Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücktritt von außergerichtlichem, dem Gericht mitgeteilten Vergleich
Orientierungssatz
Der Streit über den Rücktritt von einem außergerichtlichen, dem Gericht mitgeteilten Vergleich ist durch Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden, in dem der Vergleich geschlossen wurde (Bestätigung der Senatsurteile BAG vom 5.8.1982 2 AZR 199/80 = BAGE 40, 17 und BAG vom 28.3.1963 2 AZR 379/62 = BAGE 14, 147); Gegenstand des Berufungsverfahrens, wenn der Kläger in erster Instanz lediglich mit seinem Hilfsantrag obsiegt und nur er Berufung einlegt (im Anschluß an BGH Urteil vom 29.1.1964 V ZR 23/63 = BGHZ 41, 38).
Normenkette
ZPO §§ 147, 261, 300, 536-537, 794
Verfahrensgang
LAG Köln (Entscheidung vom 10.11.1983; Aktenzeichen 10 Sa 833/83) |
ArbG Köln (Entscheidung vom 26.05.1983; Aktenzeichen 5 Ca 3689/83) |
Tatbestand
Die Parteien schlossen unter dem 9. Oktober 1980 einen schriftlichen, auf fünf Jahre befristeten Vertrag. Danach sollte der Kläger in den von dem Beklagten kontrollierten in- und ausländischen Unternehmen in leitender Position mit Managementaufgaben betraut werden. Als Vergütung wurde ein Bruttogehalt von 150.000,-- DM pro Jahr, zahlbar in zwölf gleichen Monatsraten, sowie eine garantierte Jahrestantieme von 80.000,-- DM vereinbart. In dem Vertrag heißt es weiter, es bestehe Einverständnis darüber, daß ein Weg zu finden sei, dem Kläger einen Jahresbetrag von ca. 200.000,-- DM netto auszuzahlen.
Der Kläger nahm seine Tätigkeit für den Beklagten am 1. Februar 1981 auf. Der Beklagte zahlte ihm bis einschließlich Juni 1982 monatlich 15.000,-- DM sowie weitere 5.000 Naira, das sind 15.000,-- DM, zusammen somit 270.000,-- DM.
In einem unter dem Aktenzeichen 5 Ca 8849/82 im Oktober 1982 beim Arbeitsgericht anhängig gemachten Verfahren hat der Kläger vom Beklagten auf der Basis eines Monatsgehalts von (200.000 : 12 =) 16.666,66 DM netto unter anderem Restgehaltszahlung in Höhe von 80.000,-- DM netto aus der Zeit vom 1. Februar 1981 bis 31. Oktober 1982 sowie 16.666,66 DM für November 1982, insgesamt somit 96.666,66 DM nebst Zinsen verlangt und weiter die Feststellung begehrt, daß sein Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten fortbesteht. Der Beklagte hat in jenem Verfahren eingewandt, mit dem Kläger zum 31. Oktober 1982 einen Auflösungsvertrag geschlossen zu haben, und ihm ferner mit Schreiben vom 3. November 1982 eine fristlose Kündigung ausgesprochen. Im Kammertermin vom 6. Januar 1983 schlossen die Parteien einen für den Kläger bis 7. März 1983 widerruflichen Vergleich, der u.a. folgende Bestimmungen enthielt:
"1. Die beiderseitigen Vertragsbeziehungen sind
auf Veranlassung des Beklagten mit dem
31. Oktober 1982 beendet.
2. Der Beklagte zahlt an den Kläger als Abfindung
gemäß § 3 Ziffer 9 Einkommensteuergesetz einen
Betrag in Höhe von DM 24.000,-- brutto = netto
sowie weitere 56.000,-- DM.
3. Die Beträge zu 2. sind zahlbar in Höhe von
DM 30.000,-- bis zum 15.01.1983, sowie in
Höhe der restlichen Summe von DM 50.000,--
bis zum 28.02.1983.
4. Mit der Zahlung der Beträge zu 2. sind Zahlungs-
ansprüche des Klägers aus dem beendeten Vertrags-
verhältnis ausgeglichen. ..."
