Satz 3 kann der Dienststellenleiter bei den genannten Behörden auch den jeweiligen Abteilungsleiter zu seinem Vertreter bestimmen. Damit wird der Kreis des möglichen Vertreters nach Satz 2 auf die Abteilungsleiter erweitert. Dies bedeutet keinen Verzicht auf das in Satz 2 aufgestellte Erfordernis des Verhinderungsfalles für ein Tätigwerden des ständigen Vertreters des Dienststellenleiters gegenüber der Personalvertretung. Dasselbe gilt für den nach Satz 4 nochmals erweiterten Personenkreis. Denn die unmittelbare Anbindung von Satz 4 an Satz 3 verdeutlicht, daß lediglich eine nochmalige Erweiterung des Kreises der zur Vertretung berechtigten Personen geschaffen werden sollte, nicht jedoch eine losgelöst von den vorangegangenen Sätzen zu betrachtende Regelung der Vertretung des Arbeitgebers gegenüber dem Personalrat. Anderenfalls hätte es nahegelegen, Satz 4 auch aufbaumäßig – ggf. durch einen Absatz – von Satz 1 bis 3 abzuheben. Durch die Formulierung des Satzbeginns “das gleiche gilt” in Satz 4 wird auf den vorangegangenen Satz 3 Bezug genommen, der eine Erweiterung des Kreises der vertretungsberechtigten Personen unter Beibehaltung der Voraussetzung des Verhinderungsfalles gemäß Satz 2 beinhaltet. Wenn jedoch nach Satz 4 “das gleiche gilt” wie in Satz 3, bedeutet dies, daß bei den in Satz 3 genannten Behörden im Falle der Verhinderung des Dienststellenleiters nicht nur die Abteilungsleiter, sondern auch sonstige Beauftragte für den Dienststellenleiter handeln können, sofern sich der Personalrat mit dieser Beauftragung einverstanden erklärt hat. Durch das Einverständnis des Personalrats mit der Beauftragung soll sichergestellt werden, daß eine kompetente Person für die Dienststelle handelt und andererseits die weitere Delegation auf sonstige Beauftragte von der Zustimmung des Personalrats abhängt.
bb) Diese Auslegung von Wortlaut und Systematik der Norm entspricht auch Sinn und Zweck des Gesetzes. Das Personalvertretungsgesetz des Bundes vom 5. August 1955 regelte in § 8, daß für die Dienststelle deren Leiter handelt, der sich durch seinen ständigen Vertreter vertreten lassen konnte. Von dieser Gesetzeslage ging auch noch § 7 des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes aus (BT-Drucks. VI/3721, S. 4). Auf Antrag des Innenausschusses (BT-Drucks. 7/1339, S. 6) hat erst die ergänzende Formulierung in Satz 2 “… bei Verhinderung …” ins Gesetz Eingang gefunden. Dies beruhte darauf, daß u.a. aus dem Kreis der Sozialpartner (DGB-Entwurf “Für ein besseres Personalvertretungsgesetz”, Vergleichende Darstellung, S. 4) geltend gemacht wurde, die bisherige Bestimmung sei dahin zu ergänzen, daß sich der Dienststellenleiter nur bei Verhinderung vertreten lassen dürfe; die bisher gemachten Erfahrungen erforderten eine solche Regelung; die Erweiterung der Vertretungsmöglichkeit berge die Gefahr in sich, daß dem Personalrat ständig wechselnde Verwaltungsvertreter gegenüberstünden, deren Entscheidungskompetenz zumindest fraglich sei. Die alsdann beschlossene Gesetzesänderung läßt damit zumindest erkennen, daß die Stellung des Personalrats aufgewertet und Pflicht und Aufgabe des Dienststellenleiters betont werden sollten, die sich aus seiner Stellung ergebenden Aufgaben möglichst selbst wahrzunehmen (vgl. z.B. Dietz/Richardi, BPersVG, 2. Aufl., § 7 Rz 17 f.).
