Entscheidungsstichwort (Thema)
Tariflohnerhöhung bei Arbeitszeitverkürzung
Orientierungssatz
Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung bei Arbeitszeitverkürzung nach dem Manteltarifvertrag für die Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung in Baden-Württemberg vom 30.1.1985; Stundenlohn und Monatslohn; Gleichbehandlung; Effektivklausel.
Normenkette
TVG §§ 1, 4; BGB § 242
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 28.01.1987; Aktenzeichen 2 Sa 71/86) |
ArbG Reutlingen (Entscheidung vom 30.04.1986; Aktenzeichen 4 Ca 540/85) |
Tatbestand
Der Kläger ist bei der Beklagten seit 26. Juni 1972 als Monteur beschäftigt. Auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die Tarifverträge für die Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung in Baden-Württemberg Anwendung. Der Kläger, der in Lohngr. 7,5 des Haustarifvertrages der Beklagten eingruppiert ist, erhielt bis zum 30. September 1985 einen Bruttostundenlohn von 15,98 DM. Dieser setzte sich zusammen aus dem Tariflohn von 12,89 DM und einer freiwilligen, anrechenbaren und widerruflichen übertariflichen Zulage von 3,09 DM.
Als Ausgleich für die im "Manteltarifvertrag für die Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung in Baden-Württemberg" vom 30. Januar 1985, in Kraft getreten am 1. Februar 1985, vereinbarte Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf 38,5 Stunden ab 1. Oktober 1985 erhöhten sich von diesem Zeitpunkt an die Tariflöhne um 3,9 %.
Die Beklagte zahlte dem Kläger nunmehr einen Bruttostundenlohn von 16,50 DM, bestehend aus dem Tariflohn von 13,40 DM und der übertariflichen Zulage in nahezu unveränderter Höhe von 3,10 DM.
Mit seiner am 12. Dezember 1985 erhobenen Klage begehrt der Kläger die 3,9 %ige Erhöhung der übertariflichen Zulage als Ausgleich für die Arbeitszeitverkürzung und verlangt für die im Oktober 1985 unstreitig zu vergütenden Arbeitsstunden weitere 0,11 DM brutto pro Stunde (3,9 % von 3,09 DM = 0,12 DM + 3,09 DM = 3,21 DM abzüglich gezahlter 3,10 DM = 0,11 DM).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach der als Anlage 1 dem MTV beigefügten Protokollnotiz Nr. 2 erfolge die Verkürzung der Arbeitszeit um 1,5 Stunden pro Arbeitswoche ohne Minderung des Arbeitsentgelts auf der Basis der bisher geltenden 40-Stunden-Woche. Somit dürfe sich sein Effektivlohn infolge der Arbeitszeitverkürzung nicht verringern. Die Tarifvertragsparteien hätten mit ihrer Regelung die Effektivlöhne sichern wollen. Es handele sich dabei um eine rechtlich zulässige Verdienstsicherungsklausel. Zudem hätten nur die Arbeiter infolge der Arbeitszeitverkürzung Einkommensverluste hinzunehmen. Den Angestellten zahle nämlich die Beklagte trotz gleicher Arbeitszeitverkürzung ihr Gehalt in der bisherigen Höhe weiter. Hierin liege ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger
23,79 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich
hieraus ergebenden Nettobetrag ab 16. November
1985 zu zahlen,
2. festzustellen, daß der Stundenlohn des Klägers
aufgrund der im Zusammenhang mit der durchgeführten
tarifvertraglichen Arbeitszeitverkürzung
ab dem 1. Oktober 1985 16,61 DM brutto
beträgt.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der im Tarifvertrag vereinbarte Lohnausgleich beziehe sich nur auf die Tariflöhne. Selbst wenn die Tarifvertragsparteien die Erhöhung des Effektivlohnes zum Ausgleich für die Arbeitszeitverkürzung vereinbart hätten, sei diese Vereinbarung als unzulässige Effektivklausel nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unwirksam. Daß die Arbeitszeitverkürzung bei Arbeitern zu einer Minderung des Effektivlohnes führe, nicht aber bei Angestellten, beruhe ausschließlich auf der unterschiedlichen Entgeltfindung und sei daher sachlich gerechtfertigt.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und dem Zahlungsbegehren stattgegeben. Den Feststellungsantrag hat das Landesarbeitsgericht als unzulässig abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Der Revision war stattzugeben. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht dem Kläger ein Anspruch auf eine erhöhte freiwillige übertarifliche Zulage ab 1. Oktober 1985 nicht zu. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Reutlingen war deshalb zurückzuweisen.
Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, daß dem Kläger ein tariflicher Anspruch auf Zahlung einer um 3,9 % erhöhten freiwilligen übertariflichen Zulage ab 1. Oktober 1985 nicht zusteht. Auszugehen ist insoweit von dem Manteltarifvertrag für die Holzindustrie und Kunststoffverarbeitung in Baden-Württemberg vom 30. Januar 1985 (MTV), an den die Parteien nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts unmittelbar und zwingend nach § 4 Abs. 1 TVG kraft Verbandszugehörigkeit gebunden sind. Darin ist in § 5 Ziffer 2 vorgeschrieben:
"Ab 1. Oktober 1985 beträgt die regelmäßige
wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen 38,5 Stunden,
solange keine andere Regelung durch Betriebsvereinbarung
gem. Ziff. 3 erfolgt."
Zu der Neufassung des MTV wurden von den Tarifvertragsparteien Protokollnotizen verfaßt, in deren Ziffer 2 es heißt:
"2. Die Verkürzung der Arbeitszeit um 1,5 Stunden
pro Arbeitswoche erfolgt ohne Minderung des
Arbeitsentgelts auf der Basis der bisher
geltenden 40-Stunden-Woche."
In § 10 MTV ist über die Entgeltregelung unter Ziffer 10 a bestimmt:
Die Tariflöhne werden im Zusammenhang mit der
Verkürzung der Wochenarbeitszeit ab dem 1. Oktober
1985 um 3,9 % angehoben.
Daraus ergibt sich, daß die Tarifvertragsparteien nur die Tariflöhne, nicht aber die übertariflichen Löhne um 3,9 % angehoben wissen wollten. Auch aus der Protokollnotiz ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend hervorhebt, nichts anderes zu entnehmen. Wenn es dort heißt, daß keine Minderung des "Arbeitsentgelts" erfolgen darf, ist hiermit ebenfalls nur der Tariflohn gemeint. Aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, der für die Auslegung des Tarifvertrages maßgeblich ist (vgl. BAGE 46, 308 = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung), ergibt sich, daß die Tarifvertragsparteien des MTV immer dann, wenn sie nicht den Tariflohn meinen, sondern den effektiven Lohn ansprechen, das auch so bezeichnen. So ist für die Berechnung der Zuschläge der "tatsächliche Stundenlohn" nach § 7 Ziffer 3 a MTV zugrunde zu legen. Auch das verstetigte Monatsgehalt ist nach § 10 Ziffer 10 b MTV nach dem "persönlichen tatsächlichen Stundenverdienst" zu zahlen. Die Alterssicherung richtet sich nach § 11 Ziffer 5,6 nach dem "bisherigen Bruttoverdienst". Für die Zusammensetzung des neuen Verdienstes wird nach § 11 Ziffer 7 MTV ausdrücklich auf den Tarifzeitlohn und die übertarifliche Lohn- und Gehaltszulage zum Zeitpunkt der Antragstellung abgestellt. Für das Urlaubsentgelt wird nach § 13 IV MTV auf den durchschnittlichen Stundenverdienst der letzten abgerechneten 13 Wochen bzw. 3 Monate abgestellt. Zulagen und Zuschläge sind beim durchschnittlichen Stundenverdienst einzubeziehen. Wenn demgegenüber in § 10 Ziffer 10 a ausdrücklich nur die Tariflöhne um 3,9 % angehoben werden, haben damit die Tarifvertragsparteien die Lohnerhöhung nur für diesen Tariflohn vorgesehen und die Effektivlöhne lediglich als Berechnungsgrundlage für andere Vergütungen zugrunde gelegt, wie das nach der Rechtsprechung des Senats zulässig ist (vgl. BAGE 33, 83 = AP Nr. 9 zu § 4 TVG Effektivklausel).
