Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslösung bei täglicher Rückkehr zum Wohnort
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch auf Auslösung nach § 8 Nr. 2 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Steinmetz-, Stein- und Holzbildhauerhandwerk vom 4. April 1989 setzt nicht nur voraus, daß dem Arbeitnehmer während des Einsatzes auf der auswärtigen Baustelle die tägliche Rückkehr vom Arbeitsplatz zum Wohnort nicht zumutbar ist. Erforderlich ist darüber hinaus, daß der Arbeitnehmer wegen des Einsatzes auf der auswärtigen Baustelle eine Unterkunft außerhalb seiner Erstwohnung nimmt und dadurch einen besonderen Mehraufwand hat.
Normenkette
TVG § 1 Auslösung; Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im Steinmetz-, Stein- und Holzbildhauerhandwerk vom 4. April 1989 § 8
Verfahrensgang
LAG Niedersachsen (Urteil vom 22.04.1994; Aktenzeichen 3 Sa 1031/92) |
ArbG Hannover (Urteil vom 22.04.1992; Aktenzeichen 9 Ca 481/91) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. April 1994 – 3 Sa 1031/92 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darum, ob der Kläger für seinen Arbeitseinsatz in den Monaten Juni bis August 1991 auf einer auswärtigen Baustelle in Bad Pyrmont Anspruch auf eine Auslösung nach § 8 des kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit anwendbaren Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer im Steinmetz-, Stein- und Holzbildhauerhandwerk (RTV) vom 4. April 1989 hat. Diese Tarifvorschrift lautet:
Ҥ 8
Vergütung für Mehraufwand bei Entsendung
Vergütungsanspruch
Arbeitnehmer, die vom Arbeitgeber auf eine Baustelle entsandt werden und denen hierdurch höhere Unkosten entstehen, als wenn sie im Betrieb arbeiten, erhalten diesen Mehraufwand wie folgt erstattet:
- Beträgt die Entfernung “Ortsmitte-Baustelle” mehr als 8 km, so ist außer dem Fahrgeld ab 8 km die Fahrzeit (kürzeste Wegstrecke und preisgünstigstes öffentliches Verkehrsmittel) mit dem tariflichen Stundenlohn zu bezahlen.
- Soweit die Wege zur und von der Baustelle in die Arbeitszeit fallen, sind Fahrgeld und Wegezeit voll zu vergüten.
- Bei Benutzung eines eigenen Fahrzeuges des Arbeitnehmers gelten die gleichen Bestimmungen.
- In Orten über 100.000 Einwohner sind besondere Regelungen, abweichend von Ziff. 1.1, örtlich von den bezirklichen Tarifvertragsparteien zu vereinbaren.
Anspruch auf Auslösung
Ist die tägliche Rückkehr vom Arbeitsplatz zum Wohnort nicht zumutbar, so erhält der Arbeitnehmer eine kalendertägliche Auslösung zur Abgeltung besonderer Kosten für Unterkunft und Verpflegung.
Als zumutbar ist die tägliche Rückkehr von der Baustelle zum Wohnort anzusehen, wenn der normale Zeitaufwand für den einzelnen Weg bei Benutzung des günstigsten Verkehrsmittels von der Wohnung zur Baustelle nicht mehr als 1 1/2 Stunden beträgt.
Höhe der Auslösung
- Die Höhe der Auslösung beträgt in den ersten 14 Tagen 4, dann 3,5 Tarifstundenlöhne der Steinmetzen.
- Wird angemessene freie Unterkunft und Verpflegung gewährt, so erhält der Arbeitnehmer eine Abgeltung für besonderen Mehraufwand in Höhe von 1 Tarifstundenlohn der Steinmetzen (Zehrgeld).
- …
Wochenendheimfahrten
- Arbeitnehmer, die Auslösung erhalten, haben alle 4 Wochen Anspruch auf Wochenendheimfahrten.
