Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösungsantrag des Arbeitnehmers nach rechtskräftig für sozialwidrig anerkannter Kündigung wegen Ablehnung einer Änderung des Arbeitsvertrages (Herabsetzung der Stundenzahl im Rahmen eines „Lehrerpersonalkonzepts”). Voraussetzungen der Unzumutbarkeit gemäß § 9 KSchG (Ankündigung des Arbeitgebers, „alle rechtlichen Mittel auszuschöpfen zur Umsetzung des Lehrerpersonalkonzepts”). Ausspruch einer weiteren Kündigung als Auflösungsgrund
Orientierungssatz
Ein Auflösungsgrund nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG liegt nicht schon darin, daß der Arbeitgeber nach erstinstanzlichem Verlust des Kündigungsschutzprozesses erneut kündigt und grundsätzlich entschlossen ist, die unternehmerische Entscheidung, die der ersten, sozialwidrigen Kündigung zugrunde lag, mit allen ihm zur Verfügung stehenden r e c h tl i c h e n Mitteln, notfalls einer erneuten, aus seiner Sicht nunmehr sozial gerechtfertigten Kündigung durchzusetzen.
Normenkette
KSchG §§ 9-10, 1 Abs. 2, § 2
Verfahrensgang
LAG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 18.10.2001; Aktenzeichen 1 (2) Sa 167/01) |
ArbG Neustrelitz (Urteil vom 27.02.2001; Aktenzeichen 3 Ca 1985/00) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 18. Oktober 2001 – 1 (2) Sa 167/01 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch über einen Auflösungsantrag der Klägerin nach einer von der Beklagten ausgesprochenen, vom Landesarbeitsgericht rechtskräftig für sozialwidrig erkannten Kündigung des beklagten Landes.
Die Klägerin war seit 1983 bei dem beklagten Land bzw. dessen Rechtsvorgänger als Lehrerin beschäftigt, zuletzt als Schulleiterin einer Grundschule. 1996 hatte sie eine Erklärung zur Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept unterzeichnet. Dabei handelt es sich um eine zwischen der Landesregierung, den Gewerkschaften und Berufsverbänden abgesprochene Regelung zum sozialverträglichen Abbau von Lehrerstellen angesichts sinkender Schülerzahlen. Das Kultusministerium hat über seinen Inhalt und seine Durchführung vier Informationsbroschüren nach dem Stand von Februar 1996, September 1996, August 1997 und Juni 2000 veröffentlicht. Die Informationsbroschüre 1 enthält den Wortlaut des Lehrerpersonalkonzeptes vom 8. Dezember 1995 und seiner Anlagen sowie Erläuterungen; die Informationsbroschüren 2, 3 und 4 enthalten weitere Hinweise und Erläuterungen.
Im Text des Lehrerpersonalkonzeptes heißt es ua.:
„1.1 Allen vom Geltungsbereich des Lehrerpersonalkonzeptes erfaßten Landesbediensteten soll grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt werden, an den in den Anlagen 1 bis 4 dargestellten Personalmaßnahmen teilzunehmen.
(Fußnote 1: Dieses sind: Auflösung und Abfindung, Vorruhestand, Teilzeit, Versetzung vom allgemeinbildenden Schulbereich in die berufliche Bildung …)
1.2 Für die Teilnahme an einer der in den Anlagen genannten Maßnahmen gilt der Grundsatz der Freiwilligkeit …
1.3 Es wird ein jährlicher Einstellungskorridor in Höhe von 170 Neueinstellungen unterstellt. Der Einstellungskorridor wird verwendet für
- Neueinstellungen in Mangelfächern, dabei sind insbesondere Berufsanfänger zu berücksichtigen,
- Berufsanfänger mit anderen Fächerkombinationen.
1.4 Beim Zustandekommen einer verbindlichen Vereinbarung über eine der in den Anlagen genannten Personalmaßnahmen ist eine ordentliche Änderungs- oder Beendigungskündigung zum Zwecke des Stellenabbaus ausgeschlossen, wenn ein solcher Kündigungsschutz Bestandteil der in den Anlagen genannten Personalmaßnahmen ist. Ansonsten sind betriebsbedingte Kündigungen für Lehrkräfte nicht ausgeschlossen.”
In der Anlage 3 „Freiwillige Teilzeitbeschäftigung” heißt es ua.:
„§ 1 Teilzeittätigkeit
(1) Mit Landesbediensteten, die an dieser Maßnahme teilnehmen können, wird eine unbefristete Teilzeittätigkeit vereinbart.
