Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Bauleiters
Leitsatz (redaktionell)
Im Eingruppierungsrechtsstreit genügt es als tatsächliche Grundlage für die Eingruppierung nicht, die unstreitigen Inhalte eines vom Arbeitgeber verfassten Zwischenzeugnisses und die dort schlagwortartig umschriebenen „Hauptaufgabengebiete” darzustellen.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Einleitungshalbs., Abs. 1 Nr. 10; BGB §§ 291, 315 Abs. 1, 3, § 613a Abs. 1; Gesamtbetriebsvereinbarung „Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze” der E-Plus Mobilfunk GmbH vom 30. Juni 2000 Nr. 3; Gesamtbetriebsvereinbarung „Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze” der E-Plus Mobilfunk GmbH vom 30. Juni 2000 Anlage 2.4 Funktionsbereich Technik/DV
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 20.09.2013; Aktenzeichen 12 Sa 160/13) |
ArbG Hannover (Urteil vom 11.01.2013; Aktenzeichen 13 Ca 689/11) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. September 2013 – 12 Sa 160/13 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers und in diesem Zusammenhang über daraus resultierende Differenzvergütungsansprüche für den Zeitraum von Januar 2008 bis einschließlich Dezember 2011.
Die Beklagte erbringt Dienstleistungen im Bereich des Mobilfunks. Der Kläger ist bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen seit Oktober
2000 beschäftigt. Nach dem mit der E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG unter dem 5. April 2001 geschlossenen Arbeitsvertrag wurde er ab dem 1. Mai 2001 als „Bauleiter in den Teilbereich Technische Realisierung, Geschäftsstelle Nord, Standort H” eingestellt. Weiterhin heißt es dort unter Nr. 2:
„Entsprechend den Regelungen unserer Gesamt-Betriebsvereinbarung ‚Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze‚ sind Sie in der Gehaltsgruppe D eingruppiert.”
Die E-Plus Mobilfunk GmbH, eine der Rechtsvorgängerinnen der Beklagten, schloss mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat eine „Gesamtbetriebsvereinbarung ‚Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze’” vom 30. Juni 2000 (nachfolgend GBV). Diese enthält ua. Regelungen zur Eingruppierung nach Gehaltsgruppen und Gehaltsbändern. Die verschiedenen Tätigkeiten werden in der GBV als „Funktionen” erfasst und dann Funktionscodes,
Funktionsbezeichnungen und Gehaltsgruppen zugeordnet. In der Anlage 2.4 „Gehaltsgruppenzuordnung/Funktionsgruppenmerkmale” werden im Funktionscode 429 der Funktionsbezeichnung „Bauleiter” die Gehaltsgruppen D bis F zugeordnet. Der Kläger wird nach der Gehaltsgruppe D der Anlage 2.4 GBV (nachfolgend Gehaltsgruppe D GBV) vergütet.
Zum 1. März 2007 übernahm die Beklagte, vormals unter A-L firmierend, von der E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG deren Mobilfunknetz. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging zum gleichen Datum aufgrund der rechtsgeschäftlichen Übernahme von Betrieben, Betriebsteilen und Nebenbetrieben durch die Beklagte auf diese über. Er erhielt bis zum Ende des Monats Juni 2010 ein monatliches Entgelt iHv. 3.678,05 Euro brutto und seit dem 1. Juli 2010 iHv. 3.751,61 Euro brutto. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfolgt nach Nr. 3 GBV die Gehaltsfindung innerhalb der Gehaltsgruppe und deren Bandbreite unter Beachtung von Qualifikation, persönlicher Berufserfahrung, dem Leistungsniveau sowie den Marktbedingungen.