Mit Schriftsatz vom 19. Januar 1983 widerrief der Kläger den Vergleich mit der Begründung, daß die am 15. Januar 1983 fällige Rate von 30.000,-- DM nicht eingegangen sei. Am 31. Januar 1983 schlossen die Parteien einen außergerichtlichen Vergleich. Darin vereinbarten sie u.a., daß die Ziffern 1., 2. und 4. des Vergleichs vom 6. Januar 1983 zwischen ihnen gelten sollten, auf den Betrag zu Ziffer 2. dieses Vergleichs 30.000,-- DM gezahlt und jeweils 25.000,-- DM am 15. bzw. 22. Februar 1983 zu zahlen seien. Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers teilte diesen Vergleich in einem vom Prozeßbevollmächtigten des Beklagten bestätigten Schriftsatz vom 31. Januar 1983 dem Arbeitsgericht am 1. Februar 1983 mit.
Mit Schriftsatz seines Prozeßbevollmächtigten vom 22. Februar 1983 erklärte der Kläger den Rücktritt von diesem Vergleich, weil der Beklagte die restliche Vergleichssumme von zusammen 50.000,-- DM nicht bezahlt habe. Er beantragte, nach den bisher gestellten Anträgen abzüglich der auf den Vergleich gezahlten 30.000,-- DM sowie zuzüglich weiterer 16.666,66 DM netto für die Monate Dezember 1982 bis Februar 1983 - das sind 49.999,98 DM - zu erkennen und das Verfahren fortzusetzen.
Das Arbeitsgericht teilte ihm hierauf mit, das Verfahren sei durch den außergerichtlichen Vergleich erledigt und es werde anheimgestellt, etwaige Ansprüche aus diesem Vergleich mit einer neuen Klage geltend zu machen.
Daraufhin hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Sie wurde zunächst der Zweiten Kammer des Arbeitsgerichts zugeteilt und erhielt das Aktenzeichen 2 Ca 2402/83. Gemäß Verfügung des Vorsitzenden der Fünften Kammer vom 14. April 1983 wurde die Sache von dieser Kammer "zu neuem Aktenzeichen - 5 Ca 3689/83 - übernommen und die (alte) Sache 5 Ca 8849/82 mit der neuen Sache verbunden."
Der Kläger hat in dem vorliegenden Verfahren von dem Beklagten in erster Instanz Zahlung rückständigen Gehalts aus der Zeit vom 1. Februar 1981 bis 31. Mai 1983 (28 Monate) in Höhe von 166.664,-- DM netto gefordert. Er hat hierbei auf der Basis eines Monatsnettogehalts von 16.666,-- DM für die 28 Monate einen Gesamtbetrag von 466.664,-- DM netto zugrundegelegt und hiervon die bereits vor Erhebung der früheren Klage gezahlten 270.000,-- DM sowie die am 31. Januar 1983 gezahlten weiteren 30.000,-- DM, zusammen 300.000,-- DM abgezogen. Er hat diese Forderung auf den Vertrag vom 9. Oktober 1980 gestützt und die Ansicht vertreten, der außergerichtliche Vergleich vom 31. Januar 1983 sei unwirksam, weil der Beklagte die restliche Vergleichssumme von 50.000,-- DM nicht bezahlt habe und er deshalb gemäß §§ 326, 361 BGB wirksam von dem Vergleich zurückgetreten sei. Im Termin vom 5. Mai 1983 hat er erklärt, er stütze die Klageforderung hilfsweise auf den außergerichtlichen Vergleich.
Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn
166.664,-- DM netto nebst Zinsen zu
zahlen,
2. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis
zwischen den Parteien fortbesteht,
3. den Beklagten zu verurteilen, ihm eine
Lohnbescheinigung für Lohnsteuerzwecke
für die Jahre 1981 bis 1982 auszustellen
und zu übersenden.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und seine in dem früheren Verfahren erhobenen Einwendungen wiederholt.
Das Arbeitsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 50.000,-- DM nebst Zinsen sowie zur Ausstellung der geforderten Lohnbescheinigungen verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Zum Zahlungsantrag hat es angenommen, dem Kläger habe kein gesetzliches Rücktrittsrecht zugestanden, so daß der außergerichtliche Vergleich wirksam sei und der Beklagte dem Kläger nur noch die restliche Vergleichssumme von 50.000,-- DM schulde.