- …
Fahrgeld, Lohnanspruch, Mehraufwandsvergütung bei Reisetagen
Wird ein Arbeitnehmer gemäß Ziff. 2 auf einen auswärtigen Arbeitsplatz entsandt, so ist ihm bei Beginn und Beendigung der Tätigkeit außer dem Fahrgeld die An- und Abreisezeit ohne jeden Zeitaufschlag voll zu bezahlen. Die Kosten für Mehraufwand sind gem. Ziff. 3 zu zahlen.
- …
”
Der zwischenzeitlich bei der Beklagten ausgeschiedene Kläger war von Januar 1990 bis August 1991 auf einer Baustelle in Bad Pyrmont tätig. Er wohnte zunächst in Hannover. Nach seinem Vorbringen verlegte er im Juni 1990 seinen Wohnsitz von Hannover nach Duingen-Cappellenhagen. Bis Mai 1991 war der Kläger an der Anmietung eines Drei-Bett-Zimmers in Bad Pyrmont beteiligt. Seither fuhr er täglich von seinem Wohnort aus mit dem Pkw nach Bad Pyrmont und zurück. Die Beklagte, die nach ihrem Vortrag erst im Mai 1991 von der Wohnsitzverlegung des Klägers von Hannover nach Duingen-Capellenhagen erfahren hatte, zahlte bis Mai 1991 einschließlich die tarifvertragliche Auslösung an den Kläger.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Weiterzahlung der Auslösung, die sich auf täglich 71,89 DM (3,5 × 20,54 DM) beläuft, für insgesamt 65 Arbeitstage in den Monaten Juni bis August 1991 verlangt.
Er hat den Standpunkt eingenommen, Voraussetzung für den Auslösungsanspruch sei allein, daß die auswärtige Baustelle von der Wohnung aus unter Benutzung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel nicht innerhalb von 1,5 Stunden erreicht werden könne. Dies sei bei ihm der Fall gewesen. Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel hätte er von Capellenhagen über Duingen, Lauenstein und Hameln für den Hinweg mehr als vier Stunden und für den Rückweg mehr als 3 1/2 Stunden benötigt. Auf den tatsächlichen Aufwand an der auswärtigen Baustelle komme es ebensowenig an, wie darauf, welchen Aufwand er gehabt hätte, den Betriebssitz in Hannover zu erreichen. Der Auslösungsanspruch ergebe sich auch daraus, daß die Beklagte die Auslösung nach dem ihr bekannten Umzug nach Duingen-Capellenhagen im Juni 1990 bis zum Mai 1991 weitergezahlt habe. Die Beklagte schulde die Auslösung zudem unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Sie habe an alle auf der Baustelle in Bad Pyrmont beschäftigten Arbeitnehmer Auslösungen gezahlt.
Mit Schriftsatz vom 9. Oktober 1992 hat der Kläger weiter geltend gemacht, die beanspruchte Zahlung stehe ihm hilfsweise deshalb zu, weil die Beklagte während der gesamten Tätigkeit in Bad Pyrmont weder Fahrgeld gezahlt, noch die Fahrzeit vergütet habe. Hieraus ergebe sich ein Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 2.184,-- DM netto und ein Arbeitsentgeltanspruch über 1.335,10 DM brutto.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.672,85 DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich errechnenden Nettobetrag seit dem 7. Oktober 1991 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Kläger habe keinen tarifvertraglichen Anspruch auf Auslösung. Tatsächlich habe er, nachdem er im Mai 1991 die Anmietung des Zimmers in Bad Pyrmont aufgegeben und nach ihrer Kenntnis seinen Wohnsitz nach Capellenhagen verlegt und von dort täglich mit dem Pkw zur Baustelle nach Bad Pyrmont gefahren sei, nur einen Zeitaufwand zur Erreichung der Baustelle von etwa 1/2 bis einer 3/4 Stunde gehabt. Auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln wäre nur ein Zeitaufwand von rund zwei Stunden erforderlich gewesen, hätte der Kläger eine andere Busverbindung gewählt. Ein Auslösungsanspruch scheide jedenfalls deshalb aus, weil die Entfernung von Duingen-Capellenhagen nach Hannover zum Betriebssitz erheblich größer als zur Baustelle nach Bad Pyrmont sei. Auch der Zeitaufwand zur Erreichung des Betriebssitzes wäre nicht geringer gewesen. Von Capellenhagen bis zum Erreichen des Betriebssitzes brauche man insgesamt mehr als zwei Stunden. Nachdem der Kläger die Wohnung in Bad Pyrmont aufgegeben habe, habe er auf dieser auswärtigen Baustelle auch keinen Mehraufwand mehr gehabt.
