Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifliche Tätigkeitszulage. Polizeizulage. Gleichbehandlung von Beamten und Angestellten
Normenkette
BAT § 33 Abs. 1 Buchst. a, c
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. April 1994 – 15 Sa 1074/93 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt auch die Kosten der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land an den Kläger eine Polizeizulage zahlen muß.
Der Kläger ist seit dem 1. August 1969 als kriminaltechnischer Angestellter bei dem beklagten Land beschäftigt. Er ist im Kriminalkommissariat W. eingesetzt. Sein Aufgabengebiet umfaßt fotografische Arbeiten, Spurensuche und Spurensicherung am Tatort mit Tatortfotografie, erkennungsdienstliche Personenfotografie, sonstige erkennungsdienstliche Behandlungsmaßnahmen sowie das Auslegen von Diebesfallen mit chemischen Hilfsmitteln. Bei Abwesenheit wird der Kläger von einem beamteten Kollegen vertreten. In anderen Kommissariaten des beklagten Landes werden die erkennungsdienstlichen Aufgaben sowohl von Kriminalbeamten als auch von kriminaltechnischen Angestellten wahrgenommen.
Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Bezugnahme der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung.
§ 33 BAT lautet – soweit hier von Interesse –:
(1) Der Angestellte erhält für die Zeit, für die ihm Vergütung (§ 26) zusteht, eine Zulage,
a) wenn seine Tätigkeit mit Mehraufwendungen verbunden ist, die weder durch Reisekostenvergütung noch durch die Vergütung abgegolten sind, und dem entsprechenden Beamten seines Arbeitgebers unter den gleichen Voraussetzungen und Umständen eine Zulage zu gewähren ist,
…
c) wenn er regelmäßig und nicht nur in unregelmäßigem Umfange besonders gefährliche oder gesundheitsschädliche Arbeiten auszuführen hat und hierfür kein anderweitiger Ausgleich zu gewähren ist.
In den Fällen der Buchstaben a und b erhält der Angestellte die gleiche Zulage (Entschädigung) wie der entsprechende Beamte; …
…
(6) Unter welchen Voraussetzungen im Falle des Absatzes 1 Buchst. c eine Arbeit als besonders gefährlich oder gesundheitsschädlich anzusehen ist und in welcher Höhe die Zulage nach Absatz 1 Buchst. c zu gewähren ist, wird zwischen dem Bund, der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und den vertragschließenden Gewerkschaften jeweils gesondert vereinbart. In den Vereinbarungen können auch Bestimmungen über eine Pauschalierung getroffen werden.
…”
Das beklagte Land zahlt an alle Polizeibeamten, so auch an die Kriminalbeamten im Erkennungsdienst, eine Polizeizulage. Rechtsgrundlage ist Nr. 9 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B. Die Vorschrift bestimmt:
„9. Zulage für Beamte und Soldaten mit vollzugspolizeilichen Aufgaben
(1) Die Polizeivollzugsbeamten des Bundes und der Länder, die hauptamtlichen Bahnpolizeibeamten, die Beamten des Fahndungsdienstes der Deutschen Bundesbahn, des Steuerfahndungsdienstes und des Zollfahndungsdienstes, die Beamten der Zollkommissariate, Grenzzollämter, Grenzkontrollstellen und Grenzabfertigungsstellen der Hauptzollämter der Zollverwaltung, der Hauptzollämter am Flughafen sowie Soldaten der Feldjägertruppe der Bundeswehr, soweit ihnen Dienstbezüge nach der Bundesbesoldungsordnung A zustehen, erhalten eine Stellenzulage nach Anlage IX. Die Zulage erhalten unter den gleichen Voraussetzungen auch Beamte auf Widerruf, die Vorbereitungsdienst leisten.
(2) Die Stellenzulage wird nicht neben einer Stellenzulage nach Nr. 8 gewährt.
(3) Durch die Stellenzulage werden die Besonderheiten des jeweiligen Dienstes, insbesondere der mit dem Posten- und Streifendienst sowie dem Nachtdienst verbundene Aufwand sowie der Aufwand für Verzehr mit abgegolten.”