Gegen dieses Urteil hat nur der Kläger Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung hat er die Anträge angekündigt,
unter teilweiser Abänderung des arbeitsgericht-
lichen Urteils
1. in vollem Umfang entsprechend den bisherigen
Anträgen erster Instanz zu erkennen,
2. den Beklagten zu verurteilen, an ihn weitere
49.999,99 DM netto nebst Zinsen (Gehalt für
die Monate Juni bis August 1983) zu zahlen.
Diese Anträge hat der Kläger in der Berufungsverhandlung vom 10. November 1983 ausweislich der Sitzungsniederschrift mit der Maßgabe gestellt, daß vorab auf einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß 5.065,50 DM nebst Zinsen und festgesetzter Kosten an die Pfändungsgläubigerin zu zahlen sind.
Der Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen und die erweiterte Klage abzuweisen.
Das Berufungsgericht hat durch Teilurteil das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Klage als unzulässig abgewiesen, soweit der Kläger Zahlung von 133.332,-- DM und die Feststellung des Fortbestehens seines Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten begehrt. Die Kosten des Verfahrens erster Instanz hat es dem Kläger auferlegt, die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens dem Schlußurteil vorbehalten. Soweit das Verfahren nicht durch das Teilurteil erledigt worden ist, hat es das Berufungsgericht durch Beschluß bis zum Abschluß des früheren Rechtsstreits - 5 Ca 4849/82 - ausgesetzt.
Mit der Revision verfolgt der Kläger den Antrag, nach seinen im Berufungsverfahren zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen, soweit in dem Teilurteil über sie entschieden worden ist. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat teilweise Erfolg. Das Urteil des Arbeitsgerichts ist wiederherzustellen, soweit es der Zahlungsklage stattgegeben hat (50.000,-- DM). Zum Betrag von 16.666,66 DM netto (Gehalt März 1983) ist der Rechtsstreit zurückzuverweisen. Im übrigen (Restgehalt von 66.666,64 DM netto aus der Zeit bis Februar 1983 sowie zum Feststellungsantrag) ist die Klage unzulässig und die Revision demgemäß unbegründet.
A. Das Berufungsgericht hat die Zahlungsklage in Höhe von 133.332,-- DM (Restgehalt aus der Zeit bis 31. März 1983) sowie den Feststellungsantrag als unzulässig abgewiesen. Es hat im Anschluß an die Senatsurteile vom 5. August 1982 - 2 AZR 199/80 - (BAG 40, 17 = EzA § 794 ZPO Nr. 6) sowie vom 28. März 1963 - 2 AZR 379/62 - (BAG 14, 147 = AP Nr. 1 zu § 81 ZPO) die Ansicht vertreten, der Streit darüber, ob ein Prozeßvergleich oder ein dem Gericht mitgeteilter außergerichtlicher Vergleich durch (gesetzlichen) Rücktritt unwirksam geworden sei, müsse in dem Verfahren entschieden werden, in dem der Vergleich geschlossen worden sei. Der Geltendmachung der von dem Vergleich erfaßten Ansprüche in einem neuen Verfahren stehe die Einrede der Rechtshängigkeit entgegen. Deshalb sei die vorliegende Klage in dem vorbezeichneten Umfang unzulässig.
Dies gelte auch, soweit das Arbeitsgericht den Beklagten zur Zahlung von 50.000,-- DM verurteilt habe. Das Urteil sei zwar von dem Beklagten nicht angefochten worden. Es sei jedoch als gegenstandslos aufzuheben. Der Kläger habe die Zahlung der Vergleichssumme hilfsweise, nämlich für den Fall begehrt, daß sachlich über die Wirksamkeit des Vergleichs entschieden, diese bejaht und der Hauptantrag somit u n b e g r ü n d e t sei. Diese Entscheidung sei jedoch nicht im vorliegenden Verfahren, sondern nur in dem fortzusetzenden früheren Verfahren möglich, weil die vorliegende Klage u n z u l ä s s i g sei. Deshalb sei die Bedingung weggefallen, unter der der Kläger sein Hilfsbegehren im vorliegenden Verfahren anhängig gemacht habe.
