Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifgeltung im Beitrittsgebiet
Orientierungssatz
Hinweise des Senats:
"Fortsetzung der ständigen Rechtsprechung des Senats zum Geltungsbereich des BAT-O und zur Vergütung nach Rückkehr in das Beitrittsgebiet."
Tenor
1. Auf die Revision des beklagten Landes wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 23. Juli 1998 - 16 Sa 146/97 - aufgehoben.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 29. Juli 1997 - 95 Ca 573/97 - wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob auf das Arbeitsverhältnis des Klägers seit dem 1. Januar 1996 der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) oder der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 Anwendung findet und ob das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger ab Februar 1992 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zu versichern.
Der Kläger, der keiner Gewerkschaft angehört, war seit 1972 beim Sportstättenbetrieb Berlin, einer dem Magistrat des ehemaligen Ostberlin unterstehenden Einrichtung zur Verwaltung von Sportstätten, beschäftigt. Diese Einrichtung wurde nach Herstellung der Einheit Deutschlands auf das beklagte Land überführt und im Dezember 1990 der Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport eingegliedert. Der Kläger war zunächst als Abteilungsleiter Information und Dokumentation in einem Verwaltungsgebäude im ehemaligen Ostberlin beschäftigt. Er wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1991 zu der im ehemaligen Westberlin gelegenen Abteilung IX B versetzt, ohne daß ihm zu diesem Zeitpunkt eine Rückkehr auf einen Arbeitsplatz im ehemaligen Ostberlin in Aussicht gestellt wurde. Die Parteien schlossen am 20. Dezember 1991 einen schriftlichen Arbeitsvertrag. Dieser lautet auszugsweise:
"§ 1
Herr R wird vom 01.01.1991 an für eine Beschäftigung als Angestellter im Bereich der Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport auf unbestimmte Zeit weiterbeschäftigt.
...
§ 3
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Ersten Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften - (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die mit dem Land Berlin bzw. dem Arbeitgeberverband, dem das Land Berlin angehört, bisher vereinbarten, noch geltenden und künftig abzuschließenden Tarifverträge über Arbeitsbedingungen der Angestellten, deren Arbeitsverhältnisse in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet begründet sind, Anwendung.
...
§ 5
a) Bis zum 30. Juni 1991 bestimmen sich Eingruppierung und Vergütung nach den Vorschriften des Einigungsvertrages (Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1) in Verbindung mit den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen.
b) Ab 1. Juli 1991 ist der Angestellte in der Vergütungsgruppe IV a der Anlage 1 a vorbehaltlich der endgültigen Bewertung zum BAT-O eingruppiert."
Die Abteilung des Klägers zog zum 1. Januar 1992 in ein Bürogebäude im ehemaligen Ostberlin um. Dort befindet sich seitdem der Arbeitsplatz des Klägers.
Nach dem Bekanntwerden des sog. "Posturteils" des erkennenden Senats vom 30. Juli 1992 (- 6 AZR 11/92 - BAGE 71, 68) verlangte der Kläger mit einer am 14. Dezember 1992 zum Arbeitsgericht Berlin erhobenen Klage die Anwendung des BAT auf sein Arbeitsverhältnis seit dem 1. Februar 1992 und die Zahlung der Differenzvergütung zwischen BAT und BAT-O für die Zeit von April 1992 bis September 1992. Mit Schreiben vom 5. Januar 1993 teilte das beklagte Land dem Kläger unter Bezugnahme auf das sog. "Posturteil" mit, daß auf sein Arbeitsverhältnis ab dem 1. Februar 1992 der BAT Anwendung finde, weil er vor dem Umzug der Abteilung in das ehemalige Ostberlin seinen "Stamm"-Arbeitsplatz im ehemaligen Westberlin gehabt habe. Von dem Inhalt dieses Schreibens setzte das beklagte Land die damalige Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 11. Januar 1993 in Kenntnis. Diese bat zunächst um den Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs, nahm aber, nachdem ihr die Senatsverwaltung des beklagten Landes mit Schreiben vom 18. Januar 1993 unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 5. Januar 1993 erklärt hatte, daß dem Kläger ab dem 1. Februar 1992 die Differenz zwischen der bisher erhaltenen Vergütung und der Vergütung nach BAT einschließlich aller Vergütungsbestandteile zu 100 % nachgezahlt werde, die Klage zurück. In der Folgezeit wandte das beklagte Land auf das Arbeitsverhältnis des Klägers den BAT an.