Der Kläger ist mit anderen Arbeitnehmern für das Netzgebiet „Nord” zuständig, dass etwa 4.000 Mobilfunkstandorte umfasst. Ausweislich der schriftlichen „Dokumentation zum Mitarbeiterentwicklungsgespräch” vom 12. Juli 2012 bearbeitet er folgende Aufgabenschwerpunkte:
„Instandsetzung der Infrastruktur an Mobilfunkstandorten:
- Eigentümerabstimmung: Absprache notwendiger Bautätigkeiten/Schadensregulierung
- Vertragsprüfung
- Bewertung der Baumaßnahmen und Arbeitssicherheit
- Erstellung [Leistungsverzeichnis] LV
- Ausschreibung und Vergabe an externe Firmen
- Abnahme der Lieferung und Leistung
Controlling der gesetzlich vorgeschriebenen Zustandsüberwachung der Standorte:
- Überprüfung der Termintreue
- Bewertung der Protokolle
- Qualitätssicherung durch Stichprobenkontrolle am Standort
- Abnahmen von Lieferung und Leistung
- Überprüfung der Einhaltung von Normen, Qualitätsvorgaben und des LV´s
- Zuordnung der erfassten Mängel zu Baumaßnahmen.
Koordination und Beauftragung der zeitnahen Beseitigung von Betriebsstörungen und Mängeln, die die Verkehrssicherungspflicht betreffen, wie z. B. Zugangsproblemen, Infrastrukturschäden und Systemtechnikschäden durch mündl. freihändige Vergabe von Aufträgen mit nachträglicher Banf-Erstellung.
Koordination der Beseitigung von Arbeitssicherheitsmängeln in Form von Bautätigkeiten und Erstellung von standortspezifischen Unterlagen sowie die Festlegung von Ersatzmaßnahmen zur Standortbegehung oder das Ausarbeiten von Rettungsplänen.
Bearbeitung des gesamten Sperr- und Entsperrprozesses.
Durchführung von Qualitätsaudits gemeinsam mit dem Auftraggeber.
Führung und Kontrolle der externen Mitarbeiter, so wie Definition der Aufgaben.”
Mit seiner am 28. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die im Einzelnen bezifferte Entgeltdifferenz zwischen der geleisteten Vergütung und einem Entgelt nach der Gehaltsgruppe F GBV iHv. 4.801,00 Euro brutto bis zum 30. Juni 2010 und für die Zeit bis zum Ende des Jahres 2011 iHv. 4.897,00 Euro brutto verlangt. Er hat ausgeführt, dies entspreche jeweils dem Durchschnittsentgelt der Gehaltsgruppe F GBV. In seiner Funktion als Bauleiter führe er selbständige Baubegehungen durch und nehme die übrigen Tätigkeiten eines Bauleiters mit fachlicher Verantwortung wahr. Eine Eingruppierung mindestens in die mittlere Bandbreite der Gehaltsgruppe F GBV rechtfertige sich unter anderem daraus, dass ihm im Mitarbeiterentwicklungsgespräch am 12. Juli 2012 „in sämtlichen Kompetenzbereichen überdurchschnittliche Leistung” attestiert worden sei.
Der Kläger hat zuletzt in der Sache beantragt:
- Die Beklagte wird verurteilt, an ihn 58.842,20 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in näher bestimmter Höhe und zeitlicher Staffelung zu zahlen.
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm bis zum 30. Juni 2012 eine Vergütung nach dem Mittelwert der Gehaltsgruppe F der Gesamtbetriebsvereinbarung Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze vom 30. Juni 2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, der Kläger werde zutreffend nach der Gehaltsgruppe D GBV vergütet. Nach GBV müsse die Tätigkeit sowohl die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale als auch der Tätigkeitsbeispiele erfüllen. Seinem Vortrag könnten nicht die Tatsachen für den erforderlichen wertenden Vergleich entnommen werden; es sei nicht ersichtlich, warum sich seine Tätigkeit aus der Gehaltsgruppe D GBV sowie aus der Gehaltsgruppe E GBV hervorhebe und aus welchen Gründen ihm das Durchschnittsentgelt der Gehaltsgruppe F GBV zustehen solle. Er sei nicht für Umbaumaßnahmen, sondern nur für Wartungsmaßnahmen zuständig. Mängel würden von einem beauftragten externen Unternehmen festgestellt, das zugleich die erforderlichen Reparaturmaßnahmen festlege. Nur diese Listen leite der Kläger weiter. Bei der Vergabe von Reparaturaufträgen, die der Kläger nur bei sog. ad-hoc-Maßnahmen selbst vergeben dürfe, würden nur Unternehmen beauftragt werden, mit denen Rahmenverträge bestünden. Für die Festlegung von Ersatzmaßnahmen sei nicht der Kläger, sondern der Netzbetriebsleiter der Region Nord zuständig.