B. Diesen Ausführungen des Berufungsgerichts kann in der Begründung wie auch im Ergebnis nur zum Teil gefolgt werden.
I. Richtig ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts: Soweit die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ansprüche auch Gegenstand des früheren, durch den Vergleich vom 6. Januar 1983 beendeten Verfahrens 5 Ca 8849/82 waren, ist die Klage unzulässig, weil der Streit über die Wirksamkeit des Vergleichs durch Fortsetzung dieses Verfahrens ausgetragen werden muß und der vorliegenden Klage deshalb die Einrede der Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) entgegensteht.
1. Tritt eine Partei von einem Prozeßvergleich zurück, so ist über die Berechtigung des Rücktritts und damit über die Wirksamkeit des Vergleichs in dem Verfahren zu entscheiden, in dem der Vergleich geschlossen worden ist.
Diese Ansicht hat der Senat bereits in dem Urteil vom 30. Mai 1956 - 2 AZR 178/54 - (BAG 3, 43 = AP Nr. 2 zu § 794 ZPO) vertreten, während der Bundesgerichtshof (BGHZ 16, 388) gegenteiliger Auffassung ist. Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des Senats und des Fünften Senats für die vertragliche Aufhebung des Prozeßvergleichs (BAG 8, 228; 9, 172, 173 f. = AP Nr. 4 und 7 zu § 794 ZPO).
In seinem auch vom Berufungsgericht aufgeführten Urteil vom 5. August 1982 (aaO), in dem es unmittelbar um die vertragliche Aufhebung eines Prozeßvergleichs ging, hat der Senat nochmals grundlegend zur Problematik der Wirkungen des Rücktritts vom Prozeßvergleich sowie seiner vertraglichen Aufhebung Stellung genommen und die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestätigt. In den Gründen, auf die verwiesen wird, hat er sich eingehend mit der entgegengesetzten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sowie - für die vertragliche Aufhebung des Vergleichs - des Bundessozialgerichts (BSGE 19, 112) und des Bundesverwaltungsgerichts (DÖV 1962, 423) auseinandergesetzt. Er hat hierbei eingehend dargelegt, daß die vom Bundesgerichtshof in den Vordergrund gestellten dogmatischen Gründe zwingend weder für die eine noch die andere Meinung sprächen. Deshalb müsse jedenfalls in arbeitsgerichtlichen Verfahren den auch vom Bundesgerichtshof anerkannten prozeßwirtschaftlichen Gesichtspunkten (Verwertung bisheriger Prozeßergebnisse und damit verbundene Beschleunigung des Verfahrens, Kosteneinsparungen) sowie den schutzwürdigen Interessen der Parteien das entscheidende Gewicht beigemessen werden. Dies rechtfertige sich aus dem in § 9 Abs. 1 Satz 1 ArbGG niedergelegten Beschleunigungsgrundsatz, der nicht nur einen allgemeinen Programmsatz enthalte, sondern auch bei der Auslegung von Verfahrensvorschriften zu beachten sei, die bei entsprechender Anwendung geeignet seien, die Verfahrensdauer zu verkürzen und die Kosten zu verbilligen. Im Hinblick auf diese besonderen Verhältnisse der Arbeitsgerichtsbarkeit sei auch die Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes nach § 2 Abs. 1, § 11 Abs. 1 RsprEinhG nicht erforderlich.
An dieser von der Revision nicht beanstandeten Auffassung hält der Senat fest. Die Revision hat hierzu nichts vorgetragen.
2. Die Grundsätze über die Fortsetzung eines durch Prozeßvergleich beendeten Verfahrens bei einem Streit über die Wirksamkeit des Vergleichs gelten auch für den hier vorliegenden Fall eines außergerichtlichen, dem Gericht mitgeteilten Vergleichs, wie das Berufungsgericht im Anschluß an das Senatsurteil vom 28. März 1963 (aaO, zu I der Gründe mit insoweit im Ergebnis zustimmender Anm. von Pohle) zu Recht angenommen hat.
