Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Druckers
Orientierungssatz
Parallelsache zu BAG Urteil vom 28.9.1988, 4 AZR 326/88.
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 19.02.1988; Aktenzeichen 13 Sa 319/87) |
ArbG Wetzlar (Entscheidung vom 27.01.1987; Aktenzeichen 1 Ca 400/86) |
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen der Druckindustrie, seit dem 1. August 1973 als Drucker beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin-West aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit Anwendung.
Der Kläger war bei der Beklagten zunächst fünf Jahre lang an Ein- und Zweifarbendruckmaschinen tätig. Seit acht Jahren arbeitet er gemeinsam mit einem anderen Drucker an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken. Der Kläger, der von der Beklagten als sogenannter zweiter Drucker angesehen wird, erhält Lohn nach Lohngruppe V des Lohnrahmentarifvertrages vom 6. Juli 1984 (LRTV), während der andere Drucker als sogenannter erster Drucker Lohn nach Lohngruppe VII erhält.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß ihm ebenfalls Lohn nach Lohngruppe VII zustehe. Er führe an der Bogendruckmaschine die gleiche Tätigkeit aus wie der andere Drucker und trage auch die gleiche Verantwortung. Lediglich das Ausfüllen der Arbeitszettel und das Beschaffen der Arbeitsunterlagen obliege aufgrund einer Anweisung der Beklagten seinem Kollegen. Im übrigen werde die Arbeit im Team geleistet. Damit entspreche seine Tätigkeit nicht dem Richtbeispiel Nr. 20 der Lohngruppe V. Dieses sei auf den Regelfall zugeschnitten, daß neben einem erfahrenen ersten Drucker, dessen Tätigkeit vom Richtbeispiel Nr. 16 der Lohngruppe VII erfaßt werde, an einer Bogendruckmaschine ein unerfahrener zweiter Drucker eingesetzt werde. Diese Fallgestaltung sei nicht gegeben. Da er die gleiche Tätigkeit wie sein Kollege ausübe, erfülle diese ebenfalls die Anforderungen des Richtbeispiels Nr. 16 der Lohngruppe VII. Zumindest stehe ihm aber Lohn nach Lohngruppe VI zu. Dies folge zum einen daraus, daß er aufgrund der Aufgabenverteilung erweiterte Arbeitsaufgaben wahrnehme, als sie vom Richtbeispiel Nr. 20 der Lohngruppe V erfaßt würden. Außerdem hätten die Tarifvertragsparteien in einer Übereinkunft vom 21. Juli 1984 bestimmt, daß dem zweiten Drucker Lohn nach Lohngruppe VI zustehen solle, wenn er zu 30 v. H. bis 50 v. H. die Aufgaben eines ersten Druckers an einer Bogendruckmaschine wahrnehme.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet
ist, ihn mit Wirkung ab Juni 1986 gemäß
Lohngruppe VII des Lohnrahmentarifvertrages
für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druck-
industrie zu vergüten.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, daß der Kläger tarifgerecht entlohnt werde. Der Kläger arbeite als zweiter Drucker unter der Aufsicht des verantwortlichen Maschinenführers, den sie zum ersten Drucker bestellt habe. Die Tätigkeit des ersten Druckers an einer Bogendruckmaschine sei im Richtbeispiel Nr. 16 der Lohngruppe VII beschrieben, während die Tätigkeit des zweiten Druckers dem Richtbeispiel Nr. 20 der Lohngruppe V entspreche. Da die Tätigkeit des Klägers unter dieses Richtbeispiel falle, komme auch eine Eingruppierung in Lohngruppe VI nicht in Betracht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger seinen Klageantrag dahingehend klargestellt, daß er Lohn nach Lohngruppe VII ab 1. Juni 1986 beanspruche und hilfsweise die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, an ihn ab 1. Juni 1986 Lohn nach Lohngruppe VI zu zahlen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage nach dem Hilfsantrag stattgegeben und die Berufung im übrigen zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte Klageabweisung in vollem Umfange. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision und verfolgt mit seiner Anschlußrevision seinen Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe VII weiter. Dabei stützt er diesen Anspruch nur noch darauf, daß seine Tätigkeit dem Richtbeispiel Nr. 15 der Lohngruppe VII entspreche. Dieses ordne das Einrichten und den Fortdruck an Bogendruckmaschinen als Mehrfarbendrucker unabhängig von der Anzahl der Farbwerke der Bogendruckmaschine der Lohngruppe VII zu. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Anschlußrevision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des berufungsgerichtlichen Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat, und zur Wiederherstellung des die Klage in vollem Umfange abweisenden erstinstanzlichen Urteils. Die Anschlußrevision des Klägers war zurückzuweisen. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe VI noch ein Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe VII gegenüber der Beklagten zu.
