Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristetes Arbeitsverhältnis wegen Vertretung. Lehrer

 

Leitsatz (redaktionell)

Schuljahresbezogene Befristung des Arbeitsverhältnisses einer Gymnasiallehrerin aus Vertretungsgründen.

 

Normenkette

BGB § 620; BErzGG § 21; BeschFG 1985 Art. 1 § 1 Abs. 1; Sonderregelungen 2y zum BAT Nr. 1 Buchst. a, c, Nr. 2

 

Verfahrensgang

LAG Hamm (Urteil vom 05.08.1988; Aktenzeichen 5 Sa 2172/87)

ArbG Detmold (Urteil vom 15.10.1987; Aktenzeichen 3 Ca 747/87)

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 5. August 1988 – 5 Sa 2172/87 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die im Jahre 1958 geborene Klägerin besitzt seit dem 22. Mai 1986 die Lehrbefähigung für das Lehramt der Sekundarstufen I und II mit den Fächern Deutsch und Geschichte.

Aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 8. Oktober 1986 wurde die Klägerin für die Zeit vom 26. August 1986 bis zum 25. Juni 1987 – „längstens bis zur Wiederaufnahme des Dienstes von Frau M” als Aushilfsangestellte mit zwölf Wochenstunden eingestellt. Aufgrund einer im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahme finden auf das Arbeitsverhältnis der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 und dessen Sonderregelungen nach Anlage SR 2y BAT – Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben mit begrenzter Dauer und Aushilfsangestellte – Anwendung.

Der Befristungsgrund wird im Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986 wie folgt bezeichnet:

„Die Einstellung erfolgt als Vertretung für Frau M auf freien Stellenanteilen der nach mutterschutzrechtlichen Bestimmungen vom Dienst befreiten Frau M und Frau P. Für das Arbeitsverhältnis gelten die Vorschriften des § 21 Abs. 1 – 5 Bundeserziehungsgeldgesetz.”

Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 8. Oktober 1986 unterrichtete die Klägerin am B -Gymnasium in M in den Fächern Deutsch und Geschichte.

Die Lehrerin M besitzt die Lehrbefähigung für die Fächer Französisch und Erdkunde. Sie war zum 1. August 1986 an das B – -Gymnasium in M abgeordnet worden, hat aber infolge ihrer Beurlaubung den Dienst dort erst am 25. Juni 1987 aufgenommen.

Am B -Gymnasium war zur Zeit der Einstellung der Klägerin ein schwerbehinderter Kollege, Herr Dr. L, erkrankt, und zwar bereits seit dem 30. November 1985. Herr Dr. L unterrichtete in den Fächern Deutsch, Geschichte und Politik. Am 17. Februar 1986 ist als Vertretung für diesen Kollegen Frau A, verehelichte T, befristet eingestellt worden. Als Befristungsgrund war in diesem Vertrag die Vertretung für den erkrankten Kollegen Dr. L angegeben. Frau T hat zunächst die Klassen und Kurse von Herrn Dr. L übernommen, ist aber dann nach ihrer Eheschließung aus dem Schuldienst des beklagten Landes ausgeschieden. Für das am 8. September 1986 beginnende Schuljahr war der Einsatz von Frau T vorgesehen. Ihr Unterrichtspensum ist mit Beginn des Schuljahres 1986/87 auf die Klägerin übertragen worden.

Mit ihrer am 16. Juli 1987 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, daß das Arbeitsverhältnis über den 25. Juni 1987 hinaus fortbesteht. Sie hat weiterhin die Verurteilung des beklagten Landes begehrt, sie bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens weiterzubeschäftigen.

Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei als Angestellte für eine Aufgabe von begrenzter Dauer eingestellt worden. Gemäß Nr. 1 zu § 4 Abs. 2 Satz 2 der SR 2y BAT müsse in dem Arbeitsvertrag für einen solchen Angestellten die Aufgabe und des weiteren bezeichnet werden, mit Ablauf welcher Frist oder durch Eintritt welchen Ereignisses das Arbeitsverhältnis enden solle. Da dies nicht geschehen sei, müsse die Befristungsabrede als unwirksam angesehen werden.

Im übrigen enthalte der Vertrag nicht den wahren Befristungsgrund. Tatsächlich sei sie, die Klägerin, weiterhin als Vertreterin für den erkrankten Dr. L tätig geworden.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Beschäftigungsverhältnis über den 25. Juni 1987 hinaus fortbesteht;
  2. das beklagte Land zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens weiter zu beschäftigen.

Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Ansicht vertreten, die Befristung des Arbeitsverhältnisses sei aus Gründen der Vertretung sachlich gerechtfertigt. Die Lehrerin M habe wegen des ihr gewährten Erziehungsurlaubs kurzfristig dem B -Gymnasium nicht zur Verfügung gestanden. Die Klägerin sei so eingesetzt worden, wie Frau M eingesetzt worden wäre, wenn sie ihren Dienst aufgenommen hätte.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht das arbeitsgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Feststellungsbegehren weiter. Das beklagte Land beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund rechtswirksamer Befristung mit dem 25. Juni 1987 sein Ende gefunden hat.

I. Dem Landesarbeitsgericht ist insoweit zuzustimmen, als es eine Anwendbarkeit der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 im Streitfall verneint hat.

1. Zur Begründung seiner Auffassung hat es sich auf das Senatsurteil vom 25. September 1987 (BAGE 56, 155 = AP Nr. 1 zu § 1 BeschFG 1985) berufen. Bei der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 handele es sich um eine einseitig zwingende Vorschrift. Dies habe zur Folge, daß die in der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der Sonderregelungen der Anlage 2y des BAT enthaltene Regelung, nach der „Zeitangestellte nur eingestellt werden dürfen, wenn hierfür sachliche oder in der Person des Angestellten liegende Gründe vorliegen”, eine Tarifnorm sei, die zugunsten des Arbeitnehmers von der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 abweiche, weil sie die Zulässigkeit befristeter und deshalb vom zwingenden gesetzlichen Kündigungsschutzrecht ausgenommener Arbeitsverträge von strengeren Voraussetzungen abhängig mache als das Gesetz.

2. Das Landesarbeitgericht ist ohne nähere Ausführungen davon ausgegangen, die in der Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der SR 2y BAT enthaltene Regelung gelange im Streitfall aufgrund der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahme zur Anwendung. Dabei hat es insbesondere nicht geprüft, ob die Klägerin als „Zeitangestellte” i. S. der Nr. 1 Buchst. a SR 2y BAT vom beklagten Land beschäftigt worden ist. Bei der Frage, ob die Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich gerechtfertigt ist, geht das Landesarbeitsgericht von dem Vorliegen von Vertretungsgründen aus. Die „zur Vertretung” eingestellten Angestellten fallen aber unter die tarifvertragliche Grundform der Nr. 1 Buchst. c SR 2y BAT.

Dem Landesarbeitsgericht kann aber gleichwohl im Ergebnis zugestimmt werden, denn die in Nr. 1 Buchst. c SR 2y BAT für „Aushilfsangestellte” geltende Regelung stellt – ebenso wie die Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 der SR 2y BAT – eine Tarifnorm dar, die zugunsten des Arbeitnehmers von der gesetzlichen Befristungsregelung des Art. 1 § 1 BeschFG 1985 abweicht, weil sie die Zulässigkeit befristeter und deshalb vom zwingenden gesetzlichen Kündigungsschutzrecht ausgenommener Arbeitsverträge von strengeren Voraussetzungen abhängig macht als das Gesetz.