(2) Die Teilzeittätigkeit beträgt 50 v. H. eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten.
(3) In besonderen sozialen Härtefällen kann ein Teilzeitarbeitsverhältnis befristet um weitere bis zu 16 v. H. eines vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten aufgestockt werden…
§ 2 Kündigungsschutz
(1) Bei Teilzeitvereinbarung von 50 v. H. besteht unabhängig von einer befristeten höheren Unterrichtsverpflichtung ein unbefristeter Kündigungsschutz. Gleiches gilt für Teilzeitarbeitsverhältnisse nach § 1 Abs. 3 …
§ 3 Rückkehr in ein Vollzeitarbeitsverhältnis
Die Rückkehr in ein Vollzeitarbeitsverhältnis oder eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit wird nach den dieser Regelung Teilzeitbeschäftigten vorrangig, entsprechend den betrieblichen Erfordernissen, angeboten.”
In der Informationsbroschüre 3 heißt es unter 1. „Allgemeine Hinweise”:
„… Von den 20.186 unbefristet beschäftigten Lehrkräften im Land erklärten 19.706 Lehrkräfte zum 31.10.1996 ihre Bereitschaft zur Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept. Das entspricht einem prozentualen Anteil von rund 97,6 Prozent. Um die für 1997 angegebenen Abbauzahlen von 570 Stellen und den Einstellungskorridor zu realisieren, wurden bis zum 31.12.1996 mit 711 Lehrkräften Auflösungsverträge nach Anlage 1 und 2 des Lehrerpersonalkonzeptes geschlossen. 70 Lehrkräfte wollen bis zum 1.8.1997 an eine berufliche Schule wechseln. Für das Schuljahr 1997/98 bedeutet dies, daß noch keine Teilzeitverträge im Rahmen des Lehrerpersonalkonzeptes abgeschlossen werden.”
In den „Erläuterungen zur freiwilligen Teilzeitbeschäftigung” (Seite 31 der Informationsbroschüre 1) heißt es ua.:
„Welche Folgen kann die Nichtteilnahme haben?
… Für Beschäftigte, die nicht am Personalkonzept teilnehmen, bliebe aus diesem Grunde nur der Weg über eine Änderungskündigung. Eine Änderungskündigung bedeutet, daß ein letztmaliges Angebot auf Änderung des Arbeitsvertrages ausgesprochen wird und für den Fall, daß dieses Angebot nicht angenommen wird, das Arbeitsverhältnis durch Kündigung endet. Mit einer durch eine Änderungskündigung herbeigeführten Reduzierung des Arbeitsumfangs – auf ebenfalls ‚50+X’ – ist aber nicht der Kündigungsschutz verbunden, den diejenigen erhalten, die freiwillig an dieser Maßnahme teilnehmen. In letzter Konsequenz bedeutet das, daß diejenigen, die nicht freiwillig an einer Maßnahme teilnehmen, zu dem Zeitpunkt, zu dem der Bedarf insgesamt unter 50 v. H. zu sinken droht, das Risiko einer Beendigungskündigung zu tragen haben.”
Auf der Grundlage des Lehrerpersonalkonzepts bot das beklagte Land der Klägerin Mitte Juli 2000 die Änderung ihres Arbeitsvertrages an; das Vollzeitarbeitsverhältnis (27 Unterrichtsstunden) sollte als Teilzeitarbeitsverhältnis (14 Unterrichtsstunden) mit auf das jeweilige Schuljahr befristeten zusätzlichen Wochenstunden umgestellt werden. Die Klägerin lehnte eine entsprechende Änderung des Arbeitsvertrages ab. Daraufhin sprach das beklagte Land mit Zustimmung des Personalrats am 25. September 2000 eine Beendigungskündigung zum 31. März 2001 aus. Das Arbeitsgericht hat festgestellt, daß diese Kündigung sozialwidrig ist und deshalb das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet hat. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Die vom Landesarbeitsgericht insoweit auch für das beklagte Land zugelassene Revision ist von diesem nicht eingelegt worden. In der Revisionsinstanz streiten die Parteien nur noch über den von der Klägerin zweitinstanzlich gestellten Auflösungsantrag.