Mit Schreiben vom 11. Januar 1996 teilte das beklagte Land dem Kläger unter Bezugnahme auf das sog. "Feuerwehrurteil" des erkennenden Senats vom 26. Oktober 1995 (- 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207) mit, daß sich sein Arbeitsverhältnis seit der Rückkehr in das Beitrittsgebiet nach dem BAT-O richte und daß die Leistungen nach BAT unter dem Vorbehalt der Rückforderung stünden. Durch weitere Schreiben vom 8. Juli 1996 und vom 24. September 1996 informierte das beklagte Land den Kläger darüber, daß sein Arbeitsverhältnis seit dem 1. Juli 1996 wieder vollständig dem östlichen Tarifrecht unterliege. Die seit Anfang dieses Jahres zuviel gezahlte Vergütung werde zurückverlangt; außerdem sei der Kläger rückwirkend zum 1. Februar 1992 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) abgemeldet worden. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Arbeitsverhältnis richte sich auch nach der Rückkehr in das ehemalige Ostberlin nach dem BAT, da zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags sein Stammarbeitsplatz im ehemaligen Westberlin gelegen habe. Außerdem habe ihm das beklagte Land durch die Äußerungen im Vorprozeß, die ihn schließlich zur Klagerücknahme veranlaßt hätten, die Anwendung des BAT zugesagt.
Der Kläger hat beantragt,
1. das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 529,62 DM brutto (rechnerisch unstreitige Vergütungsdifferenz in den Monaten Juli bis September 1996) nebst 4 % Zinsen des sich daraus ergebenden Nettobetrages seit Klageerhebung zu zahlen;
2. festzustellen, daß auf das Arbeitsverhältnis der Parteien seit dem 1. Februar 1992 und auch weiterhin die Bestimmungen des BAT (Tarifgebiet West) Anwendung finden und sich die Bezüge in dieser Zeit nach dem BAT (Tarifgebiet West) richten;
3. festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, den Kläger ab 1. Februar 1992 bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) zu versichern oder den Kläger im Versicherungsfall so zu stellen, als wäre er ab dem 1. Februar 1992 bei der VBL versichert worden.
Das beklagte Land hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis des Klägers richte sich nach der Rückkehr in das Beitrittsgebiet wieder nach dem BAT-O. Durch die Erklärungen im Vorprozeß habe es dem Kläger keine übertariflichen Leistungen zugesagt, sondern nur zum Ausdruck gebracht, daß es das leisten wolle, wozu es sich nach dem sog. "Posturteil" des erkennenden Senats für verpflichtet gehalten habe.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage, nachdem der Kläger den Klageantrag Ziff. 2 auf die Zeit ab dem 1. Januar 1996 und die mit dem Klageantrag Ziff. 1 geltend gemachten Zinsen auf die Zeit ab dem 4. Februar 1997 beschränkt hatte, stattgegeben. Mit der Revision begehrt das beklagte Land die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt unter Aufhebung des Berufungsurteils zur Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, auf das Arbeitsverhältnis des Klägers finde auch nach seiner Rückkehr in das Beitrittsgebiet der BAT Anwendung. Zwar sei der Kläger nicht tarifgebunden, aber das beklagte Land behandle alle Arbeitnehmer so, als bestünde Tarifbindung. Deshalb habe der Kläger nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz Anspruch auf Anwendung des Tarifvertrags, der für sein Arbeitsverhältnis bei Tarifbindung gelten würde.