Für Aushilfsangestellte haben die Tarifvertragsparteien zwar nicht ausdrücklich bestimmt, daß sie nur bei Vorliegen eines Aushilfstatbestandes befristet eingestellt werden dürfen. Das Erfordernis eines Aushilfstatbestandes ergibt sich aber aus dem systematischen Regelungszusammenhang sowie aus Sinn und Zweck der tarifvertraglichen Befristungsregelungen. Nach Nr. 1 SR 2y BAT wird zwischen drei verschiedenen Typen von Arbeitsverträgen mit begrenzter Dauer unterschieden: dem Zeitvertrag, dem Aushilfsarbeitsvertrag und dem Arbeitsvertrag für Aufgaben von begrenzter Dauer. Nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang sollen in Nr. 1 SR 2y BAT und der dazugehörigen Protokollnotiz alle befristeten Arbeitsverträge und Vertragsgestaltungen von begrenzter Dauer geregelt werden (vgl. BAG Urteil vom 9. Februar 1984 – 2 AZR 402/83 – AP Nr. 7 zu § 620 BGB Bedingung, unter B I 1 b aa der Gründe). Der Zeitangestellte ist nach dem tarifvertraglichen Zusammenhang der Oberbegriff, denn Zeitangestellter ist jeder, dessen Arbeitsverhältnis mit Ablauf einer kalendermäßig bestimmten Frist enden soll. Dies trifft auch für die befristet eingestellten Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer und für die befristet eingestellten Aushilfsangestellten zu. Während bei den Angestellten für Aufgaben von begrenzter Dauer und bei den Aushilfsangestellten der Sachgrund für die Befristung bereits in der jeweiligen Grundform des befristeten Arbeitsverhältnisses mit der erforderlichen Eindeutigkeit zum Ausdruck kommt, ist dies bei dem in Nr. 1 Buchst. a SR 2y BAT geregelten Zeitangestellten nicht der Fall. Aus diesem Grund ist es folgerichtig, wenn die Tarifvertragsparteien für diese Gruppe von Angestellten in Form einer Generalklausel (= Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT) die Zulässigkeit von arbeitsvertraglichen Befristungen festgelegt haben. Die sich auf den Oberbegriff des „Zeitangestellten” beziehende Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. 1 SR 2y BAT findet daher auch auf die beiden Unterformen der Zeitangestellten (Angestellte für eine Aufgabe von begrenzter Dauer und Aushilfsangestellte) Anwendung. Aushilfsangestellte dürfen somit nur dann befristet eingestellt werden, wenn sie „zur Vertretung oder zeitweiligen Aushilfe” i.S. der Nr. 1 Buchst. c der SR 2y BAT beschäftigt werden sollen (Senatsurteil vom 12. Oktober 1988 – 7 AZR 628/87 –, unter I 2 c der Gründe, unveröff.).

Das Landesarbeitsgericht hat daher im Ergebnis zu Recht angenommen, daß es zur Wirksamkeit der mit der Klägerin vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses aus tarifrechtlichen Gründen eines sachlichen Grundes bedarf.

II. Das beklagte Land kann sich zur sachlichen Rechtfertigung der mit der Klägerin vereinbarten Befristung des Arbeitsverhältnisses auf das Vorliegen eines Vertretungsfalls i. S. der Nr. 1 Buchst. c SR 2y BAT berufen. Es kann dahinstehen, ob es dem beklagten Land aus tarifrechtlichen Gründen verwehrt ist, die im Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986 vereinbarte Befristung auch auf die dort erwähnten haushaltsrechtlichen Erwägungen zu stützen.

1. Da es sich bei dem Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986 um einen für eine unbestimmte Anzahl von Arbeitsverhältnissen vorgesehenen Formularvertrag und damit um einen sog. typischen Vertrag handelt, kann der Senat den Vertrag selbst auslegen (ständige Rechtsprechung, vgl. BAGE 6, 280, 285 = AP Nr. 17 zu § 64 ArbGG 1953, zu II 2 a der Gründe; BAG Urteil vom 15. Dezember 1956 – 2 AZR 364/56 – AP Nr. 4 zu § 549 ZPO). Zudem darf das Revisionsgericht auch bei untypischen Willenserklärungen die vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung jedenfalls dann selbst vornehmen, wenn es sich um die Auslegung einer Vertragsurkunde handelt und besondere Umstände des Einzelfalles, die der Auslegung eine bestimmte, der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogene Richtung geben könnten, ausscheiden (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BAG Urteile vom 9. März 1972 – 5 AZR 246/71 – AP Nr. 12 zu § 622 BGB, zu 2 der Gründe und vom 26. März 1986, BAGE 51, 319 = AP Nr. 103 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag).

In dem Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986 wird die Klägerin als „Aushilfsangestellte” bezeichnet. Der Befristungsgrund wird dort wie folgt umschrieben:

„Die Einstellung erfolgt als Vertretung für Frau M auf freien Stellenanteilen der nach mutterschutzrechtlichen Bestimmungen vom Dienst befreiten Frau M und Frau P. Für das Arbeitsverhältnis gelten die Vorschriften des § 21 Abs. 1 – 5 Bundeserziehungsgeldgesetz.”

