Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung im Einzelhandel
Orientierungssatz
Eingruppierung im Einzelhandel nach Gehaltsgruppe II des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel NW vom 15. Mai 1985; erweiterte Fachkenntnisse; Reisebürotätigkeit im Massa-Markt.
Normenkette
TVG § 1
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 05.03.1987; Aktenzeichen 5 Sa 1680/86) |
ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 08.10.1986; Aktenzeichen 2 Ca 1035/86) |
Tatbestand
Die Klägerin, eine gelernte Verkäuferin, steht seit 1. Juli 1981 in den Diensten der Beklagten und wird im "M" in Mö beschäftigt. Seit 1. Januar 1983 arbeitet sie dort als kaufmännische Angestellte im Reisebüro. Den überwiegenden Teil der Gesamtarbeitszeit der Klägerin nimmt die Buchung von Urlaubsreisen in Anspruch. Ferner bedient sie den Fernschreiber für 17 Abteilungen. Während etwa 20 v.H. ihrer Arbeitszeit vermittelt sie Versicherungen. Die Beklagte, die ihren Firmensitz in A hat, wendet in ihren in Nordrhein-Westfalen gelegenen Verbrauchermärkten und damit auch auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein- Westfalen an. Die Klägerin erhält Vergütung nach Gehaltsgruppe I des Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen.
Mit der Klage begehrt die Klägerin für die Zeit ab 1. April 1985 Vergütung nach Gehaltsgruppe II des Gehaltstarifvertrags. Sie hat vorgetragen, ihre Tätigkeit erfordere über die Merkmale der Gehaltsgruppe I hinausgehende erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung. Dies gelte schon für die eigentliche Reisebürotätigkeit, die in anderen Reisebüros nur von gelernten Fachkräften vorgenommen würde. Sie sei vor Übernahme ihrer Tätigkeit eine Woche lang eingearbeitet worden und besuche auch jetzt noch zwischen vier und acht ganztägige Schulungen pro Jahr. Sie müsse die Kataloge von 43 verschiedenen Reiseveranstaltern und deren Reisebedingungen kennen. Die von der Beklagten selbst angebotenen Reisen machten nur 10 bis 20 v.H. der von der Klägerin vermittelten Reisen aus. Auf besondere Kundenwünsche hinsichtlich ganz bestimmter Hotels müsse sie reagieren können. Sie habe Kunden auf spezielle Vergünstigungen aufmerksam zu machen und über die in den Katalogen nicht aufgezeigten Angebotsreisen per Fernschreiber oder Nachfrage beim Veranstalter Informationen einzuholen. Bei allen Buchungen sei aus dem Einzelpreis der Gesamtpreis zu errechnen, was einer weiteren Kontrolle nicht unterliege, so daß die Klägerin auch für Differenzbeträge hafte. Auf Wunsch der Kunden habe sie auch über Finanzkäufe (Finanzierung von Reisen) Auskunft zu erteilen, Anzahlungen zu kassieren sowie die Buchungsformulare auszufüllen. Beim Verkauf von Versicherungen sei eine Beratung der Kunden erforderlich, die die genaue Kenntnis der jeweiligen Versicherungsbedingungen voraussetze. Bei ihrer gesamten Tätigkeit unterstehe sie keinem weiteren Fachvorgesetzten am Ort.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet
ist, an sie seit dem 1. April 1985 Gehalt
nach der Gehaltsgruppe II des Gehaltstarifvertrags
für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen
zu zahlen und die monatlichen
Unterschiedsbeträge zwischen dem Gehalt
nach Gehaltsgruppe II und dem Gehalt
nach Gehaltsgruppe I ab dem ersten Kalendertag
des jeweiligen Folgemonats mit 4 %