Ein Anspruch auf Fahrgelderstattung oder Arbeitslohn für die Fahrzeit bestehe ebenfalls nicht, weil der Kläger auch hierfür die tariflichen Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt habe. Er habe durch den Einsatz auf der auswärtigen Baustelle keinen höheren Aufwand gehabt, als er ihn gehabt hätte, hätte er täglich den Betriebssitz erreichen müssen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage in dem in der Revisionsinstanz noch anhängigen Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht dieses Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision strebt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung an.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I. Der Kläger hat keinen tarifvertraglichen Anspruch auf Auslösung für die Zeit seines Einsatzes auf der auswärtigen Baustelle in Bad Pyrmont von Juni bis August 1991, weil er in dieser Zeit keine besonderen Kosten für Unterkunft und Verpflegung (§ 8 Nr. 2 Satz 1 RTV) hatte.
Ein Anspruch auf Auslösung nach § 8 Nr. 2 RTV setzt nicht nur voraus, daß wärend des Einsatzes auf der auswärtigen Baustelle die tägliche Rückkehr vom Arbeitsplatz zum Wohnort nicht zumutbar ist. Erforderlich ist darüber hinaus ein hierdurch ausgelöster besonderer Aufwand für Unterkunft und Verpflegung. Hiervon ist nur auszugehen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des auswärtigen Einsatzes tatsächlich außerhalb seiner Erstwohnung übernachtet hat. Damit entspricht der Regelungsgehalt des § 8 RTV insoweit dem von § 7 des Bundes-Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes, der ebenfalls von der Industriegewerkschaft Bau-Steine-Erden abgeschlossen wurde (vgl. BAG Urteil vom 25. September 1991 – 4 AZR 73/91 – AP Nr. 146 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Er unterscheidet sich grundlegend von dem, was § 6 des Bundesmontagetarifvertrages für die besonderen Arbeitsbedingungen der Montagearbeiter in der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie anordnet (vgl. BAG Urteil vom 28. Juni 1989 – 4 AZR 226/89 – AP Nr. 22 zu § 1 TVG Auslösung).
1. Die Tarifvertragsparteien haben nach dem Wortlaut des § 8 RTV keine Ansprüche begründet, die von tatsächlichem Mehraufwand unabhängig sind. Nur solchen Arbeitnehmern, die aufgrund der auswärtigen Beschäftigung Mehrkosten haben, werden Ansprüche eingeräumt.
a) Die Regelung des Vergütungsanspruchs nach § 8 Nr. 1 RTV und des Anspruchs auf Auslösung nach § 8 Nr. 2 RTV ist die gemeinsame Überschrift “Vergütung für Mehraufwand bei Entsendung” vorangestellt. Die in § 8 RTV geregelten Vergütungen sollen mithin einen Mehraufwand anläßlich der Entsendung auf eine auswärtige Baustelle ausgleichen. Sie sollen kein hiervon unabhängiges zusätzliches Entgelt anläßlich der Entsendung sein. Für dieses Verständnis der Überschrift des § 8 spricht auch die Tarifgeschichte. Der inhaltlich im wesentlichen unverändert gebliebene § 8 RTV war in der Fassung des Tarifvertrages vom 21. April 1964 noch mit “Entfernungsvergütungen” überschrieben worden. Unter einer solchen Überschrift hätte auch ein Auslösungsanspruch begründet werden können, für dessen Entstehung es nicht auf tatsächlichen Mehraufwand ankommt. Dadurch, daß der Begriff des Mehraufwandes in die Überschrift genommen wurde, wird dessen umfassende Bedeutung für die im folgenden geregelten Ansprüche klargestellt.