Nach § 1 Abs. 1 BAT und BAT-O erfaßten diese Tarifverträge Angestellte des beklagten Landes, und zwar grundsätzlich unabhängig davon, wo sie arbeiteten. Der Arbeitsort spiele allerdings insofern eine Rolle, als der BAT-O die speziellere Regelung für die Arbeitsverhältnisse sei, die in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags (im folgenden: EV) genannten Gebiet begründet seien. Ein Arbeitsverhältnis sei in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet begründet, wenn der ursprüngliche, auf Dauer angelegte Arbeitsplatz im Beitrittsgebiet liege und der dadurch hergestellte räumliche Bezug zum Beitrittsgebiet gegenwärtig vorhanden sei. Ein solcher Bezug zum Beitrittsgebiet sei im Falle des Klägers jedoch verlorengegangen, weil der Kläger zum 1. Juli 1991 auf Dauer in die im ehemaligen Westberlin gelegene Abteilung IX B versetzt worden sei. Der räumliche Bezug eines Arbeitsverhältnisses zum Beitrittsgebiet gehe endgültig verloren, wenn der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung auf Dauer in das westliche Tarifgebiet entsandt werde und der Arbeitgeber dabei nicht die Absicht äußere, ihn zu irgendeinem, sei es auch unbestimmten zukünftigen Zeitpunkt in das Beitrittsgebiet zurückzuversetzen.
Unabhängig davon habe der Kläger auf Grund der Schreiben des beklagten Landes vom 5., 11. und 18. Januar 1993 einen vertraglichen Anspruch auf Anwendung des BAT. Durch diese Schreiben habe das beklagte Land dem Kläger eine "BAT-Rechtsstellung" eingeräumt. Dieses Angebot habe der Kläger durch die Klagerücknahme im Vorprozeß konkludent angenommen. Von der dadurch entstandenen vertraglichen Bindung könne sich das beklagte Land nicht einseitig lösen.
II. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Klage ist unbegründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts richtet sich das Arbeitsverhältnis des Klägers nach seiner Rückkehr in das Beitrittsgebiet nach dem BAT-O. Die Anwendung dieses Tarifvertrags haben die Parteien im Arbeitsvertrag vom 20. Dezember 1991 vereinbart. Dies entspricht für die Zeit nach der Rückkehr des Klägers in das Beitrittsgebiet der tariflichen Rechtslage. Durch die Schreiben vom 5., 11. und 18. Januar 1993 hat das beklagte Land entgegen der vom Landesarbeitsgericht vorgenommenen Auslegung dem Kläger nicht zugesagt, auf sein Arbeitsverhältnis unabhängig vom Bestehen der dafür erforderlichen tariflichen Voraussetzungen den BAT anzuwenden und ihm dadurch übertarifliche Leistungen zu gewähren.
1. Das Arbeitsverhältnis des Klägers richtet sich seit seiner Rückkehr in das ehemalige Ostberlin am 1. Januar 1992 nach dem BAT-O. Zwar ist der Kläger nicht tarifgebunden, so daß die Bestimmungen des BAT-O nicht nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend für das Arbeitsverhältnis gelten. Die Parteien haben jedoch im Arbeitsvertrag vom 20. Dezember 1991 die Anwendung des BAT-O vereinbart. Damit beinhaltet der Arbeitsvertrag das, was nach den allgemeinen Grundsätzen des Tarifrechts für tarifgebundene Arbeitnehmer gilt (st. Rspr., vgl. BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 156/92 - AP BAT § 23 a Nr. 27 zu I 3 b der Gründe; 1. Juni 1995 - 6 AZR 922/94 - BAGE 80, 152, 155; 26. März 1998 - 6 AZR 550/96 - BAGE 88, 239, 241). Dies ist ab dem 1. Januar 1992 der BAT-O.
a) Nach § 1 Abs. 1 Buchst. b BAT-O gilt dieser Tarifvertrag für Arbeitnehmer der Länder, die in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung tätig sind (Angestellte) und deren Arbeitsverhältnisse in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet begründet sind.
