Die Klage ist begründet. Der Abfindungsanspruch folgt aus Nr. II und III des Sozialplans. Nr. VI des Sozialplans steht dem nicht entgegen. Der Anspruch ist auch in Ansehung von § 1 Nr. 2 des “dreiseitigen Vertrags” nicht erloschen.
1. Die Klägerin fällt unter den persönlichen Geltungsbereich des Sozialplans. Sie war am 26. Februar 1999 bei einer der K…-Gesellschaften beschäftigt und schloss mit dem Beklagten am 24. Juni 1999 einen betriebsbedingten Aufhebungsvertrag. An weitere Voraussetzungen ist die Entstehung eines Abfindungsanspruchs nach dem Sozialplan nicht gebunden. Die Höhe des Anspruchs steht zwischen den Parteien außer Streit.
2. Die Entstehung des Abfindungsanspruchs ist nicht nach Nr. III, letzter Satz des Sozialplans ausgeschlossen. Zwar ist die Klägerin zum 1. Juli 1999 in ein befristetes Arbeitsverhältnis mit der BQG eingetreten und zum 27. Juli 1999 von einer neu gegründeten K…-Gesellschaft eingestellt worden. Damit ist sie aber nicht von einer Auffang- oder Sanierungsgesellschaft unter Wahrung ihres sozialen Besitzstands iSv. Nr. III, letzter Satz des Sozialplans übernommen worden.
a) Die BQG ist keine Auffang- oder Sanierungsgesellschaft im Sinne des Sozialplans. Sowohl Auffang- als auch Sanierungsgesellschaften haben den Zweck, den Betrieb notleidender, insbesondere insolventer Unternehmen zu retten und fortzuführen (Hess in Hess/Weis/Wienberg InsO § 221 Rn. 13 ff.). Die BQG beabsichtigte dagegen weder die Rettung noch die Fortführung der K… Produktion GmbH. Sie war nicht auf das Schicksal der notleidend gewordenen Gesellschaft bezogen und bezweckte weder deren Sanierung noch auch nur vorübergehend deren “Auffang” im Sinne eines Zusammenhalts der wirtschaftlichen Einheit. Vielmehr diente sie nach dem Interessenausgleich der Vermeidung von Arbeitslosigkeit und der Erweiterung von Beschäftigungsmöglichkeiten für die von der Betriebsänderung betroffenen Arbeitnehmer. Sie führte dementsprechend nicht die Geschäfte der K… Produktion GmbH fort.
Eben dies haben die Betriebsparteien in Nr. III, letzter Satz des Sozialplans aber vorausgesetzt. Das folgt ua. aus Nr. 9 des Interessenausgleichs. Danach bleiben die sich aus dem Sozialplan ergebenden Ansprüche der Arbeitnehmer von den Regelungen des Interessenausgleichs unberührt. Weil in Nr. 5 des Interessenausgleichs die Gründung der BQG bereits geplant wurde, haben erkennbar auch die Betriebsparteien diese Gesellschaft nicht als eine Sanierungs- oder Auffanggesellschaft nach Nr. III des Sozialplans und die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit ihr nicht als einen Umstand angesehen, der die Entstehung von Sozialplanansprüchen hindern würde.
Außerdem wurde durch den Eintritt in die BQG der soziale Besitzstand der Klägerin nicht gewahrt. Die Klägerin erhielt nur einen befristeten Arbeitsvertrag und besaß anstelle der bisherigen Vergütungsansprüche lediglich Anspruch auf Strukturkurzarbeitergeld.
Auch der Beklagte vertritt im Übrigen nicht die Ansicht, der Anspruch sei wegen des Eintritts der Klägerin in die BQG schon nicht entstanden.
b) Der Abschluss des Arbeitsvertrags mit der K… Großküchentechnik GmbH zum 27. Juli 1999 hat ebenfalls nicht zu einer Übernahme der Klägerin im Sinne der Nr. III, letzter Satz des Sozialplans geführt. Zwar spricht vieles dafür, dass es sich bei dieser Gesellschaft um eine Sanierungsgesellschaft im Sinne der Sozialplanbestimmung handelt. Ihr sind im Rahmen einer übertragenden Sanierung diverse Vermögensgegenstände der insolventen K…-Gesellschaften zur (begrenzten) Geschäftsfortführung übertragen worden.
