rechtskräftig: ja
Entscheidungsstichwort (Thema)
tariflicher Anspruch auf Fahrkostenabgeltung und Verpflegungszuschuß bei Einsatz auf auswärtigen Baustellen im Baugewerbe
Leitsatz (amtlich)
Der tarifliche Anspruch auf Fahrtkostenerstattung und Verpflegungszuschuß nach § 7 Nr. 3.1. und 3.2. BRTV-Bau setzt u.a. voraus, dass ein Auslösungsanspruch nach § 7 Nr. 4.1 nicht besteht. Für die insoweit geforderte getrennte Haushaltsführung kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer angewiesen hat, wegen der Unzumutbarkeit einer täglichen Rückkehr zum Wohnort am Ort der Arbeitsleistung zu übernachten, ist dabei ohne Bedeutung.
Normenkette
BRTV-Bau § 7 Nr. 3.1., Nr. 3.2., Nr. 4.1
Verfahrensgang
ArbG Neuruppin (Entscheidung vom 11.07.1996; Aktenzeichen 2 Ca 1306/96) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung hat die Beklagte zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Fahrtkostenabgeltung und Verpflegungszuschüsse in Höhe von unstreitigen DM 720,00. Er begründet seinen Anspruch auf § 7.3. des für allgemeinverbindlich erklärten Bundesrahmentarifvertrages für das Baugewerbe vom 30.11.1995 (BRTV).
Durch das der Beklagten am 07.08.1996 zugestellte Urteil vom 11.07.1996, auf das hiermit zur näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Neuruppin der Klage stattgegeben.
Hierzu hat es vorgetragen, daß die Voraussetzungen für den Anspruch des Klägers auf Fahrtkostenabgeltung (§ 7.3.1 BRTV) und Verpflegungszuschüsse (§ 7 a BRTV – für das Beitrittsgebiet) vorliegen würden und dem Kläger kein Auslösungsanspruch gem. § 7.4.1 BRTV zustehe. Der Auslösungsanspruch knüpfe an einen tatsächlichen Mehraufwand für Unterkunft und Verpflegung in Folge einer getrennten Haushaltsführung bzw. auswärtigen Übernachtung an, die jedoch aufgrund der täglichen Heimfahrt des Klägers zu seiner Wohnung nicht entstanden seien.
Hiergegen richtet sich die am 26.08.1996 eingelegte und mittels eines am 26.09.1996 beim Landesarbeitsgericht Brandenburg eingegangenen Schriftsatzes begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger habe ein Anspruch auf Auslösung zugestanden, weil ihm die tägliche Rückkehr von der Baustelle zur Wohnung wegen der Entfernung von 78 km nicht zuzumuten gewesen seien und sie ihn deshalb angewiesen habe, die strapaziösen Heimfahrten zum Zwecke der Erhaltung seiner Arbeitskraft zu unterlassen. Der Anspruch auf Auslösung sei nur deshalb nicht mehr realisierbar, weil der Kläger mit dem Schreiben vom 10.04.1996 der ihn vertretenden Industriegewerkschaft Bau – Agrar – Umwelt nur Fahrtkosten und Verpflegungszuschüsse geltend gemacht habe, nicht jedoch Ansprüche auf Auslösung.
Die Beklagte beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die gem. §§ 64 Abs. 3, 66 ArbGG, §§ 518 ff ZPO zulässige Berufung ist unbegründet.
Wie das Arbeitsgericht zu Recht erkannt hat, ist der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Fahrtkostenabgeltung und Verpflegungszuschüssen in unstreitiger Höhe gegeben, §§ 7.3.1, 7 a BRTV.
Dieser Anspruch ist auch nicht deshalb entfallen, weil ihm ein Auslösungsanspruch gem. § 7.4.1 zugestanden hätte.
Denn ihm stand ein Auslösungsanspruch nicht zu.
Ein Anspruch auf Auslösung setzt nicht nur voraus, daß während des Einsatzes auf der auswärtigen Baustelle die tägliche Rückkehr vom Arbeitsplatz zum Wohnort nicht zumutbar ist. Erforderlich ist darüber hinaus ein hierdurch ausgelöster besonderer Aufwand für Unterkunft und Verpflegung' (BAG, Urt. v. 27.02.1996 – 3 AZR 163/95 – für den Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im Steinmetz-, Stein- und Holzbildhauerhandwerk, dessen Regelungsgehalt dem von § 7 BRTV entspreche). Gem. § 7.4.1 unter Absatz 3 BRTV gilt das Merkmal der getrennten Haushaltsführung dann als erfüllt, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seiner Erstwohnung übernachtet. Hieran fehlt es.
Das Vorliegen dieses für den Auslösungsanspruch begründende Tatbestandsmerkmal kann auch nicht dadurch fingiert werden, daß die Beklagte den Kläger angewiesen hatte, statt täglich die Heimreise anzutreten, am Ort der Baustelle in den vorhandenen Unterkünften zu übernachten. Die Tarifvertragsparteien haben geregelt, daß eine getrennte Haushaltsführung nur dann vorliegt, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich außerhalb seiner Erstwohnung übernachtet hat.
Es kann dahin gestellt bleiben, inwieweit dem Arbeitgeber ein Direktionsrecht in der Weise zusteht, daß er dem Arbeitnehmer anweist, strapaziöse Heimfahrten zu unterlassen und am Ort der Baustelle zu übernachten. Wenn der Umfang eines solchen Direktionsrechts zulässig sein und der Arbeitnehmer dagegen verstoßen haben sollte, so mag dies den Arbeitgeber berechtigen, gegenüber dem Arbeitnehmer Maßnahmen wegen Verstoßes gegen die Anordnung zu ergreifen. Es kann jedoch keine Auswi...