Wenn die Tarifvertragsparteien dann in den Protokollnotizen den neutralen Begriff des Arbeitsentgelts verwenden und bestimmen, daß die Verkürzung der Arbeitszeit um 1,5 Stunden pro Arbeitswoche ohne Minderung des Arbeitsentgelts auf der Basis der bisher geltenden 40-Stunden-Woche erfolgen soll, ist mit dem Landesarbeitsgericht davon auszugehen, daß auch insoweit nur der Tariflohn gemeint ist. Der MTV gilt für Arbeiter und Angestellte sowie Auszubildende, so daß der Begriff des Lohnes, des Gehalts und der Ausbildungsvergütung damit in dem Oberbegriff Arbeitsentgelt zusammengefaßt worden ist. Wollte man dementgegen mit dem Kläger aus der Protokollnotiz entnehmen, daß mit dem Begriff Arbeitsentgelt nicht nur die Tariflöhne entsprechend der Arbeitszeitverkürzung erhöht werden sollten, sondern der Gesamtverdienst aufgrund der bisher geltenden 40-Stunden-Woche aus Anlaß der Arbeitszeitverkürzung nicht vermindert werden sollte, wäre eine solche Regelung als unzulässige Effektivklausel unwirksam. Der Kläger hat weder einen tarifrechtlichen noch einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf einen bestimmten Wochenlohn. Der Wochenlohn ist vielmehr das Produkt aus Stundenlohn und Arbeitszeit und daher in der Höhe abhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit. Die Einbuße des Klägers im Wochenlohn ist allein eine Folge der Verkürzung des Faktors Arbeitszeit. Die im Tarifvertrag vereinbarte Verkürzung der Wochenarbeitszeit bewirkt eine unmittelbare und zwingende rechtliche Umgestaltung des Arbeitsvertrages. Sollte unter Beibehaltung des Zeitlohnprinzips gleichwohl der vorher erzielte Wochenlohnverdienst gesichert werden, müßte sich zwangsläufig der Faktor der Entgeltberechnung verändern. Das ergibt sich im vorliegenden Falle besonders deutlich, weil für die Klageforderung der übertarifliche Lohn, wie er zwischen den Parteien vereinbart worden ist, um 3,9 % aufgestockt werden müßte. Eine solche Folge bedürfte aber eines besonderen Rechtsgrundes. Da der Arbeitsvertrag aufgrund der bisherigen Vereinbarung als Grund einer Zulage von DM 3,09 ausscheidet, müßte tarifvertraglich nicht nur der Tariflohn, sondern auch der übertarifliche Lohnanteil um 3,9 % erhöht werden. Das kann aber der tariflichen Regelung nicht entnommen werden. Anderenfalls würde nicht nur eine begrenzte Effektivklausel mit der Wirkung der Erhaltung des übertariflichen Lohnanteils zum Zeitpunkt der Tariflohnerhöhung, sondern sogar eine Effektivgarantieklausel vorliegen, die gegenüber dem bisherigen vereinbarten einen höheren übertariflichen Lohnanteil vorschreibt. Der Arbeitgeber würde mit normativer Wirkung verpflichtet, die Tariflohnerhöhung zusätzlich zu dem bisher gezahlten effektiven Lohn zu zahlen und den übertariflichen Lohnanteil entsprechend zu erhöhen. Das wäre aber eine Effektivklausel, die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats unzulässig ist (vgl. BAGE 20, 308 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Effektivklausel).
Die Annahme einer Effektivklausel wird entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagten die rechtliche Möglichkeit verbleibt, künftige Tariflohnerhöhungen anzurechnen. Eine Effektivklausel liegt nämlich auch dann vor, wenn sich die unmittelbare und zwingende Wirkung der Tarifklausel in der einmaligen Erhöhung des Tariflohnes erschöpft, fortan also der neben dem neuen Tariflohn zu zahlende Lohnbestandteil seinen Rechtsgrund allein in der arbeitsvertraglichen Lohnabrede haben soll und demgemäß wieder der freien Parteidisposition unterliegt (sog. begrenzte Effektivklausel, vgl. BAGE 20, 308 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Effektivklausel).