b) Diese Voraussetzungen sind im Falle des Klägers erfüllt. Er übt eine der Rentenversicherung der Angestellten unterliegende Beschäftigung beim beklagten Land aus. Sein Arbeitsverhältnis ist im Beitrittsgebiet begründet.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats zu § 1 BAT-O und zu gleichlautenden Tarifbestimmungen ist ein Arbeitsverhältnis in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet begründet, wenn dort der Grund der Entstehung des Arbeitsverhältnisses liegt und der Bezug zum Beitrittsgebiet gegenwärtig noch besteht. Wird ein Arbeitnehmer für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt und wird er auf unbestimmte Zeit dort beschäftigt, sind diese Voraussetzungen gegeben (BAG 24. Februar 1994 - 6 AZR 588/93 - BAGE 76, 57; 6. Oktober 1994 - 6 AZR 324/94 - BAGE 78, 108). Für den gegenwärtigen Bezug zum Beitrittsgebiet ist grundsätzlich die Lage des Arbeitsplatzes entscheidend (BAG 24. Februar 1994 - 6 AZR 588/93 - BAGE 76, 57, 61; 6. Oktober 1994 - 6 AZR 324/94 - BAGE 78, 108, 112; 23. Februar 1995 - 6 AZR 614/94 - BAGE 79, 215, 217; 20. März 1997 - 6 AZR 10/96 - BAGE 85, 322, 327 f.; 25. Juni 1998 - 6 AZR 515/97 - AP TV Arb Bundespost § 1 Nr. 2 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 76 und - 6 AZR 475/96 - AP TV Arb Bundespost § 1 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 12, zu II 2 b bb der Gründe). Wird ein Arbeitnehmer, der für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt wurde, vorübergehend auf nicht absehbare Zeit im Geltungsbereich westlichen Tarifrechts beschäftigt, findet für die Dauer dieser Tätigkeit westliches Tarifrecht Anwendung. Nach Rückkehr auf einen Arbeitsplatz im Beitrittsgebiet unterfällt das Arbeitsverhältnis wieder dem östlichen Tarifrecht (BAG 23. Februar 1995 - 6 AZR 667/94 - BAGE 79, 224; 21. September 1995 - 6 AZR 151/95 - AP BAT-O § 1 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 11, zu III 2 der Gründe; 26. Oktober 1995 - 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207, 209; 20. März 1997 - 6 AZR 10/96 - BAGE 85, 322, 329 und 25. Juni 1998 - 6 AZR 515/97 - aaO, zu II 1 c der Gründe). Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats gilt dies auch dann, wenn der Einsatz des Angestellten im westlichen Tarifgebiet auf Dauer beabsichtigt war. Dies hat der Senat bereits durch Urteil vom 23. Februar 1995 (- 6 AZR 667/94 - BAGE 79, 224) zur gleichlautenden Bestimmung in § 1 TV Ang-O entschieden. Der Wortlaut des BAT enthält keinen Hinweis darauf, daß seine gegenüber dem BAT-O günstigeren Arbeitsbedingungen weitergelten sollen, wenn der Arbeitsort wieder im räumlichen Geltungsbereich des BAT-O liegt, der Angestellte also wieder alle Voraussetzungen dieses Tarifvertrags erfüllt. Auch nach Sinn und Zweck des BAT kann nicht davon ausgegangen werden, daß sich sein Geltungsbereich in diesen Fällen auf das Beitrittsgebiet erstreckt. Der BAT gilt nur in den alten Bundesländern. Die Erstreckung der dort für den öffentlichen Dienst bestehenden Arbeitsbedingungen auf das Beitrittsgebiet hängt von einer ausdrücklichen Vereinbarung der Tarifvertragsparteien ab (Kap. IX Sachgeb. A Abschn. III Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 der Anlage I zum EV). Bis zu dieser - bisher nicht vereinbarten - Erstreckung gilt nach dem Willen der Tarifvertragsparteien im Beitrittsgebiet der BAT-O, der gegenüber dem BAT ungünstigere Arbeitsbedingungen vorsieht. Zweck des BAT-O ist es, den im Verhältnis zu den alten Bundesländern ungünstigeren wirtschaftlichen Bedingungen der neuen Bundesländer Rechnung zu tragen, in denen die Kosten für die dort gelegenen Arbeitsplätze entstehen. Dieses Regelungsziel verbietet es, darauf abzustellen, daß der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BAT-O erfüllende Angestellte bisher im Geltungsbereich des BAT gearbeitet hat (Senatsurteil 23. Februar 1995 - 6 AZR 667/94 - aaO, zu II 3 der Gründe).