Auf das Arbeitsverhältnis findet aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der Lohnrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin-West vom 6. Juli 1984 (LRTV) mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Für die Eingruppierung sind folgende tarifliche Bestimmungen des LRTV heranzuziehen:
§ 4 Eingruppierung
1. Jeder Arbeitnehmer ist aufgrund der von ihm vertrag-
lich auszuübenden bzw. ausgeübten Tätigkeit in eine
der Lohngruppen des § 3 einzugruppieren. Für die Ein-
gruppierung sind die abstrakten Merkmale entschei-
dend. Erweiterte Arbeitsaufgaben sind entsprechend
zu berücksichtigen.
2. Übt ein Arbeitnehmer mehrere Tätigkeiten aus, die
verschiedenen Lohngruppen zuzuordnen sind, so er-
folgt die Eingruppierung nach der überwiegenden
Tätigkeit.
Diese tariflichen Bestimmungen sind dahingehend auszulegen, daß dem Arbeitnehmer bei Erfüllung der tariflichen Anforderungen ein entsprechender Lohnanspruch zusteht und der Entscheidung des Arbeitgebers nur deklaratorische Bedeutung zukommt. Für die Eingruppierung ist die überwiegende Tätigkeit maßgebend, wobei die abstrakten Tätigkeitsmerkmale entscheidend sind (BAG Urteil vom 21. Oktober 1987 - 4 AZR 49/87 - AP Nr. 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie m. w. N.). In den abstrakten Merkmalen der Lohngruppen II bis VII haben die Tarifvertragsparteien Bewertungskriterien hinsichtlich der Qualifikation, der geistigen Beanspruchung, der muskelmäßigen Beanspruchung und der Verantwortung normiert. Ferner bestimmt der Schlußsatz der abstrakten Tätigkeitsmerkmale in Lohngruppe VII:
Die in den Tätigkeitsmerkmalen aufgeführten Be-
wertungskriterien sind nicht in jedem Falle
kumulativ zu verstehen. Im Zweifel wird die Bewer-
tung der den einzelnen Lohngruppen zugeordneten
Richtbeispiele als Auslegungshilfe herangezogen.
Diese Vorschrift ist in Verbindung mit § 4 LRTV dahin auszulegen, daß die Erfordernisse einer Lohngruppe dann als erfüllt anzusehen sind, wenn ein Arbeitnehmer eine einem dieser Lohngruppe zugeordneten Richtbeispiel entsprechende Tätigkeit überwiegend auszuüben hat. Wenn die Tarifvertragsparteien bestimmen, daß "im Zweifel" die Bewertung der den einzelnen Lohngruppen zugeordneten Richtbeispiele als "Auslegungshilfe" heranzuziehen ist, so bringen sie damit zum Ausdruck, daß sie die abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer Lohngruppe - auch wenn nicht alle Bewertungskriterien vorliegen - dann als erfüllt ansehen, wenn die Tätigkeit in dieser Lohngruppe als Richtbeispiel aufgeführt ist. Diese Auslegung entspricht der ständigen Senatsrechtsprechung zur Bedeutung von Tätigkeitsmerkmalen in tariflichen Eingruppierungsregelungen (BAG, aaO). Die Tarifvertragsparteien wollen mit den Richtbeispielen in den Lohngruppen I bis VII, die in sich häufig auch noch verschiedene Alternativen aufweisen, im wesentlichen die für die Druckindustrie typischen Tätigkeiten erfassen und durch die Zuordnung zu einer Lohngruppe tariflich bewerten. Zu der in einem Richtbeispiel beschriebenen Tätigkeit rechnen auch die mit ihr unmittelbar zusammenhängenden Arbeiten (BAG Beschluß vom 16. Juni 1987 - 4 ABR 63/86 - nicht zur Veröffentlichung vorgesehen).