Mit Schreiben vom 29. April 1992 beantragte der Kläger beim beklagten Land die Zahlung der Polizeizulage ab dem 1. November 1991. Der Antrag wurde vom beklagten Land mit Schreiben vom 29. September 1992 abgelehnt.
Der Kläger ist der Auffassung, ihm stehe die Polizeizulage zu. Dies folge aus § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT. Ein kriminaltechnischer Angestellter arbeite zu nahezu identischen Arbeitsbedingungen wie ein Kriminalbeamter des Erkennungsdienstes. Er leiste an den Tatorten Außendienst, der je nach der Anforderung auch nachts, an Wochenenden und an Feiertagen stattfinde. Hierbei habe er dieselben Aufwendungen wie der entsprechende Beamte. Die Mehraufwendungen würden weder reisekostenrechtlich noch sonstwie abgegolten. Die Polizeizulage sei eine Zulage nach § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT, denn sie sei nicht nur reiner Vergütungsbestandteil, sondern diene auch dem Aufwendungsersatz. Ein Anspruch auf die Polizeizulage ergebe sich auch aus § 33 Abs. 1 Buchst. c BAT. Der Kläger müsse gesundheitsschädliche Arbeiten (Infektionsgefahr bei Asylanten, Drogenabhängigen, Leichen) verrichten. Im Umgang mit Straftätern sei er ebenso gefährdet wie ein Kriminalbeamter.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, ihm ab dem 1. November 1991 die „Polizeizulage” in Höhe von derzeit 223,45 DM monatlich zu zahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das beklagte Land meint, die Polizeizulage sei eine Stellenzulage. Sie diene ihrer Zweckbestimmung nach der Abgeltung von Besonderheiten des typischen polizeilichen Vollziehungsdienstes. Bei der Polizeizulage handele es sich um keine Aufwandsentschädigung im Sinne von § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT. Kriminaltechnische Angestellte könnten nicht zu allen polizeilichen Aufgaben herangezogen werden wie dies z.B. bei einem Polizeibeamten möglich sei. Der Kläger habe daher keinen Anspruch auf die Polizeizulage.
Erstmals in der Revisionsinstanz bestreitet das beklagte Land, daß die Tätigkeit des Klägers mit Mehraufwendungen verbunden sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, während das beklagte Land um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage abgewiesen, da dem Kläger die Polizeizulage nicht zusteht.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung der Polizeizulage. Ein Anspruch ergebe sich nicht aus § 33 Abs. 1 Buchst. c BAT. Unter welchen Voraussetzungen eine Arbeit als besonders gefährlich oder gesundheitsschädlich anzusehen sei und in welcher Höhe die Zulage zu gewähren sei, obliege gemäß § 33 Abs. 6 BAT der Regelung der Tarifvertragsparteien. Der einschlägige Zulagentarifvertrag kenne die vom Kläger geltend gemachte Zulage nicht. Die Polizeizulage sei auch keine Aufwandsentschädigung nach § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT. Es handele sich um eine Funktionszulage, mit der ein polizeitypischer Aufwand mit abgegolten werde. Die Polizeizulage sei nach der Vorbemerkung Nr. 9 zu den Besoldungsordnungen A und B eine besoldungsrechtliche Stellenzulage im Sinne des § 42 BBesG, mit der die besonderen Anforderungen des typischen polizeilichen Vollzugsdienstes honoriert werden sollen, die von der allgemeinen Ämterbewertung nicht erfaßt würden. Die Polizeizulage habe sowohl Vergütungs- als auch Aufwandscharakter, wobei der Vergütungscharakter im Vordergrund stehe. Die Zuerkennung der Polizeizulage würde zu einer von § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT nicht gedeckten Vergütungserhöhung führen.
Der Kläger könne sein Begehren auch nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Angestellte und Beamte stünden nicht in der gleichen Ordnung zum beklagten Arbeitgeber.