Gleichwohl fehlt es an einer Übernahme im Sinne des Sozialplans. Diese setzt die ununterbrochene Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Wahrung des sozialen Besitzstands voraus. Unabhängig von der Frage, ob dem im Streitfall schon das zwischenzeitlich begründete Arbeitsverhältnis mit der F/BQG entgegensteht, hat die Eingehung des Arbeitsverhältnisses mit der K… Großküchentechnik GmbH den sozialen Besitzstand der Klägerin nicht gewahrt. Zum Inhalt des neuen Arbeitsvertrags der Klägerin haben die Parteien zwar nicht im Einzelnen vorgetragen. Selbst wenn aber zugunsten des Beklagten unterstellt würde, dass der Inhalt des Arbeitsverhältnisses mit der Insolvenzschuldnerin unverändert in das neue Arbeitsverhältnis übernommen worden wäre, beträfe dies nur die Zeit nach dem 27. Juli 1999. Die etwa vierwöchige Zeit des Beschäftigungsverhältnisses mit der F/BQG wäre dagegen nicht abgedeckt. Die geringeren Einkünfte der Klägerin in dieser Zeit wurden auch nicht etwa nachträglich durch Leistungen der K… Großküchentechnik GmbH ausgeglichen. Damit fehlt es jedenfalls an einer für die Wahrung des sozialen Besitzstands erforderlichen nahtlosen Übernahme der Klägerin durch die neue Arbeitgeberin.
3. Dem Abfindungsanspruch steht auch Nr. VI Satz 3 des Sozialplans nicht entgegen. Die Klägerin hat keine Fortbeschäftigung bei einem Übernehmer im Sinne dieser Bestimmung durchgesetzt.
a) Dabei kann zugunsten des Beklagten unterstellt werden, dass die K… Großküchentechnik GmbH als “Übernehmerin” des Betriebs der K… Produktion GmbH anzusehen ist. Auch spricht einiges dafür, dass die Anwendung von Nr. VI Satz 3 des Sozialplans nicht schon deshalb ausscheidet, weil die Beschäftigung der Klägerin nicht klageweise durchgesetzt, sondern vertraglich vereinbart wurde; ein allein auf den Wortlaut abstellendes Verständnis der Nr. VI des Sozialplans dürfte sich angesichts von Sinn und Zweck der Regelung als zu eng erweisen.
b) Nr. VI Satz 3 des Sozialplans verlangt jedoch – ebenso wie die Regelung in Nr. III, letzter Satz – eine rechtlich nahtlose Fortbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen.
Schon nach dem Wortsinn setzt eine “Fortbeschäftigung” die Fortsetzung der bisherigen Beschäftigung ohne zeitliche Unterbrechung und zu gleichen Bedingungen voraus. Dasselbe Verständnis folgt aus dem systematischen Zusammenhang sowie Sinn und Zweck der Regelungen in Nr. VI Satz 3 und Nr. III, letzter Satz des Sozialplans. Nach Nr. III soll eine Übernahme des Arbeitnehmers unter Wahrung des sozialen Besitzstands Ansprüche aus dem Sozialplan gar nicht erst entstehen lassen; kommt es trotz ursprünglich verweigerter Übernahme auf gerichtlichem (oder einvernehmlichem) Wege später gleichwohl zu einer Fortbeschäftigung, sollen entstandene – und nach Nr. VI Satz 1 bis dahin ruhende – Sozialplanansprüche nachträglich entfallen. Beide Male sind an den Anspruchsverlust die gleichen inhaltlichen Anforderungen zu stellen. Andernfalls läge eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der beiden Arbeitnehmergruppen vor. Weil das Nichtentstehen von Sozialplanansprüchen nach Nr. III, letzter Satz des Sozialplans an eine Übernahme unter Wahrung des sozialen Besitzstands geknüpft ist, ist auch für den Wegfall der Ansprüche nach Nr. VI Satz 3 des Sozialplans Voraussetzung, dass die Fortbeschäftigung unter Wahrung des sozialen Besitzstands erfolgt. Dies ist im Streitfall – wie ausgeführt – nicht geschehen.