Die Klägerin hat vorgetragen, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei ihr nicht zumutbar und das Arbeitsverhältnis sei deshalb aufzulösen. Obwohl das Arbeitsgericht festgestellt habe, daß die ausgesprochene Beendigungskündigung unwirksam gewesen sei, habe das beklagte Land am 29. März 2001 erneut eine Änderungskündigung zum 30. September 2001 ausgesprochen. Es sei damit zu rechnen, daß das beklagte Land ihr gegenüber weitere unberechtigte Kündigungen aussprechen werde. Sie habe lediglich in zulässiger Weise ihre fehlende Bereitschaft zur Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept erklärt. Der Ausspruch einer Beendigungskündigung stelle deshalb einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB dar. Dieser sei um so gravierender, als im Lehrerpersonalkonzept der Grundsatz der Freiwilligkeit mit festgeschrieben worden sei. Wenn in einer Informationsbroschüre angekündigt werde, das beklagte Land werde alle Rechtsmittel in Anspruch nehmen, wenn einzelne Nichtteilnehmer am Lehrerpersonalkonzept aus ihrer Verweigerung Vorteile ziehen wollten, so stelle auch dies die Drohung mit weiteren Beendigungskündigungen dar. An mehreren Stellen werde in den Informationsbroschüren deutlich gemacht, daß die Lehrer, Schulleiter und stellvertretenden Schulleiter, die nicht am Lehrerpersonalkonzept teilnähmen, eine Beendigungskündigung erhalten würden. Diese Drohungen seien widerrechtlich gewesen, da auf Grund der schon ergangenen Urteile festgestanden habe, daß etwaige Beendigungskündigungen keinen Bestand haben könnten. Dies habe das beklagte Land auch erkennen können und müssen. Unter diesen Umständen sei es ihr nicht mehr zuzumuten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen.
Die Klägerin hat beantragt,
das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gemäß §§ 9, 10 KSchG aufzulösen und das beklagte Land zur Zahlung einer Abfindung in einer angemessenen Höhe, die in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, nebst Zinsen iHv. 4 % seit Rechtshängigkeit des Abfindungsurteils zu verurteilen.
Das beklagte Land hat zur Stützung seines Antrags auf Zurückweisung des Auflösungsantrags geltend gemacht, es seien keine Tatsachen erkennbar, die zu der Vermutung Anlaß gäben, das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien wäre derart zerstört, daß der Klägerin die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar wäre. Der Klägerin sei nicht gekündigt worden, weil sie die Änderungsangebote nicht angenommen habe, sondern weil für eine Vollbeschäftigung der Klägerin im Staatlichen Schulamt N kein Bedarf mehr bestanden habe. Eine Maßregelung könne darin nicht gesehen werden. Den zahlreichen Lehrkräften im Grundschulbereich, die die Änderungsangebote angenommen hätten, sei Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen zugesichert worden. Der weitere Reduzierungsbedarf nach Absenkung der Stundenzahlen der Teilnehmer am Lehrerpersonalkonzept sei nur mit betriebsbedingten Kündigungen realisierbar gewesen. Die Rechtsauffassung, eine weitere Reduzierung der Stundenzahl müsse durch Beendigungskündigungen gegenüber Nichtteilnehmern am Lehrerpersonalkonzept durchgesetzt werden, sei im übrigen schon im Jahr 2000 vor dem Stellen des Auflösungsantrags aufgegeben worden. Ihr Ziel sei eine Fortbeschäftigung der Klägerin. Ihr Prozeßverhalten beweise dies.
Das Landesarbeitsgericht hat den Auflösungsantrag der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin diesen Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Auflösungsantrag der Klägerin sei nicht begründet. Daraus, daß die Beklagte, nachdem sie in dem Prozeß um die Kündigung vom 25. September 2000 in erster Instanz unterlegen sei, den erneuten Versuch einer betriebsbedingten Kündigung unternommen habe, folge noch nicht, daß die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Klägerin unzumutbar wäre. Die von der Klägerin angeführten Informationsschreiben und Presseerklärungen des Kultusministers enthielten keine den Auflösungsantrag begründenden widerrechtlichen Drohungen gegenüber der Klägerin.
II. Dem folgt der Senat. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, es liege kein hinreichender Grund vor, das Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG auf Antrag der Klägerin aufzulösen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
1. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über einen vom Arbeitnehmer gestellten Auflösungsantrag ist nur beschränkt überprüfbar. Das Revisionsgericht kann nur nachprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen des § 9 KSchG, insbesondere den Begriff der Unzumutbarkeit verkannt und ob es bei der Prüfung der vom Arbeitnehmer vorgetragenen Auflösungsgründe Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder nicht alle wesentlichen Umstände vollständig und widerspruchsfrei berücksichtigt und gewürdigt hat (BAG 19. August 1982 – 2 AZR 230/80 – BAGE 40, 56 = AP KSchG 1969 § 9 Nr. 9 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 14 mwN). Danach läßt das Berufungsurteil keinen Rechtsfehler erkennen.
2. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG hat das Gericht das durch eine sozialwidrige Kündigung nicht beendete Arbeitsverhältnis durch Urteil aufzulösen, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Dabei muß kein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB vorliegen, der dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar macht. Vielmehr reicht es aus, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Dauer iSv. § 9 KSchG unzumutbar ist (BAG 26. November 1981 – 2 AZR 509/79 – BAGE 37, 135 = AP KSchG 1969 § 9 Nr. 8 = EzA KSchG § 9 nF Nr. 11). Das Verhalten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der ausgesprochenen sozialwidrigen Kündigung kann dabei je nach den Umständen geeignet sein, die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu begründen.
a) Dies kann etwa der Fall sein, wenn durch unzutreffende, ehrverletzende Behauptungen des Arbeitgebers über die Person oder das Verhalten des Arbeitnehmers das Vertrauensverhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien unheilbar zerrüttet ist oder das Kündigungsschutzverfahren über eine offensichtlich sozialwidrige Kündigung seitens des Arbeitgebers mit einer derartigen Schärfe geführt worden ist, daß der Arbeitnehmer mit einem schikanösen Verhalten des Arbeitgebers und der anderen Mitarbeiter rechnen muß, wenn er in den Betrieb zurückkehrt.
b) Dazu reicht es jedoch nicht aus, wie die Revision im Anschluß an einzelne Literaturstimmen (vgl. ErfK/Ascheid 3. Aufl. § 9 KSchG Rn. 14; Löwisch KSchG 8. Aufl. § 9 Rn. 40) meint, daß der Arbeitgeber nach erstinstanzlichem Verlust des Kündigungsschutzprozesses erneut kündigt und grundsätzlich entschlossen ist, die unternehmerische Entscheidung, die der ersten, sozialwidrigen Kündigung zugrunde lag, mit allen ihm zur Verfügung stehenden r e c h t l i c h e n Mitteln, notfalls einer erneuten, aus seiner Sicht nunmehr sozial gerechtfertigten Kündigung durchzusetzen. Zwar kann die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses je nach den Umständen unzumutbar sein, wenn feststeht, daß der Arbeitgeber ungeachtet der Rechtsauffassung des Gerichts sich auf jeden Fall von dem Arbeitnehmer trennen will und offensichtlich beabsichtigt, mit derselben oder einer beliebigen anderen Begründung solange Kündigungen auszusprechen, bis er sein Ziel erreicht hat. Unzumutbarkeit ist jedoch nicht allein deshalb gegeben, weil der Arbeitgeber nach dem der Klage stattgebenden Urteil erster Instanz im Kündigungsschutzprozeß nunmehr aus seiner Sicht unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut kündigt. Auch die Ankündigung, er wolle alle rechtlichen Mittel einsetzen, seine unternehmerische Entscheidung weiterzuverfolgen, hält sich noch im Rahmen der Wahrnehmung berechtigter Interessen. Die Drohung etwa mit einer erneuten, nunmehr aus Sicht des Arbeitgebers nach § 1 KSchG sozial gerechtfertigten Kündigung ist ohne das Vorliegen weiterer Umstände nicht als rechtswidrig anzusehen.
3. Danach hält sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei für die Klägerin nicht unzumutbar, im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz. Das Landesarbeitsgericht hat den unbestimmten Rechtsbegriff „Unzumutbarkeit” iSv. § 9 Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht verkannt und auch nicht, wie die Revision rügt, wesentliche Teile des Sachverhalts unberücksichtigt gelassen. Dem Vorbringen der Klägerin lassen sich, wovon das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend ausgegangen ist, keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß die Kündigung allein eine rechtswidrige Maßregelung (§ 612a BGB) wegen der Ablehnung des Angebots auf Änderung des Arbeitsvertrages dargestellt hat. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Kündigung keine Einzelmaßnahme, die sich auf irgendwelche Vorkommnisse in dem Verhältnis zwischen den Parteien gründete. Die Kündigung wurde vielmehr auf der Grundlage eines allgemeinen organisatorischen Konzepts ausgesprochen, dessen Ziel es gerade war, bei rückläufigem Beschäftigungsbedarf im Schulbereich des beklagten Landes möglichst vielen Arbeitnehmern eine Weiterbeschäftigung zu sichern. Nach den Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zum Kündigungsschutzantrag hat das beklagte Land auch nicht etwa leichtfertig eine offensichtlich sozialwidrige Kündigung ausgesprochen; die Wirksamkeit der Kündigung scheiterte nach dem angefochtenen Urteil lediglich daran, daß das beklagte Land seine unternehmerischen Ziele vorrangig durch eine nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts zulässige Änderungskündigung hätte durchsetzen müssen.