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigen keine andere Beurteilung. Dies hat der Senat bereits durch Urteile vom 24. Juni 1999 (- 6 AZR 24/98 - nv.) und vom 15. Juli 1999 (- 6 AZR 699/97 - nv.) entschieden. Dort hat der Senat jeweils zu B I 2 a der Gründe ausgeführt:
"Entgegen der vom Landesarbeitsgericht offenbar vertretenen Auffassung verstößt diese Auslegung der tariflichen Regelung nicht gegen den Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG. Das Landesarbeitsgericht meint, ein Arbeitnehmer mit im Beitrittsgebiet begründetem Arbeitsverhältnis, der dauerhaft auf einem Arbeitsplatz im westlichen Tarifgebiet beschäftigt wird, unterscheide sich durch nichts mehr von einem Arbeitnehmer, der von vornherein für eine Tätigkeit in den alten Bundesländern eingestellt wurde. Dabei verkennt das Landesarbeitsgericht, daß der Geltungsbereich des BAT-O zwar an die Lage des Arbeitsplatzes anknüpft, für die Tarifgeltung aber neben dem gegenwärtigen Bezug zum Beitrittsgebiet auch entscheidend ist, ob der Angestellte für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt wurde, denn § 1 Abs. 1 BAT-O stellt darauf ab, ob das Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet begründet ist. Dies ist der Fall bei Arbeitnehmern, die ursprünglich für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt wurden, und zwar auch dann, wenn sie später auf nicht absehbare Zeit oder dauerhaft im westlichen Tarifgebiet eingesetzt werden. Dadurch unterscheidet sich ein solcher Angestellter von Arbeitnehmern, die von vornherein für eine Tätigkeit in den alten Bundesländern eingestellt wurden. Darauf, ob der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer anläßlich der Übertragung der Tätigkeit außerhalb des Beitrittsgebiets die Absicht geäußert hat, ihn uU später wieder in das Beitrittsgebiet zurückzuversetzen, kommt es entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht an. Für ein solches subjektives Tarifmerkmal läßt sich aus der genannten Tarifnorm nichts herleiten. Der Bezug eines solchen Arbeitsverhältnisses zum Beitrittsgebiet geht auch bei einem auf Dauer beabsichtigten Einsatz im westlichen Tarifgebiet nicht endgültig verloren, denn die für die Tarifgeltung nach Rückkehr maßgebliche Begründung des Arbeitsverhältnisses im Beitrittsgebiet ändert sich dadurch nicht, weil dann beide Auslegungskomponenten dieses Tarifbegriffs im Sinne der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats wieder vorliegen."
Dies gilt auch für den vorliegenden Fall.
bb) Der Grund für die Entstehung des Arbeitsverhältnisses des Klägers lag im Beitrittsgebiet. Er war bereits seit 1972 in der ehemaligen DDR bei dem dem Magistrat von Berlin unterstehenden Sportstättenbetrieb Berlin beschäftigt, der auf das beklagte Land überführt und der Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport eingegliedert wurde. Sein Arbeitsverhältnis wurde vom beklagten Land fortgeführt. Seit dem 1. Januar 1992 ist der Bezug des Arbeitsverhältnisses zum Beitrittsgebiet wieder hergestellt, da sich der Arbeitsplatz des Klägers seitdem wieder im ehemaligen Ostberlin befindet. Durch den Einsatz im ehemaligen Westberlin wurde der Bezug des Arbeitsverhältnisses zum Beitrittsgebiet nicht endgültig gelöst. Lediglich während der Dauer dieser Beschäftigung fanden die Bestimmungen des BAT auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Nach der Rückkehr in das Beitrittsgebiet gilt wieder der BAT-O.