4. Der Abfindungsanspruch ist nicht nach § 1 Nr. 2 des “dreiseitigen Vertrags” erloschen.
a) Es liegen bereits die vertraglichen Voraussetzungen für den Anspruchsverlust nicht vor. Die Klägerin ist nicht vor Fälligkeit der Sozialplanforderung bei der BQG ausgeschieden. Fehlt eine Fälligkeitsregelung im Sozialplan, wird die Abfindung regelmäßig am Ende des Arbeitsverhältnisses fällig (BAG 29. November 1983 – 1 AZR 523/82 – BAGE 44, 260, 266, zu 2 der Gründe; 3. August 1982 – 1 AZR 77/81 – AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 5 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 10, zu 2 der Gründe; Fitting BetrVG §§ 112, 112a Rn. 181; ErfK/Kania §§ 112, 112a BetrVG Rn. 30). Mangels anderslautender Regelungen im Sozialplan ist der Abfindungsanspruch deshalb mit Ausscheiden der Klägerin bei der K… Produktion GmbH am 30. Juni 1999 fällig geworden.
Selbst wenn die Parteien des “dreiseitigen Vertrags” unter “Fälligkeit” abweichend vom juristischen Sprachgebrauch die Voraussetzungen des § 123 Abs. 3 Satz 1 InsO verstanden haben sollten, unter denen der Insolvenzverwalter Abschlagszahlungen auf die – bereits fälligen – Sozialplanforderungen leisten soll, würde dies am Ergebnis nichts ändern. Keinesfalls ist nämlich die weitere Voraussetzung eines Anspruchsverlusts nach § 1 Nr. 2 des “dreiseitigen Vertrags” erfüllt. Wie ausgeführt ist die Klägerin von der K… Großküchentechnik GmbH nicht unter Anrechnung ihrer bisherigen Beschäftigungszeiten eingestellt worden; zumindest wurden die bei der BQG verbrachten Zeiten nicht berücksichtigt.
b) Selbst wenn zugunsten des Beklagten unterstellt würde, die vertraglichen Bedingungen für einen Anspruchsverlust der Klägerin seien eingetreten, wäre der darin liegende Forderungsverzicht wegen § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG unwirksam.
aa) Der Erlassvertrag der Parteien gemäß § 397 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB ist nicht gemäß § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG zulässig. Die Sozialplanforderung der Klägerin beruht nach § 112 Abs. 1 Satz 3 BetrVG auf einer Betriebsvereinbarung iSd. § 77 BetrVG. Auf Rechte aus einem Sozialplan kann der Arbeitnehmer deshalb nach § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG nur mit Zustimmung des Betriebsrats verzichten. Fehlt diese, ist ein individualrechtlicher Verzicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig.
Der Betriebsrat hat seine Zustimmung zur Verzichtsabrede in § 1 Nr. 2 des “dreiseitigen Vertrags” nicht erteilt. Zum Vorliegen einer ausdrücklichen Zustimmungserklärung haben die Parteien nichts vorgetragen. Eine Zustimmung kann auch nicht etwa den Festlegungen im Interessenausgleich entnommen werden. Zwar sieht dessen Nr. 5 das Angebot eines befristeten Arbeitsvertrags an alle betroffenen Arbeitnehmer durch die F… vor. Auch sind die Vertragsbedingungen im Interessenausgleich im Wesentlichen bereits festgelegt. Zu einem möglichen vertraglichen Verzicht auf die Sozialplanforderung enthält der Interessenausgleich jedoch keinerlei Regelung. Auf die Frage, ob andernfalls eine solche kollektive Übereinkunft als ausreichend konkrete Zustimmung für den jeweiligen Einzelfall angesehen werden könnte, kommt es deshalb nicht an (vgl. zu diesem Erfordernis BAG 27. Januar 2004 – 1 AZR 148/03 – NZA 2004, 667, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2a aa der Gründe mwN).
bb) Der in § 1 Nr. 2 des “dreiseitigen Vertrags” vereinbarte Verzicht der Klägerin ist auch nicht etwa nach dem Günstigkeitsprinzip wirksam. Zwar findet das Günstigkeitsprinzip grundsätzlich auch bei einem individualrechtlichen Verzicht auf Ansprüche aus einem Sozialplan Anwendung (BAG 27. Januar 2004 – 1 AZR 148/03 – NZA 2004, 667, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2b aa der Gründe mwN). Die Klägerin hat mit dem Verzicht aber keine günstigere Rechtsposition erlangt.