Auf die abstrakten Tätigkeitsmerkmale muß allerdings dann zurückgegriffen werden, wenn das Richtbeispiel selbst unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, die nicht aus sich heraus ausgelegt werden können, oder eine Tätigkeit in den Richtbeispielen nicht aufgeführt ist. Auch hier entspricht es aber dem Willen der Tarifvertragsparteien, der mit der Verwendung der Bezeichnung "Auslegungshilfe" deutlich zum Ausdruck kommt, daß die Richtbeispiele bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe in den abstrakten Tätigkeitsmerkmalen und bei der tariflichen Bewertung von Tätigkeiten, die als Richtbeispiel nicht genannt sind, heranzuziehen sind (BAGE 45, 121, 126 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung m.w. N.; Urteil vom 12. März 1986 - 4 AZR 534/84 - AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie).
Das gleiche gilt, sofern eine Tätigkeit nicht in vollem Umfange der in einem Richtbeispiel genannten Tätigkeit entspricht. Auch in diesem Falle ist zu prüfen, ob die Tätigkeit die abstrakten Tätigkeitsmerkmale der beanspruchten Lohngruppe erfüllt. Bei dieser Prüfung sind allerdings die Richtbeispiele wiederum als Auslegungshilfe heranzuziehen. Ist die Tätigkeit als Richtbeispiel in einer niedrigeren Lohngruppe aufgeführt, so kann sie nach dem tariflichen Gesamtzusammenhang nicht unter die abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer höheren Lohngruppe subsumiert werden. Ist die Tätigkeit in keinem Richtbeispiel einer niedrigeren Lohngruppe aufgeführt, so bleibt zu prüfen, ob sie die abstrakten Tätigkeitsmerkmale der begehrten Lohngruppe erfüllt, obwohl sie den Anforderungen des entsprechenden Richtbeispiels nicht in vollem Umfange genügt. Insoweit gewinnt § 4 Ziffer 1 Satz 3 LRTV Bedeutung. Danach sind erweiterte Arbeitsaufgaben bei der Eingruppierung entsprechend zu berücksichtigen. Daraus folgt, daß die Tätigkeit, die den Anforderungen eines Richtbeispiels nicht in vollem Umfange entspricht, die abstrakten Tätigkeitsmerkmale der begehrten Lohngruppe dann erfüllen kann, wenn zum Ausgleich für die im Einzelfall fehlende Tätigkeit andere Tätigkeiten hinzukommen, die tariflich gleichermaßen zu bewerten sind (BAG Urteil vom 21. Oktober 1987 - 4 AZR 49/87 - AP Nr. 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie).
Diese Grundsätze bei der Eingruppierung nach dem LRTV hat das Landesarbeitsgericht nicht in vollem Umfange berücksichtigt, so daß das angefochtene Urteil aufzuheben ist.
Zutreffend zieht das Landesarbeitsgericht für die tarifliche Bewertung der Tätigkeit des Klägers folgende Richtbeispiele heran:
Lohngruppe V Nr. 20
Einrichten und Fortdruck an Bogendruckmaschinen
mit vier und mehr Farbwerken als Drucker.
Lohngruppe VII Nr. 16
Verantwortliches Einrichten und Fortdruck an
Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken
als Drucker.
