Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung nach Einigungsvertrag Abs. 4 Ziff. 1. Ordnungsgemäße Personalratsanhörung

 

Leitsatz (redaktionell)

Parallelsache zu Senatsurteil vom 26. Oktober 1995 (– 2 AZR 743/94 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).

 

Normenkette

Einigungsvertrag Art. 20 Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 Ziff. 1; BPersVG §§ 7, 79

 

Verfahrensgang

Sächsisches LAG (Urteil vom 16.08.1994; Aktenzeichen 5 Sa 188/93)

ArbG Leipzig (Urteil vom 03.06.1993; Aktenzeichen 1 Ca 8906/92)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 16. August 1994 – 5 Sa 188/93 – aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Der Kläger (geboren am 11. Dezember 1940) ist seit Mai 1968 an der Universitätsfrauenklinik … als Gynäkologe beschäftigt, seit 1983 ist er stellvertretender Klinikdirektor. Der Kläger, der seit 1972 Mitglied der SED war, bekleidete folgende Funktionen:

1968/71

FDJ-Sekretär

1974/76

APO-Mitglied an der Frauenklinik

1976/77

GO-Mitglied im Bereich Medizin

1977/80

APO-Sekretär

1982/87

APO-Mitglied

ab 1989

GO-Leitungsmitglied

Der Aufbau der SED an den Hochschulen der ehemaligen DDR – so auch an der … Universität … – war dergestalt, daß dem höchsten Organ, der Hochschulparteileitung, die den Rang einer Kreisleitung hatte und direkt der Bezirksleitung unterstellt war, die Grundorganisation mit entsprechender Leitung unterstand, dieser wiederum die Abteilungsparteiorganisation (APO), dieser wiederum die Parteigruppen. Sämtliche Leitungsgremien hatten einen Parteisekretär, die Parteigruppen einen Parteigruppenorganisator.

Mit Schreiben vom 10. August 1992, unterzeichnet vom Staatssekretär N., wurde der beim Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gebildete Hauptpersonalrat über die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger wegen mangelnder persönlicher Eignung nach Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 4 des Einigungsvertrages (im folgenden: Abs. 4 Ziff. 1 EV) unterrichtet. Nachdem der Hauptpersonalrat Beanstandungen hinsichtlich der Einleitung des Mitwirkungsverfahrens erhoben hatte, wurde das Mitwirkungsverfahren erneut, nunmehr mit Schreiben des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst, unterzeichnet „in Vertretung des Staatsministers” von Staatssekretär N. eingeleitet. Der Hauptpersonalrat teilte mit Schreiben vom 23. Oktober 1992 mit, gegen die beabsichtigte Kündigung würden keine Einwendungen erhoben. Daraufhin kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29. Oktober 1992 unter Einhaltung der Kündigungsfrist des § 55 AGB-DDR zum 31. März 1993 gemäß Abs. 4 Ziff. 1 EV mit der Begründung, der Kläger habe, wie schon die innegehabten Funktionen belegten, konsequent und beflissen die politische Linie der SED vertreten und damit das politische System der ehemaligen DDR entscheidend mitgetragen; er sei deshalb für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst nicht geeignet.