jährlich zu verzinsen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Klägerin benötige für ihre Tätigkeit keine erweiterten Fachkenntnisse im tariflichen Sinne. Vielmehr sei ihre Tätigkeit als reine Verkaufstätigkeit zu qualifizieren. Hierbei mache es keinen Unterschied, ob aus Katalogen entnommene Reisen oder andere Waren verkauft würden. Der Kunde suche sich aus den für jedermann verständlichen Prospekten das gewünschte Reiseziel heraus und könne dabei auch den Preis vollständig ersehen, da selbst Sonderangebote, Kinderermäßigungen etc. sich aus den Katalogen ergäben. Bei ihrer Tätigkeit komme der Klägerin kein eigener Entscheidungsspielraum zu. Sie habe lediglich Antragsformulare mit den Daten des Kunden und den Angaben im Katalog auszufüllen, wobei die Weisungen der Zentrale oder des Veranstalters zu beachten und die vorgegebenen Preise zu übernehmen seien. Die Klägerin vermittele zu 75 v.H. M-Reisen, zu 20 v.H. Reisen der Firma I und nur zu 5 v.H. Reisen von Fremdveranstaltern. Erst in der Zentrale der Beklagten werde die eigentliche Buchung vorgenommen und die Durchführung der Urlaubsreise geplant und bearbeitet. Mit dem Zahlungsverkehr habe die Klägerin ebensowenig wie mit der Bearbeitung von Reklamationen etwas zu tun. Ihre Preisberechnung werde von der Zentrale kontrolliert. Insofern erfordere auch die Finanzierung von Reisen keine eigene Verantwortung, da die jeweiligen Reisen fest vorgegeben seien. Für eigene Fehler hafte die Klägerin nicht. Aus dem Buchungsvorgang allein ergäben sich für die Beklagte auch keine größeren Haftungsfolgen, sondern erst aus der Durchführung einer Reise. In der von der Klägerin besuchten Schulung zur Einarbeitung in die Tätigkeit im Reisebüro seien ihr einfachste Grundbegriffe vermittelt worden. Auch beim Verkauf von Versicherungen habe die Klägerin nur Antragsformulare auszufüllen. Ob ein Versicherungsvertrag zustande komme, hänge allein von der Beklagten oder dem Versicherungsunternehmen ab.
Das Arbeitsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils mit der Maßgabe, daß sie ihren Zinsanspruch auf den Nettobetrag der begehrten Vergütungsdifferenz ab Klagezustellung beschränkt. Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von der Beklagten keine Vergütung nach Gehaltsgruppe II des Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen verlangen. Denn sie benötigt für ihre Tätigkeit keine erweiterten Fachkenntnisse im tariflichen Sinne.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die allgemeinverbindlichen Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen mit unmittelbarer und zwingender Wirkung Anwendung (§ 5 Abs. 4, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG). Das Arbeitsverhältnis der Parteien fällt unter den Geltungsbereich dieser Tarifverträge. Hierzu bestimmen § 1 Ziff. 2 des Manteltarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen vom 15. Mai 1985 (MTV Einzelhandel) und § 1 des Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in Nordrhein- Westfalen vom 15. Mai 1985 (GTV Einzelhandel), der in seinem § 1 insoweit auf den Manteltarifvertrag verweist:
§ 1
Geltungsbereich
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1. Dieser Tarifvertrag gilt im Lande NordrheinWestfalen.
2. Der Tarifvertrag gilt für alle Unternehmen
des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen einschließlich
ihrer Hilfs- und Nebenbetriebe
sowie für die von diesen Betrieben beschäftigten
Arbeitnehmer. Die Mitglieder der vertragsschließenden
Parteien sind tarifgebunden.
3. Der Tarifvertrag gilt auch
a) in Versandunternehmen des Einzelhandels;
b) in Filialunternehmen des Einzelhandels,
dazu gehören auch die Verkaufsstellen
der Lebensmittelfilialbetriebe, ihre
Hauptverwaltungen, Nebenbetriebe und Läger;
c) in Betrieben, deren Schwerpunkt im Einzelhandel
liegt;
d) in Betrieben des Tankstellen- und Garagengewerbes.