3. Das Berufungsgericht hat somit im Grundsatz zu Recht angenommen, daß der vorliegenden Klage die Rechtshängigkeit der Streitsache (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) entgegensteht, soweit der Kläger mit ihr Ansprüche verfolgt, die bereits Gegenstand des früheren Verfahrens waren, in dem der außergerichtliche Vergleich vom 31. Januar 1983 abgeschlossen wurde.
Durch den Rücktritt vom Vergleich wird der Prozeß in die Lage zurückversetzt, die vor Abschluß des Vergleichs bestand. Damit entfällt auch die prozeßrechtliche Wirkung des Vergleichs, die in der Beendigung der Rechtshängigkeit besteht (BAG 40, 17). Deshalb muß die Partei die Ansprüche, die ihr nach ihrer Meinung aufgrund des Rücktritts vom Vergleich gegen die andere Partei wieder zustehen, durch Fortsetzung des alten Rechtsstreits weiterverfolgen. Ihrer Geltendmachung in einem neuen Rechtsstreit steht Rechtshängigkeit der Streitsache entgegen (BAG 3, 43).
4. Ohne Erfolg rügt die Revision, im vorliegenden Fall hätte das Berufungsgericht deshalb auch über die im alten Verfahren geltend gemachten Ansprüche sachlich entscheiden müssen, weil das Arbeitsgericht dieses Verfahren durch die Verfügung vom 14. April 1983 mit dem vorliegenden (neuen) Verfahren verbunden habe und das alte Verfahren somit Teil eines einheitlichen, der Berufungsinstanz angefallenen Verfahrens geworden sei.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Verfügung des Arbeitsgerichts vom 14. April 1983 zu einer Prozeßverbindung der beiden Verfahren im Sinne von § 147 ZPO führen sollte mit der Wirkung, daß auch eine gemeinschaftliche Entscheidung zu erlassen war. Dies ist eine vom Revisionsgericht nachprüfbare Frage der Auslegung der richterlichen Anordnung, bei der es sich in der Gerichtspraxis auch lediglich um eine zur tatsächlichen Vereinfachung dienliche vorübergehende Maßnahme handeln kann (BGH LM Nr. 1 zu § 147 ZPO). Auch wenn das Arbeitsgericht eine Prozeßverbindung nach § 147 ZPO vorgenommen hat, ist das frühere Verfahren jedoch nicht in die Berufungsinstanz gelangt. Der aus einer solchen Verbindung entstehende Rechtsstreit ist so zu behandeln, als ob von vornherein die Klagehäufung bestanden hätte. Entscheidet das Gericht jedoch nur über einen der verbundenen, ursprünglich selbständigen Prozesse, so handelt es sich nach § 300 Abs. 2 ZPO nicht um ein Teilurteil, sondern um ein Vollurteil, das hinsichtlich des ursprünglich selbständig gewesenen Prozesses eine Aufhebung der Verbindung enthält (BGH, aaO; ebenso die allg. M. im Schrifttum: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 43. Aufl., § 300 Anm. D 4; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 20. Aufl., § 147 Rz 23; Thomas/Putzo, ZPO, 13. Aufl., § 147 Anm. 3 c; Wieczorek, ZPO, 2. Aufl., § 147 Rz C I; Zöller/Vollkommer, ZPO, 14. Aufl., § 300 Rz 6).
Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsgericht nach dem eindeutigen Inhalt seines Urteils nur über die "neue", mit dem Aktenzeichen 5 Ca 3689/83 versehene Klage entschieden. Anderenfalls hätte es, ausgehend von seiner Ansicht, der Streit über die Wirksamkeit eines außergerichtlichen Vergleichs müsse in einem neuen Verfahren ausgetragen werden, die "alte" Klage wegen der dann durch den Vergleich bewirkten Beendigung der Rechtshängigkeit des früheren Verfahrens als unzulässig abweisen müssen. Die Entscheidungsgründe enthalten jedoch, soweit die Klage abgewiesen wurde, nur Ausführungen darüber, daß dem Kläger im Hinblick auf die Wirksamkeit des Vergleichs keine Ansprüche mehr aus dem Vertrag vom 9. Oktober 1980 zustehen. Damit fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, das Arbeitsgericht habe auch über die Fortsetzung des früheren Verfahrens entschieden und diese Klage als unzulässig abgewiesen.