Aus der Beschlußempfehlung und dem Bericht des Innenausschusses des Deutschen Bundestages vom 14. Juni 1989 (BT-Drucks. 11/4774, S. 9) ergibt sich, daß die Anfügung von Satz 4 deshalb erfolgen sollte, weil die Auffassung vertreten wurde, die bisherige Vertretungsregelung in § 7 BPersVG verursache einen erheblichen Verfahrensaufwand, weshalb es zweckmäßig erscheine, wenn der Dienststellenleiter auch sonstige Beschäftigte mit der Vertretung gegenüber dem Personalrat beauftragen könne, sofern der Personalrat sich damit einverstanden erkläre. Daraus folgt, daß durch die Anfügung von Satz 4 lediglich eine Erweiterung des Kreises der zur Vertretung gegenüber dem Personalrat befugten Personen beabsichtigt war, nicht jedoch eine sonstige Änderung des Verfahrens (a.A. Söllner/Reichert, Personalvertretungsrecht, 2. Aufl., S. 60). Wollte man dies anders sehen, nämlich daß für sonstige Beauftragte i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 4 PersVG-DDR ein Verhinderungsfall des Dienststellenleiters nicht vorliegen müßte, so wäre das Ergebnis, worauf die Klägerin zutreffend hinweisen läßt, widersinnig: Der in der Hierarchie an zweiter Stelle angesiedelte Vizepräsident des Oberschulamtes dürfte in Konsequenz dieser Auffassung nur bei Verhinderung des Präsidenten tätig werden, während der weiter unten angesiedelte sonstige Beauftragte, z.B. ein Fachreferent, ohne eine Verhinderungskonstellation handeln könnte. Damit würde in der Tat die Personalratstätigkeit entwertet, was jedoch im Widerspruch zu § 7 Satz 1 und 2 BPersVG stünde.
Durch § 7 Satz 1 und 2 BPersVG soll gerade die Bedeutung des Personalrats und der Personalentscheidungen aufgewertet werden; der Leiter der Dienststelle soll im Interesse des sozialen Friedens veranlaßt werden, sich nicht nur mit den Aufgaben der Dienststelle nach außen, sondern auch mit den internen Problemen seiner Mitarbeiter zu beschäftigen, zumal bei Einschaltung der Behördenspitze möglicherweise raschere und sachgerechtere Lösungen gefunden werden; Personalentscheidungen sollen nicht routinemäßig vom Sachbearbeiter, der nicht in jedem Fall entscheidungskompetent und berechtigt ist, erledigt werden (so Senatsurteil vom 10. März 1983 – 2 AZR 356/81 – AP Nr. 1 zu § 66 LPVG-NW, zu III 2 der Gründe; ebenso BVerwG Beschluß vom 6. April 1989 – 2 C 26/88 – PersV 1989, 531). Aus der Vielfalt der ihm obliegenden Aufgaben muß der Dienststellenleiter pflichtgemäß nach Wichtigkeit und Dringlichkeit abwägen und bei zeitlichen Überschneidungen von Dienstaufgaben entscheiden, welche Termine er selbst wahrnehmen und bei welchen er sich vertreten lassen will. Die alleinige Entscheidungskompetenz des Dienststellenleiters beinhaltet damit zwar einen Beurteilungsspielraum, macht aber eine Prüfung, ob die Vertretungsvoraussetzungen gemäß § 7 Satz 1 BPersVG vorliegen, nicht entbehrlich. Der Senat hat (aaO) schließlich darauf hingewiesen, der Dienststellenleiter dürfe sich nicht willkürlich oder aus unsachlichen Gründen, sondern nur dann als verhindert erklären und vertreten lassen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen – hier des § 7 BPersVG – vorliegen. In der oben bereits erwähnten Beschlußempfehlung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages zur Einfügung des Satzes 4 in § 7 BPersVG wird im übrigen eben diese Senatsentscheidung vom 10. März 1983 ausdrücklich angesprochen, so daß es für den Ausschuß schon nahegelegen hätte, wollte er den Verhinderungsfall bei der Neuregelung als Voraussetzung für die wirksame Vertretung des Dienststellenleiters ausklammern, dies deutlich zu formulieren.
Ein Tätigwerden sonstiger Beauftragter nach Satz 4 setzt demnach ebenfalls eine Verhinderung des Dienststellenleiters voraus.