Das Arbeitsgericht hat – soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung – der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das führt zur Aufhebung der Berufungsentscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO).
I. Mit der Begründung des Landesarbeitsgerichts konnte die auch hinsichtlich des Antrags zu 2. als sog. Eingruppierungsfeststellungsklage (sh. nur BAG 18. März 2015 – 4 AZR 59/13 – Rn. 10 mwN), die, wie die gebotene Auslegung ergibt, ab Beginn des Jahres 2012 begehrt wird, sowie in Bezug auf die begehrten Zinsen (vgl. BAG 23. September 2009 – 4 AZR 308/08 – Rn. 10 mwN) insgesamt zulässige Klage nicht stattgegeben werden.
Nach dessen Feststellungen ist bereits weder ersichtlich, auf welcher Grundlage die GBV für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis maßgebend sein soll, noch kann beurteilt werden, aufgrund welcher Grundlage der Kläger ein „Durchschnittsentgelt” der Gehaltsgruppe F oder hilfsweise der Gehaltsgruppe E GBV beanspruchen kann (vgl. BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 111/14 – Rn. 25 ff.; 18. Februar 2015 – 4 AZR 780/13 – bzw. – 4 AZR 778/13 – Rn. 23 ff.).
1. Nach dem Vorbringen der Parteien – die beide offensichtlich von der Geltung der GBV ausgehen – ist nicht geklärt, ob die GBV überhaupt die maßgebende kollektivrechtliche Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers darstellen kann. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und damit auch der Schaffung von Eingruppierungsregelungen mithilfe einer Gesamtbetriebsvereinbarung (zum Umfang des Mitbestimmungsrechts vgl. etwa BAG 17. Mai 2011 – 1 AZR 797/09 – Rn. 17; 28. April 2009 – 1 ABR 97/07 – Rn. 19, BAGE 131, 1), wäre nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG ggf. dann ausgeschlossen, wenn eine zwingende tarifliche Regelung bestand (BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 111/14 – Rn. 26 f. mwN). Dass eine solche nicht vorliegt, hat das Landesarbeitsgericht weder für die E-Plus Mobilfunk GmbH, die die GBV im Jahr 2000 mit abgeschlossen hat, noch für deren Rechtsnachfolgerin, die E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG, festgestellt.
2. Eine kollektivrechtliche Weitergeltung der vormals von der E-Plus Mobilfunk GmbH geschlossenen GBV bei der jetzigen Beklagten käme überdies nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Fortgeltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen nach einem Betriebsübergang iSd. § 613a Abs. 1 BGB nur in Betracht, wenn die Identität des Betriebs gewahrt geblieben ist oder ein übernommener Betriebsteil als selbständiger Betrieb weitergeführt wurde (BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 111/14 – Rn. 29 mwN). Andernfalls wäre vorbehaltlich des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB von einer Transformation der Regelungen der GBV in das Arbeitsverhältnis des Klägers nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB auszugehen (BAG 8. Juli 2015 – 4 AZR 111/14 – Rn. 29 mwN). Hierzu fehlt es an den erforderlichen Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht.
3. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist auch nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände der Kläger ein „Durchschnittsentgelt” der beanspruchten Gehaltsgruppe F GBV beanspruchen kann und aus welchen Gründen sich dieses ab dem 1. Juli 2010 erhöht haben soll.
II. Der Senat kann die Sache auch nicht abschließend zu Lasten des Klägers entscheiden, weil seine Tätigkeit in keinem Fall die Anforderungen des von ihm in der Revisionsinstanz allein noch in Anspruch genommenen Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe F GBV – „selbständige Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen mit fachliche Verantwortung” – oder der Gehaltsgruppe E GBV erfüllt.