II. Das Berufungsgericht hätte jedoch die Zahlungsklage nur in Höhe von 66.666,64 DM netto nebst Zinsen als unzulässig abweisen dürfen.
1. Soweit das Arbeitsgericht dem Kläger 50.000,-- DM zugesprochen hat, durfte das Berufungsgericht nicht mehr entscheiden, weil der Rechtsstreit in diesem Umfang nicht in die Berufungsinstanz gelangt ist. Insoweit ist deshalb das arbeitsgerichtliche Urteil wiederherzustellen und die Revision begründet.
a) Der Kläger hat sein Zahlungsbegehren zum Betrag von 50.000,-- DM im letzten Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht hilfsweise auf den außergerichtlichen Vergleich gestützt. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Kläger habe insoweit nicht nur eine andere Begründung für einen Teil des geltend gemachten prozessualen Anspruchs gegeben, sondern einen neuen Anspruch und damit auch einen von dem bisherigen Streitgegenstand verschiedenen Streitgegenstand in den Prozeß eingeführt. Er habe den Anspruch nur für den Fall anhängig machen wollen, daß materiell über den Vergleich vom 31. Januar 1983 entschieden und dieser für wirksam angesehen werde. Auch wenn man jedoch insoweit dem Berufungsgericht folgt, durfte es über den vom Arbeitsgericht zuerkannten Anspruch nicht mehr entscheiden.
b) Nach § 536 ZPO darf das Urteil des ersten Rechtszugs nur insoweit abgeändert werden, als eine Abänderung beantragt ist. Danach kann das Berufungsgericht das Ersturteil nicht zum Nachteil des Berufungsklägers abändern, es sei denn, der Berufungsbeklagte hat Anschlußberufung (§ 521 ZPO) eingelegt. Ferner bestimmt § 537 ZPO, daß Gegenstand der Verhandlung und Entscheidung des Berufungsgerichts alle einen zuerkannten oder aberkannten Anspruch betreffenden Streitpunkte sind, über die nach den Anträgen eine Verhandlung und Entscheidung erforderlich ist, selbst wenn im ersten Rechtszug über diese Streitpunkte nicht verhandelt oder nicht entschieden ist. Auch nach dieser Vorschrift ist eine Verhandlung und Entscheidung in der Berufungsinstanz nur "nach den Anträgen", d.h. also im Rahmen der Anträge zulässig. Das Verbot des § 536 ZPO wird somit hierdurch nicht berührt; lediglich im Rahmen der Berufungsanträge kann auch über die in der ersten Instanz noch nicht berücksichtigten Streitpunkte wie Einwendungen, Rechtsansichten, Klagegründe oder Hilfsbegründungen entschieden werden (vgl. Thomas/Putzo, aaO, § 537 Anm. 1 und 2).
c)aa)Im vorliegenden Fall hat der Kläger das arbeitsgerichtliche Urteil nur insoweit angefochten, als es seine Klage abgewiesen hat. Dies ergibt eindeutig sein in der Berufungsbegründung angekündigter und sowohl nach der Sitzungsniederschrift als auch nach dem Tatbestand des Berufungsurteils in der Berufungsverhandlung gestellter Antrag, unter "teilweiser" Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils in vollem Umfang entsprechend den bisherigen Anträgen mit der Maßgabe zu erkennen, daß ein Teil der Klagesumme an eine Pfändungsgläubigerin zu zahlen ist. Aber auch sein Sachantrag hatte lediglich die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des über den zugesprochenen Betrag hinausgehenden Teils der in erster Instanz zuletzt geforderten Klagesumme zum Inhalt. Damit ist die vom Landesarbeitsgericht angenommene Auslegung seines Begehrens nicht zu vereinbaren.
