Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfugungsarbeiten als Baugewerbe
Leitsatz (redaktionell)
Hinweise des Senats:
Andere Zeitanteile der Tätigkeiten wie im Verfahren – 10 AZR 203/91 – zwischen den gleichen Parteien.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Bau
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 13.04.1992; Aktenzeichen 11 Sa 1097/91) |
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 14.03.1991; Aktenzeichen 4 Ca 1974/90) |
Tenor
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. April 1992 – 11 Sa 1097/91 – aufgehoben.
2. Die Berufungen des Beklagten gegen die Urteile des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 14. März 1991 – 4 Ca 1974/90 – und – 4 Ca 2048/90 – werden zurückgewiesen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten der Berufung und der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte im Klagezeitraum einen Baubetrieb im Sinne der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes unterhalten hat und daher zur Auskunftserteilung und Beitragszahlung an die Klägerin verpflichtet ist.
Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK). Diese ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Regelung die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt den Beklagten nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge für den Zeitraum September 1988 bis Dezember 1989 auf Beitragszahlung und für den Zeitraum Januar 1990 bis Juni 1990 auf Auskunftserteilung über die Zahl der beschäftigten Arbeiter, deren Bruttolohnsumme und die dementsprechende Höhe der abzuführenden Beiträge sowie über die Zahl der Angestellten, deren Bruttogehaltssumme und die Höhe der für diese anfallenden Vorruhestands- und Zusatzversorgungsbeiträge in Anspruch; für den Fall der Nichterteilung verlangt die ZVK die Zahlung einer Entschädigung.
Im Betrieb des Beklagten wurden im streitigen Zeitraum arbeitszeitlich gesehen überwiegend Verfugungsarbeiten durchgeführt; im wesentlichen wurden an Sanitärobjekten und Fenstern dauerelastische Verfugungen mit Silikonpräparaten erstellt. Die Sanitärversiegelungen machen im Betrieb des Beklagten nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts 40 %, die Glasversiegelungsarbeiten 10 bis 15 %, die Anschlußversiegelungen 40 % und die Dehnungsversiegelungen im Mauerwerk 5 bis 10 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit aus. Die vom Betrieb des Beklagten durchgeführten Arbeiten werden in der Regel nicht gesondert als Teilgewerke eines Bauvorhabens ausgeschrieben, sie sind vielmehr im Angebot des Glasers, Malers oder Fliesenlegers mitenthalten.
Nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe sind alle baugewerblichen Arbeitgeber zur Zahlung von Beiträgen für die von ihnen beschäftigten Arbeitnehmer und zur Auskunftserteilung verpflichtet. Zum Geltungsbereich enthält § 1 des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 12. November 1986 in den für den streitigen Zeitraum maßgeblichen Fassungen folgende Regelungen:
„§ 1 Geltungsbereich
(1) Räumlicher Geltungsbereich:
…
(2) Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Abschnitt III
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung – mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen – gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen.
…
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z.B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:
1. Abdichtungsarbeiten gegen Feuchtigkeit;
…
8. Dämm(Isolier-)Arbeiten (z.B. Wärme-, Kälte-, Schallschutz-, Schallschluck-, Schallverbesserungs-, Schallveredelungsarbeiten) einschließlich Anbringung von Unterkonstruktionen;
…
14. Fliesen-, Platten- und Mosaik-Ansetz- und Verlegearbeiten;
…
21. Maurerarbeiten;
…
Abschnitt VI
Betriebe, soweit in ihnen die unter den Abschnitten I bis V genannten Leistungen überwiegend erbracht werden, fallen grundsätzlich als ganzes unter diesen Tarifvertrag.
…
Abschnitt VII
Nicht erfaßt werden Betriebe,
…
3. des Glaserhandwerks,
4. des Maler- und Lackiererhandwerks,
…
8. des Schreinerhandwerks,
…”
Die ZVK ist der Ansicht, der Beklagte unterhalte einen Betrieb, der von den Tarifverträgen des Baugewerbes erfaßt werde, so daß er zur Auskunftserteilung und Beitragszahlung verpflichtet sei.
Die ZVK hat beantragt,
A. den Beklagten zu verurteilen, an sie 37.196,41 DM zu zahlen.
B. ihr auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,
1. Wieviel Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (RVO) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, in den Monaten Januar, Februar, März, April, Mai, Juni 1990 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die lohnsteuerpflichtige Bruttolohnsumme insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den genannten Monaten angefallen sind.