Das Landesarbeitsgericht nimmt an, daß der Kläger mit seiner Tätigkeit als Drucker an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken nicht das Richtbeispiel der Lohngruppe VII Nr. 16 erfülle. Da dem weiteren Drucker, mit dem der Kläger zusammenarbeite, die Beschaffung der Arbeitsunterlagen und das Ausfüllen der Arbeitszettel obliege und er für den Arbeitgeber und die Kunden der Ansprechpartner sei, sei seine Tätigkeit als "verantwortliches Einrichten und Fortdruck an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken" im Sinne der Lohngruppe VII Nr. 16 anzusehen. Die dem Kläger obliegende Verantwortung könne jedoch nicht zwei Stufen niedriger bewertet werden. Der Kläger trage vielmehr große Verantwortung im Sinne der Lohngruppe VI. Da seine Tätigkeit auch im übrigen die abstrakten Tätigkeitsmerkmale dieser Lohngruppe erfülle, stehe ihm ein Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe VI zu.
Diesen Ausführungen des Landesarbeitsgerichts vermag der Senat nicht zu folgen. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Kläger mit seiner überwiegenden Tätigkeit mit dem Einrichten und dem Fortdruck an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken als Drucker beschäftigt. Seine Tätigkeit erfüllt damit die Anforderungen des Richtbeispiels Nr. 20 der Lohngruppe V, woraus zugleich folgt, daß die Tarifvertragsparteien durch diese Tätigkeit auch die abstrakten Tätigkeitsmerkmale der Lohngruppe V als erfüllt ansehen. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang folgt weiter, daß die Tarifvertragsparteien das Einrichten und den Fortdruck an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken als Drucker nur dann höher bewerten, wenn sie "verantwortlich" im Sinne des Richtbeispiels Nr. 16 der Lohngruppe VII ausgeübt wird. Die Tarifvertragsparteien haben damit die Tätigkeit des Einrichtens und des Fortdrucks an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken entweder der Lohngruppe V oder der Lohngruppe VII zugewiesen. Den Gerichten ist es deshalb verwehrt, diese Tätigkeit einer anderen Lohngruppe, insbesondere der Lohngruppe VI, zuzuordnen.
Ob die Tätigkeit der Lohngruppe VII oder der Lohngruppe V zugeordnet wird, richtet sich danach, ob sie "verantwortlich" im Sinne des Richtbeispiels Nr. 16 der Lohngruppe VII ausgeübt wird. Die Tarifvertragsparteien haben den Begriff der "Verantwortlichkeit" im Sinne des Richtbeispiels Nr. 16 der Lohngruppe VII selbst nicht erläutert. Er kann entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht mit dem abstrakten Tätigkeitsmerkmal der Lohngruppe VII (große bis sehr große Verantwortung für Betriebsmittel, eigene Arbeit und/oder Arbeit und Sicherheit anderer) gleichgesetzt werden. Die Tarifvertragsparteien bringen mit dem Richtbeispiel zum Ausdruck, daß die gesamte im Richtbeispiel beschriebene Tätigkeit die abstrakten Tätigkeitsmerkmale erfüllt. Zur Interpretation eines Elementes der im Richtbeispiel beschriebenen Tätigkeit kann deshalb nicht wiederum auf ein die gesamte Tätigkeit kennzeichnendes abstraktes Tätigkeitsmerkmal zurückgegriffen werden. Vielmehr ist der Begriff des "verantwortlichen" Einrichtens und Fortdrucks an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken nach dem allgemeinen Sprachgebrauch dahingehend auszulegen, daß darunter die Verpflichtung des Druckers zu verstehen ist, dafür einstehen zu müssen, daß in dem ihm übertragenen Aufgabenbereich die zu erledigenden Druckaufträge sachgerecht, pünktlich und vorschriftsmäßig ausgeführt werden (vgl. BAGE 51, 356, 368 ff. = AP Nr. 120 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
Diese Voraussetzung ist vorliegend nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Tätigkeit an der Bogendruckmaschine, an der der Kläger eingesetzt wird, nicht bei ihm, sondern bei dem weiteren Drucker erfüllt, mit dem der Kläger zusammenarbeitet. Dieser ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts insbesondere der Ansprechpartner des Arbeitgebers und der Kunden, woraus das Landesarbeitsgericht zu Recht auf die Erfüllung der Anforderungen des Richtbeispiels Nr. 16 der Lohngruppe VII schließt. Wird der Kläger aber damit überwiegend nicht mit dem verantwortlichen Einrichten und Fortdruck an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken im Sinne des Richtbeispiels Nr. 16 der Lohngruppe VII beschäftigt, so ist seine Tätigkeit nach der die Gerichte bindenden Wertung der Tarifvertragsparteien als Einrichten und Fortdruck an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken im Sinne des Richtbeispiels Nr. 20 der Lohngruppe V anzusehen und erfüllt damit die Anforderungen dieser Lohngruppe.