Der Bezug des Arbeitsverhältnisses zum Beitrittsgebiet ist auch nicht deshalb verloren gegangen, weil der Kläger bei Abschluß des Arbeitsvertrags vom 20. Dezember 1991 nicht im Beitrittsgebiet beschäftigt war. Durch diesen Arbeitsvertrag wurde kein neues Arbeitsverhältnis begründet, sondern nur im Rahmen des fortbestehenden Arbeitsverhältnisses die ab dem 1. Januar 1991 bzw. 1. Juni 1991 geltenden Arbeitsbedingungen schriftlich festgehalten.
2. Der Kläger hat nach der Rückkehr in das Beitrittsgebiet auf Grund der in den Schreiben vom 5., 11. und 18. Januar 1993 vom beklagten Land abgegebenen Erklärungen keinen Anspruch auf Anwendung des BAT. Diese Erklärungen haben entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keinen rechtsbegründenden Charakter; vielmehr hat das beklagte Land dem Kläger lediglich zugesagt, das leisten zu wollen, wozu es sich tariflich nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats aus dem sog. "Posturteil" verpflichtet glaubte.
a) Die in dem Schreiben vom 5. Januar 1993 enthaltenen Erklärungen des beklagten Landes sind typische Willenserklärungen, die vom Senat in der Revisionsinstanz uneingeschränkt und selbständig gemäß §§ 133, 157 BGB ausgelegt werden können (vgl. BAG 21. Oktober 1992 - 4 AZR 156/92 - AP BAT § 23 a Nr. 27, zu I 3 a der Gründe; 1. Juni 1995 - 6 AZR 922/94 - BAGE 80, 152, 155 mwN). Dies ergibt sich daraus, daß der Inhalt des Schreibens nicht ausschließlich den Kläger betrifft, sondern allgemeine Ausführungen zu den Auswirkungen des sog. "Posturteils" auf die Arbeitsverhältnisse der beim beklagten Land beschäftigten Arbeitnehmer enthält. Das Schreiben hat daher ersichtlich formularmäßigen Charakter und war für eine Vielzahl von Fällen bestimmt. Daher unterliegt die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene Auslegung der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung. Dieser hält sie nicht stand.
b) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat das beklagte Land dem Kläger nicht zugesagt, ihm unabhängig von der tariflichen Rechtslage Vergütung nach BAT gewähren zu wollen. Das beklagte Land hat in dem Schreiben vom 5. Januar 1993 ausdrücklich auf das sog. "Posturteil" des erkennenden Senats vom 30. Juli 1992 Bezug genommen, dessen Inhalt wiedergegeben und ausgeführt, daß es "gerechtfertigt und geboten" sei, "die Arbeitnehmer des Landes Berlin, die zur Zeit noch nach den Regelungen des BAT-O/BMT-G-O behandelt werden, mit den vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fällen gleichzubehandeln, sofern sie die vom Bundesarbeitsgericht erkannte tatbestandsmäßige Voraussetzung einer dauerhaften bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehenden Beschäftigung im Westteil Berlins erfüllen". Als "maßgebend für die Prüfung, ob eine dauerhafte bzw. auf nicht absehbare Zeit bestehende Beschäftigung im Westteil" vorlag, sah das beklagte Land den "Zeitpunkt der tatsächlichen Aufnahme der Tätigkeit im Westteil der Stadt" an.