2. Wieviel Angestellte insgesamt und wieviel Angestellte, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mindestens 20 Stunden beträgt, in den Monaten Januar, Februar, März, April, Mai, Juni 1990 in dem Betrieb des Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttogehaltssummen (ab 1.1.1987) und in welcher Höhe Vorruhestands- sowie Zusatzversorgungsbeiträge für die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG in den genannten Monaten angefallen sind.
3. Für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:
zu A |
108.000,– DM, |
zu B |
1.380,– DM, |
Gesamtbetrag: |
109.380 DM. |
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Auffassung, sein Betrieb werde von den Ausnahmevorschriften des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII des VTV erfaßt, weil es sich bei den Verfugungsarbeiten um Hilfsarbeiten des Sanitär- und Malerhandwerks bzw. des Glaser- und Schreinerhandwerks handele.
Das Arbeitsgericht hat in den zunächst getrennten Verfahren unter Aufrechterhaltung der am 3. September 1990 erlassenen Versäumnisurteile den Klagen stattgegeben. Nach der Verbindung der Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht auf die Berufung des Beklagten die Klagen abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die ZVK ihre Klageanträge weiter. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der ZVK ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Urteils des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückweisung der Berufung gegen die klagestattgebenden Ersturteile. Der Betrieb des Beklagten fällt unter den betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes, so daß der ZVK die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche auf Beitragszahlung und Auskunftserteilung für den Klagezeitraum zustehen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung der Klageabweisung ausgeführt, der Beklagte sei zur Auskunftserteilung und Beitragszahlung nicht verpflichtet, weil sein Betrieb vom fachlichen bzw. betrieblichen Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge nicht erfaßt werde. Da die Glasversiegelungs- und Anschlußversiegelungsarbeiten gegenüber den Sanitärverfugungen arbeitszeitlich überwögen, sei der Betrieb des Beklagten dem Glaserhandwerk zuzuordnen und daher nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII vom fachlichen bzw. betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausdrücklich ausgenommen.
Diese Ausführungen des Landesarbeitsgerichts halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
II. Der Betrieb des Beklagten fällt unter den fachlichen und betrieblichen Geltungsbereich des VTV, der aufgrund der Allgemeinverbindlichkeit mit unmittelbarer und zwingender Wirkung gilt (§ 5 Abs. 4 in Verb. mit § 4 Abs. 2 TVG). Der Beklagte ist daher zur Beitragszahlung (§§ 24, 29 VTV) und Auskunftserteilung (§ 27 VTV) verpflichtet.
1. Der erkennende Senat hat bereits in einem weiteren Rechtsstreit der Parteien, in dem um Beiträge und Auskunft für die Zeit von Dezember 1983 bis Dezember 1989 gestritten wurde, entschieden, daß der ZVK die geltend gemachten Ansprüche zustehen, weil der Betrieb des Beklagten unter den Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge des Baugewerbes fällt (Urteil vom 27. Januar 1993 – 10 AZR 203/91 – n.v.); es würden bauliche Leistungen erbracht, die der Erstellung von Bauwerken dienten.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in jenem Verfahren überwogen im Betrieb des Beklagten arbeitszeitlich gesehen die Verfugungsarbeiten an Sanitärobjekten.
2. Auch im vorliegenden Verfahren ist aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zu den verrichteten Arbeiten der Betrieb des Beklagten als Betrieb des Baugewerbes im Sinne von § 1 Abs. 2 des VTV anzusehen. Danach machten im Betrieb des Beklagten bezogen auf die Gesamtarbeitszeit eines Kalenderjahres im streitigen Zeitraum die Sanitärversiegelungen 40 %, die Glasversiegelungsarbeiten 10 bis 15 %, die Anschlußverfugungen 40 % und die Dehnungsversiegelungen im Mauerwerk 5 bis 10 % aus. An diese Feststellungen, die die Parteien weder im Wege der Tatbestandsberichtigung noch durch eine formelle Revisionsrüge nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b ZPO wirksam angegriffen haben, ist der Senat gemäß § 561 Abs. 2 ZPO gebunden.