Der Kläger hat sich gegen die Kündigung gewandt und geltend gemacht, allein aufgrund der in der Vergangenheit innegehabten Funktionen könne ohne konkrete Schuldvorwürfe nicht auf seine persönliche Ungeeignetheit für eine weitere Tätigkeit als stellvertretender Direktor der Universitätsfrauenklinik geschlossen werden. Tatsächlich habe er sich in der Vergangenheit nicht in besonderer Weise mit den Zielen der SED identifiziert. Bereits als Student sei er 1961 unter unwürdigen Bedingungen für die Dauer eines Jahres von der Universität wegen „musikalischer Unterstützung der Konterrevolution” verwiesen worden, weil er als Pianist eines Studentenkabaretts angeblich Musik zu staatsfeindlichen Stücken gespielt habe. Er habe zwar später sein Studium fortsetzen können, habe aber wegen dieses Vorfalls immer wieder Nachteile zu erleiden gehabt. Bis 1971 habe er sich Anwerbungsversuchen der SED erfolgreich widersetzt, sei dann aber 1972 in die Partei eingetreten, weil dies nicht zu vermeiden gewesen sei; er habe aber gehofft, die fachlichen Belange der Frauenklinik vorantreiben zu können. Zuvor habe er mit seiner Ehefrau und seinem Bruder eine illegale Ausreise in die BRD geplant, allerdings sei die Flucht seines Bruders gescheitert und dieser zu 3 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Deshalb habe er sich umorientiert, da er nicht mehr bereit gewesen sei, das Risiko auf sich zu nehmen, ebenfalls verhaftet zu werden und den Beruf nicht mehr ausüben zu können. Im Dezember 1989 sei er aus der SED ausgetreten, habe sich schon früh für die Wiedervereinigung ausgesprochen und in Vorlesungen bis zum 29. Oktober 1992 den Neubeginn unterstützt.

Im übrigen bestreitet der Kläger, daß der Personalrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden sei.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 29. Oktober 1992 nicht zum 31. März 1993 beendet worden sei, sondern darüber hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbestehe,
  2. den Beklagten zu verurteilen, ihn, den Kläger, als stellvertretenden Direktor der Universitätsfrauenklinik … für die Dauer des vorliegenden Rechtsstreits weiterzubeschäftigen.

Der Beklagte hat zu seinem Klageabweisungsantrag vorgetragen, der Kläger habe schon aufgrund seiner Positionen die Ziele der SED in der DDR kompromißlos unterstützt. Der SED sei an der Hochschule eine Führungsrolle zugekommen, wobei nur linientreue Leitungspersonen eingesetzt worden seien. Den Hochschulgrundorganisationen sei hierbei eine große Bedeutung zugekommen; bereits auf APO-Ebene seien Anleitungs-, Kontroll- und Überwachungstätigkeiten ausgeübt worden. Auch der Parteisekretär sei Bindeglied zwischen der übergeordneten Parteileitung und der Hochschule gewesen. Der jeweilige Parteisekretär, also auch der Kläger von 1977 bis 1980, habe regelmäßig Berichte über das politische Klima und besondere Vorkommnisse zu erstatten sowie Oppositionelle zu benennen gehabt, oder solche, die sich kritisch geäußert hätten. Auch die anderen vom Kläger wahrgenommenen Positionen dokumentierten die besondere Identifikation des Klägers mit den Staatszielen der SED.

Der beim Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst installierte Hauptpersonalrat sei vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden, insbesondere sei Staatssekretär N. als ständiger Vertreter des Staatsministers im Einverständnis mit dem Hauptpersonalrat zur Einleitung des Mitwirkungsverfahrens befugt gewesen.

Das Arbeitsgericht … hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht nach den Klageanträgen erkannt. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung (§ 565 ZPO), damit das Landesarbeitsgericht nunmehr materiell über die Kündigung entscheidet; diese ist nicht etwa wegen fehlerhafter Beteiligung des Personalrats unwirksam.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet: Die Kündigung sei schon nach § 79 Abs. 4 in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 2 oder Satz 4 PersVG-DDR unwirksam, weil nicht der Staatsminister für Wissenschaft und Kunst selbst, sondern nur der Staatssekretär das Anhörungsverfahren eingeleitet habe, ohne daß vom Beklagten behauptet worden sei, der Staatsminister sei verhindert gewesen. Nur im Verhinderungsfall sei die Einleitung des Mitwirkungsverfahrens durch den Staatssekretär zulässig gewesen. Aus Wortlaut, Systematik, sowie Sinn und Zweck einer Auslegung des § 7 PersVG-DDR ergebe sich, daß auch hinsichtlich des ständigen Vertreters in der Eigenschaft als sonstiger Beauftragter nicht auf das Erfordernis des Vorliegens eines Verhinderungsfalles verzichtet werden könne. Dieser Fehler bei der Einleitung des Mitwirkungsverfahrens werde auch nicht dadurch geheilt, daß der Personalrat der Kündigung zugestimmt habe. Da die Kündigung schon gemäß § 79 Abs. 4 PersVG-DDR unwirksam sei, bedürfe es keiner Entscheidung darüber, ob die Kündigung wegen mangelnder persönlicher Eignung gerechtfertigt sei.