a) Wenn das beklagte Land seine einer Unternehmerentscheidung gleichkommende Entscheidung zunächst durch eine Beendigungskündigung durchsetzen wollte, und im Kündigungsschutzverfahren festgestellt worden ist, die Wirksamkeit der Kündigung scheitere an bestimmten Erfordernissen, so handelte das beklagte Land nicht rechtsmißbräuchlich, sondern in Wahrnehmung berechtigter Interessen, wenn es unter Beachtung der Vorgaben des Arbeitsgerichts nunmehr erneut gekündigt hat, um seine unternehmerischen Ziele durchzusetzen. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht deshalb die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Klägerin nicht allein aus der Tatsache hergeleitet, daß das beklagte Land nach seinem Unterliegen in erster Instanz jetzt durch eine Änderungskündigung versucht hat, den Bedenken des Arbeitsgerichts gegen die Sozialwidrigkeit der ersten Kündigung Rechnung zu tragen.
b) Es hält sich auch im Beurteilungsspielraum der Tatsacheninstanz, wenn das Landesarbeitsgericht nicht der Annahme der Klägerin gefolgt ist, sie habe wegen ihrer Ablehnung der Teilnahme am Lehrerpersonalkonzept im Falle einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Schikanen und einer Maßregelung seitens des beklagten Landes rechnen müssen. Eine solche Befürchtung war insbesondere, wie das Landesarbeitsgericht mit zugegebenermaßen kurzer Begründung, im Ergebnis aber zutreffend, dargelegt hat, nicht auf Grund der Informationsschriften des beklagten Landes berechtigt. Dort heißt es in den von der Klägerin herangezogenen Passagen lediglich, das beklagte Land werde in Bezug auf Kündigungsverfahren alle rechtlichen Mittel voll ausschöpfen. Daraus läßt sich aber gerade nicht herleiten, daß die Klägerin im Fall einer weiteren Ablehnung der vom beklagten Land vorgeschlagenen Änderungen mit schikanösen, also rechtswidrigen Maßnahmen des beklagten Landes zu rechnen hatte. Der Hinweis des beklagten Landes konnte mangels weitergehender Umstände, die die Klägerin nicht vorgetragen hat, nur bedeuten, daß das beklagte Land bereit war, etwa den Rechtsmittelweg voll auszuschöpfen und ggf. unter Beachtung einer rechtskräftigen Entscheidung im ersten Kündigungsschutzprozeß erneut, nunmehr aus seiner Sicht sozial gerechtfertigt zu kündigen. Dies war aber sein gutes Recht. Die Befürchtung der Klägerin, auch nach einem endgültigen Obsiegen würde sie im Falle der Weiterbeschäftigung drangsaliert und schikaniert, ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, durch keinen hinreichenden Sachvortrag belegt. Konkrete Verfahrensrügen etwa dazu, welcher Sachvortrag vom Landesarbeitsgericht übergangen worden wäre, werden mit der Revision auch nicht vorgebracht.
c) Es kommt damit nicht mehr darauf an, ob das beklagte Land, wie es nunmehr vorträgt, von dem ursprünglichen Konzept, gegenüber den Nichtteilnehmern am Lehrerpersonalkonzept Beendigungskündigungen auszusprechen, bei Stellung des Auflösungsantrags im Jahre 2000 längst Abstand genommen hatte.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Unterschriften
Rost, Bröhl, Schmitz-Scholemann, Baerbaum, Heise
Fundstellen
ARST 2004, 36 |
FA 2003, 348 |
NZA 2004, 512 |
ZTR 2003, 583 |
AP, 0 |
EzA-SD 2003, 11 |
EzA |
ArbRB 2003, 260 |
BAGReport 2003, 268 |
NJOZ 2004, 1783 |