Mit diesen Tätigkeiten erbringt der Beklagte bauliche Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV. Er wird durch § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV vom Geltungsbereich des VTV nicht ausgenommen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fallen Betriebe, die überwiegend eine in den Beispielen des Abschnitts V des § 1 Abs. 2 VTV genannte Tätigkeit ausführen, unter den betrieblichen Geltungsbereich, ohne daß die Erfordernisse der allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III geprüft werden müssen (BAGE 45, 41 = AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Für den Betrieb des Beklagten folgt die Anwendung des VTV – wie der Senat bereits in der Entscheidung vom 27. Januar 1993 (– 10 AZR 203/91 – n.v.) im einzelnen begründet hat – jedoch nicht aus einer der Ziffern des § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV, insbesondere nicht aus den Ziffern 1, 8, 14 oder 21, da Tätigkeiten, die einem dieser Merkmale zugeordnet werden können, nicht vorliegen. Der Betrieb des Beklagten fällt vielmehr unter § 1 Abs. 2 Abschnitt II des VTV. Die Voraussetzungen dieser Tarifvorschrift sind gegeben, da bauliche Leistungen erbracht werden, die der Erstellung von Bauwerken dienen. Zwar erstellt der Beklagte selbst keine Bauten im eigentlichen Sinne. Mit der Verfugung der Sanitärobjekte, der Glasversiegelung und Anschlußverfugung der Fenster/Türen sowie den Dehnungsversiegelungen im Mauerwerk erbringt er aber „bauliche Leistungen” im Sinne der tariflichen Vorschriften und wirkt dadurch bei der Erstellung des Bauwerks „Haus” mit (BAG Urteil vom 22. April 1987 – 4 AZR 344/86 – n.v.). Bauliche Leistungen erfordern danach, daß die entsprechenden Arbeiten von Betrieben des Baugewerbes ausgeführt werden, und der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken zu dienen bestimmt sind (BAG Urteil vom 17. März 1976 – 4 AZR 188/75 – AP Nr. 28 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Urteil vom 11. Dezember 1974 – 4 AZR 151/74 – AP Nr. 21 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; Urteil vom 18. Januar 1984 – 4 AZR 13/82 – AP Nr. 59 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau). Dazu zählen sämtliche Bauleistungen, die der Erstellung und Vollendung von Bauten dienen. Ein Betrieb des Baugewerbes liegt dabei dann vor (BAG Urteil vom 18. Januar 1984 – 4 AZR 41/83 – BAGE 45, 11 = AP Nr. 60 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau), wenn er nach Herkommen und Üblichkeit im Hinblick auf die von ihm überwiegend ausgeführten Arbeiten als solcher angesehen wird. Für den Betrieb des Beklagten ist das anzunehmen, da er zum Ausbaugewerbe gehört. Mit ihrer weiten Formulierung haben die Tarifvertragsparteien nicht nur das sog. Bauhauptgewerbe erfassen wollen, sondern auch das sog. Ausbaugewerbe und das Bauhilfsgewerbe. Die Regelung in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV, die eine Reihe von Betrieben des Ausbaugewerbes ausdrücklich vom Geltungsbereich des VTV ausnimmt, wäre überflüssig, wenn diese Betriebe auch ohne die Ausnahmeregelung nicht unter den Geltungsbereich des VTV fallen würden. Daraus folgt, daß alle nicht ausdrücklich in § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV ausgenommenen Betriebe des Ausbaugewerbes, z.B. auch Betriebe der Gas-, Wasser- oder Elektroinstallation grundsätzlich als Betriebe des Baugewerbes im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV anzusehen sind (BAG Urteil vom 5. September 1990 – 4 AZR 82/90 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Da ein Bauwerk aber nach der Verkehrsauffassung und allgemeinen Lebenserfahrung nicht schon mit der Fertigstellung des Rohbaus baulich vollendet ist, sondern erst dann, wenn es bestimmungsgemäß benutzt werden kann, gehört auch die Verfugung der sanitären Objekte, der Fenster und Türen, die Glasversiegelung und die Dehnungsversiegelung zu den der Errichtung und Vollendung dienenden baulichen Leistungen im Sinne des VTV.