II. Dem folgt der Senat nicht. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, Staatssekretär N. sei neben dem Dienststellenleiter ohne Prüfung, ob dieser, nämlich der Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, selbst verhindert sei, tätig geworden, nachdem der Personalrat daran keinen Anstoß genommen hat.

1. Die Kündigung ist nicht schon wegen nicht ordnungsgemäßer Einleitung des Anhörungsverfahrens gegenüber dem Personalrat unwirksam, § 79 Abs. 4, § 7 Abs. 1 PersVG-DDR, § 79 Abs. 4, § 7 BPersVG.

a) Die Personalvertretungsregelungen und damit die Beteiligungsrechte des Personalrates gemäß § 79 Abs. 1 PersVG-DDR/BPersVG finden auch auf Kündigungen nach dem Einigungsvertrag Anwendung (vgl. BAG Urteil vom 23. September 1993 – 8 AZR 262/92 – AP Nr. 9 zu Art. 20 Einigungsvertrag). Die gesetzlichen Bestimmungen des PersVG-DDR bzw. BPersVG sind keine eigenständigen oder abweichenden Regelungen i.S. der Anl. I Kap. XIX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 zum Einigungsvertrag. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das PersVG-DDR vom 22. Juli 1990 (GBl I S. 1014) oder – wegen EV Anlage I Kap. XIX Sachgeb. A Abschnitt III Ziff. 15 c – das BPersVG Anwendung findet, weil die Regelungen – soweit nachfolgend angesprochen – inhaltsgleich sind (im folgenden nur noch BPersVG).

b) Richtig ist, daß die Einleitung des Beteiligungsverfahrens fehlerhaft sein könnte, wenn der Dienststellenleiter – hier der Staatsminister für Wissenschaft und Kunst – bei dessen Einleitung und Durchführung nicht verhindert war. Ein etwaiger Mangel in dieser Hinsicht ist jedoch dann unbeachtlich, wenn der Personalrat daran keinen Anstoß nimmt. Der Schutzzweck der Norm des § 79 Abs. 4 BPersVG, wonach eine Kündigung unwirksam ist, wenn der Personalrat nicht beteiligt worden ist, erfordert es nicht, auch dann eine Unwirksamkeit der Kündigung anzunehmen, wenn der Personalrat – bei im übrigen ordnungsgemäßer Information – das Vorliegen eines Verhinderungsfalles nicht in Zweifel gezogen hat.

Dies gilt unabhängig davon, ob der Staatssekretär in seiner Eigenschaft als ständiger Vertreter des Ministers nach § 7 Satz 2 BPersVG oder etwa als sonstiger Vertreter nach § 7 Satz 3 bis 4 BPersVG – unterstellt, diese rechtliche Gestaltung wäre neben der eventuell als Sonderregelung zu verstehenden Bestimmung in Satz 2 zulässig – tätig wurde. Für die sonstigen Vertreter nach § 7 Satz 3 bis 4 BPersVG hat der Senat dies im Parallelurteil vom 26. Oktober 1995 (– 2 AZR 743/94 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen) entschieden; insoweit wird auf die dortige Begründung verwiesen. Auch für § 7 Satz 2 BPersVG gilt nichts anderes.

c) Die Bestimmung des § 7 BPersVG lautet wie folgt:

㤠7

Vertretung der Dienststelle

Für die Dienststelle handelt ihr Leiter. Er kann sich bei Verhinderung durch seinen ständigen Vertreter vertreten lassen. Bei obersten Dienstbehörden kann er auch den Leiter der Abteilung für Personal- und Verwaltungsangelegenheiten, bei Oberbehörden ohne nachgeordnete Dienststellen und bei Behörden der Mittelstufe auch den jeweils entsprechenden Abteilungsleiter zu seinem Vertreter bestimmen. Das gleiche gilt für sonstige Beauftragte, sofern der Personalrat sich mit dieser Beauftragung einverstanden erklärt.”