Dem Schreiben ist daher zu entnehmen, daß das beklagte Land nur das vollziehen wollte, was es glaubte, unter Berücksichtigung des sog. "Posturteils" tariflich zu schulden. Der Kläger konnte deshalb nicht davon ausgehen, daß ihm das beklagte Land Vergütung nach dem BAT unabhängig von den dafür erforderlichen tariflichen Voraussetzungen zusagen wollte. Dies konnte er entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch deshalb nicht, weil ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes grundsätzlich davon ausgehen muß, daß ihm sein Arbeitgeber, der an die Vorgaben des Haushaltsrechts gebunden ist, nur die Leistungen gewähren will, zu denen er gesetzlich oder tariflich verpflichtet ist. Im Zweifel gilt Normenvollzug (st. Rspr., vgl. BAG 24. März 1993 - 5 AZR 16/92 - BAGE 73, 1, 3; 18. Januar 1996 - 6 AZR 314/95 - AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 25 = EzA BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 5, zu III 3 der Gründe; 11. Juni 1997 - 10 AZR 724/95 - AP BMT-G II § 20 Nr. 6 = EzA TVG § 4 Eingruppierung Nr. 7 zu II 2 c der Gründe). Anhaltspunkte dafür, daß das beklagte Land dem Kläger die Anwendung des BAT als übertarifliche Leistung zusagen wollte, sind dem Schreiben vom 5. Januar 1993 nicht zu entnehmen.
Aus den Schreiben vom 11. Januar 1993 und vom 18. Januar 1993 ergibt sich nichts anderes, denn diese nehmen auf das Schreiben vom 5. Januar 1993 Bezug.
Daß das beklagte Land die in den genannten Schreiben enthaltenen Erklärungen während des zwischen den Parteien anhängigen Vorprozesses abgegeben und den Kläger dadurch möglicherweise zur Klagerücknahme veranlaßt hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zum einen gilt der Rechtsstreit infolge der Klagerücknahme als nicht anhängig geworden (§ 269 Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz ZPO). Zum anderen hatte der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die damalige Klage nach Bekanntwerden des sog. "Posturteils" erhoben. Es ging daher in dem Rechtsstreit nicht um die Anwendung des BAT als übertarifliche Leistung, sondern darum, ob dem Kläger nach den im sog. "Posturteil" enthaltenen Rechtsgrundsätzen und damit auf Grund der tariflichen Bestimmungen Vergütung nach dem BAT zustand. Nur dies hat das beklagte Land dem Kläger seinerzeit - rechtsirrtümlich - zugestanden. Von diesem Rechtsirrtum konnte sich das beklagte Land, wie mit Schreiben vom 11. Januar 1996 und 8. Juli 1996 geschehen, einseitig und ohne Änderungskündigung lösen. Dies hat der Senat bereits durch Urteile vom 26. Oktober 1995 (- 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207, 212, sog. "Feuerwehrurteil"), 25. Juni 1998 (- 6 AZR 515/97 - AP TV Arb Bundespost § 1 Nr. 2 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 76 und - 6 AZR 238/97 - nv.), 5. August 1999 (- 6 AZR 128/98 und 129/98 - nv., zu 3 der Gründe), auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, entschieden.
c) Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ist daher seit seiner Rückkehr in das Beitrittsgebiet unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der BAT anzuwenden. Die Klageanträge zu 1 und 2 sind daher unbegründet. Er hat deshalb auch keinen Anspruch auf Versicherung bei der VBL seit dem 1. Februar 1992. Auch der Klageantrag zu 3 ist deshalb unbegründet. Ob er wegen des am 1. Januar 1997 in Kraft getretenen Tarifvertrags zur Einführung der Zusatzversorgung im Tarifgebiet Ost (TV EZV-O) vom 1. Februar 1996 seit dem 1. Januar 1997 bei der VBL zu versichern ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Dies folgt daraus, daß der Klageantrag zu 3 an die Klageanträge zu 1 und 2 anknüpft und der Kläger ihn mit demselben Sachverhalt begründet wie diese (vgl. Senatsurteil 20. Mai 1999 - 6 AZR 602/97 - nv.).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
Dr. Armbrüster
Gräfl
Böck
Schmidt
R. Schwarck
Fundstellen