b) Der Begriff des Mehraufwandes aus der Überschrift wird in den Regelungen selbst aufgegriffen. In § 8 Nr. 1 RTV wird der Vergütungsanspruch davon abhängig gemacht, daß durch die Entsendung auf die Baustelle höhere Kosten entstehen. § 8 Nr. 2 RTV nennt als Anspruchsvoraussetzung zwar zunächst nur die Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr zum Wohnort. Nach dem Rechtsfolgesatz soll die Auslösung aber nur gezahlt werden, um besondere Kosten für Unterkunft und Verpflegung auszugleichen. Durch die genaue Bezeichnung der auszugleichenden Kosten unterscheidet sich § 8 Nr. 2 RTV grundlegend von § 6.4.1 Bundesmontagetarifvertrag; dort ist nur von einer Pauschalerstattung der Mehraufwendungen die Rede. Damit wird deutlich, daß die Tarifvertragsparteien den Anspruch nur eingeräumt haben, um solche bei auswärtigen Übernachtungen typischerweise anfallenden Mehrkosten auszugleichen. Voraussetzung für einen Anspruch auf Auslösung ist deshalb, daß der auf eine Baustelle entsandte Arbeitnehmer aufgrund der Unzumutbarkeit der täglichen Rückkehr zum Wohnsitz eine Unterkunft außerhalb seiner Erstwohnung tatsächlich in Anspruch nimmt.
2. Auch die übrigen Regelungen in § 8 RTV zeigen die der tariflichen Regelung zugrundeliegende Vorstellung der Tarifvertragsparteien, daß auslösungsberechtigte Arbeitnehmer außerhalb der Erstwohnung übernachten müssen.
a) Nur vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, daß § 8 Nr. 3.2 RTV den Auslösungsanspruch einschränkt, wenn der Arbeitgeber angemessene Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung stellt. Auch der Anspruch auf Wochenendheimfahrten nach § 8 Nr. 4.1 RTV setzt für die Zeit der Entsendung auf die Baustelle eine Übernachtung außerhalb der Erstwohnung voraus. Dasselbe gilt für die Bestimmung des § 8 Nr. 5 RTV. Es besteht nur dann ein Bedarf, den Sonderaufwand für die An- und Abreise auszugleichen, wenn der Arbeitnehmer grundsätzlich während des Einsatzes auf der Baustelle außerhalb der Erstwohnung übernachtet hat.
b) Auch das Verhältnis der Ansprüche aus § 8 Nr. 1 und Nr. 2 RTV zueinander spricht dafür, daß ein zusätzlicher Übernachtungsaufwand Voraussetzung eines Anspruchs auf Zahlung von Auslösung ist.
§ 8 RTV unterscheidet nicht, wie der Bundesmontagetarifvertrag, nach unterschiedlichen Einsatzformen (Nah- oder Fernmontage), der jeder dieser Einsatzformen andere Ansprüche zuordnet. Die Erstattungsansprüche nach § 8 RTV richten sich vielmehr nur nach der Art des tatsächlich entstandenen Mehraufwandes: Waren während des Einsatzes auf der auswärtigen Baustelle besondere Fahrtkosten und eine höhere Fahrtzeit aufzuwenden, richten sich die Ansprüche des Arbeitnehmers nach § 8 Nr. 1 RTV. Dies gilt unabhängig davon, ob die tägliche Rückkehr von der Baustelle zum Wohnort zumutbar war oder nicht. Übernachtet der Arbeitnehmer aufgrund seiner Entsendung außerhalb seiner Erstwohnung, dann hat er einen Anspruch auf Auslösung zum Ausgleich für diesen Mehraufwand nach § 8 Nr. 2 RTV, wenn die Übernachtung tatsächlich erforderlich war, weil die tägliche Rückkehr nach Maßgabe des § 8 Nr. 2 Satz 2 RTV unzumutbar war.