Nach Nr. 2 Abs. 1 SR 2y BAT ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Angestellte als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfsangestellter eingestellt wird. Welche Ausdrucksweise dabei zu verwenden ist, ist nicht vorgeschrieben. Die Bestimmungen der Nr. 2 SR 2y BAT dienen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Die Regelung soll einem Streit der Parteien vorbeugen, welcher Grund für die Befristung maßgeblich war (vgl. BAG Urteil vom 31. Oktober 1974 – 2 AZR 483/73 – AP Nr. 39 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 3 der Gründe; BAGE 37, 283, 295 = AP Nr. 64 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu B II 2 a der Gründe; BAGE 42, 203, 210 f. = AP Nr. 76 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu II 5 der Gründe; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand Februar 1988, SR 2y Nr. 2 Erl. 4 m.w.N.). Wird im Arbeitsvertrag die tarifvertragliche Grundform des befristeten Arbeitsvertrages rechtlich unzutreffend bezeichnet, so führt dies jedenfalls dann nicht zur Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung, wenn sich die Vertragsparteien über die den Befristungsgrund betreffenden maßgeblichen Tatsachen einig gewesen sind (vgl. das zur Veröffentlichung in der Fachpresse bestimmte Senatsurteil vom 15. März 1989 – 7 AZR 264/88 –).

Im Entscheidungsfall haben die Parteien ein befristetes Aushilfsarbeitsverhältnis i. S. der Nr. 1 Buchst. c SR 2y BAT begründet. Dies ergibt sich einerseits daraus, daß die Klägerin in § 1 des Arbeitsvertrages vom 8. Oktober 1986 als „Aushilfsangestellte” bezeichnet worden ist; andererseits folgt dies aus der Umschreibung des Befristungsgrundes. Die Klägerin ist danach „als Vertretung für Frau M” eingestellt worden. Die weitere Formulierung, nach der die Einstellung der Klägerin „auf freien Stellenanteilen der nach mutterschutzrechtlichen Bestimmungen vom Dienst befreiten Frau M und Frau P” erfolgt, deutet darauf hin, daß die Befristung des Arbeitsverhältnisses zugleich auf das Vorliegen von haushaltsrechtlichen Gründen gestützt werden sollte. Da die Befristung des Arbeitsverhältnisses bereits aus Vertretungsgründen sachlich gerechtfertigt ist, kann es dahinstehen, ob die Parteien sich darüber einig gewesen sind, daß auch haushaltsrechtliche Erwägungen als Sachgrund für die Befristung in Betracht kommen sollten.

Durch die ausdrückliche Erwähnung des § 21 Abs. 1 bis 5 BErzGG wird eindeutig klargestellt, daß die befristete Einstellung der Klägerin zumindest auch aus Vertretungsgründen erfolgt ist.

Bei der gesetzlichen Regelung des § 21 BErzGG handelt es sich um die gesetzliche Anerkennung eines Vertretungsfalles als sachlicher Grund für die Befristung (vgl. KR-Weller, 3. Aufl., § 21 BErzGG Rz 4). Sachlich gerechtfertigt ist nach § 21 Abs. 1 BErzGG die Befristung eines Arbeitsvertrages dann, „wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zur Vertretung eines Arbeitnehmers für die Dauer der Beschäftigungsverbote nach dem Mutterschutzgesetz oder für die Dauer eines zu Recht verlangten Erziehungsurlaubs oder für beide Zeiten zusammen oder für Teile davon einstellt”. Daß eine derartige Einstellung der Klägerin zu Vertretungszwecken erfolgen sollte, ergibt sich daraus, daß im Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986 u.a. auf das in § 21 Abs. 4 BErzGG enthaltene Sonderkündigungsrecht für den Fall der vorzeitigen Rückkehr der Lehrkraft M aus dem Erziehungsurlaub verwiesen wird. Die im Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986 vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses kann somit durch das Vorliegen eines Vertretungsfalles, der von den Tarifvertragsparteien als Unterfall eines Aushilfstatbestandes anerkannt worden ist (Nr. 1 Buchst. c SR 2y BAT), sachlich gerechtfertigt werden.

Die im Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986 enthaltenen Angaben genügen den tarifrechtlichen Anforderungen, die von den Tarifvertragsparteien für das befristete Aushilfsarbeitsverhältnis aus Vertretungsgründen i.S. der Nr. 1 Buchst. c SR 2y BAT aufgestellt worden sind. Nach Nr. 2 Abs. 2 Unterabs. 3 SR 2y BAT ist im Arbeitsvertrag des Aushilfsangestellten anzugeben, „ob und für welche Dauer er zur Vertretung oder zeitweilig zur Aushilfe beschäftigt wird”. Diese tariflich erforderlichen Angaben enthält der Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986, denn es ist dort festgelegt, daß die Klägerin für die Zeit vom 26. August 1986 bis zum 25. Juni 1987 als Vertretung eingestellt wird. Die im Arbeitsvertrag darüber hinaus enthaltene personelle Konkretisierung der von der Klägerin zu vertretenden Lehrkraft ist aus tarifrechtlichen Gründen nicht erforderlich.