1. Die von der E-Plus Mobilfunk GmbH mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat vereinbarte GBV lautet auszugsweise wie folgt:
„Gehaltsgruppenzuordnung/Funktionsgruppenmerkmale |
Anlage 2.4 |
zur |
Gesamtbetriebsvereinbarung |
Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze |
… |
Funktionsbereich Technik/DV |
…
Funktionscode |
Funktionsbezeichnung |
Gehaltsgruppen |
… |
|
|
429 |
Bauleiter |
D – F |
… |
|
|
Funktionsgruppenmerkmale
D
- • Bearbeitet selbständigmehr als ein spezielles Segment eines Systems /Netzes / Kundenkreises / Verwaltungsteilbereiches hinaus, d.h.: administriert, analysiert, plant, berät
- • Tätigkeiten qualifizierter Art, für die eine IHK-Ausbildung und einschlägige, nachweisbare Berufserfahrung oder eine erweiterte Ausbildung (z.B. Technikerabschluß) oder Studium erforderlich ist
- • Einarbeitung als Studienabsolvent
FC |
Funktionsbezeichnung |
Tätigkeitsbeispiele für Funktionen |
… |
|
|
429 |
Bauleiter |
Baubegehung, Bauvorbereitung, Baubegleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen |
… |
|
|
E
- • Bearbeitet selbständigmehr als ein spezielles Segment eines Systems / Netzes / Kundenkreis / Verwaltungsteilbereiches mit Entscheidungsverantwortung, d.h.: administriert, analysiert, plant, berät
- • Tätigkeiten erhöht qualifizierter Art, für die zusätzlich besondere Fachkenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen notwendig sind sowie Entscheidungsverantwortung
FC |
Funktionsbezeichnung |
Tätigkeitsbeispiele für Funktionen |
… |
|
|
429 |
Bauleiter |
Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen mit fachlicher Verantwortung |
… |
|
|
F
- • (Bearbeitet weitgehend selbständig ein gesamtes System / Netz / Kundenkreis / Verwaltungsteilbereich, d.h.: administriert, analysiert, plant, berät – sowie Fähigkeit der fachlichen Unterweisung anderer Mitarbeiter
- • (Tätigkeiten erhöht qualifizierter Art, die weitgehend selbständig und verantwortlich gelöst werden und dabei gründliche Fachkenntnisse über mehrere Sachgebiete verlangen sowie die Fähigkeit der fachlichen Unterweisung anderer Mitarbeiter
FC |
Funktionsbezeichnung |
Tätigkeitsbeispiele für Funktionen |
… |
|
|
429 |
Bauleiter |
Selbständige Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen mit fachliche Verantwortung |
… |
|
|
…
Protokollnotiz zu den Tätigkeitsmerkmalen für Funktionen:
Die Eingruppierung in eine Gehaltsgruppe verlangt die Erfüllung der Kriterien der vorhergehenden Gehaltsgruppe als Mindestbedingungen.”
2. Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, für einen Anspruch nach der Gehaltsgruppe E GBV sei es ausreichend, wenn lediglich die Anforderungen eines Tätigkeitsbeispiels verwirklicht sind. Das hat der Senat für die vorliegende GBV bereits mehrfach entschieden (ausf. BAG 18. Februar 2015 – 4 AZR 778/13 – Rn. 40 ff. mwN; 8. Juli 2015 – 4 AZR 111/14 – Rn. 19). Soweit die Beklagte meint, den Tätigkeitsbeispielen könne keine eigenständige Bedeutung zukommen, weil identische Beispiele in mehreren Gehaltsgruppen zu finden seien, ist dies unzutreffend. Identisch sind lediglich die Funktionsbezeichnungen. Demgegenüber sind die Tätigkeitsbeispiele, worauf das Landesarbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, bei den gleichen Funktionsbezeichnungen stets unterschiedlich ausgestaltet.