Liegt damit für die Stundenlohnberechnung eine arbeitsvertragliche Regelung über die Zahlung einer übertariflichen Zulage neben dem Tariflohn vor, können die Tarifvertragsparteien diesen Teil des Lohnes als Effektivlohn nicht aufstocken. Eine solche Regelung würde eine Effektivklausel darstellen, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats unwirksam ist (BAGE 20, 308 = AP Nr. 7 zu § 4 TVG Effektivklausel, bestätigt durch die Entscheidungen BAGE 23, 399 = AP Nr. 8 zu § 4 TVG Effektivklausel, BAGE 33, 83 = AP Nr. 9 zu § 4 TVG Effektivklausel, BAGE 38, 118 = AP Nr. 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung) und von den Tarifvertragsparteien in dieser Form auch nicht gewollt sein kann. Der Senat sieht auch keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. Die Effektivklausel stellt einen unzulässigen Eingriff in die vertraglichen Beziehungen der Arbeitsvertragsparteien dar, wie hier daraus ersichtlich wird, daß die Erhöhung des übertariflichen Stundenlohnanteils verlangt wird. Eine Verdienstsicherung läßt sich damit auf der Basis einer Stundenlohnvereinbarung nicht erreichen, zumal durch Vereinbarung eines Wochen- oder Monatslohnes die Möglichkeit besteht, solche Verdienstminderungen bei einer Arbeitszeitverkürzung zu verhindern. Solange die Tarifvertragsparteien an der Unterscheidung zwischen Stundenlöhnern und Lohnvereinbarungen nach Zeitabschnitten festhalten, sind die daraus sich ergebenden teilweisen Verdienstminderungen unvermeidlich und nicht durch Eingriffe in die den Tarifvertragsparteien verschlossene Einzelvereinbarung zu vermeiden. Besonders deutlich wird das in tariflichen Anrechnungsklauseln (BAG Urteil vom 26. April 1961 - 4 AZR 501/59 -, AP Nr. 5 zu § 4 TVG Effektivklausel), mit denen die Tarifvertragsparteien das Aufsaugen eines übertariflichen Lohnteiles ohne Rücksicht darauf vorschreiben, wie er einzelvertraglich und damit u. U. auch tariffest vereinbart ist. Das käme unzulässigen Höchstlöhnen gleich und verstieße gegen das gesetzlich zwingende Günstigkeitsprinzip (§ 4 Abs. 3 TVG). Dasselbe muß aber auch für den umgekehrten Fall der Erhaltung oder gar wie hier der Aufstockung übertariflicher Lohnteile gelten. Im übertariflichen Raum sind die Arbeitsvertragsparteien aufgrund des Günstigkeitsprinzips frei. Die Tarifvertragsparteien können nur generelle Mindestarbeitsbedingungen setzen und ggf. den Tariflohn entsprechend weiter anheben.
Entgegen der Auffassung des Klägers und des Landesarbeitsgerichts liegt darin kein Verstoß gegen Gleichberechtigung oder Gleichbehandlung im Arbeitsrecht. Die tarifliche Regelung bezieht sich ohnehin nur auf die tariflichen Stundenlöhne und die Gehälter der Angestellten. An Art. 3 GG ist daher diese Regelung nicht zu messen. Vielmehr könnte bei den übertariflichen Lohnteilen nur ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Betracht kommen. Der dem Arbeitsvertragsrecht zugehörige Gleichbehandlungsgrundsatz verwehrt es dem Arbeitgeber, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemeinen Regelungen des Arbeitsverhältnisses auszunehmen und willkürlich schlechter zu stellen (vgl. BAG Urteile vom 17. Mai 1978 - 5 AZR 132/77 -, AP Nr. 42 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAGE 35, 43 und BAGE 38, 118 = AP Nr. 45, 47 zu § 242 BGB Gleichbehandlung m.w.N.). Ein solcher Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liegt aber nicht vor, wenn bei Arbeitnehmern mit einem Monatslohn oder Monatsgehalt keine Minderung des Gehalts bei Arbeitszeitverkürzungen vorgenommen und nur bei Arbeitern mit Stundenlohnvereinbarung der bisherige übertarifliche Lohn beibehalten wird. Aus der Vereinbarung eines Wochen- oder Monatslohnes folgt nämlich, daß der vereinbarte Lohn für einen bestimmten Zeitabschnitt ohne Rücksicht darauf gezahlt wird, wieviel Arbeitszeit im Einzelfall tatsächlich geleistet wird. Beim Monatslohn wird dies besonders dadurch deutlich, daß die einzelnen Monate des Jahres unterschiedliche Zahlen von Tagen aufweisen und damit auch die Zahl der Arbeitstage und somit die Arbeitszeit trotz gleichen Gehaltes unterschiedlich ist. Dann wirkt sich die Arbeitszeitverkürzung unterschiedlich aus.