Der aufschiebend bedingte Verzicht ging mit dem Abschluss des “dreiseitigen Vertrags” und der Begründung des Arbeitsverhältnisses mit der F/BQG einher. Zwar sollten der Klägerin laut § 1 Nr. 2 Satz 1, Satz 2 des Vertrags die Sozialplanansprüche trotz Eingehens eines Beschäftigungsverhältnisses mit der BQG gerade verbleiben und entsprechend der Insolvenzordnung erfüllt werden. Bei vorzeitigem Ausscheiden aus der BQG unter den Bedingungen von § 1 Nr. 2 Satz 3 des Vertrags sollten die Ansprüche aber untergehen. Gegenstand des Günstigkeitsvergleichs sind demnach die Rechtspositionen der Klägerin bei Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beklagten einmal mit, das andere Mal ohne Abschluss des “dreiseitigen Vertrags”. Wäre es ohne diesen Vertrag zur Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit der jetzigen Arbeitgeberin gekommen, wäre die Klägerin bis dahin aller Voraussicht nach arbeitslos gewesen, hätte aber ihren Sozialplananspruch behalten. Nach dem “dreiseitigen Vertrag” hat sie statt dessen ein Arbeitsverhältnis zur BQG begründet, dafür aber mit dessen Beendigung den Sozialplananspruch verloren. Dem Verzicht auf diesen Anspruch stand damit als Vorteil der Eintritt in die BQG gegenüber.
Angesichts dessen erweist sich der Abschluss des “dreiseitigen Vertrags” für die Klägerin nicht als günstiger. Beim Günstigkeitsvergleich ist ein sog. Sachgruppenvergleich vorzunehmen (BAG 27. Januar 2004 – 1 AZR 148/03 – NZA 2004, 667, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 2b aa der Gründe; 20. April 1999 – 1 ABR 72/98 – BAGE 91, 210, 231 f., zu B III 1a aa der Gründe). Dabei sind die in einem inneren Zusammenhang stehenden Teilkomplexe der unterschiedlichen Regelungen zu vergleichen. Beim Vergleich von unterschiedlichen Leistungen kommt es darauf an, ob diese funktional äquivalent sind. Ist dies nicht der Fall, ist ein Günstigkeitsvergleich grundsätzlich nicht möglich. Ein Günstigkeitsvergleich scheidet deshalb regelmäßig auch dann aus, wenn die zu vergleichenden Leistungen mit unterschiedlichen Gegenleistungen verbunden sind. Ist nicht zweifelsfrei feststellbar, dass die Abweichung für den einzelnen Arbeitnehmer günstiger ist, bleibt es bei der zwingenden Geltung der Betriebsvereinbarung (BAG 27. Januar 2004 – 1 AZR 148/03 – aaO mwN).
Hier standen sich keine funktional gleichwertigen Leistungen gegenüber. Eine Sozialplanabfindung dient dem Ausgleich oder der Milderung der durch eine Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile des Arbeitnehmers. Sie setzt keine Gegenleistung des Arbeitnehmers voraus. Die Ansprüche der Klägerin auf Kurzarbeitergeld und Ersatzleistungen für bestimmte Ausfalltage nach § 3 des “dreiseitigen Vertrags” waren demgegenüber an die Erfüllung der mit der Eingehung des Beschäftigungsverhältnisses zur BQG verbundenen Pflichten geknüpft. Nach § 2 Nr. 2 des Vertrags bestanden diese ua. in der Teilnahme an geeigneten und zumutbaren Qualifizierungsmaßnahmen. Ein Günstigkeitsvergleich zwischen der Sozialplanleistung und den von der Klägerin nach dem “dreiseitigen Vertrag” zu beanspruchenden Leistungen ist nicht möglich.
Der mit dem Abschluss des “dreiseitigen Vertrags” verbundene Verzicht der Klägerin erwiese sich im Übrigen selbst dann nicht als günstiger, wenn berücksichtigt werden würde, dass ohne diesen Vertrag das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten wohl zunächst – jedenfalls bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist – fortgesetzt worden wäre. Die Klägerin hätte dann eine Sozialplanforderung zwar voraussichtlich nicht erworben, weil sie im Sinne von Nr. III, letzter Satz des Sozialplans von ihrer jetzigen Arbeitgeberin unter Wahrung des sozialen Besitzstands gem. § 613a Abs. 1 BGB übernommen worden wäre. Unter dieser Voraussetzung stünde sie sich aber ebenfalls besser als nach Maßgabe des “dreiseitigen Vertrags”. Für die Zeit bis zur Übernahme durch die jetzige Arbeitgeberin hätte die Klägerin ihren Lohnanspruch gegen den Beklagten behalten, der als Masseforderung nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO gem. § 53 InsO vorweg zu befriedigen gewesen wäre. Nach dem “dreiseitigen Vertrag” verblieb es dagegen für die Zeit der Beschäftigung bei der BQG bei den dafür vorgesehenen deutlich geringeren Leistungen.