Die Vorschrift bestimmt also, daß regelmäßig der Leiter der Dienststelle handelt und nur im Verhinderungsfall durch seinen ständigen Vertreter vertreten wird. Daneben kann der Dienststellenleiter nach Satz 3 u.a. auch den Personalleiter zu seinem Vertreter bestimmen und alsdann wird geregelt (Satz 4), das gleiche gelte für sonstige Beauftragte. Die Sätze 3 und 4 des § 7 BPersVG erweitern damit nur die Vertretungsmöglichkeiten für den in Satz 2 genannten ständigen Vertreter. Deren Vertretung setzt ebenfalls – wie der Senat im erwähnten Parallelurteil ausgeführt hat – eine Verhinderung des Dienststellenleiters voraus. Demnach ist eine beliebige Delegation der Pflichten des Dienststellenleiters auf untergeordnete Ebenen nicht zulässig.

Durch § 7 Satz 1 und 2 BPersVG soll die Bedeutung des Personalrats und der Personalentscheidungen aufgewertet werden; der Leiter der Dienststelle soll im Interesse des sozialen Friedens veranlaßt werden, sich nicht nur mit den Aufgaben der Dienststelle nach außen, sondern auch mit den internen Problemen seiner Mitarbeiter zu beschäftigen, zumal bei Einschaltung der Behördenspitze möglicherweise raschere und sachgerechtere Lösungen gefunden werden; Personalentscheidungen sollen nicht routinemäßig von untergeordneten Stellen erledigt werden (so Senatsurteil vom 10. März 1983 – 2 AZR 356/81 – AP Nr. 1 zu § 66 LPVG NW, zu III 2 der Gründe; ebenso BVerwG Beschluß vom 6. April 1989 – 2 C 26/88 – PersV 1989, 531). Aus der Vielfalt der ihm obliegenden Aufgaben muß der Dienststellenleiter aber pflichtgemäß nach Wichtigkeit und Dringlichkeit abwägen und bei zeitlichen Überschneidungen von Dienstaufgaben entscheiden, welche Termine er selbst wahrnehmen und bei welchen er sich vertreten lassen will. Die alleinige Entscheidungskompetenz des Dienststellenleiters beinhaltet damit zwar einen Beurteilungsspielraum, macht aber eine Prüfung, ob die Vertretungsvoraussetzungen gemäß § 7 Satz 1 BPersVG vorliegen, nicht entbehrlich. Der Senat hat (a.a.O.) darauf hingewiesen, der Dienststellenleiter dürfe sich nicht willkürlich oder aus unsachlichen Gründen, sondern nur dann als verhindert erklären und vertreten lassen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen – hier des § 7 Satz 1 BPersVG – vorliegen.

d) Hier hat der Hauptpersonalrat nach ursprünglich fehlerhafter und von ihm beanstandeter Einleitung des Beteiligungsverfahrens sich alsdann unstreitig damit einverstanden erklärt, daß der Staatsminister für Wissenschaft und Kunst mit dem Schreiben vom 8. Oktober 1992, vertreten wiederum durch Staatssekretär N., das Mitwirkungsverfahren erneut eingeleitet hat. Die alsdann vom Hauptpersonalrat nicht mehr beanstandete Ordnungsmäßigkeit des Beteiligungsverfahrens muß sich auch der Kläger im vorliegenden Kündigungsschutzprozeß entgegen halten lassen.