Die Beklagte ist kein Unternehmen des Einzelhandels in Nordrhein-Westfalen, sondern hat ihren Sitz in Rheinland-Pfalz (A). Sie betreibt aber in Nordrhein-Westfalen (hier: Mö) Verbrauchermärkte. Diese sind als Filialunternehmen des Einzelhandels anzusehen. Damit erstreckt sich der Geltungsbereich der allgemeinverbindlichen Tarifverträge für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen auch auf das Arbeitsverhältnis der Parteien. Dies entspricht im übrigen der Rechtsprechung des Senats, wonach für Arbeitnehmer grundsätzlich das am Beschäftigungsort geltende Tarifrecht gilt (BAG Urteil vom 13. Mai 1987 - 4 AZR 632/86 -, unveröffentlicht, unter Bezugnahme auf das BAG-Urteil vom 3. Dezember 1985 - 4 AZR 325/84 -, AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel).
Für die Eingruppierung der Klägerin ist allein ihre Tätigkeit bei der Vermittlung von Reisen maßgebend. Insoweit bestimmt § 8 Ziff. 1 MTV Einzelhandel:
"Die Festsetzung der Gehälter und Löhne erfolgt
in einer besonderen tariflichen Regelung.
Der Arbeitnehmer wird in die seiner
überwiegend ausgeübten Tätigkeit entsprechende
Gehalts- oder Lohngruppe eingeordnet."
Danach kommt es auf die überwiegende Tätigkeit der Klägerin an. Dies ist unstreitig die Tätigkeit der Klägerin bei der Vermittlung von Reisen. Bei dieser Tätigkeit hat die Klägerin mit der Vermittlung von Versicherungen nichts zu tun. Die Klägerin trennt insoweit selbst zwischen der Vermittlung von Reisen und der Vermittlung von Versicherungen. Es ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht behauptet, daß sie bei der Vermittlung von Reisen Vorhaltewissen bezüglich der Vermittlung von Versicherungen benötigt. Da der MTV Einzelhandel im übrigen keine dem § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 BAT entsprechende oder vergleichbare Vorschrift enthält, die bei der Prüfung einer qualifizierenden Anforderung die Einbeziehung der gesamten Tätigkeit des Arbeitnehmers erlaubt, ist vorliegend bei trennbaren Tätigkeiten allein auf die überwiegende Tätigkeit abzustellen, die allein das qualifizierende Merkmal einer höheren Vergütungsgruppe erfüllen muß. Dies ist hier die Reisevermittlung.
Für die Eingruppierung der Klägerin sind folgende Vorschriften des GTV Einzelhandel heranzuziehen:
§ 2
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Gehaltsregelung
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(1) Die Angestellten sind nach der von ihnen
tatsächlich verrichteten Tätigkeit in eine
der nachstehenden Beschäftigungsgruppen
einzugliedern. Die unter den Gehaltsgruppen
aufgeführten Beispiele gelten als
Richtbeispiele.
(2) Die Gehaltsgruppen I - IV der Beschäftigungsgruppen
B des § 3 umfassen die kaufmännischen
Tätigkeiten, für die in der Regel
eine abgeschlossene kaufmännische Berufsausbildung
(zwei- bzw. dreijährige
Ausbildungszeit mit Abschlußprüfung) erforderlich
ist.
(3) Der abgeschlossenen kaufmännischen Berufsausbildung
(zweijährige Ausbildungszeit
mit Abschlußprüfung "Verkäufer/in") werden
gleichgesetzt:
a) eine abgeschlossene zweijährige Ausbildung
als Büro- oder Gewerbegehilfin mit
einem weiteren Jahr kaufmännischer Tätigkeit;
b) eine kaufmännische Berufstätigkeit überwiegend
im Verkauf von drei Jahren, im
übrigen von vier Jahren;
c) eine andersartige abgeschlossene dreijährige
Berufsausbildung.
.....
§ 3
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Beschäftigungsgruppen
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A. Angestellte ohne abgeschlossene kaufmännische
Ausbildung
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.....
B. Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer
Ausbildung
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(1) Angestellte, die eine zweijährige Ausbildung
mit Abschlußprüfung nach dem vom Bundesminister
für Wirtschaft im Einvernehmen
mit dem Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung
durch Erlaß vom 27. März 1968
staatlich anerkannten Berufsbild "Verkäufer"
nachweisen, erhalten nach der Abschlußprüfung
das Entgelt des ersten Berufsjahres
der Gehaltsgruppe I.
.....
Zur Beschäftigungsgruppe B gehören die Gehaltsgruppen I bis II, in denen es heißt:
Gehaltsgruppe I
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Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit
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Beispiele:
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Verkäufer
Kassierer mit einfacher Tätigkeit
Stenotypisten mit einfacher Tätigkeit
Telefonisten
Schauwerbegestalter
Angestellte mit einfachen Büroarbeiten in allg.
Buchhaltung, Einkauf, Kalkulation, Kreditbüro,
Lohnbuchhaltung, Rechnungsprüfung, Registratur,
Statistik usw.
Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit
in Warenannahme, Lager und Versand
Angestellte in Werbeabteilungen (Gebrauchswerber)
Kontrolleure an Packtischen bzw. Warenausgaben.
.....
Gehaltsgruppe II
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Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte
Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung
erfordern
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Beispiele:
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Erster Verkäufer
Lagererste
Abteilungsaufsichten
Telefonisten, die mehr als drei Amtsanschlüsse
zu bedienen haben
Erste Schauwerbegestalter
Erste Kräfte in Buchhaltung, Einkauf, Kalkulation,
Kreditbüro, Lohnbuchhaltung, Rechnungsprüfung,
Registratur, Statistik, Warenannahme,
Lager, Versand usw.
Kassierer mit gehobener Tätigkeit
Exportfakturisten
Importfakturisten
Erste Gebrauchswerber
Stenotypisten mit gehobener Tätigkeit
Krankenschwester.
Die Klägerin erfüllt mit ihrer Tätigkeit keines der Richtbeispiele der Gehaltsgruppen des GTV Einzelhandel, so daß es für ihre Eingruppierung darauf ankommt, ob sie die allgemeinen Merkmale der von ihr in Anspruch genommenen Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel erfüllt. Danach setzt die Eingruppierung in die Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel unter anderem voraus, daß die Tätigkeit des Angestellten erweiterte Fachkenntnisse erfordert. Dies hat das Landesarbeitsgericht vorliegend für die Klägerin rechtsfehlerfrei verneint.
Unter erweiterten Fachkenntnissen sind nach der Rechtsprechung des Senats zu dem insoweit inhaltsgleichen Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel in Hessen Fachkenntnisse zu verstehen, die eine Steigerung gegenüber den in Gehaltsgruppe I GTV geforderten Fachkenntnissen erfordern, nicht aber unbedingt Fachkenntnisse, die über den Umfang der durch eine abgeschlossene kaufmännische oder technische Berufsausbildung vermittelten Fachkenntnisse hinausgehen (BAG Urteil vom 29. April 1987 - 4 AZR 520/86 -, unveröffentlicht). Hierbei ist zur Auslegung der allgemeinen Merkmale nach der Rechtsprechung des Senats auch zu berücksichtigen, daß die in den Gehaltsgruppen aufgeführten Richtbeispiele Richtlinien für die Auslegung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale darstellen (BAG Urteil vom 3. Dezember 1985 - 4 AZR 314/84 -, unveröffentlicht, unter Bezugnahme auf BAGE 45, 121, 126 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Auslegung).