Anders ist aber die Rechtslage, wenn gemäß Arbeitsvertrag und hier auch nach dem Tarifvertrag die Bezahlung auf der Grundlage des Stundenlohnes erfolgt. Dann wird nur die jeweils geleistete Stundenzahl vergütet und somit von Woche zu Woche und Monat zu Monat eine unterschiedliche Lohnhöhe erzielt. Die Vereinbarung eines Lohnes für einen bestimmten Zeitabschnitt führt hingegen dazu, daß eine Arbeitszeitverkürzung die effektive Lohnhöhe trotz kürzerer Arbeitszeit unberührt läßt. Eine entsprechende Verkürzung des Wochen- oder Monatslohnes mag arbeitsvertraglich zulässig sein, wenn dieser Lohn nur auf der Basis der 40-Stunden-Woche gewährt worden ist oder bei verkürzter Arbeitszeit die Grundlage der bisherigen Wochen- oder Monatslohnvereinbarung wegfällt. In keinem Falle aber kann der übertarifliche Lohnteil ohne weiteres sich vermindern, sondern es bedarf stets einer besonderen Berechnung und Erklärung der Herabsetzung. Während beim Stundenlohn der bisherige übertarifliche Lohnanteil des Klägers, wenn er - wie hier - zum jeweiligen Tariflohn gewährt wird, in voller Höhe erhalten bleibt, müßte er bei einem Monatslohn entsprechend gekürzt werden. Das wäre aber eine Veränderung der bisherigen Lohnvereinbarung (vgl. auch BAG Urteil vom 23. Juni 1965 - 4 AZR 103/64 - AP Nr. 1 zu § 611 BGB Wochenlohn).
Diese rein rechtlichen Unterschiede berechtigen deshalb zu einer ungleichen Behandlung von Stundenlöhnen auf der einen und Wochen- und Monatslöhnen (Gehältern) auf der anderen Seite. Das gleiche folgt aus den zahlreichen anderen Unterschieden, die zwischen Arbeitern und Angestellten nach dem Arbeits- und Sozialversicherungsrecht bestehen. Da die verschiedene Entlohnungsform zu unterschiedlichen Folgerungen bei Arbeitszeitverkürzungen und Tariflohnerhöhungen führt, ist auch eine andere Behandlung aufgrund der bisher getroffenen Vereinbarungen rechtlich zulässig. Dementsprechend versuchen auch die Tarifvertragsparteien, einheitliche Entlohnungsgrundsätze für Arbeiter und Angestellte zu schaffen. Insbesondere im Zuge der weiteren Arbeitszeitverkürzung 1987 ist in einzelnen Tarifbezirken der Metallindustrie erreicht worden, daß auch Arbeiter einen Monatslohn erhalten. In anderen Tarifbezirken ist es dagegen beim bisherigen Stundenlohn für Arbeiter geblieben. Bekannt sind auch die weiteren Bemühungen der Tarifvertragsparteien, einheitliche Manteltarifverträge für Arbeiter und Angestellte zu schließen. Eine solche einheitliche Regelung würde dazu führen, daß Arbeiter und Angestellte auch im Lohn gleichbehandelt werden und alle Arbeitnehmer die gleiche Monatsvergütung erhalten. Dann wäre eine Ungleichbehandlung nicht mehr möglich. Solange das aber noch nicht geschehen ist, haben auch die Arbeitsgerichte der Tatsache Rechnung zu tragen, daß unterschiedlich für Arbeiter und Angestellte Stundenlöhne und Monatsgehälter gelten. Es kann nicht Sache der Gerichte für Arbeitssachen sein, durch Angleichung der Stundenlöhne an für einen bestimmten Zeitraum gezahlte Löhne und Gehälter den tariflichen Regelungen vorzugreifen. Nur soweit durch Vereinbarung der Tarifvertragsparteien erreicht wird, daß Arbeiter und Angestellte Wochen- oder Monatslöhne bzw. -gehälter erhalten, greift daher der Gleichbehandlungsgrundsatz ein. Er muß dann auch für die übertariflichen Lohnanteile gelten, so daß die Beibehaltung des Gesamtlohnes auch bei Arbeitszeitverkürzung bei Arbeitern wie bei Angestellten gleichmäßig zu gelten hätte. Solange aber - wie hier im vorliegenden Falle - die Stundenlohnvereinbarung besteht und mit dem Tarifvertrag in Einklang steht, muß diesen unterschiedlichen Voraussetzungen auch bei den Folgen einer Lohnerhöhung aufgrund Arbeitszeitverkürzung Rechnung getragen werden (vgl. BAG Urteil vom 3. Juni 1987 - 4 AZR 44/87 -, zur Veröffentlichung bestimmt).
Der Kläger hat auch die Kosten der Berufungs- und Revisionsinstanz nach § 91 ZPO zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Freitag
Lehmann Wax
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