2. Die Befristung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit vom 26. August 1986 bis zum 25. Juni 1987 ist aus Vertretungsgründen sachlich gerechtfertigt, und zwar wegen einer unmittelbaren Vertretung der Klägerin für den in diesem Zeitraum erkrankten Lehrer Dr. L .

a) Es kann offenbleiben, ob die im Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986 zugleich vereinbarte Zweckbefristung, nach der das Arbeitsverhältnis bei einer vorzeitigen Rückkehr der Lehrerin M aus dem Erziehungsurlaub bereits zu diesem Zeitpunkt enden sollte, wegen Umgehung zwingender Mindestkündigungsfristen unwirksam ist (vgl. zur Wirksamkeit einer Zweckbefristung das Senatsurteil vom 12. Juni 1987 – 7 AZR 8/86 – AP Nr. 113 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Auf eine etwaige Unzulässigkeit der im Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986 enthaltenen Zweckbefristung wäre es nur dann angekommen, wenn die Lehrerin M vor dem vertraglich vereinbarten Endzeitpunkt (25. Juni 1987) ihren Dienst wieder angetreten hätte. Eine etwaige Unwirksamkeit der Zweckbefristung wegen Umgehung zwingender Mindestkündigungsfristen hat auf die Wirksamkeit der mitvereinbarten Zeitbefristung keinen Einfluß. Sie kann lediglich zur Folge haben, daß das Arbeitsverhältnis nicht schon mit einer vorzeitig eingetretenen Zweckerfüllung endet, sondern erst aufgrund der Zeitbefristung (BAGE 49, 73, 76 = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, unter I 1 der Gründe).

b) Es kommt deshalb allein darauf an, ob die im Arbeitsvertrag vom 8. Oktober 1986 zugleich enthaltene Zeitbefristung aus Vertretungsgründen sachlich gerechtfertigt ist. Dies hat das Landesarbeitsgericht aus den folgenden Erwägungen bejaht: Bei Abschluß des Arbeitsvertrages vom 8. Oktober 1986 habe sich Frau M im Erziehungsurlaub befunden, so daß sie ihrer Abordnung an das B – -Gymnasium in M, die zu Beginn des Schuljahres 1986/87 habe vollzogen werden sollen, nicht habe nachkommen können. Die Klägerin lasse diese unstreitige Tatsache der Abordnung von Frau M und ihre Nichtverwirklichung infolge der Beurlaubung außer acht, wenn sie sich in ihrem Vorbringen in beiden Instanzen darauf berufe, sie sei als Vertreterin für den schwer erkrankten Kollegen Dr. L eingetreten. Dafür sei gerade Frau M vorgesehen gewesen. Wenn dieser Ausfall einer Lehrkraft durch die befristete Einstellung einer anderen Lehrkraft abgedeckt werde, so sei gegen die Befristung eines solchen Rechtsverhältnisses keine durchschlagende Einwendung zu finden. Die Befristung eines Arbeitsvertrages wegen der aushilfsweisen Anstellung einer Lehrkraft zur Vertretung eines auf Zeit ausfallenden Mitarbeiters sei sachlich gerechtfertigt, ohne daß es darauf ankomme, aus welchen Gründen ein Mitarbeiter vorübergehend ausfalle. Für die Anerkennung einer solchen Befristung sei es nicht einmal erforderlich, daß die Klägerin das gleiche Unterrichtspensum übernommen habe, das der Frau M übertragen worden sei. Insbesondere nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 3. Dezember 1986 (BAGE 54, 10 = AP Nr. 110 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) sei eine tätigkeitsbezogene Kongruenz zwischen den Aufgaben des vertretenen Lehrers und des Vertreters nicht erforderlich. Hier sei hervorzuheben, daß es letztlich dem Arbeitgeber überlassen bleiben müsse, betriebsintern die anstehenden Arbeitsaufgaben umzuverteilen.