Der Betrieb des Beklagten ist – entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts – nicht als Betrieb des Glaserhandwerks gemäß § 1 Abs. 2 Abschnitt VII vom Geltungsbereich des VTV ausgenommen. Dabei ist davon auszugehen, daß Glasversiegelungsarbeiten, die hier nur mit 10 bis 15 % der gesamten Arbeitszeit anfallen, auch in den Bereich des Glaserhandwerks fallen. In einem Urteil vom 13. März 1991 (– 4 AZR 436/90 – AP Nr. 139 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts daher die Anschlußverfugungen dem Glaserhandwerk in einem Fall zugeordnet, in dem ein Betrieb, der stets nur als Subunternehmer von Glaserbetrieben tätig wurde, Anschlußverfugungen grundsätzlich nur im Zusammenhang mit Glasversiegelungsarbeiten vornahm. Nur dieser Zusammenhang zwischen Glasversiegelungsarbeiten als typischer Tätigkeit des Glaserhandwerks und Anschlußverfugungen, die auch zum Berufsbild des Glaserhandwerks gehörten, rechtfertige es, die dortige betriebliche Tätigkeit dem Glaserhandwerk zuzuordnen. Solche Umstände sind vorliegend jedoch nicht gegeben. Die Glasversiegelungsarbeiten des Beklagten machen lediglich einen Anteil von 10 bis 15 % aus, während die Abdichtung von Fenstern gegen das Mauerwerk 40 % der Gesamtarbeitszeit in Anspruch nimmt. Daneben stehen zu 40 % der Arbeitszeit Tätigkeiten der Sanitärverfugung und zu 5 bis 10 % Dehnungsversiegelungen im Mauerwerk. Obwohl auch die im Betrieb des Beklagten verrichteten Tätigkeiten in der Regel nicht gesondert als Teilgewerk bei einem Bauvorhaben ausgeschrieben werden, sondern in jedem Fall im Angebot des Glasers, Malers oder Fliesenlegers mitenthalten sind, kann aufgrund dieser Zeitanteile der verschiedenen Tätigkeiten der Betrieb des Beklagten auch nach den vom Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgestellten Grundsätzen nicht dem Glaserhandwerk zugeordnet werden. Schon das Verhältnis der Abdichtungsarbeiten von Fenstern/Türen gegen das Mauerwerk (40 %) gegenüber den Glasversiegelungsarbeiten (10 bis 15 %) kann die Zurechnung der Anschlußverfugungsarbeiten zu den Glasversiegelungsarbeiten nicht rechtfertigen. Berücksichtigt man noch die Sanitärverfugungen von 40 % und die Dehnungsversiegelungen im Mauerwerk von 5 bis 10 % der Arbeitszeit, so können die gelegentlichen Glasversiegelungsarbeiten, auch wenn man ihnen einen Teil der Anschlußversiegelung zurechnet, die Zuordnung des Betriebes des Beklagten zum Glaserhandwerk nicht rechtfertigen.
Daß der Betrieb des Beklagten ein Betrieb des Schreiner- oder Malerhandwerks ist (Nr. 8 bzw. 4 des § 1 Abs. 2 Abschnitt VII VTV in der maßgeblichen Fassung), ist nicht ersichtlich; eine Ausnahme nach diesen Ziffern greift daher ebenfalls nicht ein.
Wie bereits im Urteil des Senats vom 27. Januar 1993 – 10 AZR 203/91 – n.v. ausgeführt, sprechen auch die nach dem hier streitigen Zeitraum vorgenommene Tarifänderungen für die Einbeziehung der Verfugungsarbeiten in den Geltungsbereich des VTV. So sind in § 1 Abs. 2 Abschnitt V Ziffer 16 VTV in der seit 1992 geltenden Fassung ausdrücklich „Fugarbeiten an Bauwerken, insbesondere Verfugungen von Verblendmauerwerk und von Anschlüssen zwischen Einbauteilen und Mauerwerk sowie dauerelastische und dauerplastische Verfugungen aller Art” aufgenommen. Auch im Anhang zum BRTV für das Baugewerbe – Berufsgruppen für die Berufe des Baugewerbes – sind in der Berufsgruppe V – Baufacharbeiter – unter Ziffer 2.5 nunmehr u.a. Fuger und Verfuger aufgeführt.
Liegt somit ein Baubetrieb im Sinne des VTV vor, der nicht von dessen Anwendung nach Abschnitt VII ausgeschlossen ist, stehen der Klägerin die mit der Klage geltend gemachten Beitrags- und Auskunftsansprüche zu. Auf die Revision der Klägerin war daher das klageabweisende Urteil des Landesarbeitsgerichts aufzuheben.
III. Der Beklagte hat nach § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Unterschriften
Matthes, Dr. Freitag, Hauck, Stabenow, Wolf
Fundstellen