3. Hätten die Tarifvertragsparteien den Auslösungsanspruch ohne tatsächlichen, durch eine auswärtige Übernachtung ausgelösten Mehraufwand einräumen wollen, hätte nichts näher gelegen, als die sich daraus offenkundig ergebenden besonderen steuerrechtlichen Fragen im Tarifvertrag zu behandeln. Daß dies anders als in § 6.4.3 des Bundesmontagetarifvertrages in § 8 RTV nicht geschehen ist, zeigt dessen anderen Regelungsgehalt.
II. Der Kläger hat auch keinen arbeitsvertraglichen Anspruch auf eine Auslösung unabhängig von der Erfüllung der tarifvertraglichen Voraussetzungen. Daraus, daß die Beklagte an den Kläger bis Mai 1991 für dessen Tätigkeit auf der Baustelle in Bad Pyrmont Auslösungen gezahlt hat, kann der Kläger für sich nichts herleiten. Aus diesem Verhalten kann insbesondere nicht geschlossen werden, daß die Beklagte sich zur Zahlung von Auslösungen unabhängig von deren tarifvertraglichen Voraussetzungen verpflichten wollte. Bei der Zahlung der Auslösung bis Mai 1991 hat sich die Beklagte für den Kläger ersichtlich an dem nach § 8 Nr. 2 RTV maßgeblichen Gesichtspunkt orientiert: Bis zu diesem Monat hatte sich der Kläger an der Anmietung einer Übernachtungsstelle in Bad Pyrmont beteiligt. Danach übernachtete er wegen seines Einsatzes auf der dortigen Baustelle nicht mehr außerhalb seiner Erstwohnung. Aus dem Verhalten der Beklagten bis Mai 1991 konnte der Kläger mithin nicht schließen, daß er ab Juni 1991 unter den nunmehr veränderten Bedingungen weiterhin die Auslösung erhalten werde.
III. Der Kläger hat auch keinen Auslösungsanspruch nach dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der Kläger macht zwar geltend, alle Arbeitnehmer auf der Baustelle in Bad Pyrmont hätten die Auslösung erhalten, obwohl sie teilweise, vergleiche man den Aufwand zum Erreichen der Arbeitsstelle mit demjenigen, der erforderlich gewesen wäre, um die Betriebsstätte zu erreichen, günstigere Bedingungen gehabt hätten als er. Dieser Vortrag reicht zur Rechtfertigung eines Gleichbehandlungsanspruchs jedoch nicht aus. Der Kläger trägt nicht vor, inwiefern und wie lange diese Arbeitnehmer außerhalb ihrer Erstwohnung Unterkunft in Bad Pyrmont genommen hatten. Das wäre aber erforderlich gewesen, weil die Beklagte die Zahlung der Auslösung an den Kläger erst einstellte, als der Kläger seine Unterkunft in Bad Pyrmont aufgegeben hatte. Dies gilt um so mehr, als die Inanspruchnahme einer auswärtigen Unterkunft wesentliche Voraussetzung für einen tarifvertraglichen Anspruch auf Auslösung ist.
IV. Der Kläger hat auch keinen – hilfsweise geltend gemachten – Anspruch auf Erstattung von Fahrtkosten und Fahrtzeit nach § 8 Nr. 1 RTV.
Es kann dahinstehen, ob dieser Anspruch bereits daran scheitert, daß der Kläger durch die Entsendung auf die Baustelle in Bad Pyrmont keine höheren Kosten hatte, als wenn er im Betrieb gearbeitet hätte. Ein etwaiger Anspruch ist jedenfalls nach § 16 RTV verfallen. Nach dieser Vorschrift verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben worden sind. Ansprüche auf Erstattung von Fahrtkosten und Fahrtzeit für die Monate Juni bis August 1991 wären spätestens Ende September 1991 fällig. Sie wurden erstmals mit Schriftsatz vom 9. Oktober 1992 im Rahmen der Berufungserwiderung schriftlich geltend gemacht.
Unterschriften
Dr. Heither, Kremhelmer, Bepler, Furchtbar, Horst Schmitthenner
Fundstellen
Haufe-Index 873899 |
NZA 1996, 775 |