Wollte man die Bewirtschaftung vorübergehend frei gewordener Stellenanteile generell für unzulässig erklären, wäre das Land gezwungen, die entsprechenden in jedem Haushaltsjahr infolge von Beurlaubungen frei werdenden Haushaltsmittel verfallen zu lassen, anderenfalls es über den Weg befristeter Beschäftigungen Dauerarbeitsplätze zudiktiert bekäme. Im Sinne einer effektiven Schulverwaltung bei stagnierendem Umfang der zur Verfügung stehenden Mittel sei es aber sachlich begrüßenswert, wenn die nur vorübergehend zur Verfügung stehenden Gelder zur Abdeckung akuten Notbedarfs verwendet würden.

c) Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer revisionsgerichtlichen Nachprüfung stand.

aa) Der Senat hat bereits in dem Urteil vom 8. Mai 1985 (BAGE 49, 73, 77 f. = AP Nr. 97 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag, zu I 2 b der Gründe) entschieden, daß für die Anerkennung eines Vertretungsfalles als Befristungsgrund nur erforderlich ist, daß durch den zeitweiligen Ausfall eines Mitarbeiters ein als vorübergehend anzusehender Bedarf an der Beschäftigung eines Arbeitnehmers entsteht und daß dieser Arbeitnehmer gerade wegen dieses Bedarfs eingestellt wird. Unerheblich ist, ob und ggf. in welcher Weise der Arbeitgeber anläßlich dieser Einstellung eine Umverteilung der Aufgaben vornimmt.

Zwischen dem zeitweiligen Ausfall von Stamm-Arbeitnehmern und dem befristet eingestellten Aushilfsarbeitnehmer muß ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Die Vertretungskraft muß zwar nicht unbedingt dieselben Aufgaben verrichten, wie sie der ausgefallene Arbeitnehmer verrichtet hatte. Es ist vielmehr ausreichend, wenn bei Vertragsabschluß vorgesehen war, der Vertretungskraft Aufgaben zu übertragen, die auch vom Vertretenen vertraglich geschuldet waren. Erforderlich ist jedoch auch dies nicht (vgl. BAG Urteil vom 8. Mai 1985, aaO). Der zeitweilige Ausfall eines Mitarbeiters und die dadurch bedingte Einstellung einer Ersatzkraft können eine Umorganisation dergestalt erfordern, daß ein völlig neuer Arbeitsplan erstellt wird, in dem die Aufgaben des zeitweilig ausgefallenen Mitarbeiters einem anderen Mitarbeiter übertragen werden, dessen bisherige Aufgaben nunmehr von einer Vertretungskraft wahrgenommen werden müssen. Stets aber muß zwischen dem zeitweiligen Ausfall eines Mitarbeiters und dem dadurch hervorgerufenen Vertretungsbedarf einerseits und der befristeten Einstellung der Vertretungskraft andererseits ein Kausalzusammenhang bestehen.

bb) Im Streitfall ergibt sich aus den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen, an die der Senat mangels Verfahrensrügen gemäß § 561 Abs. 2 ZPO gebunden ist, daß der Klägerin während der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses das Unterrichtspensum der für die Vertretung des erkrankten Lehrers Dr. L vorgesehenen Lehrerin T übertragen worden ist. Die Klägerin trägt darüber hinaus selbst vor, sie sei „als Vertreter für den erkrankten Dr. L tätig geworden”.

Hat die Klägerin somit in den Fächern Deutsch und Geschichte einen unmittelbaren Vertretungsbedarf infolge des krankheitsbedingten Ausfalls des Lehrers Dr. L befriedigt, so kann es dahingestellt bleiben, ob durch den erziehungsurlaubsbedingten Ausfall der Lehrerin M (mit den Fächern Französisch und Erdkunde) darüber hinaus ein mittelbarer Vertretungsbedarf an dem B -Gymnasium in M entstanden und dieser mitursächlich für die befristete Einstellung der Klägerin gewesen ist.

d) Gegen die vereinbarte Befristungsdauer (26. August 1986 bis zum 25. Juni 1987) bestehen ebenfalls keine Bedenken. In den Fällen der unmittelbaren oder mittelbaren Einzelvertretung steht es dem Arbeitgeber frei, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sowie mit welchen Arbeitnehmern er einen Vertretungsbedarf abdeckt oder nicht (vgl. z.B. Senatsurteil vom 8. Mai 1985, aaO, zu I 2 b der Gründe). Im Streitfall ist der Lehrer Dr. L während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses aus krankheitsbedingten Gründen dienstunfähig gewesen, so daß auch die Dauer der Befristung des Arbeitsverhältnisses mit dem Sachgrund der Befristung (unmittelbare Einzelvertretung) im Einklang steht.

Die Revision der Klägerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Unterschriften

Dr. Seidensticker, Schliemann, Dr. Becker, Stappert, Schmalz

 

Fundstellen

Dokument-Index HI969696

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