Der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist im Ergebnis und weitgehend in der Begründung zu folgen.
II. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen das beklagte Land auf Zahlung der Polizeizulage.
1. Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken. Trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage ist das Feststellungsinteresse für eine Feststellungsklage gegen das beklagte Land gegeben, da bei einer juristischen Person des öffentlichen Rechts davon auszugehen ist, daß es die Urteile staatlicher Gerichte vollzieht, auch wenn kein vollstreckbarer Titel vorliegt (BAG Urteil vom 27. November 1986 – 8 AZR 163/84 – AP Nr. 13 zu § 50 BAT m.w.N.).
2. Der Kläger kann die Zahlung der Polizeizulage jedoch nicht verlangen.
a) Nach § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT erhält der Angestellte für die Zeit, für die ihm Vergütung (§ 26 BAT) zusteht, eine Zulage, wenn seine Tätigkeit mit Mehraufwendungen verbunden ist, die weder durch die Reisekostenvergütung noch durch die Vergütung abgegolten sind, und dem entsprechenden Beamten seines Arbeitgebers unter den gleichen Voraussetzungen und Umständen eine Zulage zu gewähren ist. Diese Anspruchsvoraussetzungen sind nicht gegeben, den Kriminalbeamten im Erkennungsdienst wird die Polizeizulage nicht unter den gleichen Voraussetzungen und Umständen i.S. des § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT gewährt.
Zwar ist davon auszugehen, daß die Polizeivollzugsbeamten im kriminaltechnischen Erkennungsdienst dem Kläger entsprechende Beamte im Sinne des § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT sind. Hierfür sind identische oder nahezu identische Tätigkeiten nicht erforderlich, als „entsprechender Beamter” ist vielmehr derjenige anzusehen, der bei einer anderen Behördenorganisation und Stellenbesetzung die Aufgabe des Angestellten wahrnehmen würde (BAG Urteil vom 3. Mai 1983 – 3 AZR 41/81 – AP Nr. 8 zu § 33 BAT; BAG Urteil vom 17. Dezember 1992 – 6 AZR 78/92 – n.v.). Das sind die mit den erkennungsdienstlichen Aufgaben betrauten Beamten des beklagten Landes.
Der Anspruch auf die Polizeizulage besteht jedoch deshalb nicht, weil es sich dabei nicht um eine Zulage handelt, die ein entsprechender Beamter unter den gleichen Voraussetzungen und Umständen bezieht, unter denen der Angestellte nach § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT eine Zulage erhalten soll. Nach § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT wird dem Angestellten eine Zulage gewährt, wenn seine Tätigkeit mit Mehraufwendungen verbunden ist. § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT bezweckt damit, den Angestellten hinsichtlich der Aufwandsentschädigung mit den entsprechenden Beamten gleichzustellen (BAG Urteil vom 3. Mai 1983 – 3 AZR 41/81 – AP Nr. 8 zu § 33 BAT; BAG Urteil vom 17. Dezember 1992 – 6 AZR 78/92 – n.v.). Die Polizeizulage nach der Vorbemerkung Nr. 9 zu den Besoldungsordnungen A und B ist jedoch keine solche Aufwandszulage, wie sie § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT erfaßt. Nach Nr. 9 der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B erhalten die Polizeivollzugsbeamten des Bundes und der Länder eine Stellenzulage nach Anlage IX. Es handelt sich dabei um eine Funktionszulage, mit der ein polizeitypischer Aufwand nicht finanzieller Art abgegolten wird; die Polizeizulage wird im Hinblick auf die Besonderheiten des Polizeidienstes gezahlt. Solche Stellenzulagen im Sinne des § 42 BBesG werden gewährt, um herausgehobene Funktionen zu honorieren, die durch die allgemeine Zuordnung der einzelnen Ämter zu den Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A nicht ausreichend berücksichtigt werden; die Polizeizulage bezweckt daher eine zusätzliche pauschalierte Besoldungsleistung unabhängig von einem konkreten zusätzlichen finanziellen Aufwand. Damit ist die Polizeizulage keine Zulage, die nach § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT auch an Angestellte zu zahlen ist.