b) Vorliegend hat indessen der Personalrat der Einleitung und Durchführung des Beteiligungsverfahrens durch Herrn L… ausdrücklich zugestimmt. Der Personalrat hat damit Zweifel am Vorliegen eines Verhinderungsfalles nicht geltend gemacht und gegenüber dem Dienststellenleiter angezeigt. Wie bereits ausgeführt, hat es der Personalrat in der Hand, den für den Dienststellenleiter handelnden sonstigen Beauftragten als kompetenten Gesprächspartner zu akzeptieren oder nicht, auch wenn der Dienststellenleiter nicht verhindert ist. Es liegt im Ermessen des Personalrats, das Vorliegen eines Verhinderungsfalles zu bestreiten oder nicht. Die gesetzliche Regelung in § 7 BPersVG beinhaltet, daß der Dienststellenleiter im Falle kollidierender Termine und Verpflichtungen nach seinem Ermessen über die Einschaltung des ständigen Vertreters entscheiden kann. Dieses dem Dienststellenleiter zukommende Beurteilungsrecht unterliegt grundsätzlich keiner gerichtlichen Überprüfung, vielmehr kann allein der Personalrat als der mit der Organisation der Dienststelle vertraute Partner des Dienststellenleiters in allen personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten einen vom Dienststellenleiter zu verantwortenden Verfahrensmangel bei Einleitung des Verfahrens rügen. Der Personalrat könnte den etwaigen Mangel der Vertretung des Dienststellenleiters nicht nur sofort erkennen, sondern ist auch verfahrensrechtlich in der Lage, ihn unverzüglich zu rügen, wenn er ihn beanstanden will. Unterläßt der Personalrat dies, so verliert er sein Rügerecht und kann den Mangel im weiteren Verlauf des Mitbestimmungsverfahrens nicht mehr beanstanden. Dieser Mangel ist dann nicht nur im Verhältnis zwischen Dienststelle und Personalrat, sondern auch im Außenverhältnis unbeachtlich (vgl. BVerwG Beschluß vom 26. August 1987 – 6 P 11.86 – BVerwGE 78, 72, 74 f.; BVerwG Urteil vom 23. Februar 1989 – 2 C 8.88 – BVerwGE 81, 288, 290 f.). Dies gilt sowohl in den Fällen der Mitbestimmung als auch in denen der Mitwirkung des Personalrats (BVerwG Urteil vom 6. April 1989 – 2 C 26.88 – PersV 1989, 531 unter Hinweis auf BAG Urteil vom 6. März 1985 – 4 AZR 228/83 – AP Nr. 13 zu § 75 BPersVG). Die gegenteilige Rechtsprechung im Urteil vom 31. März 1983 – 2 AZR 384/81 – (BAGE 44, 37 = AP Nr. 1 zu § 8 LPVG-Hessen) gibt der Senat auf.
c) Im übrigen ist das Mitwirkungsverfahren bei einer ordentlichen Kündigung nur dann ordnungsgemäß eingeleitet, wenn die Dienststelle dem Personalrat die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers bezeichnet, die Art der Kündigung angibt und die Gründe für die Kündigung mitteilt. Ist das Anhörungsverfahren in diesem Sinne nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, ist die Kündigung unwirksam, denn eine nicht ordnungsgemäße Beteiligung steht einer unterbliebenen Beteiligung gleich (vgl. BVerwG Urteil vom 9. Mai 1985 – 2 C 23.83 – ZBR 1986, 347; BAG Urteil vom 5. Februar 1981 – 2 AZR 1135/78 – AP Nr. 1 zu § 72 LPVG NW). Einen Fehler des Anhörungsverfahrens in diesem Sinne hat die Revision jedoch nicht gerügt.
3. Der Senat kann auch nicht gemäß § 563 ZPO in der Sache selbst zum Vorliegen eines Kündigungsgrundes wegen mangelnder persönlicher Eignung nach Abs. 4 Ziff. 1 EV entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat in Konsequenz seiner Auffassung zu § 79 Abs. 4, § 7 Abs. 1 PersVG-DDR keine Feststellungen zum Vorliegen eines Kündigungsgrundes getroffen. Da dem Landesarbeitsgericht insofern ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 1994 – 2 AZR 201/93 – AP Nr. 35 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, zu II 3 der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen), kann und will der Senat dem nicht vorgreifen, zumal den Parteien damit eine Tatsacheninstanz genommen würde.
4. Die Aufhebung des Berufungsurteils umfaßt auch die von der Klägerin beantragte Verurteilung zur Weiterbeschäftigung. Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (Beschluß vom 27. Februar 1985 – GS 1/84 – BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) setzt nämlich die Weiterbeschäftigungsverurteilung u. a. die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung voraus. Da nach den Ausführungen zu II 3 dem Senat eine solche Feststellung gerade nicht möglich ist, ist auch der in der Revisionsinstanz gestellte Hilfsantrag der Klägerin erfolglos.
Unterschriften
Etzel, Bitter, Bröhl, Thelen, Mauer
Fundstellen
Haufe-Index 871614 |
BB 1996, 540 |
AP, 0 |