Danach ist zu berücksichtigen, daß in Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel als Richtbeispiele aufgeführt sind: "Erster Verkäufer" im Gegensatz zum "Verkäufer" der Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel, "Lagererste" im Gegensatz zum Angestellten mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit im Lager nach Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel, "Erster Schauwerbegestalter" im Gegensatz zum Schauwerbegestalter der Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel, "Erste Kräfte in Buchhaltung ... usw." im Gegensatz zu Angestellten mit einfachen Büroarbeiten in allgemeiner Buchhaltung usw. der Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel, "Stenotypisten mit gehobener Tätigkeit" im Gegensatz zu Stenotypisten mit einfacher Tätigkeit der Gehaltsgruppe I GTV Einzelhandel. Unter "Ersten" Mitarbeitern sind mangels anderweitiger Anhaltspunkte im Tarifvertrag Mitarbeiter mit besonderen, außergewöhnlichen Aufgaben zu verstehen (vgl. BAG Urteil vom 16. März 1983 - 4 AZR 259/80 -, unveröffentlicht; BAGE 30, 281, 293 = AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Rundfunk). Die Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel erfaßt danach kaufmännische Tätigkeiten, die sich aus einfachen kaufmännischen Tätigkeiten deutlich hervorheben.
Nach diesen Grundsätzen ist die Subsumtion des Landesarbeitsgerichts nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht bestimmt zwar nicht in abstrakter Weise, was es unter "erweiterten Fachkenntnissen" im Sinne der Gehaltsgruppe II GTV Einzelhandel versteht. Aus seiner Subsumtion ist aber zu ersehen, daß es vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgeht und dessen Vorliegen für die Klägerin rechtsfehlerfrei verneint. Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht zunächst davon aus, daß die Klägerin nicht schon deshalb erweiterte Fachkenntnisse benötigt, weil sie als gelernte Verkäuferin nicht spezielle Fachkenntnisse eines Reiseverkehrskaufmanns besitzt, die sie bei ihrer Tätigkeit einsetzen muß. Insoweit ist zu beachten, daß der GTV Einzelhandel für alle kaufmännischen und technischen Angestellten von Einzelhandelsunternehmen gilt (§ 1 GTV Einzelhandel), also auch für die dort tätigen Reiseverkehrskaufleute. Hierbei richtet sich die Eingruppierung nach den tatsächlich verrichteten kaufmännischen Tätigkeiten (§ 2 Abs. 1 und 2 GTV Einzelhandel). Deshalb ist für die Eingruppierung auf die spezielle Tätigkeit des Angestellten abzustellen. Dies ist vorliegend die Tätigkeit eines Reiseverkehrskaufmanns. Hierbei gehören nach dem Berufsbild des Reiseverkehrskaufmanns folgende Kenntnisse und Fertigkeiten zu seinem Beruf:
I. ..... Kenntnisse und Fertigkeiten
1. Organisation und Verwaltung
a) Rechtsgrundlagen und Organisation
des Ausbildungsbetriebes, Büroorganisation
b) arbeits- und sozialrechtliche Vorschriften
und Bestimmungen, Arbeitsschutz
und Unfallverhütung
c) Personalverwaltung
2. Markt
a) Struktur und Aufgaben der verschiedenen
Reiseverkehrsunternehmen und
Einrichtungen des Kur- und Fremdenverkehrs
b) Leistungsträger in Beherbergungs- und
Verkehrswesen
c) Marktinformation
d) Werbung
3. Kundenberatung
a) Bedeutung der Kundenberatung
b) Auskünfte über das Angebot
4. Rechnungswesen
a) Zahlungsverkehr
b) Buchführung
c) Kosten- und Leistungsrechnung
II. Kenntnisse und Fertigkeiten in den Schwerpunkten:
A. Reisevermittlung/Reiseveranstaltung:
1. Auskünfte über das Angebot
2. Verkauf von Sach- und Dienstleistungen
B. Kur- und Fremdenverkehr:
1. Auskünfte über das Angebot
2. Verkauf von Sach- und Dienstleistungen.
(Blätter zur Berufskunde, Bd. 1-VIII A 201,
S. 6 f.).
Wenn die Klägerin nach diesem Berufsbild wesentliche Tätigkeiten eines Reiseverkehrskaufmanns ausübte, müßte unter diesem Gesichtspunkt geprüft werden, ob sie bei ihrer kaufmännischen Tätigkeit erweiterte Fachkenntnisse einzusetzen hat. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts übt die Klägerin aber nur einen bescheidenen Teil der Tätigkeiten eines Reiseverkehrskaufmanns aus. Sie ist in der Reisevermittlung tätig, erteilt Auskünfte über das Angebot und verkauft Sach- und Dienstleistungen gemäß Katalogen. Das Landesarbeitsgericht qualifiziert diese Tätigkeiten rechtsfehlerfrei als einfache Tätigkeiten, die keine erweiterten Fachkenntnisse erfordern. Das Landesarbeitsgericht führt insoweit aus, daß die Klägerin nur das in die Verträge mit den Kunden übernehmen könne, was in den Katalogen stehe. Wenn sie Anzahlungen entgegennehme, habe sie diese sogleich an die Hauptkasse weiterzuleiten, ohne buchhalterische Aufzeichnungen vornehmen zu müssen. Auch Zahlungsaufforderungen erforderten keine erweiterten Fachkenntnisse. Beratungen der Kunden könnten sich nur auf das erstrecken, was in den Katalogen stehe. Wenn sie erweitertes Informationsmaterial (Fernschreiben von Reiseunternehmen) kennen müsse, bedeute dies noch keine Erweiterung von Fachkenntnissen. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Landesarbeitsgericht mit dieser Begründung für die Tätigkeit der Klägerin erweiterte Fachkenntnisse verneint.
Das Landesarbeitsgericht hat hierbei auch keine zu strengen Anforderungen an den Begriff der erweiterten Fachkenntnisse gestellt. Wenn es ausführt, anders könnten sich die Dinge möglicherweise dann darstellen, wenn ein Arbeitnehmer zusätzlich zu den erlernten Tätigkeiten weitere fachfremde Tätigkeiten erbringen müsse, hier ließe sich unter Umständen aus der Vielfalt der Tätigkeit auf das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale schließen, bringt es damit nicht in abstrakter Weise zum Ausdruck, erweiterte Fachkenntnisse könnten nur dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer zusätzlich zu erlernten Tätigkeiten fachfremde Tätigkeiten erbringe, was rechtsfehlerhaft wäre (BAG Urteil vom 29. April 1987 - 4 AZR 520/86 -, unveröffentlicht). Aus dem Gesamtzusammenhang der Ausführungen des Landesarbeitsgerichts ergibt sich vielmehr, daß das Landesarbeitsgericht es zunächst mit Recht ablehnt, erweiterte Fachkenntnisse allein deshalb zu bejahen, weil ein Arbeitnehmer (z.B. Verkäufer) auf einem speziellen Fachgebiet (z.B. Buchhalter oder - wie hier - Reiseverkehrskaufmann) eingesetzt wird. Denn auch insoweit können sich die benötigten Fachkenntnisse auf einfache Kenntnisse beschränken. In diesem Zusammenhang führt das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei aus, etwas anderes könne dann gelten, wenn der betreffende Arbeitnehmer mit seiner speziellen Tätigkeit zusätzlich zu den erlernten Tätigkeiten weitere fachfremde Tätigkeiten erbringen müsse. Das ist eine Frage der Subsumtion und ein Gesichtspunkt, mit dem sich im Einzelfall das Vorliegen erweiterter Fachkenntnisse begründen läßt.
Wenn das Landesarbeitsgericht weiter ausführt, die Einarbeitung der Klägerin habe lediglich eine Woche gedauert, bei den jährlichen Schulungen handele es sich um die Vorstellungen der jeweiligen neuen Programme der Reiseveranstalter (Prospektvorstellungen), darin könnten aber keine erweiterten Fachkenntnisse gesehen werden, vielmehr sei es eine Selbstverständlichkeit, daß ein Arbeitnehmer die Produkte, mit denen er befaßt sei, kennen müsse, liegt auch dies im Beurteilungsspielraum des Landesarbeitsgerichts. Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Das Landesarbeitsgericht hat weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßen, auch ist nicht ersichtlich, daß es wesentliche Umstände bei seiner Subsumtion unberücksichtigt gelassen hat.
Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Dr. Neumann Dr. Feller Dr. Etzel
Dr. Börner Koerner
Fundstellen