Dem steht nicht entgegen, daß die Polizeizulage daneben dazu dient, einen besonderen Aufwand, der mit dem Posten- und Streifendienst sowie dem Nachtdienst verbunden ist und den Aufwand für Verzehr mitabzugelten. Aus dem Wortlaut des Abs. 3 der Vorbemerkung Nr. 9 zu den Besoldungsordnungen A und B „… mit abgegolten …” folgt, daß der Zweck der Polizeizulage als Funktionszulage vorrangig ist; die Abgeltung des zusätzlichen Aufwandes durch Posten-, Streifen- und Nachtdienst sowie für Verzehr stellt lediglich einen Nebenzweck der Zulage dar. Das ergibt sich zusätzlich auch daraus, daß nach der Anlage IX zu den Besoldungsordnungen die Polizeizulage nach der Dienstzeit des Beamten gestaffelt ist, was für eine Aufwandszulage systemwidrig wäre. Eine solche Zulage fällt nicht unter § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT (Arndt/Baumgärtel, Recht der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst, § 33 BAT Rz 21).
Die Polizeizulage ist vielmehr Vergütungsbestandteil der Polizeivollzugsbeamten; sie gehört nach Nr. 3 a der Vorbemerkungen zu den Besoldungsordnungen A und B zu den ruhegehaltsfähigen Dienstbezügen. § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT bezweckt jedoch nicht, die Angestellten hinsichtlich der Vergütung mit den entsprechenden Beamten gleichzusetzen. Die Zuerkennung der Polizeizulage an den Kläger würde daher zu einer von § 33 Abs. 1 Buchst. a BAT nicht gedeckten Vergütungserhöhung führen.
Ist der Zweck der Polizeizulage nicht in erster Linie die Abgeltung von finanziellem Mehraufwand, so kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit des Klägers tatsächlich mit solchen Mehraufwendungen verbunden ist.
b) Ein Anspruch des Klägers auf die Polizeizulage ergibt sich auch nicht aus § 33 Abs. 1 Buchst. c BAT. Danach erhält der Angestellte eine Zulage, wenn er regelmäßig und nicht nur in unerheblichem Umfange besonders gefährliche oder gesundheitsschädliche Arbeiten auszuführen hat. Nach § 33 Abs. 6 BAT ist eine solche Gefahrenzulage nur in den tariflich ausdrücklich geregelten Fällen zu zahlen (BAG Urteil vom 18. Januar 1983 – 3 AZR 207/80 – AP Nr. 6 zu § 33 BAT). Der Tarifvertrag über die Gewährung von Zulagen gemäß § 33 Abs. 1 Buchst. c BAT vom 11. Januar 1962 sieht für die Tätigkeit des Klägers jedoch keine Gefahrenzulage vor.
c) Ein Anspruch des Klägers auf die Polizeizulage folgt ferner nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage. Da Beamte und Angestellte nicht in der gleichen Ordnung zu ihrem Dienstherrn bzw. Arbeitgeber stehen, sind die Voraussetzungen für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes nicht gegeben. Beamte sind keine Arbeitnehmer (vgl. § 5 Abs. 2 ArbGG); sie haben einen anderen Status als Angestellte. So hat der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch nicht zur Folge, daß Beamte und Angestellte, die die gleiche Tätigkeit ausüben, in gleicher Weise besoldet bzw. vergütet werden müssen. Während der Kläger als kriminaltechnischer Angestellter nach VergGr. V b BAT vergütet wird, ist für die mit der gleichen Tätigkeit befaßten Beamten Besoldung nach den Besoldungsgruppen A 8 bis A 11 der Besoldungsordnung vorgesehen.
Kann der Kläger somit die sog. Polizeizulage nicht verlangen, bleibt seine Revision ohne Erfolg.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Hauck, Richter Böck ist durch Urlaub an der Unterschrift verhindert. Matthes, Gnade, Thiel
Fundstellen