3. Die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Tätigkeit des Klägers erfülle die Anforderungen des Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe F – FC 429 – GBV, ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern. Die Sache ist allerdings vor dem Hintergrund der bisherigen Erörterungen des Rechtsstreits in den Tatsacheninstanzen nicht entscheidungsreif (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Im Hinblick auf Art. 103 Abs. 1 GG wird das Landesarbeitsgericht den Parteien Gelegenheit zu weiterem tatsächlichen Vortrag geben müssen.
a) Entgegen der Auffassung der Revision ist der Kläger seiner Darlegungslast nachgekommen, „wann und in welcher Form der Arbeitgeber” ihm die „höherwertigen Aufgaben übertragen hat” bzw. „wann und in welcher Form ihm diese qualifizierte Tätigkeit übertragen” wurde.
aa) Die Eingruppierung eines Arbeitnehmers richtet sich grundsätzlich nach der durch den Arbeitsvertrag geschuldeten Tätigkeit. Die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit kann zwar für die Auslegung des Arbeitsvertrags, insbesondere hinsichtlich der genauen Bestimmung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit dann von Bedeutung sein, wenn der schriftliche Arbeitsvertrag hierzu keine oder unzureichende Angaben enthält. Entscheidend ist letztlich jedoch die – wie auch immer bestimmte – vertraglich vereinbarte und geschuldete Tätigkeit (BAG 22. September 2010 – 4 AZR 166/09 – Rn. 17; 25. Oktober 1995 – 4 AZR 479/94 –).
bb) Danach ist die im Arbeitsvertrag vom 5. April 2001 vereinbarte Tätigkeit die eines „Bauleiters in den Teilbereich Technische Realisierung”. Eine ausdrückliche Vereinbarung, geschuldet sei lediglich eine Tätigkeit, die der eines Bauleiters der Gehaltsgruppe D GBV entspreche, nicht aber der Gehaltsgruppe F GBV, haben die damaligen Arbeitsvertragsparteien nicht vereinbart. Das ergibt sich auch nicht aus der Formulierung im Arbeitsvertrag, der Kläger sei „entsprechend den Regelungen unserer Gesamt-Betriebsvereinbarung ‚Gehaltsstruktur und Entlohnungsgrundsätze’ … in der Gehaltsgruppe D eingruppiert”. Der Nennung der Gehaltsgruppe kommt nach den Auslegungsgrundsätzen des Senats (21. August 2013 – 4 AZR 656/11 – Rn. 12 ff. mwN, BAGE 146, 29) jedenfalls im vorliegenden Rechtsstreit nur die Wirkung einer deklaratorischen Angabe der von Seiten der Arbeitgeberin für maßgebend gehaltenen Gehaltsgruppe in Form einer sog. Wissenserklärung zu.
cc) In der Folge bestimmt sich die Eingruppierung des Klägers nach der ihm von der Beklagten in Umsetzung des Arbeitsvertrags übertragenen Tätigkeit. Eines ausdrücklichen formellen „Übertragungsakts” einer „fachlichen Verantwortung” bedarf es nicht (vgl. BAG 10. Dezember 2014 – 4 AZR 261/13 – Rn. 35 ff. mwN). Dass der Kläger eine andere als den vertraglichen Vereinbarungen entsprechende zugewiesene Tätigkeit ausübt, behauptet auch die Beklagte nicht.
b) Es fehlt allerdings an Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu der vom Kläger tatsächlich ausgeübten Tätigkeit.
aa) Die tatsächlichen Grundlagen für eine Entscheidung über die zutreffende Eingruppierung sind von den Gerichten für Arbeitssachen zu ermitteln und festzustellen. Die bloße Wiedergabe der Dokumentation eines Mitarbeiterentwicklungsgesprächs und der dort schlagwortartig umschriebenen „Aufgabenschwerpunkte” ersetzen ebenso wenig wie eine Stellenbeschreibung die erforderlichen Feststellungen, und dies namentlich dann nicht, wenn der nähere Inhalt der auszuübenden Tätigkeit zwischen den Parteien im Streit steht. Die Dokumentation eines Mitarbeiterentwicklungsgesprächs kommt als Grundlage für eine Tätigkeitsbeschreibung allenfalls dann in Betracht, wenn sie die tatsächlich auszuübende Tätigkeit sowie die Gesamt- oder Teiltätigkeiten ausreichend wiedergibt (für Stellenbeschreibungen grdl. BAG 13. November 2013 – 4 AZR 53/12 – Rn. 18 mwN), was ggf. ausdrücklich festzustellen ist.