Der Kläger macht allerdings geltend, daß seine Tätigkeit nicht in vollem Umfange von diesem Richtbeispiel erfaßt werde. Er nehme vielmehr erweiterte Arbeitsaufgaben im Sinne von § 4 Ziffer 1 Satz 3 LRTV wahr, die eine höhere tarifliche Bewertung und damit eine solche nach Lohngruppe VI rechtfertigen. Der Kläger meint insoweit, daß die Tarifvertragsparteien in den Richtbeispielen der Lohngruppe VII Nr. 16 und Lohngruppe V Nr. 20 davon ausgegangen seien, daß an einer Bogendruckmaschine mit vier und mehr Farbwerken stets ein erfahrener Drucker beschäftigt werde, der in Lohngruppe VII einzugruppieren sei, während die Tätigkeit des zweiten Druckers, die vom Richtbeispiel Nr. 20 der Lohngruppe V erfaßt werde, einem unerfahrenen Drucker zugewiesen werde. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht gegeben, weil er über die gleiche Erfahrung wie der Drucker verfüge, mit dem er zusammen die Bogendruckmaschine bediene.
Diese vom Kläger hinsichtlich der Bedeutung der Richtbeispiele Nr. 16 der Lohngruppe VII und Nr. 20 der Lohngruppe V in bezug auf die unterschiedliche Erfahrung des ersten und zweiten Druckers an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken vertretene Auslegung hat in den tariflichen Bestimmungen jedoch keinen Ausdruck gefunden. Die Tarifvertragsparteien verwenden weder die Begriffe des ersten und zweiten Druckers noch knüpfen sie in den genannten Richtbeispielen an die Berufserfahrung an. Die Tarifvertragsparteien treffen eine Unterscheidung zwischen der Lohngruppe VII und der Lohngruppe V allein im Hinblick auf die Verantwortlichkeit der Tätigkeit. Wird die Tätigkeit des Einrichtens und des Fortdruckes an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken mithin nicht mit der im Richtbeispiel Nr. 16 der Lohngruppe VII geforderten Verantwortung ausgeübt, wie vorliegend vom Landesarbeitsgericht in bezug auf den Kläger festgestellt, ist sie der Lohngruppe V zuzuordnen. Eine größere Berufserfahrung, auf die sich der Kläger beruft, rechtfertigt nach den tariflichen Bestimmungen keine höhere Eingruppierung.
Auch die vom Landesarbeitsgericht angenommene größere Verantwortung, als sie dem abstrakten Tätigkeitsmerkmal der Lohngruppe V (mittlere Verantwortung für Betriebsmittel, eigene Arbeit und/oder Arbeit und Sicherheit anderer) entspricht, kann eine höhere Eingruppierung nicht rechtfertigen, solange sie nicht den Grad der im Richtbeispiel Nr. 16 der Lohngruppe VII geforderten Verantwortung erreicht. Ein Anspruch des Klägers auf Lohn nach Lohngruppe VI besteht damit nach den tariflichen Bestimmungen nicht.