bb) Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, der Kläger habe selbst in der Berufungsverhandlung die Rangfolge seines Klageziels dahin gesehen, daß er sein Hilfsbegehren nur habe anhängig machen wollen, wenn über die Wirksamkeit des Prozeßvergleichs und somit über die Begründetheit seines Hauptantrages entschieden werde. Das Berufungsgericht stellt jedoch weiter fest, der Kläger habe allerdings förmlich auf die Rechte aus dem erstinstanzlichen Titel nicht verzichten wollen. Damit hat der Kläger jedoch unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er unbeschadet der in erster Instanz erstrebten Rangfolge einer gerichtlichen Nachprüfung und Entscheidung über den Haupt- und Hilfsanspruch diesen Vorbehalt jedenfalls in der Berufungsinstanz nicht mehr aufrechterhalte. Vielmehr wollte er es ohne Rücksicht auf die seiner Rechtsmeinung widersprechende Begründung des Arbeitsgerichts bei der Zuerkennung der 50.000,-- DM belassen und nur den Differenzbetrag auf die ursprüngliche Klagesumme geltend machen, so wie er es bereits durch die Begrenzung seiner Anfechtungserklärung in der Berufungsbegründung zum Ausdruck gebracht hatte. Gegenstand des Berufungsverfahrens war damit nicht mehr, wie in erster Instanz, ein hauptsächlich geltend gemachter Zahlungsanspruch aus Vertrag in Höhe von 166.664,-- DM und ein hilfsweise geltend gemachter Zahlungsanspruch in Höhe von 50.000,-- DM aus Vergleich, sondern nur noch ein Zahlungsanspruch in Höhe von 116.664,-- DM aus dem Vertrag (§ 615 BGB). Nachdem der Beklagte keine Anschlußberufung eingelegt hatte, durfte das Berufungsgericht deshalb dieses Urteil im Umfang der Verurteilung des Beklagten nicht zum Nachteil des Klägers als "gegenstandslos" aufheben und die Klage auch insoweit als unzulässig abweisen.
cc) Diese Würdigung entspricht auch der in Rechtsprechung und Schrifttum zur Entscheidung über Haupt- und Hilfsanträge in der Berufungsinstanz bei teilweisem Unterliegen der Parteien in erster Instanz vertretenen Ansicht.
Obsiegt der Kläger in erster Instanz nur mit seinem Hilfsantrag und legt nur der Beklagte Berufung gegen das Ersturteil ein, so fällt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 41, 38 = LM Nr. 10 zu § 537 ZPO = NJW 1964, 772), der der Senat folgt, der Hauptantrag dem Berufungsgericht nicht an, wenn nicht auch der Kläger Berufung oder Anschlußberufung einlegt. In einem solchen Fall liege eine Entscheidung des Erstgerichts über beide Anträge vor. Der Kläger sei durch die Abweisung des Hauptantrags, der Beklagte durch seine Verurteilung nach dem Hilfsantrag beschwert. Jede Partei könne deshalb im Rahmen dieser Beschwer Berufung einlegen. Mache sie hiervon keinen Gebrauch, so werde die Entscheidung in diesem Umfang rechtskräftig. Diese Ansicht entspricht auch der überwiegenden Meinung im Schrifttum (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, aaO, § 537 Anm. C; Stein/Jonas/Grunsky, aaO, § 537 Rz 4, 5 und 8; Thomas/Putzo, aaO, § 260 Anm. 4; Zöller/Stephan, aaO, § 260 Rz 4; Zöller/Schneider, aaO, § 537 Rz 10 ff.). Für den hier vorliegenden Fall, daß nur der mit dem Hauptantrag abgewiesene Kläger Berufung einlegt, vertreten Stein/Jonas/Grunsky, aaO, die Ansicht, damit werde auch der Hilfsanspruch anhängig, jedoch nur insoweit, als die Verurteilung aus dem Hilfsantrag bei einem Erfolg der Berufung aufzuheben sei, weil andernfalls der Kläger einen vollstreckbaren Titel für beide Ansprüche erhalte. Dieser Ausnahmetatbestand liegt jedoch hier nicht vor, weil der Kläger nur noch die Differenz zwischen dem in erster Instanz geforderten und ihm vom Arbeitsgericht zugesprochenen Betrag weiterverfolgt.