bb) Danach mangelt es im Entscheidungsfall an den notwendigen Feststellungen. Das Landesarbeitsgericht hat im Tatbestand ausschließlich die stichwortartige Dokumentation des Mitarbeiterentwicklungsgesprächs vom 12. Juli 2012 wiedergegeben. Es ist zudem nicht ersichtlich, ob der Kläger diese Tätigkeiten im gesamten Streitzeitraum ab Januar 2008 durchgehend ausgeübt hat. Auch die weiteren schlagwortartigen Umschreibungen seiner Tätigkeit in den Entscheidungsgründen, die gleichfalls dem Protokoll des Mitarbeiterentwicklungsgesprächs aus dem Jahre 2012 entnommen sind, lassen weder erkennen, welchen näheren Inhalt die im Einzelnen zwischen den Parteien streitige Tätigkeit des Klägers hat, noch ist ersichtlich, ob und wie einzelne Arbeitsschritte aufeinander bezogen sind.
III. Das führt zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung. Dabei wird das Landesarbeitsgericht neben der Geltung oder Anwendbarkeit der GBV und der in der Revisionsinstanz vorgelegten Gehaltsstruktur der „Alcatel Lucent” ab dem 1. Juli 2007 und dem 1. Juli 2010, bei der ggf. § 77 Abs. 3 BetrVG zu prüfen sein wird (vgl. BAG 18. Februar 2015 – 4 AZR 778/13 – Rn. 24 ff.), insbesondere Folgendes zu beachten haben:
1. Das Landesarbeitsgericht wird zunächst festzustellen haben, ob es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit oder mehrere Teiltätigkeiten handelt (zur Prüfung BAG 18. Februar 2015– 4 AZR 778/13 – Rn. 44). Soweit es offenbar davon ausgegangen ist, aufgrund der Funktion als „Bauleiter” sei von einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit auszugehen, weil diese „im Rahmen der Eingruppierung nicht in Teiltätigkeiten unterschiedlicher Wertigkeit” aufgeteilt werden kann, übersieht es, dass es sich bei der Funktionsbezeichnung „Bauleiter” weder um ein Tätigkeitsmerkmal noch um ein Tätigkeitsbeispiel handelt. Ein anderes Ergebnis folgt nicht aus dem Umstand, dass die Parteien wohl von einer einheitlich zu bewertenden Gesamttätigkeit ausgegangen sind. Die Bestimmung und Abgrenzung der konkreten Tätigkeiten als eine Gesamttätigkeit oder mehrere Teiltätigkeiten im Sinne der vorliegenden GBV ist eine rechtliche Bewertung, über die die Beteiligten nicht einvernehmlich verfügen können (st. Rspr., BAG 28. Januar 2009 – 4 AZR 13/08 – Rn. 45 mwN, BAGE 129, 208).
2. Anschließend wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die Tätigkeit des Klägers in ihrer Gesamtheit auf „selbständige Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen mit fachliche Verantwortung” ausgerichtet ist.
a) Derzeit erschließt sich anhand der Ausführungen des Landesarbeitsgerichts nicht, ob mit den von ihm angenommenen „Aufgabenschwerpunkten” der Instandsetzung der Infrastruktur an Mobilfunkstandorten, dem Controlling der gesetzlich vorgeschriebenen Zustandsüberwachung der Standorte, der Koordinierung und Beseitigung von Betriebsstörungen sowie Mängeln und dem gesamten Sperr- und Entsperrprozess, der dem Kläger zudem erst im Jahre 2009 übertragen worden ist, tatsächlich alle genannten Tätigkeitsfelder erfasst sind. Ausweislich des Tatbestands der angegriffenen Entscheidung hat die Beklagte ausgeführt, der Kläger sei nur für Wartungsmaßnahmen zuständig und die Feststellung von Mängeln erfolge durch ein externes Unternehmen.