Der Kläger kann auch keinen Anspruch auf Lohn nach Lohngruppe VI aus der Übereinkunft der Tarifvertragsparteien vom 21. Juli 1984 herleiten. Diese Übereinkunft, die von den Vertretern der tarifschließenden Verbände unterzeichnet ist, hat folgenden Wortlaut:
"....Bezugnehmend auf die Tarifverhandlungen vom
5./6. Juli 1984 stellen wir fest, daß wir in den
Verhandlungen in folgender Frage Übereinstimmung
erzielt haben:
Vierfarbendrucker (Richtbeispiel Lohngruppe V/20),
die zwischen 30 und 50 % ihrer Tätigkeit Aufgaben
in der Funktion des Richtbeispiels VII/16 wahr-
nehmen, können unter Berücksichtigung von § 4
Ziffer 3 Abs. 1, letzter Satz (Pauschalabgeltung),
in die Lohngruppe VI eingruppiert werden."
Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beim Kläger nicht vor. Die Übereinkunft regelt nur den Fall, daß ein Drucker zu 3O v. H. bis 50 v. H. seiner Tätigkeit und damit in einem geringeren als in dem in § 4 Ziffer 2 LRTV vorgesehenen Umfang "verantwortlich mit dem Einrichten und Fortdruck an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken" beschäftigt wird. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts übt der Kläger diese Tätigkeit jedoch auch in dem in der Übereinkunft geforderten Umfange nicht aus. Sie ist vielmehr ausschließlich dem Drucker vorbehalten, mit dem der Kläger zusammen die Bogendruckmaschine bedient. Damit erfüllt die Tätigkeit des Klägers nicht die in der Übereinkunft der Tarifvertragsparteien vom 21. Juli 1984 hinsichtlich eines Anspruchs auf Lohn nach Lohngruppe VI aufgestellten Anforderungen. Daher kommt es auch nicht darauf an, welche rechtliche Bedeutung die Übereinkunft der Tarifvertragsparteien für die einzelnen Arbeitsverhältnisse hat.
Die Anschlußrevision des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger macht mit der Anschlußrevision geltend, daß seine Tätigkeit das Richtbeispiel Nr. 15 der Lohngruppe VII erfülle. Dieses hat folgenden Wortlaut:
Einrichten (auch Ausschießen und Schließen von
schwierigen gemischten ein- und mehrfarbigen
Hochdruckformen) und Fortdruck an Bogendruck-
maschinen als Mehrfarbendrucker (auch an Schön-
und Widerdruckmaschinen).
Zwar ist der Kläger mit dem Einrichten und dem Fortdruck an Bogendruckmaschinen beschäftigt und ist er auch als "Mehrfarbendrucker" im Tarifsinne anzusehen, da er mehrere Farben autotypisch ineinander druckt (vgl. BAG Beschluß vom 18. Februar 1987 - 4 ABR 35/86 - AP Nr. 13 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie). Gleichwohl kommt das vom Kläger angeführte Richtbeispiel der Lohngruppe VII Nr. 15 für die von ihm ausgeübte Tätigkeit nicht in Betracht. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang folgt eindeutig, daß die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der Tätigkeit an Bogendruckmaschinen zwischen solchen mit vier und mehr Farbwerken und anderen Bogendruckmaschinen unterscheiden. Die Tarifvertragsparteien haben für die Tätigkeiten an Bogendruckmaschinen mit vier und mehr Farbwerken spezielle Richtbeispiele in den Lohngruppen VII Nr. 16 und V Nr. 20 normiert, während die Tätigkeit an anderen Bogendruckmaschinen in den Richtbeispielen der Lohngruppen VI Nr. 2 und VII Nr. 15 aufgeführt ist. Daraus folgt, daß die Tätigkeiten an Bogendruckmaschinen je nach der Anzahl der Farbwerke allein die für sie vorgesehenen Richtbeispiele erfüllen können. Da der Kläger an einer Bogendruckmaschine mit vier und mehr Farbwerken tätig ist, kommen demgemäß für diese Tätigkeiten nur die Richtbeispiele Nr. 20 der Lohngruppe V und Nr. 16 der Lohngruppe VII, nicht aber das Richtbeispiel der Lohngruppe VII Nr. 15 in Betracht.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 ZPO zu tragen.
Dr. Feller Dr. Etzel Dr. Freitag
Peter Jansen Wiese
Fundstellen