2. Der nach Abzug des zugesprochenen Betrages von 50.000,-- DM vom Berufungsgericht beschiedene Zahlungsantrag ist nur in Höhe von 66.666,64 DM netto nebst Zinsen unzulässig; denn nur in diesem Umfang sind die Zahlungsansprüche des Klägers noch im früheren Verfahren anhängig. Weitere 16.666,64 DM netto nebst Zinsen hat der Kläger dagegen erstmals im vorliegenden Verfahren eingeklagt; in diesem Umfang ist die Revision ebenfalls erfolgreich und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
a) Das Berufungsgericht hat zudem übersehen, daß im früheren Verfahren nicht 133.332,-- DM netto, sondern nur 116.666,64 DM netto anhängig waren.
Der Kläger hatte im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses am 31. Januar 1983 restliche Zahlungsansprüche aus der Zeit vom 1. Februar 1981 bis einschließlich November 1982 in Höhe von 96.666,66 DM eingeklagt. Desweiteren hatte er mit dem Widerruf des Vergleichs je 16.666,66 DM netto für die Monate Dezember 1982 bis Februar 1983, zusammen 49.999,98 DM, geltend gemacht und hiervon die auf den Vergleich Ende Januar gezahlten 30.000,-- DM abgezogen. Damit waren (96.666,66 DM ./. 30.000,-- DM = 66.666,66 DM + 49.999,98 DM =) 116.666,64 DM rechtshängig geworden. Den nach seiner Ansicht für März 1983 fälligen Betrag von 16.666,66 DM netto hat der Kläger dagegen erst mit der vorliegenden Klage in der Klageschrift geltend gemacht und diese Klage in erster Instanz mit Schriftsatz vom 24. März 1983 um weitere 33.333,32 DM netto für die Monate April und Mai 1983 erweitert. Um diese zusätzlichen Beträge für die Monate März bis Mai 1983 in Höhe von zusammen 49.999,98 DM netto erhöhte sich die Klagesumme auf insgesamt 166.666,64 DM netto Hauptsache, über den das Arbeitsgericht entschieden hat.
b) Danach ergibt sich für die Entscheidung über die der Berufungsinstanz angefallenen Zahlungsansprüche folgendes:
aa) Den rechtskräftig zuerkannten Betrag von 50.000,-- DM hat der Kläger auf seine im früheren Verfahren geltend gemachten Ansprüche in Höhe von insgesamt 116.666,64 DM netto angerechnet. In Höhe der Differenz von 66.666,64 DM netto Hauptsache nebst Zinsen sind die Zahlungsansprüche noch im alten Verfahren anhängig. In diesem Umfang ist die Klage unzulässig und die Revision unbegründet.
bb) Über den erstmals im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Gehaltsanspruch für März 1983 in Höhe von 16.666,66 DM netto nebst Zinsen kann, ebenso wie über die Ansprüche ab April 1983, erst entschieden werden, wenn feststeht, ob der Vergleich vom 31. Januar 1983 wirksam oder unwirksam ist. Da diese Entscheidung nur in dem fortzusetzenden früheren Verfahren getroffen werden kann, muß der Rechtsstreit in diesem Umfang an das Berufungsgericht zurückverwiesen und dort ebenso wie zu den ab April 1983 geltend gemachten Ansprüchen ausgesetzt werden.
III.Den bereits im alten Verfahren gestellten und somit noch dort anhängigen Antrag auf Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses der Parteien hat das Berufungsgericht zu Recht als unzulässig abgewiesen.
IV. Die Kostenentscheidung war auch hinsichtlich der Kosten erster Instanz der Schlußentscheidung des Berufungsgerichts vorzubehalten. Über die in erster Instanz anhängig gewesene Zahlungsklage kann im Umfang der Gehälter für die Monate März bis Mai 1983 nicht abschließend entschieden werden, so daß auch der Umfang des Obsiegens und Unterliegens des Klägers in dieser Instanz noch nicht feststeht.
Hillebrecht Triebfürst Dr. Weller
Dr. Hautmann Schulze
Fundstellen