b) Für den Fall, dass der Kläger nicht mit allen im Tätigkeitsbeispiel genannten Tätigkeiten als vertraglich geschuldeter Tätigkeit betraut ist, wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob die dort genannte Koordinierungstätigkeit kumulativ zu den anderen Tätigkeiten „Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme” vorliegen muss oder ob durch die Konjunktion „sowie” (zu deren möglicher Bedeutung etwa BGH 5. April 1990 – IX ZR 111/89 – zu II 2 der Gründe) zum Ausdruck gebracht werden soll, es reiche für die Erfüllung des Tätigkeitsbeispiels aus, wenn – alternativ – einer der beiden Bereiche von der Tätigkeit umfasst wird. Für ein solches Verständnis könnte sprechen, dass die gesonderte Erwähnung der Koordinierung anderenfalls überflüssig sein könnte, weil sie regelmäßig schon durch die „Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme” mit erfasst sein dürfte. Schließlich geht auch die Beklagte, obwohl sie der Auffassung ist, der Kläger erfülle nicht alle Merkmale des Tätigkeitsbeispiels, davon aus, dieser sei jedenfalls nach der Gehaltsgruppe D GBV zu vergüten.
3. Bei den hier einschlägigen Tätigkeitsbeispielen der Gehaltsgruppen D, E und F – jeweils FC 429 – GBV handelt es sich entgegen der Auffassung der Revision nicht um Aufbaufallgruppen iSd. ständigen Senatsrechtsprechung. Solche liegen immer nur dann vor, wenn das Tätigkeitsmerkmal ein „Herausheben” aus dem in Bezug genommenen Tätigkeitsmerkmal der niedrigeren Gehaltsgruppe durch eine zusätzliche Anforderung ausdrücklich vorsieht, nicht aber schon dann, wenn ein Tätigkeitsmerkmal im Vergleich zu einem anderen lediglich höhere Anforderungen stellt (BAG 6. Juni 2007 – 4 AZR 505/06 – Rn. 20 mwN). Gleichwohl bedarf es, wenn die Tätigkeitsbeispiele der Gehaltsgruppe D – FC 429 – GBV, der Gehaltsgruppe E – FC 429 – GBV und der Gehaltsgruppe F – FC 429 – GBV aufeinander aufbauen, für die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erforderliche Wertung, ob sich die Tätigkeit entsprechend dem Qualifizierungsmerkmal aus der niedrigeren Gehaltsgruppe „heraushebt”, eines Vergleichs mit den Tätigkeiten dieser Gehaltsgruppe (zu Tätigkeitsbeispielen BAG 13. November 2013 – 4 ABR 16/12 – Rn. 35 mwN; zu Richtbeispielen 4. Juli 2012 – 4 AZR 694/10 – Rn. 24 mwN).
a) Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner Entscheidung den erforderlichen wertenden Vergleich vorzunehmen haben. Feststellungen dazu, welche Anforderungen an das Tätigkeitsbeispiel der Gehaltsgruppe D und anschließend der Gehaltsgruppe E GBV zu stellen sind und weshalb die Tätigkeit des Klägers sich durch das Qualifizierungsmerkmal des maßgebenden Tätigkeitsbeispiels der Gehaltsgruppe E und anschließend der Gehaltsgruppe F GBV heraushebt, hat es bisher nicht getroffen.
b) Weiterhin wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass die tatsächlichen Aufgaben oder Anforderungen, die zur Erfüllung der Merkmale einer bestimmten (niedrigeren) Gehaltsgruppe herangezogen werden, nicht nochmals bei der Prüfung eines Qualifizierungsmerkmals einer höheren Gehaltsgruppe verwendet werden können (BAG 19. Februar 2003 – 4 AZR 265/02 – zu II 5 a der Gründe; 5. März 1989 – 4 AZR 631/88 –). Es hat indes die Tätigkeiten des Klägers hinsichtlich der Sperr- und Entsperrprozesse und der Sicherheitsmängel sowohl für die Beurteilung herangezogen, ob die Tätigkeit des Klägers die Anforderungen der Gehaltsgruppe D GBV als auch der Gehaltsgruppe E GBV erfüllt. Gleiches gilt für den „Aufgabenschwerpunkt” Koordinierung und Beseitigung von Betriebsstörungen und Mängeln sowie die Sperr- und Entsperrprozesse bezogen auf die Gehaltsgruppe E GBV und die Gehaltsgruppe F GBV.