Es liegt im Ermessen des Personalrats, das Vorliegen eines Verhinderungsfalles zu bestreiten oder nicht. Die gesetzliche Regelung in § 7 BPersVG beinhaltet, daß der Dienststellenleiter im Falle kollidierender Termine und Verpflichtungen über die Einschaltung des ständigen Vertreters entscheiden kann. Dieses dem Dienststellenleiter zukommende Beurteilungsrecht unterliegt grundsätzlich keiner gerichtlichen Überprüfung, vielmehr kann allein der Personalrat als der mit der Organisation der Dienststelle vertraute Partner des Dienststellenleiters in allen personalvertretungsrechtlichen Angelegenheiten einen vom Dienststellenleiter zu verantwortenden Verfahrensmangel bei Einleitung des Verfahrens rügen. Der Personalrat könnte den etwaigen Mangel der Vertretung des Dienststellenleiters nicht nur sofort erkennen, sondern ist auch verfahrensrechtlich in der Lage, ihn unverzüglich zu rügen, wenn er ihn beanstanden will. Unterläßt der Personalrat dies, so verliert er sein Rügerecht und kann den Mangel im weiteren Verlauf des Mitbestimmungsverfahrens nicht mehr beanstanden. Dieser Mangel ist dann nicht nur im Verhältnis zwischen Dienststelle und Personalrat, sondern auch im Außenverhältnis unbeachtlich (vgl. BVerwG Beschluß vom 26. August 1987 – 6 P 11.86BVerwGE 78, 72, 74 f.; BVerwG Urteil vom 23. Februar 1989 – 2 C 8.88 – BVerwGE 81, 288, 290 f.). Dies gilt sowohl in den Fällen der Mitbestimmung als auch in denen der Mitwirkung des Personalrats (BVerwG Urteil vom 6. April 1989 – 2 C 26.88 – PersV 1989, 531 unter Hinweis auf BAG Urteil vom 6. März 1985 – 4 AZR 228/83 – AP Nr. 13 zu § 75 BPersVG). Die gegenteilige Rechtsprechung im Urteil vom 31. März 1983 – 2 AZR 384/81 – (BAGE 44, 37 = AP Nr. 1 zu § 8 LPVG-Hessen) gibt der Senat auf.

b) Im übrigen ist das Mitwirkungsverfahren bei einer ordentlichen Kündigung nur dann ordnungsgemäß eingeleitet, wenn die Dienststelle dem Personalrat die Person des zu kündigenden Arbeitnehmers bezeichnet, die Art der Kündigung angibt und die Gründe für die Kündigung mitteilt. Ist das Anhörungsverfahren in diesem Sinne nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, ist die Kündigung unwirksam, denn eine nicht ordnungsgemäße Beteiligung steht einer unterbliebenen Beteiligung gleich (vgl. BVerwG Urteil vom 9. Mai 1985 – 2 C 23.83 – ZBR 1986, 347; BAG Urteil vom 5. Februar 1981 – 2 AZR 1135/78 – AP Nr. 1 zu § 72 LPVG NW). Einen Fehler des Anhörungsverfahrens in diesem Sinne hat die Revision jedoch nicht gerügt.

2. Der Senat kann auch nicht gemäß § 563 ZPO in der Sache selbst zum Vorliegen eines Kündigungsgrundes wegen mangelnder persönlicher Eignung nach Abs. 4 Ziff. 1 EV entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat in Konsequenz seiner Auffassung zu § 79 Abs. 4, § 7 BPersVG keine Feststellungen zum Vorliegen eines Kündigungsgrundes getroffen. Da dem Landesarbeitsgericht insofern ein Beurteilungsspielraum zusteht (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 1994 – 2 AZR 201/93 – AP Nr. 35 zu Einigungsvertrag Anlage I Kap. XIX, zu II 3 der Gründe), kann und will der Senat dem nicht vorgreifen, zumal den Parteien damit eine Tatsacheninstanz genommen würde.

3. Die Aufhebung des Berufungsurteils umfaßt auch die vom Kläger beantragte Verurteilung zur Weiterbeschäftigung. Nach der Rechtsprechung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (Beschluß vom 27. Februar 1985 – GS 1/84BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) setzt die Weiterbeschäftigungsverurteilung u.a. die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung voraus. Nach den Ausführungen zu II 2 ist dem Senat eine solche Feststellung gerade nicht möglich.

 

Unterschriften

Etzel, Bitter, Bröhl, Thelen, Mauer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1092957

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