c) Schließlich wird das Landesarbeitsgericht bei seiner Beurteilung zu berücksichtigen haben, dass das Qualifizierungsmerkmal der Gehaltsgruppe F GBV „selbständige” Tätigkeiten – wie „Baubegehung, -vorbereitung, -begleitung und Abnahme sowie Koordinierung von Umbauten und Wartungsmaßnahmen” – erfordert (zum Begriff der „Selbständigkeit” BAG 8. November 2006 – 4 AZR 620/05 – Rn. 24 mwN), nicht aber den davon zu unterscheidenden Begriff der „selbständigen Leistungen”, den das Landesarbeitsgericht unter Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 6. Juni 2007 (– 4 AZR 505/06 – Rn. 30 ff.) seiner Beurteilung rechtsfehlerhaft zugrunde gelegt hat.
4. Für den Fall einer Zuordnung der Tätigkeit des Klägers zur Gehaltsgruppe F oder ggf. E GBV weist der Senat noch auf Folgendes hin:
a) Soweit das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen ist, nach Nr. 3 GBV komme dem Arbeitgeber ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht iSd. § 315 Abs. 1 Halbs. 1 BGB nach Maßgabe der genannten Kriterien zu, kann ein Arbeitnehmer nach den vom Landesarbeitsgericht genannten Kriterien und vorbehaltlich weiterer abweichender Bestimmungen in der GBV regelmäßig ohne weitere Darlegung das „Durchschnittsentgelt” der Gehaltsgruppe beanspruchen (dazu im Einzelnen BAG 18. Februar 2015 – 4 AZR 778/13 – Rn. 51 mwN).
b) In Bezug auf die beanspruchten Zinsen wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, dass diese möglicherweise erst ab dem Folgetag der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung verlangt werden können.
aa) Der Anspruch auf Verzugszinsen nach § 288 Abs. 1 BGB entsteht – da Verzug erst ab Fälligkeit eintreten kann – frühestens ab der Fälligkeit der Forderung. Gleiches gilt für Prozesszinsen nach § 291 (§ 291 Satz 1 Halbs. 2 BGB, vgl. BAG 18. März 2014 – 3 AZR 249/12 – Rn. 35; zur Frage, ob Prozesszinsen im Falle der Leistungsbestimmung durch Gestaltungsurteil zugesprochen werden können vgl. BGH 4. April 2006 – X ZR 122/05 – Rn. 23, BGHZ 167, 139). Die Fälligkeit von Entgeltforderungen tritt bei gerichtlicher Bestimmung aufgrund eines Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 BGB erst mit Rechtskraft ein (BAG 18. März 2014 – 3 AZR 249/12 – Rn. 34 mwN; BGH 4. April 2006 – X ZR 122/05 – Rn. 22, aaO). Dem Gläubiger verbleibt dann lediglich die Möglichkeit, im Falle einer pflichtwidrig verzögerten Leistungsbestimmung etwaige Zinsschäden unter den Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB zu verlangen (vgl. BGH 4. Juli 2013 – III ZR 52/12 – Rn. 37). Solche sind derzeit nicht dargelegt.
bb) Das Landesarbeitsgericht wird allerdings zu prüfen haben, ob sich nach Sinn und Zweck der Regelung in Nr. 3 Satz 5 GBV über die Gehaltsfindung, die zugleich Teil der Eingruppierung iSd. Nr. 3 GBV ist, eine Rückwirkung der gerichtlichen Leistungsbestimmung vorgesehen ist (zu dieser Möglichkeit BGH 30. Mai 2003 – V ZR 216/02 – zu II 5 der Gründe; sh. auch 1. März 1996 – V ZR 327/94 –), die auch konkludent erfolgen kann (BGH 30. Mai 2003 – V ZR 216/02 – aaO). Eine solche Möglichkeit kommt im Hinblick auf eine Gegenleistung insbesondere in Betracht, wenn der Schuldner wie hier bereits früher in den Genuss der Leistung gelangt ist (Soergel/Wolf BGB 12. Aufl. Bd. 2 § 315 Rn. 44). Dies liegt bei Dauerschuldverhältnissen nahe (Staudinger/Rieble 2015 § 315 BGB Rn. 409).
Unterschriften
Eylert, Rinck, Treber, Klotz, Lippok
Fundstellen